Nicolaus Barnsdorff (17. Jh.) - Liebesgedichte



Nicolaus Barnsdorff
(17. Jh.)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 




Vom Glück

Das Glück ist rund. Helt keinen Bund/
Es komt zu unverhoffter Stund.
Bald ist es dein: Bald wieder mein:
Es ist gleich wie des Mondes Schein.
Nehmt es in acht/ und seyd bedacht/
Zu widerstehen seiner Macht.
Behaltet Muth/ wenns übel thut.
Das böse wird offt wieder gut.
Wer ungescheut/ die Spitz ihm beut/
Den lesst es in Zufriedenheit.
Halt nur frisch an. Wer harren kan/
Der wird noch wol zum grossen Mann.
(S. 6)
_____



Wie man lieben soll

Lieben mag man wol mit massen/
Und ich meyne so/
Daß man wider könn' ablassen.
Nie wird man recht froh/
Wenn man in der Liebe nicht/
Auch eins mit zu Felde ligt.

Liebe kan gar leicht mißglücken/
Drumb ein kluger Mann/
Sich nicht gäntzlich lest berücken/
Liebt so/ daß er kan
Widerumb in Freyheit stehn/
Wenn sich besser Glück lesst sehn.

Weil denn Lieben mit geniessen/
Süsse Freude macht/
Offt auch wider kan verdriessen/
So liebt mit bedacht:
Braucht zwar der Gelegenheit/
Wagt es aber nicht zu weit.
(S. 8-9)
_____



An die Liebste

Ists dann auch billig/ daß jhr mir/
O höchst geehrtes Lieb/ Dafür/
Daß euch mein Hertz mehr als sich liebet/
So alle Hülff und Trost versagt/
Und mich/ der schon genug geplagt/
Mit langen wegern/ mehr betrübet?

Ist dann so stäleren ewr Hertz/
Daß meine Bitt und grosser Schmertz/
Noch nicht vermögen zu erweichen
Den sonst recht Adelichen Sinn?
Ach daß ich der ergeben bin/
Die man mag/ weiß nicht wie vergleichen.

Ich hatte diese Zuversicht/
Als mich ew'r lieblichs Augen Licht
Euch stets zu lieben erst verbunden/
Es würd' in einer die so fein
Und zart/ auch ja mitleiden seyn/
Hab aber anders es befunden.

Noch dennoch kan und wil ich euch
Nicht feind seyn/ ob jhr lenger gleich
Mein Leiden dächtet zu vormehren.
Ich hoffe/ weil jhr lange gnug
Mich habt gequälet ohne fug/
Jhr werdet numehr euch bekehren.

O Schöne! stillet meine Brunst/
Auß Liebe doch mit Gegengunst/
Macht mich doch widerum genesen.
Hebt doch eins auff mein Ungemach/
Weil jhr alleine die Ursach
Seyd meiner Liebes Pein gewesen.
(S. 9-10)
_____



Klage Lied

Wie kan doch Schönheit/ wenn sie ist
Mit Freundligkeit gezieret/
Darzu versehn mit solcher List/
Die nur mehr Gunst gebieret/
So bald einnehmen jedes Hertz/
Bewegen und verbinden!

Das muß ich selbst auch ohne Schertz/
Beklagen und empfinden.
Wenn ich mich gleich/ mein schönstes Bild
Anschawend/ wil erquicken/
Sind doch die Augen viel zu mild/
Weil sie den Geist mit schicken.

Wird nun mein Leib so Sinnesloß/
Trägt er zu groß Verlangen/
Daß er auch komme in den Schohs/
Darin sein Hertz gefangen.
Begehr ich aber mich gesund
Durch einen Kuß zu machen/

Werd ich dadurch nur mehr verwundt/
Muß weinen nach dem lachen:
Denn mein Gemüthe bleibet an
Der Liebsten Lefftzen kleben/
Daß es nicht zu jhm selber kan/
Und ohn sie nicht mag leben.

Mein Liebgen hülffe gerne mir/
Noch muß ich mich betrüben:
Denn was mir hülffe/ mangelt jhr.
O ärgste Art zu lieben!
Die Liebe quält mich Nacht und Tag:
Ich weiß zwar was ich solte/
Wil doch gleichwol nicht was ich mag/
Und mag nicht was ich wolte.
(S. 11-12)
_____



Ein anders

Als ich hörte mannichmal
Buhlerlust und Liebesquaal
Loben und verfluchen:
War ich eins so lüstern auch
Nach der tollen Jugend Brauch
Solche zu versuchen.

Trachtete darumb dahin
Wie ich doch nach meinem Sinn
Mögt ins sehn bekommen/
Ein Jungfräwlein/ deren Gunst/
Mir durch keines andern Kunst/
Würde weggenommen.

Ich bekam zu sehen bald
Eine/ welche von Gestalt
Schön/ und voller Tugend/
Freundlich/ frölich/ züchtig/ frey/
Unberühret/ und dabey
In der besten Jugend.

Darauff sucht ich allezeit
Anlaß und Gelegenheit/
Mich mit jhr alleine
Zu besprachen/ und dann jhr
Zu eröffnen die Begier
Unter solchem Scheine.

Ich gelangte jhr so nah/
Daß das reden auch geschah/
Aber ohn vergnügen.
Aller Wort ich gar vergaß/
Und begehrte über das
Einen Kuß zu kriegen.

Mund kam endlich auch an Mund/
Gleichwol wurd ich nicht gesund/
Trug nur mehr Verlangen/
Wie ich von der Liebsten Hand/
Noch das theure Liebespfand/
Möchte gar empfangen.

O du williges Elend!
O Jhr Lüste sonder End!
Euch mag man wol schewen.
Doch ists war was ferner spricht:
Einer Liebe oder nicht/
Beydes wird jhm rewen.
(S. 12-13)
_____



An die Clorinde

1.
Clorinde rettet mich/
Sonst werd ich jämmerlich
Bald müssen sterben/
Des habet jhr denn Schuld;
Ach lasst mich ewre Huld/
Ach bald! erwerben.

2.
Euch lieb ich ja allein/
Und wil euch hold zu seyn/
Nicht müde werden/
Warum macht jhr denn doch
Mir immer schwerer noch
Die Liebsbeschwerden.

3.
Die Cloris meyde ich/
Vergebens hofft auff mich
Die Claristine/
Die beyde schön und reich/
Nur daß mein Trew seyn euch
Darauß erschiene.

4.
Denn ewre Treffligkeit/
Hat innen mich so weit/
Daß ich anschawen/
Und doch nicht lieben kan/
Wie sonst ein ander Mann
Die schönsten Frawen.

5.
Lieb liebt mich wider doch/
Dieweil uns beyde noch/
Die Jugend zieret/
Und eh uns mit der Zeit/
Die Lust zur Lustigkeit
Gar werd entführet.
(S. 14-15)
_____



Er dancket der Liebe ab

Ich wil forthin nun meyden
Das allgemeine Leiden/
Das Buhlen meyne ich/
Weils eine Pest der Jugend/
Und an der Ehr und Tugend
Uns sehr verhinderlich.

Es wird/ in dem man liebet/
Viel Thorheit offt verübet.
Glaubt mir die meiste Zeit
Die man ans buhlen wendet/
Wird ohne Nutz verschwendet/
Und gibt mehr Leid als Freud.

Das buhlen machet Narren/
Die offtmals worauff harren
Das nicht für sie gehört/
Auch jhnen nicht mag werden/
Durch Liebe wird auff Erden/
Der meiste Theil bethört.

Was macht doch wol mehr quälen/
Als in der Liebe fehlen?
Das leichtlich mag geschehn.
Zu spat wird mancher innen/
Wie er in Lieb gewinnen/
So übel zugesehn.

Wer wil der mag mehr üben
Das buhlerische Lieben;
Ich werffe meine Gunst
Auff Weißheit und auff Tugend.
Weg von mir Pest der Jugend/
Du arge Liebesbrunst.
(S. 15-16)
_____



An eine Lobwürdige

O Jhr Perle dieser Zeit!
Voller Lieb- und Freundligkeit/
Ewre himlische Gestalt
Rühmet billig jung und alt.
Ewre Schönheit gläntzet sehr/
Ewre Tugend noch vielmehr/
Dessen kan der Augenschein
Mein gewisser Zeuge seyn.

Ewre Adeliche Zucht/
Und derselben gute Frucht/
Lehrt/ daß ewr Gemüth dabey
Schöner als die Schönheit sey.
Daß jhr jemand leicht verliebt
Machen könnet/ und betrübt/
Auch bald wider Freuden voll/
Solches fühlt mein Hertze wol.

Was ich sing ist Sonnenklar/
Were dieses nur so war/
Daß/ o Schönste! Jhr mir gleich
So hold weret/ wie ich euch.
(S. 16-17)
_____



Sonnet
An die Liebste

Verzeyht mirs/ schönster Schatz/ daß ich die hohe Zier/
So um und an euch ist/ nicht gar außdrücklich setze/
Zu wenig ich darzu mich und die Feder schätze/
Mein Hertze liebt und lobt euch gleichwol immer hier.

Rathsamer ist es auch/ und besser/ düncket mir/
Daß ich mich in geheim mit meinem Glück ergetze/
Als daß für Fröligkeit eröffne mein Geschwätze/
Was mir nur Mißgunst brächt'/ und andern mit-begier.

Wer etwas feines wil erlangen und behalten/
Muß mit Verschwiegenheit sein Liebes-Ampt verwalten.
Denckt/ wenn die Schönheit ich/ so an euch ist/ beschrieb/

Und sagte/ von der mir/ an euch bewusten Tugend/
Und edelen Verstand/ der zieret ewre Jugend/
Bekenne jederman/ Euch/ neben mir/ zu Lieb.
(S. 17-18)
_____



Eine Heimligkeit der Liebe

Wer vielen lieb wil seyn/ und nach was liebes trachtet/
Der thue als einer/ der des liebens wenig achtet:
Denn welcher heimlich liebt/ der liebet ohn Gefahr/
Wer aber Schimpff nicht scheut/ der liebe offenbar.
(S. 18)
_____



Von der Liebe

1.
Selten weiß einer die Masse zu üben/
Der liebet und Gegenliebe verspürt/
Aber ich habe gegründet mein lieben
Auff Tugend/ wie allen Menschen gebürt.
Ich liebe mehr der Liebesten Zier/
Als die Erfüllung arger Begier/
Das glaubet nur mir.

2.
Tugend und Sitten und Schönheit gebären
Die Liebe/ und bringen solche an sich.
Liebe wil immer was feines begehren;
Drum liebe o allerfeinste! auch ich
Von Hertzen mit Ehrerbietung euch/
Ob schon ich Ewer Hoheit nicht gleich/
Noch mächtig und reich.

3.
Liebe weiß keinerley Adel zu weichen/
Sie passet nicht viel auff Reichthum und Stand/
Allen beliebet nicht jhres geleichen.
Ein Edeler wird bißweilen bekant
Mit Bauer-Töchtern/ wenn sie schön sind/
Die Edele auch wol lieb gewinnt/
Des Bürgers sein Kind.
(S. 18-19)
_____



Die klagende Flora

1.
Flora war sehr hart getroffen
Von der Liebe Pfeil/ jüngsthin/
Wuste gleichwol nichts zu hoffen/
Das bekränckte jhren Sinn/
Daffnis lag jhr stets im Hertzen/
Der war aber frey und froh/
Drum beklagte sie mit Schmertzen
Sich/ mit blöder Stimm also:

2.
Daffnis wolt jhr dann mein Leben
Mir verkürtzen grimmiglich?
Ach was soll ich doch anheben?
Daffnis jhr verachtet mich.
Jhr fragt nichts nach meinem Wesen/
Weil ich nur vom Dorffe bin:
Habt jhr denn keinmal gelesen/
Daß man da auch Gut gewinn.

3.
Die Dorffwohnung hat erkohren
Mancher hochberühmter Mann.
Offt wird da auch der geboren/
Welcher vielen helffen kan/
Und jhr wollets Dorff verschmähen?
Ach nein! artet jenen nach:
Kommt hört meine Lämmer blehen.
Ich besitz auch was man mag.

4.
Tausent Schaaffe kan ich halten/
Futter mir doch nie gebricht/
Weiche auch der wolgestalten
Philly/ an der Schönheit nicht/
Darff ich sonst noch recht vertrawen
Unserm stillen Teich/ in dem
Ich mich pflege zu beschauen/
Wenn ich Wasser auß jhm nehm.

5.
Bräunlich bin ich/ aber achtet
Drum nicht schlechter die Gestalt.
Brauner Frucht wird nachgetrachtet/
Weisse Blumen welcken bald.
Könt ich auch noch frölich singen/
Würde wol kein Seitenspiel
Meine Stimme überklingen;
Jetzt nimt mir mein Trauren viel.

6.
Ach beliebte euch zu wohnen
Neben mir/ auff diesem Feld!
Das so reichlich pflegt zu lohnen/
Wenn mans nach gebür bestellt/
Es würd' euch gewiß nicht rewen.
Ich und dieser Gegen Zier
Wolt und würden euch erfrewen/
Stets willfertig/ gleubet nur.

7.
Bunte Blumen wolt ich holen/
Und euch binden einen Krantz/
Hier sind Rosen und Violen/
Lieblich von Geruch und Glantz;
Was sonst wächst in meinem Garten/
Solt euch stets zu Diensten stehn/
Ja ich wolt Euch selbst auffwarten/
Und fein unter Augen gehn.

8.
Aber/ ach! was mag ich sagen?
Zu einfeltig ist mein Sinn.
Daffnis hat kein Wolbehagen/
O ich arme Schäfferin!
Daran was wir so erheben/
Er ist mir zu reich und stoltz.
Amarilly kan jhm geben/
Perlen/ Gold und Ebenholtz.

9.
Warum flieht jhr doch dermassen/
Als wär euch nichts guts bewust?
Wer recht liebt/ kan nicht ablassen.
Jeden treibet seine Lust.
Bienen suchen jhr vergnügen
In betauten Blümelein/
Und am grünen Busch die Ziegen/
Sehnlich such ich Euch allein.

10.
Ach soll denn nun ohn erkennen/
Und ohn alle Gegengunst/
Dieses junge Hertz verbrennen
Gantz und gar/ in Liebesbrunst!
Ach! wo seyd Jhr/ meine Freude?
Daffnis o mein edler Held!
Helffet/ ehe ich mich scheide
Von der mir gallbittren Welt.

11.
Feyerabend seh ich machen
Unsre müde Pflüger zwar/
Und offt nach der Arbeit lachen/
Ich leid' aber immerdar.
Flora wollt jhr thörlich werden?
Thut was nützers/ schweigt nun still.
Es sind andre mehr auff Erden/
Wenn der Daffnis je nicht wil.
(S. 19-23)
_____



Von der Candia

1.
Unlängst fand ich die Candia/
In einem schönen Garten gehen/
Lang' unverwandt ich sie ansah/
Und konte sie nicht gnug ansehen:
Der Blumen Schönheit war auch nicht
Zu gleichen jhrem Angesicht/
Wo sie am schönsten mogten stehen.

2.
Wie hoch ich mich in Sie alsbald
Verliebte/ das ist nicht zu sagen:
Ich wurde endlich mit Gewalt
Gezwungen/ mich an sie zu wagen/
Um zu erbitten jhre Gunst/
Und meine Noth auß Liebesbrunst/
Nach der Begrüssung/ jhr zu klagen.

3.
O Allerschönste! sagte ich/
Jhr werdet günstig mir verzeyhen/
Daß ich auß grosser Liebe mich
Nicht jetzo habe dürffen schewen/
Hier auffzuhalten Ewre Freud.
Als diß nun abgieng ohne Streit/
Bat ich mein hoffen zu erfrewen.

4.
Das erste/ sprach sie bald zu mir/
Sey gäntzlich Euch hiemit vorgeben/
Ich wil auch Freundschafft nach gebür
Mit Euch/ auff Ewre Bitt' anheben/
Euch dienen in Zuläßligkeit/
Doch in der Jungferschafft die Zeit
Hinbringen/ die ich hier zu leben.

5.
Ach lasst euch doch gefallen gar/
Sprach ich/ jhr Krone der Jungfrauen!
Bey mir zu leben immerdar.
Wenn ewre Mutter ohne Trawen
Geblieben/ weret jhr nicht hier:
Warum wolt euch denn/ meine Zier!
Für einem Manne so sehr grauen.

6.
Von jhr fiel diese Antwort drauff:
Die Bitte muß ich euch abschlagen.
Heyrathen ist kein Pferdekauff/
Und eine Last die schwer zu tragen.
Mein Freund: Gedencket selber zu/
Verließ ich meine Freyheit nu/
Wie hefftig würd ich mich doch plagen.

7.
Zu dem so ist die Jungferschafft
Gott selber angenehm/ und allen:
Denn eine Blum/ in die der Safft
Noch auß der Wurtzel pflegt zu wallen/
Lesst feiner/ als die in der Hand
Schon hin und her ist umgewandt/
Wird selbst auch besser euch gefallen.

8.
Ich sagte wider: Zwar man kan
Uns schwerlich voneinander scheiden/
Wenn wir erst heissen Frau und Mann/
Wer aber wolte darum meyden
Den von Gott eingesetzten Stand?
Es ist auch jederman bekant/
Was alte Jungfern müssen leiden.

9.
Auffs andre thet ich den Bericht:
Der Blumen Schmuck muß doch vergehen/
Ob einer schon sie nicht abbricht.
Was nützet uns das blosse sehen?
Die Frucht ist besser als der Schein.
Mein höchstgeehrtes Jungfräulein/
Lasst meinen Willen doch geschehen.

10.
Ich krigte letzlich den Bescheid:
Es sey euch hiemit zugesaget.
Euch geb' ich mich/ und bin bereit
Zu thun/ was euch so wol behaget.
Wer nicht versuchet allerley/
Der weiß nicht was das beste sey/
Und nichts gewinnet/ wer nichts waget.
(S. 23-27)
_____


Aus: Nicolaus Barnßdorffs
Neue Gedichte und Lieder
Anno 1650
 


Biographie:

Über Nicolaus Barnsdorff ist nichts weiter bekannt, außer daß er
wahrscheinlich in Walkenried (Südharz) an der Klosterschule
oder in der Klosterverwaltung tätig war.


 

 


zurück zum Dichter-Verzeichnis

zurück zur Startseite