Arabische Dichter

Aus der Literaturgeschichte der Araber

von  Joseph von Hammer-Purgstall (1850-56)



Koseir Asset
(gest. 723/724)


Sie hat Wort gehalten, Wort gehalten


Sie hat Wort gehalten, Wort gehalten,
Mich verlassend im Gestein' im kalten.

Fort, als wär' sie mir nicht aufgestossen,
Wie das Fett des Höckers ganz zerflossen.

Auge, sag' ich, hast du recht gesehen?
Waren es nicht Sehnsuchtstraumes Wehen?

Nur das Auge hat für mich noch Thränen,
Keiner neidet meiner Liebe Sehnen.

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Die Blüthenbeeten, deren duftig Kraut
Und deren Staub mit Wohlgeruch durchthau't,

Sie hauchen, was der Ärmel Asset's haucht,
Wenn sie mit feuchtem Tuch die Glut anhaucht.

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an ihrem Grab:

Ich halte das Kamel an ihrem Monument,
Ich sag' Gott grüsse dich, indess mein Auge thränt,

Ich weint' als lebend du den Abschied mir gegeben,
In Klagen und Gewein ist nun erschöpft mein Leben.

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Als wir zu Mina den Besuch vollendet,
Und angerührt des heiligen Hauses Säulen,

Als wir beladen unsere Kamele
Und Jeder trachtete nur fortzueilen,

Begannen wir gar mancherlei Gespräche,
Und die Lastthiere rannten wie die Bäche,

Noch tränket diesen Staub der Wolke Segen,
Noch wuchern Pflanzen auf im Morgenregen,

Noch fürchte ich für Liebende, die krank,
Noch sagen die Wehklagenden mir Dank,

Noch ist die Zeit, wo Irrthum heisst, was recht,
Und wo Verwirrung gilt als gutes Recht,

Wo mich Saad noch küsst mit Liebesgruss,
Und mich begünstiget mit Hochgenuss.

Wo ich ihr nah', und sie gehorchet mir,
Wo sie mir naht, und ich gehorche ihr.

Mina: die heilige Stätte von Mekka und Erkan
die vier Säulen der Kaaba

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O meine beiden Freunde weilet mit mir,
Am Wiesenplan Abschied nehmen wir,

O eilet nicht, lasst weilen mich am Miste
Von Asset's Dung, der glänzet in der Wüste,

Kann trösten wohl ein Wort das kranke Herz,
Und weint mein Auge nicht ob diesem Schmerz,

Kein Leben gibt's als das, so wir im Sommer führten,
Als wir mit ihr auf diesen Weiden irrten.

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O Frühlingsflur antwortest du denn nicht
Dem Liebenden, der auf Besuch einspricht?

Es sollen alle Wolken auf dich regnen,
Bis dich die Blumen alle lachend segnen.

O wüsstest du, wer ruft! du sagtest: Ja,
Und weintest ob der Hitze, welche nah.

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Asset, halte ferne dich von allen Dingen,
So die Zwischenträger könnten dir aufbringen,

Ich entferne mich, so viel ich kann, von dir,
Halt' mich an das Wort, das du gegeben mir.

Eil' und Furcht verdirbt das Beste fast,
So dass Letztes nicht zum Ersten passt.

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Mich freut, was meines Liebchens Aug' erfreut,
Der Augen Lust ist auch die schönste allezeit.

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Die Mönche, die verbündet mir als Freunde,
Sie sitzen thränend klagend zu Medin,

Wenn sie der Asset Lob vernähmen,
Sie stürzten Alle wie anbetend hin.

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Es grüsste Asset dich und ging dann fort,
Warum hast das Kamel du nicht gegrüsst,

Ich hätte dich dann mild behandelt,
Du hättest nie mit schwerer Last gebüsst.

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Wenn gerechter Richter wäre,
Gäb' er Asset vor der Sonn' die Ehre.

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Koseir Asset: Er war ein Schii und wird als solcher von Ibn Makula unter den Sectenhäuptern genannt; seine Geliebte Asset erschien vor Ommol-Benin, der Schwester Omer's B. Abdol-Asis, der Gemahlin des Chalifen Welid, des Sohnes Abdolmelik's, sie fragte sie um die Bedeutung des Distichon', Koseir's:
Ein jeder Schuldner zahlet seine Schuld,
Die lange Asset weis't mich auf Geduld.
Von was für einer Schuld ist denn hier die Rede? Ich hatte, sagte Asset, ihm einen Kuss versprochen, dem ich ihm aber hernach verweigerte, wesshalb er mich meiner Schuld mahnte. (...)
Koseir war hässlich, klein von Statur, grosskopfig, mit rauher geschundener Haut. (...)
Seine Geliebte war Asset, die Tochter Hamid's, des Sohnes Wakkass, deren Bekanntschaft er als kleines Mädchen machte, als er eines Tages vor einer Gruppe der Weiber der Beni Dhamre vorbeikam und Asset seine Schafe tränkte. Die Frauen sandten ihm Geld, um einen Widder zu kaufen, er sandte ihnen den Widder und das Geld zurück, indem er nichts als Asset wünsche. Weh' dir! sagten sie, Asset ist noch ein kleines Mädchen, die dir noch wenig Treue schwören kann. Sie wuchs zu einer vollkommenen Schönheit heran, und mit ihrer Schönheit wuchs auch die Liebe Koseir's, welchem sie aber nicht zu Theil, sondern einem Anderen vermählet ward. Der Schönheitspreis und die Liebeslieder, welche Koseir für Asset sang, gewannen ihm die Herzen aller Weiber, so, dass am Tage seines Todes (...) die Frauen kaum von seinem Sarge abzutreiben waren. (...)
 


 

Aus: Literaturgeschichte der Araber
von ihrem Beginne bis zum Ende
des zwölften Jahrhunderts der Hidschret
Von Hammer-Purgstall
Erste Abtheilung
Die Zeit vor Mohammed und die ersten
drei Jahrhunderte der Hidschret
Zweiter Band
Unter der Herrschaft der Beni Omeije vom Jahre der Hidschret 40 (661)
bis 132 (750)
Wien 1851
(S. 375-380)

 

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