Europäische Liebeslyrik

(in deutscher Übersetzung)

Edward Charles Halle (1846-1914) - Die Musik


 

Hugh (Hew) Ainslie (1792-1878)
schottischer Dichter


Kate Reid

Ein Lied noch sing' ich Dir, Kate Reid;
Ob's einsam auch verkling',
Ein Lied noch sing' ich Dir, Kate Reid,
Das Letzte, das ich sing', Kate Reid,
Das Letzte das ich sing'.

Als Frühling jung wie Du, Kate Reid,
Durch Roslin's Auen sprang,
Durch Gourton's blumig Thal, Kate Reid,
Manch' Lied ich Dir schon sang, Kate Reid,
Manch' Lied ich Dir schon sang.

Der Sommerabend sah uns, Kate,
Wie Deine zarte Hand
Ich drückt' und Dir mein Herze schenkt'
Am schönen Bachesrand, Kate Reid,
Am schönen Bachesrand.

Des Herbstes Mond hat zugeseh'n,
Wenn in dem stillen Grund
Du saßt, mein lebend Götzenbild,
Verehrt mit Herz und Mund, Kate Reid,
Verehrt mit Herz und Mund.

Und Hymnen Dir mein Herze sang;
Die Bäum' am Vaterhaus,
Die wieder oft Dein Lob gehallt,
Dein Name blickt daraus, Kate Reid,
Dein Name blickt daraus.

An zwanzig Jahr' entflogen, Kate,
Seit die schöne Zeit verschwand,
Jetzt mir ein fremder Himmel scheint,
Ich weil' im fremden Land, Kate Reid,
Ich weil' im fremden Land.

Mein Sommer ist vorbei, Kate Reid,
Mein Tag dem Ende naht,
Der Glanz von meinem Auge wich,
Die Stirn ist nicht mehr glatt, Kate Reid,
Die Stirn ist nicht mehr glatt.

Doch frisch seh ich Dich noch, wie da,
Als scheidend ich Dich küßt';
Du hast mir manchen Tag erhellt,
Mir manchen Traum versüßt, Kate Reid,
Mir manchen Traum versüßt.

übersetzt von Eduard Fiedler (1817-1850)

Aus: Geschichte der volksthümlichen schottischen
Lieder-Dichtung von Eduard Fiedler
Zweite Ausgabe Erster und zweiter Band
Leipzig 1858 Verlag von Wilhelm Violet (Band 2 S. 164-165)

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Marie

'S ist traurig an des Herbstes Schluß,
Wenn die Schwalben von uns scheiden,
Wenn der Wind wird rauh und kahl die Au',
Und die Wälder gelb sich kleiden.
Doch traur'ger, wenn ihr scheiden seht
Die, mit der euer Herze geht,
Wenn Tod ihr glänzend Aug' umhüllt,
Und die Welt mit Dunkel euch erfüllt.

O uns're Liebe war so heiß,
Ward inn'ger nie gefunden,
Kein irdisch Ding hätt' je getrennt
Das Band, das uns verbunden.
Doch wer des Himmels Wege kennt?
Zu tragen ist's, was er auch send',
Ein Trost nur bleibt uns auf der Erd',
Das ärgste Leid nicht währt.

Viel Dinge kommen nur und geh'n,
Vergessen wird, was erst gewesen,
Die Blumen auf den sonn'gen Höh'n
Im nächsten Jahre schon verwesen.
Doch wie zuletzt sie an mich blickt',
Zuletzt mir noch die Hand gedrückt.
In Ewigkeit vergess' ich's nie: -
O daß bei Dir ich wär', Marie!

übersetzt von Eduard Fiedler (1817-1850)

Aus: Geschichte der volksthümlichen schottischen
Lieder-Dichtung von Eduard Fiedler
Zweite Ausgabe Erster und zweiter Band
Leipzig 1858 Verlag von Wilhelm Violet (Band 2 S. 165-166)

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