Christian Gotthold Contius (1750-1816) - Liebesgedichte

 


Christian Gotthold Contius
(1750-1816)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 




Damon auf Chloris Abschied

Weil Chloris flieht, entfliehn die Freuden,
In Trauer hüllt sich die Natur,
Der Scherz entweicht aus unsern Haiden,
Und Flora geht von unsrer Flur;
Die Ufer trauren und die Flüsse,
Das Blumenthal ist Wüsteney,
Und mir ist, seit ich Chloris misse,
Mein Hirtenleben Sklaverey. -

Das Gras erstirbt auf unsern Triften,
Die Chloris Fuß nicht mehr betritt;
Kein Vogel singt in freien Lüften,
Kein junger Schäfer flötet mit:
Und Echo, die von jenen Eichen
Nicht Chloris Ruf erwiedern kann,
Schweigt ganz, und stört in diesen Sträuchen
Nicht mehr den schnellen Wandersmann. -

O kehrte sie, zu meinen Myrten, -
Die holde Chloris, bald zurück!
So würd ich gleich, und alle Hirten,
Durch ihrer Augen heitern Blick
Gestärkt: - dann blühn die Blümchen wieder,
Dann ändert sich das ganze Thal,
Der Vogel singt für Chloris Lieder,
Für Chloris singt die Nachtigall.

Wie, wenn vom Ost Aurora blicket,
Und, Tag zu hoffen, uns gebeut; -
Das Blümchen, das vom Thau gedrücket,
Von seiner sanften Last befreyt;
So würde sie den Gram vermindern,
Der mich gedrückt, seit sie entwich:
Denn, was Aurora Florens Kindern,
Ist meine Chloris auch für mich.
(S. 11-12)
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Daphnis an einen Veilchenstraus

Nur für mich, und für Dorinden,
Blüht ihr unter diesen Linden;
Drum, ihr Blümchen, zürnet nicht,
Daß, bey frühem Sonnenscheine,
Daphnis euch im Lindenhaine
Aus bethauten Rasen bricht.

Er will euch nur für Dorinden,
Nicht für stolze Fürsten, binden: -
Drum, ihr Blümchen, gehet hin,
Ihr sollt erst mit tausend Küssen
Mir den Amor dort begrüßen;
Der beschützt die Schäferinn,

In dem Schatten dicker Bäume,
Und versüßt durch goldne Träume
Meiner Freundinn Morgenruh;
Blümchen raubt er auf den Triften
Für Dorinden, und sie düften
Ihr im Schlummer Balsam zu:

So wird euch der Hüter kennen,
Gern euch einen Platz vergönnen,
An Dorindens Brust, und da
Werdet ihr ein Mädchen schmücken,
Die den Jüngling kann entzücken,
Stärker noch als Paphia. -

Von Dorinden aufgeblasen,
Blüht ihr schöner, als im Rasen,
Wo euch nur der Westwind küßt;
Weil ein Hauch von diesem Kinde
Sanfter als die Sommerwinde,
Süßer als der Balsam ist. -

Wenn sie nun des Schlafs gepfleget,
Und euch hin zur Hütte träget,
Wo der Blumen bunt Geschlecht,
Von Dorindens Hand bedienet,
Schöner blüht, und frischer grünet,
Dann, ihr holden Blümchen! sprecht:

Wir, die wir vom Daphnis kamen,
Schmeicheln dir in seinem Namen,
Sind dir, so wie Daphnis, gut:
Und dann wird sie seitwärts schielen,
Wo, nicht fern von ihr am kühlen
Schattenhügel, Daphnis ruht. -
(S. 15-16)
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Einladung zum Frühling
(an Lottchen)

Schon wärmt der West die Winterflur,
Schon kränzt sich für uns die Natur; -
In schwere, dicke Pelzereyn
Mummt sich nicht mehr Lykoris ein.

Der Frost erstarrt nicht mehr das Land,
Und meines Lottchens weiße Hand
Deckt nicht mehr Muff und Hermelin, -
Da frey die vollen Wangen glühn.

Das tiefe kräutervolle Thal
Durchirren Heerden sonder Zahl;
Das neugeborne Lamm springt frey
Um die bemooste Schäferey. -

Das Roß, vom trägen Winter feist, -
Geht stolz am krummen Pflug und reißt
Das Erdreich auf, und schnaubt und stampft,
Und sein erhitzter Nacken dampft. -

Zum Teiche, der noch schattenleer, -
Zieht froh der Enten schnatternd Heer,
Und plätschernd badet ihre Brut
Im Spiegel dieser Silberfluth. -

Im jungen Waizen hört man schon
Der frühen Wachtel schwachen Ton: -
Indeß die Lerch' in hoher Luft
Den Pflüger in sein Brachtfeld ruft. -

Das Mädchen geht beym Morgenthau
Und pflückt sich Veilchen in der Au,
Der Kirschbaum blüht, am Weinstock bricht
Manch junges Rebenblatt ans Licht.

Drum, liebes Mädchen! komm zu mir
Auf meine Flur, und binde dir
Bey Tanz, und Schmaus, und Frühlingslust,
Den schönsten Straus für deine Brust.

Und ladet Garten, Trift und Hain
Zu Scherz und frohen Küssen ein.
Auf! komm zu mir, und komme bald,
Dein wartet Sommerlaub und Wald. -

Schon oft hat, von der Sonn' erhitzt,
Uns kühlend dieser Hain beschützt, -
Oft, Schönste! weißt du's, suchten wir -
Schon im vergangnen Lenz uns hier.
(S. 17-18)
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Aus: Lyrische Gedichte und Erzählungen
von C. G. Contius
Breslau bey Wilhelm Gottlieb Korn 1773

 


Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Gotthold_Contius





 

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