Europäische Liebeslyrik

(in deutscher Übersetzung)

Edward Charles Halle (1846-1914) - Die Musik

 

 

Adam Asnyk (1838-1897)
polnischer Dichter





Weißes Rösslein

Weißes Rösslein, weißes Rösslein,
Stehst so stumm und trüb!
Weißt die Wege nicht zu finden,
Ach! zu meinem Lieb.

Ach! mein Lieb hat uns verlassen
Ohne Abschiedskuss;
Ach! den Weg zu der Entschwund'nen
Ich noch finden muss!

Weißes Rösslein, weißes Rösslein,
Mach' dich eilends auf,
Wollen mit dem Winde fliegen,
Nimmer ruh'n im Lauf.

Weißes Rösslein, weißes Rösslein,
Schwer wird mir das Herz,
Hat die Hoffnung schon verloren,
Hat nur mehr den Schmerz!


übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 4-5)

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Es rauscht im Hain die Birke

Es rauscht im Hain die Birke,
Es ist nicht ihre Schuld,
Der Sturm biegt ihr die Zweige,
Da rauscht sie in Geduld.

Es seufzt im Hain das Mädchen,
Es ist nicht ihre Schuld,
Ihr Liebster zog ins Weite,
Da seufzt sie in Geduld.

Im Winter lässt die Birke
Fallen der Blätter Heer,
Sie beugt sich vor dem Sturme,
Doch rauscht sie jetzt nicht mehr.

Im Winter denkt das Mädchen
Des Liebsten wiederum,
Und schaut sich nassen Auges
Nach einem Andern um.

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 6-7)

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Bannfluch

Wer es verschuldet, unser bitt'res Scheiden -
Es mögen meine Thränen auf ihn fallen,
Es mög' von meinem ungestillten Sehnen,
Von meinem Schmerz sein Inn'res widerhallen!

Wer sie verschuldet, uns'rer Trennung Leiden,
Mög' niemals finden er den süßen Frieden,
Mög' er verderben fern von der Geliebten,
Des Trostes bar, vom Mitgefühl gemieden!


übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 8)

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Es irrt der Sturm im Felde

Es irrt der Sturm im Felde,
Er weiß nicht wohin weh'n,
Es irrt in wildem Schmerze
Mein Herz und will vergeh'n.

Es liegt der Schnee im Walde,
Gefärbt mit Blut so roth,
Das ist mein Hochzeitsbette,
Da liegt mein Liebster todt.

Und harrst Du mein so lange?
Umsonst such' ich nach Dir -
Der Weg ist weit und finster,
Er scheinet endlos schier!

Die Welt in Nacht begraben -
So öd, so dumpf ist's hier!
Es weinet, es verzweifelt
Ein Etwas neben mir.

Man sagt, ein armes Mädchen
Mit wahnverwirrtem Sinn,
Sie weinet hier im Felde
Ihr Leiden einsam hin.

Es ist so grabesfinster -
Wie mocht' ihr Name sein?
Seh' ich die blut'ge Leiche,
So fällt mir's wieder ein!


übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 10-12)

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Will dich nicht pflücken

Will dich nicht pflücken,
Maiglöckchen weiß!
Würdest ja klagen,
Ich thät's mit Fleiß.

Müsstest ja nutzlos
Welken so bald,
Blühe denn weiter,
Im grünen Wald!

Fern ist er, dem ich
Dich brächte dar,
Der dich mir heimlich
Raubt' aus dem Haar.

Fern ist der Nachbar,
Der Blumendieb,
Ein arger Räuber,
Und doch so lieb!

Bis er nicht heimkehrt,
Kann mich nichts freu'n,
Immer nur denk' ich
An ihn allein.

Alles missfällt mir
Rings um mich her,
Selbst Blumen pflücken
Mag ich nicht mehr!

Blühe denn friedlich
Am Brünnlein hier,
Heut mir nicht frommet
Blumige Zier.

Doch wenn er heimkehrt,
Und mich beglückt,
Dann, Maienglöckchen,
Wirst du gepflückt.

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 13-15)

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Meinen Liebsten nahm man mir

Meinen Liebsten nahm man mir,
O Mutter!
Ach! die Welt ist gar so weit
Und ich sterbe hier vor Leid -
Gab der Kirch' mein Perlenband,
Schütz' ihn Gott im fremden Land,
O Mutter!

In den Krieg zog er hinaus,
O Heiland!
Findet dort den sichern Tod,
Ach! umsonst all' meine Noth,
Nimmer schützt ihn meine Lieb'
Vor dem grausen Todeshieb,
O Heiland!

Himmelsjungfrau, sieh herab,
Du Reine!
Und erbarm' Dich meiner Qual,
Du, im lichten Glorienstrahl
Thronend in des Himmels Land!
Schirme ihn mit Deiner Hand,
Du Reine!


übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 16-17)

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Zauber

Geträumt hat es der schönen Maid,
Geträumt fürwahr!
Am Mühlenwehr
Von ungefähr
Stand sie und sah hinab;
Und ward im Flutengrab
Etwas gewahr!

Sah drunten in des Wassers Grund
Voll Zauberpracht
Im Wellenblau
Krystall'nen Bau;
In festesfreud'gem Tanz,
In feengleichem Glanz,
Des Königs Jagd.

Und wieder glaubte sie zu seh'n -
Sie sah es gern -
Auf klarer Flut
Viel Ritter gut
Im Panzerschmuck von Gold;
Sie grüßten fein und hold
Die Maid von fern.

O Wunder! vor ihr niederkniet
So hell und licht,
So nie geseh'n,
Ein Ritter schön;
Er fasst sie um den Leib;
Es bangt das junge Weib
Und glaubt es nicht.

Er flüstert lindes Liebeswort:
"Fernher kam ich
Vom Sonnenreich,
So wonnereich,
Von ew'ger Jugend Land
Herab zum Erdenstrand -
Zu lieben Dich!

Und ist nur so viel Herz in Dir,
dass beben kann
Die weiße Brust
In Leid und Lust -
Werf' ich die Flügel hin
Und bleibe, wo ich bin,
Ein ird'scher Mann.

Doch wenn ich inne werden muss,
Dass dieser Leib,
So jung und fein,
Von kaltem Stein,
Dass drinnen schlägt kein Herz -
Muss scheiden ich mit Schmerz
Von Dir, o Weib!"

Das Mädchen hört erröthend zu,
Ihr scheint, vielleicht
Mit Zaubermacht
Erstünde sacht,
So tief zurückgebannt,
Die wahre Lieb' - die Hand
Sie zitternd reicht.

Sie beugt sich vor in banger Freud',
Zu schau'n ihn recht,
Der ihr gefiel -
War's Zauberspiel?
Von all' dem nichts zu seh'n!
Des Weg's nur sieht sie geh'n
Den Müllersknecht.

Fürwahr, nur Traum war alles dies
Und Spiel und Scherz.
Wo käme her
Am Mühlenwehr
Der Mann im gold'nem Kleid?
Wie, oder schlug der Maid
Im Leib kein Herz?

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 21-25)

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Bitter, bitter ist's der Eiche

Bitter, bitter ist's der Eiche, wenn der Wurm sie frisst,
Bitt'rer ist's, nicht weinen können, wer verlassen ist!

Ach! der Vogel, dem die Flügel man gelähmt, ist tief betrübt,
Aber tiefer noch die Seele, die umsonst geliebt!

Schlimm ist's für den Hirsch, wenn ihn die Jägersleut' gefangen haben,
Schlimmer für ein liebend Herze, seine Hoffnung zu begraben!

Hart ist's für die schweren Steine, fortzuschwimmen mit den Wellen,
Härter, nicht das Glück beweinen dürfen, das wir sah'n zerschellen!

Schwer ist's, wieder lebend werden, wen das Grab besessen,
Aber schwerer ist's mir, Deiner, Liebster, zu vergessen!

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 26)

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Der verrätherische Baum

In gut' und bösen Tagen,
In Leid und auch in Lust,
Zog ich hinaus ins Freie
Und sang aus voller Brust.

Ich weint' mich aus im Liede,
Und leichter ward mir's dann,
Umrauscht von Waldesschatten,
Auf grünem Wiesenplan.

Es hörten mich die Haine
Und sangen all' es nach,
Die Vögelein im Walde,
Der munt're Silberbach.

Und rings das Thal, das grüne,
Sie grüßten mich als Freund,
Und wie's auch draußen stürmte,
Wir blieben stets vereint.

Da kam ein loses Mädchen
Und fragt' den grünen Baum:
"Was singet und was klinget
Das Thal als wie im Traum?"

Und rauschen gab zur Antwort
Der Baum in losem Scherz:
"Es geht herum hier jemand,
Der hat ein singend Herz.

Und zieht er durch die Auen,
Die Wiesen und den Wald,
Bebt ihm das Herz im Busen,
Und rings sein Lied erschallt."

Da sagt es argen Sinnes:
"Dies Herz muss werden mein!
Ich will drauf Lieder spielen
Mit meinen Händchen klein."

Und kommt zu mir gegangen
So lieblich und so lind,
Und bittet so bescheiden,
Als wie ein frommes Kind:

"Satt bin ich schon der Quellen
Und satt der Falter Scherz,
Ich will ein neues Spielzeug,
Gib mir Dein singend Herz.

Ich möcht' dies Zauberspielwerk
Gern näher mir beschau'n;
Ich spiel' damit ein Weilchen
Und geb' Dir's wieder, traun.

Ich bitte Dich bescheiden,
O gib mir's doch nur bald,
Und gibst Du's mir nicht willig,
So nehm' ich's mit Gewalt."

Ich gab ihm hin mein Herze
Und meinen heitern Sang,
Und blieb mit leerem Busen
Und ohne Liederklang.

Es wundern sich die Haine,
Die Vöglein all' im Wald,
Dass nicht mehr in den Lüften
Mein munt'res Lied erschallt.

Ich selber muss mich wundern
Und werd' beinahe wild,
Denk' ich an sie, die boshaft
Mit meinem Herzen spielt.

Doch, was ich auch verloren,
Ich will ihr zürnen nicht,
An jenem argen Baume
Nur übt' ich Strafgericht:

Dem Baum, der mein Geheimnis
Verrieth in losem Muth, -
Raubt' ich ein blühend Zweiglein
Und steckt' es an den Hut.


übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 27-32)

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Wenn

Wenn der Hain beginnt zu grünen
In der Maiensonne Schein,
Kehrt die Liebe ungesehen
In die jungen Herzen ein.

Wenn am Apfelbaum von neuem
Rosig jeder Zweig erblüht,
Stiehlt sich heimlich wer zum Mädchen,
Dem die Wange tief erglüht.

Wenn verwelkt die Apfelblüte,
Kommt der Schneeball weiß hervor,
Und beim Mädchen sitzt der Knabe
Und er fragt es was ins Ohr.

Hebt die Nachtigall am Bache
An den heimlich süßen Sang,
Steht der Liebste bei der Liebsten
Und sie flüstern leis' und lang.

Schlängelt sich am Erlenbaume
Auf der weißen Winde Band,
Schlinget um den Hals des Liebsten
Sich des Mädchens weiße Hand.

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 34-35)
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Sehnsucht

Die Wolken, die zur Höhe zieh'n,
Zu schmelzen in der Sonne Strahlen,
Sie scheinen mir geschaffen nur
Zu Flügeln meiner Sehnsuchtsqualen.

Die weißen Flügel hangen oft
Hernieder auf die Erd' im Kranze,
Von warmen Thränen bald bethaut,
Bald auch im Regenbogenglanze.

Die Sterne, die sich kreisend dreh'n
In grenzenlosen Himmelsräumen,
Als Augen meiner Liebe nur
Erscheinen sie in meinen Träumen.

Es starren in des Chaos Nacht
Die flammensprüh'nden Augensterne -
So schau' auch ich, von Lieb' entbrannt,
Ohn' Ende starr in jene Ferne.

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 46-47)

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Engelchöre

Sel'ge Engelchöre singen,
Rings umstrahlt von Himmelspracht,
Ew'ge heil'ge Schlummerlieder
In der stillen Nacht.

Singen sie der alten Erde
Trauernd stets um neue Noth,
Gleich der Mutter an dem Grabe
Um der Kinder Tod.

Singen sie dem Menschenvolke,
Das in blut'gem Schweiß sich müht,
Doch die armen müden Menschen
Hören nicht das Lied.

Die nur, die begeistert tauchen
In des Weltalls Liebesdrang,
Hören in des Herzens Pochen
Jenen sel'gen Klang.

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 48-49)

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Erwarte mich!

Erwarte mich, mein schönes Lieb,
In dieser schwanken Espe Bann!
Ich schwöre Dir, so schwer's auch ist:
Ich komme wieder - wenn ich kann.

Erwarte mich und lieb' mich treu,
Der Himmel lohnt Dir's sicherlich -
Und findet sich für Dich ein Mann,
O zeig' nicht allzu grausam Dich!

Nimm ihn nur frisch und lieb' ihn auch,
So lang noch etwas Herz Dir bleibt,
Du kannst mir's glauben, dass Dir das
Des Wartens Langeweil' vertreibt.

Und hast Du ihn einst ausgeliebt,
Erwart' mich bei der Espe dann!
Ich komme, wär's auch aus dem Grab!
Ich komme wieder - wenn ich kann.


übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 50-51)

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Grenzenlos

Es haben die Flüsse ihr Bette,
Es hat ihr Gestade die See
Seit Ewigkeiten zu eigen,
Den wolkenstürmenden Bergen
Hat Gott gesetzt ihre Höh',
Sie können höher nicht steigen!

Das Menschenherz nur strebet
In die Unendlichkeit
Durch Thränen und Sehnen und Ringen,
Und hofft, in seinem Schoße
Das All, die Ewigkeit,
Den Himmel zu umschlingen!


übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 52)

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Seltsamer Traum

Das war ein Traum gar seltsam,
Er währte schier endlos lang -
Du warst ein tiefer Bergsee,
Ein Fels ich am Uferhang.

Ich achtet' den Bann geringe,
Der steinern mich umfing,
Ich glaubte, dass Du mich liebtest,
Und manch' Jahrtausend verging.

Ich achtet' es geringe,
Dass starr und stumm ich steh',
Es flüsterten traut die Seelen,
Ich sah den Himmel im See.

Stets warft Du Dich mit Zittern
An meine Brust von Stein,
Verknüpft seit Ewigkeiten
Durch ein gemeinsam Sein.

Du unterwühltest mich tückisch -
Hatt' heimliche Freude dran,
Ich ahnte, es gehe zu Ende
Der starre Zauberbann.

Und hast Du's einst vollendet,
Was lang Dir im Busen geruht -
Ade dann, Sonn' und Sterne!
Umfange mich, wonnige Flut!

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 54-55)

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Des Liedes Wiederkehr

Jenes Lied, das mir die Liebste
Oft und immer wieder sang,
Jenes längstvergess'ne Liedchen
Heut' im Traum mir wiederklang.

Jene alte, schlichte Weise,
Dem Vergessen längst geweiht,
Klingt so traut, so lieb, so heimlich,
Wie der Unschuld lächelnd Leid.

Und woher sie heut gekommen
Mir in Sinn auf's neu, wer weiß?
Doch ich höre Wort und Weise,
Und es klingt so lind, so leis'.

Wenn die Lieder, wie die Lerchen,
Vor dem Winter bange flieh'n,
Aber jubelnd wiederkehren,
Prangt auf's neu des Frühlings Grün:

Dann wohl bringt des Liedes Rückkehr
Frisch den Frühling mir zurück,
Frischen Jugendsinns Erwachen,
Neues Leben, neues Glück.

Aber ach! ist zu vergleichen
Mit dem Schatten nur das Lied,
Der, so groß am grauen Morgen,
Vor der Sonne Gluten flieht,

Doch wie einst sich wieder dehnet,
Wenn die Sonne sinket sacht,
Deutet mir des Liedes Kommen
Wohl die nahe Todesnacht.

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 58-60)

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Mir schien's ein Traum

Mir schien's ein Traum, doch es war Wirklichkeit:
Aus überird'schen Sphären stieg sie nieder,
Des Himmels Glanz in ihren blauen Augen,
Des Himmels Duft in ihren blauen Augen,
Des Himmels Duft in ihren gold'nen Locken,
Sie trat zu mir - wir gingen Hand in Hand,
In Frühlingsschöne blühte rings die Welt
Inmitten heit'rer Wiesen, Myrtenhaine,
Und immergrüner Höh'n und blauer Wasser,
So schritten wir dahin - mir war's zu Muth,
Als hätt' ich meines Lebens ganzes Lied,
Die bange Brust befreiend, ausgesungen,
Als wär' ihr Rosenmund der Weisheit Quell,
Draus mir Unsterblichkeit entgegenwinkte.
Da kam mir einst ein frevelnder Gedanke:
Erforschen wollt' ich ihrer Herkunft Räthsel.
Und wie ich so erwäge, spähe, prüfe,
Da welkt' der Blumenflor, die Blätter fielen,
Und kalte, graue Dämmerung umgab mich, -
An einem Abgrund blieb ich schaudernd steh'n.
Ich wandte mich bestürzt zu ihr zurück -
Doch ach! sie ging nicht mehr an meiner Seite.
Nur ihre Stimme hört' ich fern verhallen:
"Ich war Dein Traum von Jugend und Begeist'rung!"
Ich blieb allein - und Nacht begrub die Erde.
Mir schien's ein Traum - doch es war Wirklichkeit!

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 61-62)

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Vergissmeinnicht

Der Treue holde Blume hat
Die Liebste mir geweiht,
Als von dem engelgleichen Kind
Ich schied in herbem Leid,
Und weinend sagte sie: "Du kehrst
Doch wieder, Liebster mein?
Ich harre Dein - dann weihst Du mir
Der Treue Blümelein.

Sprachst ja, dass meine Augen blau
Wie diese Blumen sei'n,
Wenn drüber eine Thräne rollt
Ins Land der Träumerei'n;
Ach! meiner Kindheit sel'gen Traum,
Du nahmst ihn, er ist Dein -
Nimm thränenfeucht die Blumen hier,
Denk' an die Augen mein.

Wenn Dich der Kummer übermannt,
Wenn Dich erdrückt der Schmerz,
Lass' in der Fremde Berg und Meer,
Komm' wieder an mein Herz.
Ich schmiege mich wie jetzt an Dich,
Ich lind're all Dein Weh.
Ach! meiner Liebe reine Flut
Ist tiefer als die See.

Treibt Dich zu lange drauß' umher
Der wilde Sturmeswind,
Und findest Du im stillen Grab
Dein armes treues Kind -
Dann, Liebster, geh' zu meiner Gruft
In mondbeglänzter Nacht,
Und weihe mir Vergissmeinnicht,
In Treue dargebracht." -

Ich zog hinweg - die Zeit verflog,
Es trübte sich mein Sinn,
Des Jünglings Ideale all',
Sie schwanden welk dahin,
Von allem blieb mir einzig treu
Ein kleines Blümlein nur,
Mit ihm der Traum von schön'rer Zeit
Und der Geliebten Schwur.

Gar bittern Kelch zu trinken mir
Das schwarze Schicksal lieh,
Doch lächelnd ging ich meinen Weg,
Ich glaubte ja an sie!
Zwei lichter Sternenaugen Schein,
Ein heil'ger Talisman,
Sie zeigten mir der Zukunft Pfad.
Beglückt schritt ich hinan.

Die letzten Schimmer warf mir hin
Das trügerische Glück,
Als in die blaue Grott' ich trat,
Das Echo rief: "Zurück!"
Da schaut' ich scheidend in die Fern',
Die Grotte ich verließ,
Fuhr träumend über's weite Meer
Und träumt' ein Paradies.

Da war's mir einst im nächt'gen Traum,
Ich säh' sie vor mir gar:
Geschlossen war ihr blaues Aug',
Die weiße Ros' im Haar,
Gefaltet ihre beiden Händ'
In stiller, bleicher Ruh';
Ich fragte sie: "Was bist Du bleich
Und hast die Augen zu?"

Sie sagte nichts, mit leisem "Ach!"
Schwand sie in Dunst dahin -
Und mit Entsetzen wacht' ich auf
Und dacht' mit bangem Sinn:
Sie kam wohl aus des Grabes Nacht,
Ein flücht'ger Schatten bleich,
Und schied von mir in Ewigkeit
Und kehrt' ins Todtenreich.

So soll ich nie sie wiederseh'n!
Es riss das letzte Band,
Das mich bis nun zusammenhielt
Mit dieser Erde Tand -
Nur an ihr Grab will ich noch geh'n
In mondbeglänzter Nacht,
Und sterben, wenn ich, was sie bat,
In Treue dargebracht.

Ich eilte wie im Wahnsinn heim,
Mir klopfte wild das Herz,
Als ich die Heimat wiedersah
Und ich erkannt' mit Schmerz
Den Bach, wo die Vergissmeinnicht
Sie mir in Thränen gab,
Da weint' ich um mein treues Lieb
Und eilte an ihr Grab.

Da sah ich plötzlich Zweie steh'n
Im traulichen Verein,
Sie pflücken sich am Bachesrand
Die theu'ren Blümlein mein,
In seines Mantels Falten birgt
Die Maid ihr blondes Haar -
Und schmerzdurchzuckter Ahnung voll
Ward ich die Zwei gewahr.

Gleichwie Laokoon von Stein
Steh' ich und reg' mich nicht,
Der Qualgedanke: sie ist das!
Wie eine Schlang' mich sticht -
Bis endlich jener fremde Mann
Das Mädchen fahren ließ,
Sie wandte ihr Gesicht mir zu -
Und ach! und da war sie's!

Nicht lang darauf - was wollt Ihr mehr?
Als ihre Hochzeit war,
Geleitet' ich das schöne Kind
Zum bräutlichen Altar.
Nur als Erinn'rungszeichen an
Die mondbeglänzte Nacht
Hatt' ich 'nen Strauß Vergissmeinnicht
Im Knopfloch angebracht.

So sank der Jugend holder Traum
Beizeit ins stille Grab,
Es starb das blaue Blümelein
In meinem Herzen ab,
Und in die weite wüste Welt
Zog ich hinaus auf's neu,
Und glaub' an keine Träume mehr,
Und glaub' an keine Treu'!


übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 64-71)

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Epheu

An heit'rem Frühlingsabend
Gar mancher munt'rer Sang
Dereinst aus diesem Fenster,
Dem weißverhang'nen, klang.

Ein silberhelles Lachen,
Das plätscherte so rein
Des Epheus Ranken nieder
Zu Nachbars Fensterlein.

Ich lernte damals Plato,
Ein fleißiger Student,
Oft raubte mir die Nächte
Ein schwieriges Fragment.

Ich dacht', in Büchern kramend
Mit unverdross'nem Fleiß,
So würd' ich ganz unfehlbar
Berühmt und groß und weis'.

Ein arger Nachbar war ich!
Ich saß in starrer Ruh',
Verwünschte Lenz und Lieder,
Die Sängerin dazu.

Sah niemals in ihr Fenster,
Ob sie auch oft erschien
Im schmucken weißen Kleide,
Geziert mit Epheugrün.

Sie warf in lust'gem Scherze
Ins Fenster Blumen mir,
Ich griff nach dem Plutarchus,
Zu schützen mich vor ihr.

Und heut, nach vielen Jahren,
Verbracht' in Müh' und Streit,
Steh' ich am selben Fenster
Und träum' von alter Zeit.

Ich denk' nicht mehr an Größe
Im dürft'gen Kämmerlein,
Ich spähe lenzumduftet
Nach ihrem Fensterlein.

Umsonst, umsonst mein Spähen!
Nun stört mich niemand mehr,
Doch heimlich muss ich seufzen,
Es liegt auf mir so schwer.

Das Fenster leer und schmucklos,
Draus einst ihr Lied erklang!
Nun lockt mich nicht mehr Abends
Ihr frühlingsheit'rer Sang.

Ihr silberhelles Lachen
Und alles ist dahin -
Und seufzen muss ich bitter,
Denk' ich der Nachbarin.

Verschwunden ihre Spuren!
Der Epheu ganz allein
Hängt eigensinnig nieder,
Drängt sich ins Fenster mein.

Ein schwanker Falter flattert
Wohl um die Blüten weiß,
Ich frag' ihn feuchten Auges:
"Wo ist sie?" bang und leis'.

Im Herzen wogt Erinn'rung
Und kommt hervorgerauscht;
Der Falter schaut herüber
Vom Blütenkelch - und lauscht.

Und flüstert, Honig schlürfend:
"Sie hat Dich ja geliebt!
Hast selbst Dein Glück verscherzet,
Was bist Du nun betrübt?"

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 80-85)

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Veilchen

Jene Veilchen, die mich reizen,
Wachsen nicht auf wald'gem Plan,
Unter langer, dunkler Wimper
Schau'n sie träumerisch mich an.

Schöner schattet diese Wimper
Als des Waldes grünes Kleid,
Aus des blauen Blickes Tiefen
Schaut auf mich Unendlichkeit.

Ungemess'ne Wundertiefen!
Alles, alles birgt sich drin,
Was die Phantasie erträumte,
Was entzücket Herz und Sinn.

Aber eine Hand von oben
Hält verschlossen diesen Hort,
Und die Augen wie die Lippen
Bannt ein mächtig Zauberwort.

Bis das Lösungswort gefunden,
Liegt darauf Geheimnisflor,
Und nur selten dringt und flüchtig
Draus ein jäher Blitz hervor.

Unter hold gesenkter Wimper
Schlummert künft'ger Gluten Hort -
O wie ist er überglücklich,
Der einst spricht das Zauberwort.

Selig, wem sich diese Augen
Öffnen voller Liebesschein!
Ach! die Welt möcht' ich durchwandern
Nach dem theuren Schlüsselein.

Ach ihr Veilchen, hold und tückisch,
Wendet eurer Blicke Licht!
Ach! ich werde sterben müssen,
Find' das Zauberwort ich nicht.


übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 86-88)

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Myrten

An des Mittelmeeres Strande,
Wo die blauen Wellen zieh'n,
Überstreut mit weißen Blüten
Steh'n die Myrten ewig grün.

Blau und klar der Frühlingshimmel,
Und die Sonne strahlt so hold -
Auf den grünen Blättern zittert
Rings des Morgenrothes Gold.

Silbern Plätschern! Lenzeslüfte
Säuseln leis' den Hain entlang,
Fernher eine Canzonetta
Tönt mit immer neuem Klang.

Zwischen Myrtenhainen wandelt
Ernst des trüben Nordens Sohn -
All der Glanz und all der Flitter
Scheint zu leuchten ihm zum Hohn!

Weiße Blütenflocken stieben -
Doch sein Geist im Nord verweilt,
Wo der Schnee begräbt die Hütten
Und der eis'ge Sturmwind heult.

Wo der Wanderer vereinsamt
Durch die Heide irrt zur Nacht,
Wo er nichts daheimgelassen,
Was ihm Heimweh hätt' gemacht.

Da ertönt's: "Die Myrten blühen
Und es bebt der Blätter Zier,
Aber heißer bebt mein Busen -
Liebster, Liebster, komm zu mir!"

Seufzend zieht der Wand'rer weiter:
"Mir nicht dieses heit're Lied -
Dorten steht ein stilles Grabmal,
Wo einst meine Myrte blüht.

Ja, noch weiß ich's! In dem Garten
Pflanzt' sie traut mein Mütterlein,
Doch sie schwand dahin in Trauer,
Nimmer holt mein Leid sie ein."

Wolken lagern auf der Stirne
Und das trübe Lächeln flieht,
Und des theuren Grabmals denkt er -
Da von neuem tönt das Lied:

"Komm', o Liebster, ohne Säumen,
Frische Gaben warten Dein,
Frisches Lächeln, frische Küsse,
Frisch erglüht die Lippen mein."

Seltsam senkt sich auf die Seele
Ihm das lose Liebeslied,
Seine off'ne Herzenswunde
Frischer Freude Quell umsprüht.

Auf den steilsten Uferfelsen
Vor dem losen Sang er flieht -
Lächelnd grüßen ihn die Wellen
Und ins Ohr klingt ihm das Lied.

Und es schließt: "Im Myrtenschatten
Deckt Dich zu mein Händchen klein,
Bei der Canzonetten Klingen
Wird Dir süß der Schlummer sein!"

Und der Fremde schreitet weiter,
Sinnt des Liedes Worten nach,
Ach, er irrt verlassen, einsam,
Ohne Heimat, ohne Dach!

In Gedanken wiederholt er,
Seine Schmerzen wiegt es ein:
"Bei der Canzonetten Klingen
Wird dir süß der Schlummer sein!"

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 89-94)

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Die schönsten Lieder

Meine allerschönsten Lieder
Lehrte mich ein Mägdelein,
Denn es war mein weiser Meister
Wohl ihr rothes Mündchen klein.

Von den rothen Lippen tönte
Stets ein neuer, süßer Klang,
Melodie war jedes Lächeln,
Jedes Wörtlein war Gesang.

Alles, was das Herz erträumte,
Was zu kühn selbst Träumen schien,
Blitzt' aus ihren Kinderaugen,
Floss in holdem Lied dahin.

Also saßen wir beisammen,
Seit' an Seite traut geschmiegt,
Und ich sah ihr in die Augen,
Süß von Klängen eingewiegt.

Was das Ohr nicht konnt' erlauschen,
Was zu fern den Blicken stund,
Pflückt' von den Korallenlippen
Ich mir selbst mit meinem Mund.

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 108-109)

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Im Anfange

Ödes Chaos war im Anfang,
Eingehüllt in trübe Nacht,
Bis ihr schwarzes Auge blitzte
Und der rothen Lippen Pracht.

Ihre Blicke wiederstrahlend
Glänzten Sonn' und Stern' umher,
Als sie sprach das erste Wörtlein,
Sprang die Erde aus dem Meer.

Als ein Lächeln ihre Wangen
Überflog in raschem Lauf,
Flogen Vögel auf und Falter,
Blühten rings die Blumen auf.

Noch war nicht der Mensch geschaffen,
Todter Thon den Boden deckt',
Bis mit ihrem Feuerkusse
Sie zum Leben - mich erweckt.

Und voll Seligkeit erwacht' ich
In der Liebe Wunderland;
Doch auch ich ward wie die andern
Aus dem Paradies verbannt.

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 110-111)

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Die verzauberte Königstochter

Es schläft die Königstochter
Verzaubert im Myrtengrün,
Es glitt die gold'ne Laute
Zu Füssen ihr dahin.

Ein unvollendet Liedchen
Lächelt auf ihrer Wang',
Die Lippen wollen sprechen
Von Träumen süß und bang.

Sie träumt, es dränge muthig
Ein edler Rittersmann
Durch Wildnis und Gefahren,
Zu sprengen ihren Bann.

Doch ach! der tapf'rer Ritter
Ging irre im Zauberhain,
Und zweifelnd schaut' er rückwärts
Und ward verwandelt zu Stein.

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 112-113)

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Das Lied von den Lilien

Sinnend sitzt das Edelfräulein,
Kämmt des Lockenhaares Gold,
Und die rothen Lippen beben
Und es tönt das Lied so hold:

Schlummernd steh'n die weißen Lilien
In der stillen dunklen Nacht,
Wiegen sich auf schlanken Stengeln,
Lind von kühler Luft umfacht.

Mutter Nacht verschließt die Kelche,
Wahrt so blank das weiße Kleid,
Stiller, reiner, heil'ger Unschuld
Sie die duft'gen Blumen weiht.

Und sie spricht: "O schlaft in Frieden!
Schlaft, so lang ihr schlafen könnt,
Eh der Tag erscheint in Gluten
Und die Sonne euch verbrennt.

Lasst das Träumen, lasst das Sehnen
Nach dem lichten Morgenroth!
Ach! erblickt ihr seine Strahlen,
Trifft euch bald ein früher Tod."

Doch die Lilien, ob sie nickend
Trinken kühlen Thau der Nacht,
Schau'n doch sehnend aus nach Osten,
Nach der Morgenröthe Pracht.

Träumen von der sel'gen Stunde,
Wo ihr weißes Angesicht,
Sprengend ihre bange Hülle,
Küssen wird der Sonne Licht.

Und es warnt umsonst die gute
Mutter Nacht sie allezeit:
Von der Sonne träumen Lilien
Und von Liebe träumt die Maid.


übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 115-117)

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Als ich ein Jüngling war

Als ich ein Jüngling war,
Wie schien der Lenz so klar,
Wie schön war diese Welt!
Dahin sind jene Zeiten,
In Trauer und in Leiden
Deckt Dunkel diese Welt.

Als ich ein Jüngling war,
Wie blüht' so licht und klar
Der Liebe Wunderblum'!
Dahin sind jene Stunden,
Auf immer ist entschwunden
Der Liebe Wunderblum'.


übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 118)

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Astern

Wieder welken rings die Fluren,
Nur im Silberschimmer bleich
Schau'n der Astern Sterne blühend
In des Himmels Reich.

Wie ist jetzt der Herbst so traurig!
Und doch war er einst so schön,
Ob wie heut auch welke Blätter
Wehten von den Höh'n.

Heut wie damals schweigt die Herbstnacht,
Von des Mondes Schein bestrahlt,
Heut wie einst sich seine Scheibe
Zwischen Wipfeln malt.

Doch im Herzen ist gestorben
Jene sel'ge Liebesmacht,
Die mir zauberisch verklärte
Einst die Herbstesnacht.

Einst, ach! war von Glück und Wonne
Mir die Herbstesnacht erfüllt,
Denn es stand an meiner Seite
Eines Engels Bild.

Und noch seh' ich trunk'nen Aug's ihr
Bleiches, schönes Angesicht,
Schwarz umlockt - und in den Locken
Weißer Astern Licht . . .

Aus den dunklen Augen blitzen
Seh' ich's: "Ewig bleib' ich Dein!"
Sehe alles in des Mondes
Geisterhaftem Schein . . .


übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 119-121)

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Als die letzte Rose welkte

Als die letzte Rose welkte,
Schickt' ich ihn von meiner Seit',
Und der Liebe gold'ner Faden
Riss entzwei in bitt'rem Leid.

Wollte eilends wieder knüpfen
Das zerriss'ne theure Band,
Aber schwere Thränentropfen
Fielen auf die schwanke Hand.

Und von neuem blühen Rosen,
Gold'ner Schimmer lacht umher,
Und ich rufe: "Kehre wieder!"
Doch er hört mich nimmermehr.

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 124)

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Die Bekehrung

Als sie sechzehnjährig blühte,
War gar skeptisch ihr Verstand,
Wollte mir es, ach! nicht glauben,
Als ich wunderschön sie fand!
Zweifelte an ihren Reizen,
Glaubte nicht an Amors Macht,
Als ich Liebe ihr gestanden,
Hat sie gar mich ausgelacht!

Aber heut nach vielen Jahren
Beugt sie gläub'gen Sinn's ihr Haupt,
Und bereut mit bitt'rer Klage,
Dass sie einst mir nicht geglaubt!
An der Liebe Allmacht glaubt sie,
Seufzt, dass sie doch jung noch wär',
Glaubt, dass ich sie stets noch liebe,
Aber ich - ich glaub's nicht mehr.

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 135)

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Erwacht

Die Maiensonne
Gibt holden Schein,
Verkläret golden
Den Rosenhain,
Birgt sich in Wölkchen,
Kommt wieder gleich,
Eilt über Wiesen,
Badet im Teich,
Zittert in Strahlen
Am Lindenbaum,
Wecket die Blumen
Aus stillem Traum,
Löset der Knospen
Enges Gewand,
Trinket die Tropfen
Vom Kelchesrand.

O welch ein Glänzen,
Wie einzig schön!
Die Vögel zwitschern
Auf grünen Höh'n,
Und unterm Fenster,
Mit süßem Schall,
Singt ihre Lieder
Die Nachtigall.
Es tönt ihr Singen
Weit in die Fern',
Drunten im Thale
Hören sie's gern,
Alles erwachet
Munter vom Schlaf,
Alles sich reget
Freudig und brav.

Auch mir im Herzen
Ist was erwacht,
Was wunderheimlich
Bangen mir macht.
Liebliche Wünsche,
Räthselhaft ganz,
Süßholdes Klingen,
Rosiger Glanz
Dringt mir ins Herze,
Schwellt mir die Brust,
Halb wie vor Bangen,
Halb wie vor Lust.
Ahnend was Neues,
Erwart' ich still,
Weiß doch wahrhaftig
Nicht, was ich will.

Abwerfen möcht' ich
Die Mädchengestalt,
Fliegen als Vöglein
Wohl durch den Wald,
Tanzen auf schwankem
Birkengezweig,
Schütteln von Blättern
Thauperlen reich,
Streifen im Fluge
Den kühlen Fluss,
Bieten den Fischlein
Flüchtigen Gruß,
Und über Wiesen,
Über den Hain
Wonniglich fliegen
Im Rosenschein,
Und immer höher,
Fort in die Fern',
Endlich am Himmel
Blinken als Stern.

Möchte auch hernach
Blühen als Ros',
Im Waldesschatten
Duftig und groß,
Sonnig erglühend,
So einzig schön,
Dass alle Blumen
Davor vergeh'n,
Die Nachtigallen
Im grünen Hain,
Im Sange preisen
Mich nur allein.

Das gold'ne Ringlein
Hätt' ich so gern,
Das zaubermächtig
Trägt in die Fern',
Rasch uns verwandelt
In manch seltsam Bild,
Alle geheimen
Wünsche erfüllt.
Aber noch heißer
Wär' mein Begehr,
Freudig zu finden
Noch etwas mehr . . .

Wär' es ein Engel,
Wär' es ein Mann,
Aus meinen Träumen
Blickt er mich an.
Möchte ihn finden
An meiner Seit',
Mir in die Augen
Säh' er mit Freud',
Herzlich ihm reicht' ich
Die Händchen klein,
Bliebe dann ewig
Ewiglich sein . . .
Und mit ihm plaudernd
Durch Wälder geh'n,
Und wonnig träumend
Ins Aug' ihm seh'n,
Und alles Schöne
Im Weltenraum
Schließen ins Herze
In sel'gem Traum,
In blauem Glanze
Am Himmel dort,
In ew'gem Frühling
Wandeln hinfort!

übersetzt von Ladislaus Gumplowicz (1869-1942)

Aus: Adam Asnyks ausgewählte Gedichte
Deutsch von Ladislaus Gumplowicz
Wien 1887 Verlag von Carl Konegen (S. 157-164)

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Sonett

Ich mußte schweigen, als ich schied von dir,
Die Lippe schien der Sprache zu entbehren,
Es blieb das Wort zurück im Busen mir,
Das Herz entfloh und will nicht wiederkehren.

Dir bleibt geöffnet deines Hauses Thür,
Du wirst im Lenz dort Nachtigallen hören -
Getrennt, im tiefen Unglück leb' ich hier,
Mein Haus ist fern, ich kann nicht wiederkehren.

Kein Echo klang mir nach, als ich geschieden;
Doch besser, daß mein Angedenken nimmer
Gefährde deiner hellen Träume Frieden!

Der Morgen wird dir neues Glück gewähren -
Ich nehme Abschied von dem letzten Schimmer,
Um aus dem Dunkel nie zurückzukehren!

übersetzt von Heinrich Nitschmann (1826-1905)

Aus: Der polnische Parnaß
Ausgewählte Dichtungen der Polen
Übersetzt von Heinrich Nitschmann
Nebst einem Abriß der polnischen Literaturgeschichte
und biographischen Nachrichten
Vierte sehr vermehrte Auflage
Leipzig F. A. Brockhaus 1875 (S. 358)

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Das verwelkte Blättchen

Mein Herz, das ruhelose,
Es wallte stürmisch auf,
Ich nahm von der weißen Rose
Ein Blatt und schrieb darauf.

Die Worte süß und bange
Die nie geworden laut,
Die hab' ich im heißen Drange
Dem zarten Blatt vertraut.

Die Hoffnung, die ich hegte,
Die Schmerzen, die ich litt,
Was mich im Traum bewegte,
Dem Blättchen theilt' ich's mit.

Bestimmt war's ihren Händen,
Entziffern sollte sie's
Und dann mir Antwort senden
Auf gleichem Blatt wie dies.

Noch einmal wollt' ich prüfen
Die seltene Schrift vorher,
Doch ach, die Züge verliefen,
Kein Wort erkannt' ich mehr.

Das Blatt war welk und faltig,
Und jede Spur verschwand
Der Worte süß und gewaltig,
Bestimmt für ihre Hand!

übersetzt von Heinrich Nitschmann (1826-1905)

Aus: Der polnische Parnaß
Ausgewählte Dichtungen der Polen
Übersetzt von Heinrich Nitschmann
Nebst einem Abriß der polnischen Literaturgeschichte
und biographischen Nachrichten
Vierte sehr vermehrte Auflage
Leipzig F. A. Brockhaus 1875 (S. 359)

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O, würd ich jünger sein!

O Mädel, würd ich jünger sein,
O welch ein Glück!
Dann würd ich niemals trinken Wein,
Nur Nektar bloß aus deinem Blick
O, jünger sein!

Du wärest mir vielleicht dann gut,
O goldnes Ziel!
Dies Wort allein macht glühn mein Blut,
Denn ach, es wär des Glücks zu viel:
Wärst du mir gut!

Dann wären nichts die Sterne mir
Und auch der Mond;
Ich würde alles weihen dir,
Von Glück durchstrahlt, durchglüht, durchsonnt,
Ja, alles dir!

Die Sonne würd ich dann verschmähn;
Des Frühlings Pracht
Sogar könnt nicht vor dir bestehn;
Vor deiner zauberreichen Macht . . .
Könnt nicht bestehn.

Doch leider bin ich schon zu alt,
Daß fordern ich sollt,
Daß mir dein Herz entgegenwallt.
Drum spiel ich mit des Liedes Gold . . .
Ich bin zu alt.

Und deshalb meide ich dich weit,
O Engel du!
Mein Stolz verschmäht der Liebe Leid . . .
Und voller Sehnen, ohne Ruh
Entflieh ich weit.

Ich lächle still und trinke Wein,
Mit Tränen vermengt.
Vergangnes hüllt mich leise ein,
Von grauen Nebeln eng umdrängt . . .
Ich trinke Wein . . .

übersetzt von Lorenz Scherlag (1881-1941)

Aus: Moderne polnische Lyrik
Eine Anthologie deutscher Übertragungen
Herausgegeben von Lorenz Scherlag
Amalthea Verlag Zürich Leipzig Wien 1923 (S. 3-4)
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