Jan Kochanowski (1530-1584)
polnischer Dichter
Von Annchen
Mein Hertz ist mir entschlipft / (davon kommt nachricht ein)
zu Annchen hin / da pflegts am gernesten zu seyn.
Ich habs Ihr untersagt / daß Sie doch nicht ins hauß
den umlauff nehmen soll / vielmehr es stoß' heraus.
Ich will es suchen gehn / wiewol daselbst auch Ich
nicht dauren werd' / ach sag / Frau Venus was dünkt dich.
(S. 283)
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Ein Traum
Im Traum' entlieff' ich bey der Nacht/
weil flügel mir warn angemacht/
iedoch hat Liebe mich gefangen/
ob Bley an füssen ihr gehangen.
Mein Annchen sag/ was dieß bedeutt?
ohn zweifel mir es propheceyt/
daß Ich in deß und jenes dienen
mich einzuwikkeln werd' erkühnen/
doch aller dienst ich leicht' entlauff'
allein Dir wart' Ich ewig auf.
(S. 285)
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An eine Frau
Auserwählte Frau geziert/ mit viel schönheit/ ruhm und Ehren
deines lieben Antlitzs blikk/ kan die Reim' in mir vermehren.
welche/ so iemanden sie zur behäglichkeit antreiben/
Dir allein am meisten nur/ und nicht Mir/ sind zuzuschreiben.
(S. 285)
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Auf eine betrügliche
Ich hoffte/ daß mein Nam' an deinem würde kleben/
als du versprechnis mir großgunstig gleich gegeben.
Nun spür ich was ein Weib verspricht/ so daurend bleibt/
als eine Schrifft die man in Lufft und Wasser schreibt.
(S. 286)
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Außm Anakreon
Schwer ists dem der gar nicht liebt/ und noch schwerer dem der liebt/
und am schwersten dem/ dem nichts Liebe zugeniessen giebt.
Hoher Stand/ gewohnheitsbrauch haben dießfalls kein Gewichte/
wer zu geben hat/ dem giebt man ein liebliches gesichte.
Den besteh der Todt/ der erst warf die Lieb auf Gold und Geld/
denn dieß lose beyspiel hat gantz verterbet alle Welt/
und hat Krieg und mordgehekkt/ ja das schlimmste noch darneben
uns verliebte/ die wir arm/ bringt es auch hiemit ums leben.
(S. 289)
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Auf ein Haubtküssen
[Hauptkissen]
Du edle Leinwand du/ auf welcher hat gelegen
der schöne Leib/ der Mir mein Hertze kan bewegen,
Mir höchstbetrübten wird vom Glükke nicht erlaubt/
daß in vertreuligkeit/ Wir unser beyder Haubt
auf deiner Federn weich' anmuttig dörfften wissen/
ein ander mit Gespräch' ergetzen und beküssen.
Mehr darf ich melden nicht/ der Wort' ich mich befahr'
es möchte meinen Sinn der Neid draus nehmen wahr.
(S. 289)
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Von Annchen
Hier ist ein Berg mit Holz geziert/
an den ein grüne Wiese rührt;
Hier ein klar-heller Brunnen qwillt/
der Wandernden den Durst abstillt;
Hier bläst der sanfte Wind aus West/
hier sich die Nachtgall hören lässt/
doch dieß kömmt alles nichtig für/
wenn du nicht/ Annchen/ bist bey Mir!
(S. 292)
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An Hedwigen
Hedwig/ stelle Mir mein Hertz/ lieber stell mirs wieder ein/
Du möchst gegen mir ja nicht so ganz unbarmhertzig seyn/
denn fürwahr allein mein Hertz/ ohn den Leib zu eigen haben/
Kan Dich/ wenn ichs recht betracht'/ in dem minsten nicht erlaben.
Und Ich/ wenn Ich sol aus Mir dieses beste teil verliern/
sonderlich die Seele/ kan schwerlich fort das Leben führn/
darum thu so wol und gieb wieder/ was Du Mir genohmmen/
oder laß an dessen stat Mir Dein eigen Hertz zukommen.
(S. 295-296)
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Auf eine Rose
Venus hat ein' edle Blum' auszukiesen Ihr gewollt/
wenn nur derer Schönheit hier etwas länger dauern sollt'
aber wie sich dies' aufthut/ wenn die schöne Sonn' aufgehet/
also welkt sie wiederum/ wenn der Abend kaum entstehet.
Jungfrau brich dieß Röslein ab/ das gantz frisch und neu zu spürn
und bedenk/ daß auch also deine Jahre sich verliern!
(S. 297)
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An Annchen
Du führst am finger den Demant/
im Hertzen einen harten stein/
den Ring verehrst Du meiner Hand/
laß auch das Herz verendert seyn!
(S. 304)
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An eine Jungfrau
Und wer weiß/ wo Du nun bist/ auserwehlte goldne Magd/
unter dessen schwermutt mich ohn aufhören nagt und plagt;
wie die Sonn' erloschen wer'/ also fällt dein abseyn Mir/
aber Tag um Mitternacht dünket mich es seyn bey Dir!
(S. 305)
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An Annchen
Gestern harrt' ich stets auf dein versprechen/
und mich des verdrusses zuentbrechen/
schrieb Ich Dir/ ohn fleissiges nachsinnen/
diese rauhe Vers, draus wirst Du innen
was mein Hertze nagt/ den Sinn umtreibet/
Annchen/ daß Ich Dir zuviel gegleubet.
Denn Ich immerzu die stunden zehlte/
ursach des verzugs zuwissen wählte;
laas' Ich was/ so konnt Ichs nicht verstehen/
spielt' Ich/ so wollts nicht von staten gehen;
bis die müde Hand zum Kiel sich neigte/
dieß Kind schlechter Wort'/ als Vater/ zeugte/
drunter mich der Schlaaf ihm dienstbar machte/
Zorn befriedigt/ Hoffnung gar umbrachte.
(S. 306)
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Grabschrifft/
von einem Weibe ihrem Manne gesetzt
Mein lieber Mann/ Du liegst schon in der Erden/
Ich lebe drauf/ nicht ohne viel beschwerden.
Ich leb'/ und wil doch sterben Mir belieben/
dieweil Ich nur zum weinen hinterblieben!
(S. 309)
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An Reginen
Du meine Königin/ (denn so dein Nam' auch klingt)
o daß vertreulich uns zureden nicht gelingt
beysammen; dieses muß ich mit und wider willen
vertrauen dem Papyr/ und meine Seele stillen
damit/ so gutt ich kan/ doch ich der Hoffnung bin/
Du werdest tief ins Hertz Dir mein beginnen ziehn.
Du glükkliches Papyr/ Dich wirdt nun aller enden
Sie freundlich handeln thun mit ihren zarten Händen.
Dich wirdt ihr Augen-glanz und angenehmer schein
bestraalen/ daß nicht kan ein ander fähig seyn;
Dir glükkt es/ daß Ihr Mund von Rosen und Korallen
wirdt auf Dich manchen kuß verliebet lassen fallen;
Ja wer' alsdann die kunst zu Zaubern mir vergönnt/
daß unter mein Geschenk ich mich verstekken könnt'!
(S. 314-315)
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An Magdalenen
Magdalene/ zeige mir/ Liebste zeig mir Dein Gesicht
daß Zwey Purpur-Rosen gleich/ blühet und hervor sich bricht;
zeig dein fliegend-goldnes Haar; deiner hellen Augen Sterne/
die zwey Himmels-Kertzen gleich zwinck- und glintzeren von ferne;
zeig den Rosen-roten Mund der voll edler Perlen schwebt/
zeig dein' Alabaster-Hand/ die mein Hertz helt fest verschlossen;
Ach ich unbedachtsamer/ und von thorheit stark geschossen
was begehr ich/ und was ists/ wornach mein verlangen steht?
Liebste/ seh' ich dich nur an/ strakks mir alle krafft entgeht!
meine Zung' erstummt/ und glut sich mir heimlich zugesellet/
Klang in Ohren/ und eitel Nacht meiner Augen Licht befellet.
(S. 315)
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Von der Liebe
Der Hunger und Arbeit verterben das Lieben/
was übrig ist wirdt durch die zeit ausgetrieben/
und wem nicht gerahten genannte Drey stükke/
Dem ist nicht zu helffen/ der greiffe zum Strikke.
(S. 315-316)
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übersetzt von Wenzel
Scherffer von Scherffenstein (1603-1674)
Aus: Wencel Scherffer von Scherffenstein
Geist- und weltlicher Gedichte Erster Teil Brieg 1652
(Sechstes Buch: Jan Kochanowskes des Fürnehmen Polnischen Poetens
Lust- und Schertz-Reime ins Teutsche übersetzt)