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      Aus der griechischen 
      Anthologie
 
 (In der Übersetzung von Johann Gottlob Regis)
 
 
 
 
 Aus Liebes-Epigrammen
 
 
 Jener Jonerin schwur Kallignotos, daß nimmer ein Weib noch
 
 Mann ihm befreundeter sein soll' auf der Erde denn sie
 
 Schwur's. Doch mit der Wahrheit pflegt man zu sagen: es dringen die Eide,
 
 Die in der Liebe man schwört, nicht an der Himmlischen Ohr.
 
 Kallimachos von Kyrene (um 305 v. Chr.-240 v. Chr.)
 
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 Gram bin ich Amorn; warum an wilden Thieren nicht lieber
 
 Kühlt er die Wuth, und mir schnellet er Pfeil' in das Herz?
 
 Was ist's mehr, wenn ein Gott einen Menschen versenget? welch hohen
 
 Siegesgewinn bringt Ihm mein überwundenes Haupt?
 
 Alkaios von Messene (um 200 v. Chr.)
 
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 Rettest du, Kypris, die in der See, so rett' auch am Land mich
 
 Freundlich im Schiffbruch, ach mich schon versinkenden Mann!
 
 Anonym
 
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 Nun wird gebadet, laß uns bekränzen, Prodike, laß uns
 
 Schlürfen den lauteren Wein. Größerer Becher herbei!
 
 Kurz ist das Leben der noch sich Freuenden; dann wird das Andre
 
 Stocken vor Alter, und Tod macht den Beschluß auf die Letzt.
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 Wo find nun Polyklets, wo find' ich Pryxiteles' Hände,
 
 Wie sie vordem durch Kunst Odem dem Steine verlieh'n?
 
 Wer wohl wird nachformen Melite's duftende Locken,
 
 Oder des Nackens Glanz, oder den feurigen Blick?
 
 Wo sind die Bildner? Wo die Meißelführer? Ein Tempel,
 
 Wie einem Götterbild, ziemete solcher Gestalt.
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 Pyrrhos, Achilleus Sohn, zog Sklavin Andromache seiner
 
 Gattin Hermione vor; wahrlich! ich mach' es wie Der.
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 Weder das Mägdlein hätt' ich zu ehlichen Lust, noch die Alte:
 
 Jene bedauert' ich nur, müßte vor dieser mich scheu'n.
 
 Weder Herbling sei's noch Rosine; sondern die reife
 
 Schöne gezeitiget komm' in Cythereens Gemach.
 
 Onestes (Honestos) (um 20 n. Chr.)
 
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 Sagt' ich dir's, Prodike, nicht: "Wir altern?" Warnt' ich vorher nicht:
 
 "Kommen werden die Freunds-Trenner geschwinde genug?"
 
 Runzeln jetzt und ergrauendes Haar, und am Leibe die Falten,
 
 Und um den Mund nicht mehr spielende Reize wie sonst.
 
 Pilgert nun Keiner zu dir, Leichtsinnige, oder umfleht dich
 
 Schmeichelnd? Nicht Einer; vielmehr fliehn wir vor dir, wie dem Grab.
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 "Fliehe nach Heliodora das Sehnen!" verwarnt mich die Seele,
 
 Eifersuchten, und viel rinnender Thränen gedenk.
 
 Ja, so sagt sie; doch hab' ich nicht Kraft zum Fliehn: denn die Schelmin
 
 Selbst warnt immer, und küßt unter den Warnungen fort.
 
 Philodemos (um 55 v. Chr.)
 
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 Ob ich, o Herrin, dich je in dunkelfarbigen Locken,
 
 Oder auch wieder gesehn leuchten im blonden Geflecht:
 
 Gleich von beiden strahlet die Anmuth; wahrlich in solchen
 
 Haaren wird Eros noch wohnen, auch wenn sie ergraut.
 
 Anonym
 
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 Tritt mir nicht mehr in den Weg, du Schwindlerin, noch mir begegne!
 
 Denn an der Rose Statt nehm' ich die Dornen nicht an.
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 Süß ist der Minnegenuß; wer sagt's nicht? Doch wird er bittrer
 
 Als Koloquinten, sobald Münze dafür man begehrt.
 
 Killaktor (um 100 n. Chr.)
 
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 Alle Thaten, Melissa, der Blumenschwärmerin Biene
 
 Übst du, ich weiß es, o Weib, schrieb es mir tief in die Brust:
 
 Süßen Honig träufelst du zwar aus dem Mund, wenn du küssest;
 
 Aber der Stachel sticht bitterlich, wenn du begehrst.
 
 Marcus Argentarius (um 20 n. Chr.)
 
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 Lieb' und Armuth hab' ich, zwei Übel. Ertragen das Eine
 
 Will ich leicht; doch die Gluth Cyprien's halt' ich nicht aus.
 
 Anonym
 
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 Ich verliebte mich, küßte, gewann, vollzog, bin umhalset.
 
 Wer aber? Welche? und wie? Göttin, du weißt es allein.
 
 Anonym
 
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 Sengest du, Eros, zu oft das im Feuer gebadete Seelchen,
 
 Wird es entfliehn; denn es hat Flügel, Gestrenger! wie du.
 
 Meleagros (um 130 - 60 v. Chr.)
 
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 Kindlicher Eros, du wirst mich noch gründlich verderben. Entleer' auf
 
 Mich nur dein ganzes Geschoß, bis dir die Kerbe versagt:
 
 Daß du mit Pfeilen allein mich hinstreckst, und wenn noch Andre
 
 Treffen wolltest, nicht mehr habest ein einziges Rohr.
 
 Archias (um 118-nach 62 v. Chr.)
 
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 Eros entfliehn, o eitles Bemühn! Wie entrönn' ich zu Fuß auch
 
 Jenem Geflügelten, der hurtigen Schwungs mich verfolgt?
 
 Archias (um 118-nach 62 v. Chr.)
 
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 Deine Schöne hat Zeit noch nicht verdunkelt, noch viele
 
 Ueberbleibsel bewahrst voriger Tage du auf,
 
 Und die Reize bleiben unalternd; noch ist die Schönheit
 
 Noch die Rose der froh lächelnden Wangen nicht hin.
 
 Ha wie Viele versengt hat das einst gottähnliche . . .
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 Schneie du, hagele, seng' und brenne, verfinstere, donn're,
 
 Schieß dein geballtes Gewölk all auf die Erde herab.
 
 Denn erschlägst du mich, dann werd' ich ruh'n; und läßt du mich leben,
 
 Werd' ich schmausen, und wenn auch du noch Aerg'res verhingst.
 
 Denn mich ziehet der Gott, dein Herr wie meiner, dem du Zeus,
 
 Einst gehorchend, als Gold ehr'ne Gemächer durchdrangst.
 
 Asklepiades (um 285 v. Chr.)
 
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 Nur ergötzen, nicht fesseln ohn' Anmuth Herzen kann Schönheit,
 
 Wie ohne Hamen im See schwimmendes Ködergewürm.
 
 Capito (Kapiton) (?)
 
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 Tilg', o Eros, entweder das Lieben ganz, oder Gegen-
 
 Lieb' auch gieb; daß der Trieb sterb', oder werde vermählt.
 
 Lucilius  (um 60 n. Chr.)
 (oder nach Andern, Polemon aus Pontos)
 
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 Kaum daß Mäonis sah'n Pallas und Here, die Goldschuh-
 
 Wandlerin, riefen zumal beid' aus erhobener Brust:
 
 "Nicht mehr entkleiden! Der Spruch des Einen Hirten genügt uns;
 
 Schmach in der Schönheit wär's, zweimal bezwungen zu sein."
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 Das ist Leben, dieß ist's. Genuß ist Leben. Hinweg Angst!
 
 Wenige Zeit ward Menschen zum Dasein. Jetzo Lyäos,
 
 Jetzo Reigen und Frau'n, jetzt blumenprangende Kränze.
 
 Heut ergeh' es mir wohl; nicht Einem bekannt ist das Morgen.
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 Diesen Kranz, Rhodokleia, begleit' ich dir, den ich von schönen
 
 Blumen mit eigener Hand habe geflochten für dich.
 
 Lilien sind's und Kelche der Rosen, Thau-Anemonen,
 
 Feuchte Narcissen, und viel blaue Violen dabei.
 
 Damit dich kränzend, sei nicht übermüthig hinfort! Du
 
 Blühest und wirst verblüh'n, du wie der duftige Kranz.
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 Ich bin Apfel; mich wirft ein dich Liebender. Aber, Xanthippe,
 
 Wink' ihm Erhörung, Einmal werd' ich verwelken, wie du.
 
 Platon (427-347 v. Chr.)
 
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 Wenn ich doch würd' ein Wind, und jetzt in der Sonne du wandelnd
 
 Thätest den Busen auf, nähmest den wehenden ein!
 
 Anonym
 
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 Wär' ich ein Röslein doch, ein purpurnes, daß du mit Händen
 
 Mich vor die schneeige Brust steckend beseligetest!
 
 Anonym
 
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 Jungfrauschaft bewahrest du auf? Und wofür? Wenn hinab du
 
 Kommen zum Acheron wirst, findest du keinen Galan.
 
 Bei den Lebenden sind der Kypris Freuden; im Hades
 
 Werden, o Jungfrau, wir liegen als Asch' und Gebein.
 
 Asklepiades (um 285 v. Chr.)
 
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 Konntest du Feuerbringer die gleiche Gluth nicht in Beiden
 
 Zünden, lisch sie aus, oder verbreite sie fort.
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 Das ist nicht Liebe, wenn Einer die Schöngestaltete trachtet
 
 Sich zu gewinnen, von wohlkundigem Auge geführt:
 
 Sondern wer, wenn er schaut die Mißgestaltete, brennend
 
 Aus wahnsinniger Brust, zuckend am Pfeile sie liebt:
 
 Das ist Lieb', ist Feuer; denn gleich freut Alle das Schöne,
 
 Die auf den Unterschied sich der Gestalten verstehn.
 
 Marcus Argentarius (um 20 v. Chr.)
 
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 Süßen Balsam dir send' ich, dem Balsam den Balsam verehrend,
 
 Wie wir dem Bromios trankopfern des Bromios Naß.
 
 Anonym
 
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 Süßen Balsam dir send' ich, dem Balsam, nicht dir zu Gefallen
 
 Die du den Balsam selbst balsamen kannst, wenn du willst.
 
 Anonym
 
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 Mit Überlegung bin um die Brust ich bewehrt wider Eros:
 
 Einer den Einzelnen soll Er mich gewältigen nicht,
 
 Sondern der Sterbliche fleh' ich dem Gott: wenn aber zu Hülf' ihm
 
 Käme noch Bakchos, was könnt' ich dann gegen ein Paar?
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 Here's Augen, Melite, hast du, und die Hände Athenens,
 
 Theti's Füße; du hast von Aphroditen die Brust.
 
 Glücklich ist wer dich sieht, dreimal wer dich höret beseligt,
 
 Halbgott, welcher dich liebt, Ewiger, welcher dich freit.
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 Mistel, Timarion, hast du zu Küssen, hast Feuer zu Augen;
 
 Siehe du sengst wie du blickst, bindest sowie du berührst.
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Reich, Sokrates, war'st du verliebt; nun aber in Armuth,
 
 Liebst du nicht mehr; o wie heilkräftig der Hunger doch ist!
 
 Selber Menophila, die dich einst "Balsam und lieben Adonis"
 
 Pflegte zu nennen, sie fragt nun, wie du heißest, am Weg:
 
 Wer? und woher der Männer? aus welcher Stadt? - O wie spät doch
 
 Lernst du das Wörtchen: es ist Keiner des Darbenden Freund.
 
 Marcus Argentarius (um 20 v. Chr.)
 
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 Wie wär' Liebenden Schlafen erlaubt?
 
 Philodemos (um 55 v. Chr.)
 
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 Schein', o Selene, du Gern-Nachtwandlerin, Doppelgehörnte,
 
 Schein' in die Gitterthür, ziele mit Pfeilen herein,
 
 Leuchte die goldne Kallistion an; auf der Liebenden Werk' ist
 
 Einer Unsterblichen frei niederzuschau'n unverwehrt.
 
 Wohl, ich weiß es, du preisest uns Beide selig, Selene,
 
 Denn für Endymion auch einst ja entbrannte dein Herz.
 
 Philodemos (um 55 v. Chr.)
 
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 Fliehen wir Brennbaren schnell,
 
 weil noch nicht der Pfeil auf der Senn' ist!
 
 Große Feuersbrunst, wahrsag' ich, wird gleich hier entstehn.
 
 (Von einem noch unreifen, 
      aber Gefahr drohenden Mädchen)
 
 Philodemos (um 55 v. Chr.)
 
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 Weinst, aber redest du nicht?
 
 O vergebens möchtest du leugnen:
 
 Denn glaubwürdiger sind Augen-Verräther als Mund.
 
 Quintus Mucius (Maccius) (um 60 v. Chr.)
 
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 Jetzt blühn weiße Violen und regenfrohe Narcissen
 
 Fröhlich, und hügelemporklimmende Lilien blühn ...
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Leicht regnen der Liebenden Augen.
 
 Asklepiades (um 285 v. Chr.)
 
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 Flechten will ich Levkoy'n, und die weiche Narcisse zugleich mit
 
 Myrten flechten, und auch lächelnde Lilien dabei:
 
 Süßen Krokos flechten, daneben flechten die Purpur-
 
 Hyacinth', und der liebäugelnden Rosen Gemisch;
 
 Daß mir die Balsam-Locken des wallenden Haars um die Schläfe
 
 Heliodorens mit viel Blumen bestreue der Kranz.
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Summende Mücken, ihr schamlose, des Menschengeblütes
 
 Saugeheber, ihr Zweiflügelgeschmeiße der Nacht:
 
 Lasset, ich flehe, Zenophilen nun ein wenig des sanften
 
 Schlummers genießen; dafür nehmet, verzehret mein Fleisch.
 
 - Und doch, wozu red' ich umsonst, wenn dem rohen Gethier selbst
 
 Wohl wird, wie es sich warm fühlt an dem zärtlichen Leib?
 
 Aber nun warn' ich: laßt ab, ihr Ungeziefer, vom Frevel;
 
 Oder der Eifersucht Händegewalt wird euch kund.
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Alle reizt die verliebte Asklepias mit den Galene-
 
 Grünlichen Augen zum Mitschiffen im Paphischen Meer.
 
 Galene: Nereide, die 
      Windstille macht.
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Süßes Getränk ist im Sommer dem Durstenden Schnee; und dem Schiffer
 
 Süß, nach dem eisigen Sturm Kränze des Frühlings zu schaun:
 
 Aber am süßesten ist's, wenn Eine Deck' ein vertrautes
 
 Pärchen umhüllt, und die Zween Kypris verehren zumal.
 
 Asklepiades (um 285 v. Chr.)
 
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 Nichts ist süßer als Lieb', und Alles, was sonst noch für köstlich
 
 Gilt, kommt hernach, aus dem Mund spei' ich den Honig sogar:
 
 So spricht Nossis und daß, wem Kypris nimmer geneigt war,
 
 Selbiger auch nicht die Ros' unter den Blumen gekannt.
 
 Nossis (um 310 v. Chr.)
 
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 Fröhlich lächelt der Kelch, weil die holde Zenophila, sagt er,
 
 Ihn zu berühren gewohnt mit dem gesprächigen Mund.
 
 Glücklicher! Setze sie doch so auch ihre Lippen an meine,
 
 Tränk mir auf Einen Zug hurtig die Seel' aus der Brust!
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Neidischer Morgen, was schlenderst du über Gebühr nun so langsam,
 
 Nun unter Demo's Bettteppich ein Andrer sich wärmt?
 
 Aber als mir noch im Schoos die Geschmeidige lag, o wie bald da
 
 Kamst du, um schadenfroh Licht zu vergeuden auf mich!
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Schläfst du Zenophila, lieblichen Kind? O fiel ich doch selbst als
 
 Ungeflügelter Schlaf dir auf die Wimper herab,
 
 Daß nie jener, der auch Zeus' Augen bezauberte, zu dir
 
 Käm', und die ganze Nacht ich dich alleine besäß'.
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Wüthrich Amor, o Wüthrich! Was mehr, was immer und immer
 
 Wieder, mit allem Gestöhn, sagt' ich als: Wütherich du?
 
 Denn dazu lacht nur der Bub' und, schmählich heruntergescholten,
 
 Hört er sich gern, und wird gar fett, wenn man schimpfet auf ihn.
 
 Wundert mich nur, wie du den bläulichen Wogen entstiegne
 
 Cypria Feuer hervorbrachtest aus tropfendem Naß.
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Amorn den Wildfang rufen wir aus, denn eben nur, eben
 
 Ist er vom Lager geflohn mir in der Frühe davon.
 
 Ein süßthräniger, stets schwatzhafter, behender, verwegner
 
 Spöttisch lächelnder Knab' ist's, und beschwingt und bepfeilt.
 
 Wer sein Vater ist, kann ich nicht sagen, denn weder die Luft will,
 
 Weder die Erde noch See haben den Kecken gezeugt:
 
 So verhaßt ist er Allen und überall. Passet nur wohl auf,
 
 Ob er nicht Seelen schon jetzt andere Netze gestellt! -
 
 Aber da seh' ich schon wieder am Nest ihn. Schütz, du entgehst mir
 
 Nicht; bei Zenophila lauscht er aus den Augen heraus.
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Wähne, Philänis, nicht, mich mir redlichen Thränen zu täuschen:
 
 Denn ich weiß es, du liebst außer mir Keinen gewiß
 
 All' die Zeit, die du ruhest bei mir. Wenn aber dich hätt' ein
 
 Andrer, du sagtest: ich lieb' auch nur den Andern allein.
 
 Poseidippos (um 275 v. Chr.)
 
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 Sieh, wie man doch dich ertappt das Erkünstelte liebend! sprach Dorkas
 
 Zu Lykänis. Es birgt Zeit nicht geheuchelte Gluth.
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Wenigen Odem, o Eros, auf meinen Lippen noch hab' ich.
 
 Willst du nun aber auch den, sag's, und ich hauch' ihn hinaus.
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Nicht nach Knaben schwärmt mir das Herz: denn, o all' ihr Eroten!
 
 Welch ein Vergnügen wär' Männer-Besiegung dem Mann,
 
 Wenn, wer giebt, nicht auch was empfangen wollte? Denn Hand ja
 
 Wäscht nur Hand .....
 
 Meleagros (um 130-60 v. Chr.)
 
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 Mit dem Zweige zugleich brach Didyme mich. Doch ich schmelz' im
 
 Anschaun solcher Gestalt, weh! wie am Feuer ein Wachs. -
 
 Und ist sie schwarz, was thut's? Auch Kohlen sind es; entzündet
 
 Die, und wie Rosengluth werden sie leuchten sogleich.
 
 Asklepiades (um 285 v. Chr.)
 
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 Laß uns die Küsse stehlen, o Rhodope, und der Verliebten
 
 Rings umfeindeten, still werbenden Kypris-Verkehr.
 
 Süß ist Verborgensein vor dem Geierauge der Wächter,
 
 Wonniger heimliche weit, als die beschrieene Lust.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
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 Wenn dich auch Grauhaar längst schon beschläfert hat und dir gestumpft 
      schon
 
 Jenen so hitzigen Sporn rasender Liebesbegier,
 
 Solltest du doch, Kleobulos, der 
      Jugendwünsche bewußt dir,
 
 Mitleidsfähig nun auch fühlen der Jüngeren Leid,
 
 Und nicht hochher grollen auf Menschliches, noch bis zum letzten
 
 Haar kahl raufen die schlankblühende Mädchengestalt ...
 
 Agathias (um 536-582)
 
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 Wielang wollen wir noch der entbrennenden Augen verstohlne
 
 Gluthen, wie auf den Raub, werfen einander zu?
 
 Ausgesprochen sei offen der Kummer: und wenn man uns wehren
 
 Weiches Umfangen der mühlösenden Einigung will,
 
 Dann sei Beiden das Schwert Heilmittel; uns ist es ja süßen,
 
 Leben oder auch Tod, beides zu theilen gemein.
 
 Paulus Silantiarius (um 520-575)
 
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 Amor, hör' einmal auf mit Herz und Leber, und willst du
 
 Dennoch schießen, so triff andere Glieder an mir.
 
 Macedonius (um 550 n. Chr.)
 
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 Einen Schwär' hab' ich, Lieb', und aus dem Schwären ergießt sich
 
 Ichor-Thräne, weil nie trocknen die Wunde mir will.
 
 Auch bin ich unbeholfen vor Schmerz, und Machaon, er legt kein
 
 Linderndes Mittel, kein Heilkraut dem Bedürfenden auf.
 
 Telephos bin ich; und du, Kind, werde mein treuer Achilleus.
 
 Stille mit deinem Reiz, wie du entzündet den Trieb.
 
 Machaon: Sohn des Asklepios, 
      homerischer Feldarzt.
 
 Macedonius (um 550 n. Chr.)
 
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 Augen, wie lange noch schlürft ihr den Nektar der Amorinen,
 
 Lauterer Schönheit kühndurstige Becherer ihr?
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
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 Doris, ein einziges Haar aus den goldenen Locken sich reißend,
 
 Band mir die Hände damit, wie dem Gefangnen im Krieg.
 
 Aber ich lacht' anfangs; denn die Bande der lieblichen Doris
 
 Abzuschütteln, das stellt' ich als ein Leichtes mir vor.
 
 Wie mir nun aber die Kraft zum Zerreißen fehlte, da stöhnt' ich,
 
 Wie von unlösbarem Ring eherner Fesseln umschnürt:
 
 Und nun hang' ich am Haar, dreimal Unseliger, hiehin,
 
 Dahin, dorthin geschleift, wie die Gebieterin zieht.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
 _____
 
 
 
 Liebend Hippomenes noch, warf schon ich das Aug' auf Leandern;
 
 Doch an Leanders Mund fest nun Gesogene heg'
 
 Ich im Gemüthe das Bild des Xanthos; aber an Xanthos'
 
 Busen, entsend' ich das Herz wieder Hippomedes zu.
 
 Jeden verschmäh' ich, der eben zu Handen ist. Einen um Andern
 
 Immer in wechselnden Arm fassend, verharr' ich zu Dienst
 
 Einer reichen Cyther'. Und tadelt mich Eine, so bleibe
 
 Sie auf der Armuth einmännischem Lager getrost.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
 _____
 
 
 
 Ich, der jugendlich einst unerweichten Gemüthes, der süßen
 
 Paphia Satzungen, all' ihre Gelüste verschwur,
 
 Ich, der den gliederverzehrenden Pfeilen 
      der Liebesdämonen
 
 Einst Unerreichbare, nun beug' ich halbgrau dir mein Haupt,
 
 Kypris. Nimm lachend mich hin: denn Pallas die Weise besiegst du
 
 Weit mehr heut als zuvor mit der hesperischen Frucht.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
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 Mit dem Golde bewerb' ich um Eros mich. Werden der Bienen
 
 Werke doch nicht mit dem Pflug, noch mit dem Karste gethan;
 
 Sondern vom thauigen Lenz: und des Honigs der Tochter Dione's
 
 Sinniger Zeidler bleibt immer das funkelnde Gold.
 
 Macedonius (um 550 n. Chr.)
 
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 Weich, flaumenweich zwar find' ich die Küsse der Sappho, die Schlingen
 
 Schneeiger Arme weich, weich an ihr jegliches Glied;
 
 Aber die Seel' ist schroffer Demant: denn nur bis zum Mund liebt
 
 Sappho, ihr übriges Theil, eisige Jungfrauschaft.
 
 Und wer hielte dieß aus? Vielleicht, ja vielleicht wohl ertrüge
 
 Unschwer, wer es ertrüg', auch den Tantalischen Durst.
 
 Anonym
 
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 Parmenis, nicht mit der That! Denn dem Hörenden dünkte der Name
 
 Gar schön; aber du bist bitterer mir als der Tod:
 
 Fliehest mich, wenn ich dich lieb', und verfolgst mich, wenn ich dich 
      nicht mag,
 
 Bis du von neuem entfliehst, wenn man dann wieder dich liebt.
 
 Hamen ward, stachelgierig, dein Rosenmund, und sobald ich
 
 Schnappe, hält in der Schweb' er an den Lippen mich fest.
 
 Macedonius (um 550 n. Chr.)
 
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 Werfen wir, Liebliche, fort die Gewänder, damit sich die nackten
 
 Glieder, zu nackten gedrängt, süßer Verschlingungen freu'n.
 
 Nichts sei zwischen uns mehr. Denn eine Semiramis-Mauer
 
 Scheint mir noch dieß dein dünn hüllendes Spinnegeweb'.
 
 Enger die Brüst' und die Lippen vereint! Doch das Andre, mit Schweigen
 
 Sei es bedeckt; denn verhaßt bleibt mir der plaudernde Mund.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
 _____
 
 
 
 Lieber denn alle Säfte der Jugend sind mir, o Philinna,
 
 Deine Furchen, und mehr sehn' ich dein Aepfelpaar
 
 Mich mit der Hand zu umspannen, das schon schwerköpfig die Knospen
 
 Senkt, als die thürmende Brust neulich erblühten Geschlechts:
 
 Weil mir dein Herbst noch dem Frühling der übrigen Mädchen vorangeht,
 
 Wärmer dein Winter mir weit scheint als ihr Sommer zu sein.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
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 Zwar nicht lieb' ich den Wein, doch willst du mich machen betrunken,
 
 Koste mir du vor, bring' her, und so nehm' ich es an.
 
 Denn wo du mit den Lippen berührt, blieb nüchtern so leicht man
 
 Nicht, noch dem lieblichen Mundschenken entflöhe man gern.
 
 Denn es führt mir herüber des Bechers Fähre ja deinen
 
 Kuß, und verkündet die Gunst, die er empfangen von dir.
 
 Agathias (um 536-582)
 
 _____
 
 
 
 Pfui! pfui! Selber das Plaudern, das trauliche, wehret der Neid uns,
 
 Und der verstohlen gesprächwechselnden Augen Bezug.
 
 Denn so fürchteten wir, zu nah ihr stehend, der Alten
 
 Blick, wie die Sehen des Vogts jener Inachischen Kuh. -
 
 Steh und lauere nur, und zerkränke vergebens dein Herz dir:
 
 Bis in die Seelen doch kannst nimmer du bohren den Blick.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
 _____
 
 
 
 Lampe, setze nur ja nie Schnupp' an! daß du nicht Sturm weckst,*
 
 Noch unterwegs mir haltest den Bräutigam auf.
 
 Immer der Kypris warest du unhold, denn auch als Hero
 
 Sich dem Leander verlobt ... Schweige vom Übrigen, Herz.
 
 Ja, du dienst dem Hephästos, und magst wohl, denk' ich mir, gerne
 
 Kypris kränken, dem Groll deines Gebieters zu Lieb.
 
 * Die am Lampendocht 
      entstehenden Schwämme,
 von denen die Alten glaubten,
 daß sie Regen bedeuteten.
 
 Agathias (um 536-582)
 
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 Einst hat, sagt man, ein Mensch von wüthigem Hunde vergiftet,
 
 Eines Wildes Gestalt in den Gewässern erblickt.
 
 In mich bohrte vielleicht der wüthende Amor den scharfen
 
 Zahn, und mit Wahnsinn hat Er mir das Gemüthe bethört:
 
 Denn dein liebliches Bild zeigt Meer und Wirbel der Ströme
 
 Mir, und vom Schenken gefüllt, schäumend im Kelche der Wein.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
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 Weder die Rose bedürfte des Kranzes noch du, o Erhabne,
 
 Steinebesäeter Hauptbinden noch Purpurgewands.
 
 Deine Farbe beschämt der Perlen Schmelz. Wo erreichte
 
 Goldes Schimmer den Glanz deines entfesselten Haars?
 
 Indiens Hyacinth, wohl anmuthflammend erscheint er,
 
 Aber gemäßigter weit gegen dein Augengestirn.
 
 Aber der Lippen thauiges Paar, und das honigumhauchte
 
 Ebenmaas der Gestalt, Gürtel der Paphia sind's.
 
 Ja die all' überwältigten mich; von den Augen allein nur
 
 Werd' ich beruhigt, es wohnt lindernde Hoffnung darin.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
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 Brüst', ich halt' euch in Händen, am Mund Mund, und um den Silber-
 
 Nacken unbändig geschmiegt, schwelg' ich wie rasend mich voll.
 
 Aber noch hab' ich sie nicht, die ganze Kypris; ein Mägdlein
 
 Streb' ich noch mühsam zu fah'n, die mir das Lager verbeut:
 
 Denn halb hat sie geweihet sich Paphien, halb der Athene;
 
 Zwischen den Hälften verschmacht' ich in der Mitte dahin.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
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 Sie, die in Anmuth einst sich überhebende stolze
 
 Schüttlerin lockigen Haars, die so gebiet'rische Frau,
 
 Sie, die mit prahlendem Hohn auf meine Schmerzen herabsah,
 
 Furchig vor Alter, entbehrt früherer Blüthe nunmehr:
 
 Busen verfiel, einsanken die Brau'n, matt welkte das Aug' ab,
 
 Stammelnder Greisinnen Ton geben die Lippen hervor.
 
 Grauhaar nenn' ich der Sehnsucht Nemesis, und ein gerechter
 
 Richter ist's, weil es den Hochmüthigen früher sich naht.
 
 Agathias (um 536-582)
 
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 Ruhte Menekratis lieblich dahingegossen im Abend-
 
 Schlummer, des Armes Gelenk über die Schläfe geschmiegt.
 
 Und verwegen erstieg ich das Lager. Doch als nun des Kypris-
 
 Pfades Hälfte von mir schon mit Begierde vollbracht,
 
 Da vom Schlummer erwachte das Kind, und zerraufte mit weißen
 
 Händen mir auf dem Haupt wüthend mein sämmtliches Haar.
 
 Und noch während sie kämpfte, vollzogen des übrigen Eros
 
 Werk wir, und die stromweis Thränen Vergießende sprach:
 
 Schändlicher! Jetzo hast du gethan, was du mochtest, wofür ich
 
 Lange von deiner Hand Goldes die Menge verschwur;
 
 Jetzt wirst du gehn und sogleich ein anderes Mädchen umschlingen,
 
 Denn unersättlicher Lust Angeler seid ihr zumal.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
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 Kleophantis, du säumst! Schon beginnet die dritte der Lampen
 
 Leise mit bleicherem Schein dämmernd herunterzuglüh'n.
 
 Ach erlöschte doch nur mit der Lampe zugleich auch des Herzens
 
 Feuer, und zehrte vor langwachendem Sehnen mich nicht!
 
 Wie oft schwur sie mir nun bei Cytheren, zu kommen des Abends!
 
 Aber der Götter schont weder noch Menschen das Weib.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
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 Warf Melite, das Reh, doch selbst an des hageren Alters
 
 Schwelle den Jugendreiz früherer Tage nicht ab:
 
 Sondern noch leuchten die Wangen, noch nimmer zu trösten vergaß ihr
 
 Aug', und an Jahren doch zählt Zehner nicht wenige sie.
 
 Auch noch das mädchenhaft-Unbändige bleibt ihr - woran ich
 
 Lerne, daß keine Zeit kann überwinden Natur.
 
 Agathias (um 536-582)
 
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 Nichts nach Wünschen gerecht ist den Eintagsmenschen. Kimmerisch
 
 Sollten sich dehnen die Nächt' Einem, der Amorn sich weiht.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
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 Alles lieb' ich an dir; nur dein unmäßiges Auge
 
 Hass' ich, das an so viel widrigen Männern sich freut.
 
 Rufinos (um 130 n. Chr.)
 
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 Rosa, die Göttliche, mich auf den Mund zu küssen gehemmt, schlang
 
 Eine Hälfte des jungfräulichen Gürtels sich los,
 
 Und die küßte sie. Aber Ich, wie ein Leiter der Gräben,
 
 Zog mir den Liebesquell hin bis zum Ende der Schnur,
 
 In mich saugend den Kuß; und so mit dem Mund an des Mägdleins
 
 Gürtel schmatzend von fern hab' ich sie wieder geküßt.
 
 Und auch dieß war Lind'rung der Pein: denn den Lippen der Beiden
 
 Hatte zur Fähre der liebreizende Gürtel gedient.
 
 Agathias (um 536-582)
 
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 Sprich, Kleophantis, was gleichet dem Glück, wenn gemeinsamer Eros
 
 Mächtig erbrausend ein Paar Liebender wirbelt in Eins?
 
 Welcher Waffen Gewalt, welch Schämen noch Panischer Schreck wohl
 
 Trennete Solche, die fest sich an einander gedrängt?
 
 Mögen den Leib mir doch die Geflechte vom Lemnischen Ambos
 
 Fesseln und des Hephäst sämmtliches Ränkegespinst:
 
 Wenn ich dich Holde nur hätt' und,  um deine Glieder die Arme
 
 Schlingend, am Busen dir weidend, mir Ruhe gewänn.
 
 Gerne, du Herrliche, dann mag Fremdling oder auch Nachbar,
 
 Wand'rer und Priester, ja selbst meine Gemahlin mich sehn.
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
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 Rechte kennt Eros nicht, der Gewalt-Schütz. Männer entfremdet
 
 Liebesentzückungen nie irgend ein andres Geschäft ...
 
 ... Rechte vertritt Pallas, das Verlangen Kypris. Nun sage:
 
 Welcher der Männer dient Pallas und Kypris zugleich?
 
 Paulus Silentiarius (um 520-575)
 
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 Rühre nur, Kelch, an den Honig der Lippen; du fandest, so sauge;
 
 Nicht beneid' ich dich, doch wünschte zu theilen dein Loos.
 
 Leontius (um 550 n. Chr.)
 
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 Soviel Drangsal dulden die Jünglinge nicht, wie uns arme
 
 Weichgeschaffene, sanftmüthige Mädchen verfolgt.
 
 Denn die haben Gefährten von gleichem Alter, vertrauen
 
 Denen im kühnen Gespräch ihrer Betrübnisse Schmerz.
 
 Und dann treiben erheiternde Spiele sie, schweifen, mit Farben
 
 Bunt die Gebährde verstellt, schwärmend in Gassen umher.
 
 Aber uns auch nicht einmal an das Licht ausläßt man; in Kammern
 
 Zagen wir, welken in dumpf nagendem Kummer dahin.
 
 Agathias (um 536-582)
 
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 Welchen Pfad zur Liebe nur schlüge man ein? In den Gassen
 
 Treibt zum Verzweifeln dich goldgieriger Dirnen Gelüst.
 
 Nahst du dich aber dem Bett einer Jungfrau, wirst du nach Rechten
 
 Ehemann, oder man klagt schnöder Verführung dich an.
 
 Rechtlicher Hauswirthin unerquickliche Lust zu erwecken,
 
 Wer überstände den Fall, wenn man zur Rechnung ihn zög'?
 
 Eheverbrecherverkehr ist der schlimmste, zur Liebe zählt er;
 
 Neben ihm liege die Schmach frevelnder Knaben-Begier.
 
 Nun die Wittwe - wenn wild - zieht jeglichen Buhler im Volk an,
 
 Und zur Verworfenheit kennt sie die Lockungen all':
 
 Aber die sittsame, kaum Einmal dir in Liebe vereinigt,
 
 Faßt in die Seele der lieblosen Entfremdung Verdruß,
 
 Und sie verwünscht, was geschehn; ja wenn sie ein Restchen von Scham hat,
 
 Tritt sie zurück, sagt auf, kündet die Scheidung dir an.
 
 Wenn du zur eigenen Sklavin dich bettest, gewärtige dann nur
 
 Wechselweise der Sklav selber der Sklavin zu sein:
 
 Wenn zur Fremdlingin, wird das Gesetz dich mit Schande behaften,
 
 Spürt mit dem Ausland dir freche Verbindungen nach. -
 
 All dieß mied nun Diogenes leicht; der sang Hymenäos
 
 Sich mit den Fingern, und nie hat er der Lais begehrt.
 
 Agathias (um 536-582)
 
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 Heerling, lächeltest nie du mir, ließest, als Traube, mich stehen;
 
 Nun so mißgönne doch nur jetzt ein Rosinchen mir nicht!
 
 Anonym
 
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 Spitzbub nennen den Amor mag man wahrhaft:
 
 Nachtwach hält er, ist wagig, ziehet Leut' aus.
 
 Diophanes (1. Jh. v. Chr.)
 
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 Übersetzt von Johann Gottlob Regis (1791-1854)
 
 Aus: Epigramme der Griechischen Anthologie
 ausgewählt und in den Versmaßen
 der Urschrift verdeutscht
 von Dr. Joh. Gottlob Regis
 Stuttgart Hoffmann'sche Verlags-Buchhandlung 1856
 (S. 3-20)
 
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      siehe auch:
      http://de.wikipedia.org/wiki/Griechische_Anthologie 
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