Karl Isidor Beck (1817-1879) - Liebesgedichte

Karl Isidor Beck



Karl Isidor Beck
(1817-1879)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 



Sie sagten ihr Glück nicht leise noch laut

Sie sprach zu ihm so wundertönig,
Sie streichelte lind sein wirres Haar,
Bis trunken der kranke Geisterkönig
An ihrem Busen entschlummert war.

So wachte die allerschönste der Frauen,
So scheuchte sie den düstern Sinn,
Den trotzigen Adler von seinen Brauen,
Und setzte die Taube des Friedens hin.

Sie preßte zehn Liljen auf seine Locken,
Zwei brennende Rosen auf seinen Mund,
Auf schlug er das Auge, süß erschrocken,
Und ward für alle Zeiten gesund.

Sie schwuren sich keine Liebeseide,
Sie sagten ihr Glück nicht leise noch laut,
Nur die duftige Lenznacht hat sie Beide
Die Hände falten und beten geschaut.
(S. 192)
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Zur Nacht

Die Lichter brannten. Es blüten die schlanken,
Die prächtigen Blumen von Dir gesandt,
Und mächtig erwuchsen die zarten Ranken
Zu Bäumen, im Schatten an der Wand.

Wie unter stolzen geheiligten Palmen,
Die Hände gefaltet, das Auge zu,
Saß ich und sann auf rauschende Psalmen,
Zu Deinem Ruhm, Kind Gottes, Du!

Die Düfte der Blumen durft ich borgen,
Den Frieden der Nacht für dieß Gebet,
Um ihre wonnig klingenden Sorgen
Hab ich die Nachtigall gefleht.

So saß ich, bis der Morgen graute,
Bis mich der Schlummer süß beschlich -
Mein rauschender Psalm - die sieben Laute:
Vom Herzen, mit Schmerzen lieb ich Dich!
(S. 193)
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Regen

Versprach sie doch am schwanken Steg im Garten
Im Dämmerschein mich Heute zu erwarten!
Sie zitterte, als ich es laut erbat,
Ich zitterte, als sie es still bejaht.
O hindre nicht, daß sie mir naht,
Du finstrer Himmel, regne nicht so sehr!

O wolltest Du gerührt von meinem Flehen
Ihr in die ewig klaren Augen sehen!
So fordre sie zum Kampfe groß und klar:
Laß mich nicht sagen, daß ihr Augenpaar
Heut schöner als das Deine war,
Du finstrer Himmel, regne nun nicht mehr!

Seit sie mich liebet, liebt mich auch der Friede,
Ich bin nun zahm im Leben und im Liede,
In bunten Farben schillert mir die Welt!
Nimm sie aus meiner Brust von Lust geschwellt
Als Regenbogen in Dein Zelt,
Du finstrer Himmel, regne nun nicht mehr!

Ihr Bruder nennt mein Lieben ein Verbrechen,
Sie darf mich heimlich nur am Brückchen sprechen,
Sie läßt mich nicht, sie liebt zum ersten Mal!
Du aber hast nicht einen Sonnenstrahl,
Du gießest Tropfen ohne Zahl,
O werde blau und weine nun nicht mehr!
(S. 196-197)
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Eine Thräne

Rinne, rinne leise
Meine Thräne du
Im gewohnten Gleise
Meinem Busen zu.
Auf meinen Wangen magst du sehn,
Ob frisch noch da die Rosen stehn?
Rinne, rinne leise
Meine Thräne du!

Thräne, nicht vergebens
Bist du voll und groß:
Schwimmt doch meines Lebens
Glück in deinem Schooß.
Es schwimmt in dir so viel, so viel,
Mein Lieben und mein Saitenspiel
Thräne, nicht vergebens
Bist du voll und groß!

Immer magst du fallen,
Bist die letzte nicht:
Meine Lippen lallen
Wol noch manch Gedicht,
Und meine Liebe sinnt und wacht,
Und träumt von ihr bei Tag und Nacht -
Bist du schon gefallen?
Bist die letzte nicht!
(S. 198-199)
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Heimweh

Der Heimat fern, mit nassem Blick,
So stand ich da, verwaist im Leben,
Doch Dich erkor ein gut Geschick,
Die neue Heimat mir zu geben.

Dein Herz, das ist mein Vaterland,
Ein banges Heimweh ist mein Lieben,
Ein Heimweh, das mit starker Hand
Zur theuren Stätte mich getrieben.
(S. 200)
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Ich liebe Dich

Das Abendglöcklein hört ich klingen,
Bald klang es leis, bald klang es laut.
Galts eines Herzens letztem Ringen?
Galts einer myrtenschmucken Braut?
Im Klange sprach ein leises Mahnen:
So tönet voll beglückter Pein,
So muß das schwärmerische Ahnen
Der Liebe sein!

Es summte auf dem Blumengrunde,
Es trank aus einem Honigkrug
Das Bienchen mit dem süßen Munde,
Das heimlich doch den Stachel trug.
Im Summen sprach ein leises Mahnen:
So sticht voll Lust, so sticht voll Pein,
So muß das schwärmerische Ahnen
Der Liebe sein!

Die Nachtigall vernahm ich schlagen,
So freudiglich, so wehmutvoll,
Als ob ihr bei des Liedes Klagen
Die Thräne aus dem Auge quoll!
Im Liede sprach ein leises Mahnen:
So tönt in Lust, so tönt in Pein,
So muß das schwärmerische Ahnen
Der Liebe sein!

Ach, und des Abendglöckleins Klagen,
Dieß Bienensummen fern und nah,
Und dieses Nachtigallenschlagen
Vernahm ich, als ich Dich ersah.
Erst rauschten wirr die Klänge alle,
Bald wehmutvoll, bald freudiglich,
Und starben dann in einem Halle:
Ich liebe Dich!
(S. 201-202)
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Liebst Du mich?

Und liebst Du mich?
Du kannst mir Liebe schwören,
Kein Lauscher kann uns hören,
Mein Fragen nur erweckte Dich,
Mein Fragen nur erschreckte Dich:
Wie des Schlängleins Rascheln im Paradies,
Das die verbotnen Aepfel pries -
Laß rascheln, laß kommen, was kümmerts Dich?
Nur liebe mich!

Und liebst Du mich?
Wir können Küsse tauschen,
Wer soll uns denn belauschen?
Mein Fragen nur erweckte Dich,
Mein Fragen nur erschreckte Dich:
Wie das Plätschern, das Rauschen im stillen Quell,
Wirst Du hinunter ein Steinchen schnell -
Laß plätschern, laß rauschen, was kümmerts Dich?
Nur liebe mich!
(S. 203)
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Küsse

Wie küssest Du mich so süß, so warm!
Wer hat es Dich gelehrt, Du Liebe?
Als ob sich ein summender Bienenschwarm
Am Fensterglas die Köpfchen riebe!

Wie Deine Küsse, Geliebte mein,
Verlockend an meine Lippen klopfen!
Als fielen auf einen durstigen Stein
Viel volle, schwere Regentropfen.

O, summt Bienchen, summet, lallt!
O, Regentropfen, sinke, sinke!
Bis wie das Glas mein Herze hallt,
Ich wie der Stein in der Flut ertrinke.
(S. 204)
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Bitte! Bitte!

Daß Gott erbarm! daß ich es seh,
Wie Du Dich traurig von mir wendest!
Nicht mehr, zu meinem Himmelsweh,
Den großen Blick ins Herz mir sendest!
O sieh mich drohend an und wild,
Mich prüfend, ob ich mit Dir litte?
Ach, oder wie ein Kindlein mild,
Nur sieh mich an, o bitte, bitte!

Daß ich es seh! daß Gott erbarm!
Dich sitzen da im düstren Schweigen!
Kannst Du dich nimmer, reich und warm
Von Liebe flüsternd, zu mir neigen?
O sprich es aus, das traurig Nein,
Das mir die Seele roh zerschnitte,
Ach, oder sprich das Ewig Dein,
Nur sprich, Geliebte, bitte, bitte!

Du schaust mich an so lieb, so mild,
Ach, wie die Blicke süß verführen!
O, sprich nur, holdes Frauenbild,
Wie gerne trau ich Deinen Schwüren!
O, frag nicht, ob ich wieder froh,
Ob gern in Deine Arme glitte?
Ich küsse Dich, und so - und so -
Und spreche: Küss mich! bitte, bitte!
(S. 205-206)
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Still für sich

An meinem Herzen einzuschlafen,
Ist Dein Begehr?
Es ist für Dich kein Hafen,
Es stürmt zu sehr.
Du aber, Theure, sollst nicht missen
Die Ruh zu Nacht;
Du schlummre sanft auf weichem Kissen,
Von mir bewacht.

Und nah ich dann mit scheuen Sohlen,
Ists ein Vergehn?
Kaum will ich Athem holen,
Nur an Dich sehn.
Und reißt es mich an Deine Lippe,
Ein Küßchen - husch!
So glaube nur, die Biene nippe
Vom Rosenbusch.

Wenn dann ein Traumbild Dich umkreiste,
Was sprach es traut?
Es sprach von einem Geiste,
Der ohne Laut
Beim reichen Schatz, den er verborgen
Fern von der Welt,
Bis an den sonnengolnden Morgen
Die Wache hält.
(S. 210-211)
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Aus: Gedichte von Karl Beck
Vierte, der neuen Ausgabe dritte Auflage
Berlin, Verlag der Vossischen Buchhandlung 1846


 


Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Isidor_Beck




 

 


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