Europäische Liebeslyrik

(in deutscher Übersetzung)

Edward Charles Halle (1846-1914) - Die Musik

 


Carlo Maggi (1630-1699)
italienischer Dichter



Eurilla
(Sonett)

Eurilla segelt ab; voll Thorheit eile
Ich strandwärts, fragend nach ihr alle Wellen.
Als erste durft' ich ihr entgegenschwellen,
Sprach ein', und küßt' den Sand ob diesem Heile.

Die zweite fragt' ich: sah'st du, als die Seile
Sie lösten, Freude ihrem Blick' entquellen?
Ja, sprach sie, Lächeln mußt' die See umhellen,
Dem Wind gebot ihr heitres Antlitz Weile.

Die dritte meldete, wie sie gesehen,
Daß Eifersucht die bleichen Nymphen fülle,
Weil sie die holden Blicke aufgeschlagen.

Nichts, fragt' ich, ließ sie noch an mich ergehen?
Kein Lebewohl ließ mir ihr harter Wille?
Die Well' entschwand und hatte nichts zu sagen.
(S. 482)
_____



Die Liebe
(Cantate)

Die Liebe ward zu Theil dem Herzen,
Durch sie in Seligkeit zu leben,
Und doch geht freventlich sein Streben
Auf Förderung stets neuer Schmerzen.

Ihr Herzen voll Liebe auf Erden,
Ihr heißt mich empfinden
Mitleidige Pein.
Ihr leidet zahllose Beschwerden
Ein Glück aufzufinden,
Das schnell uns enteilt.

Erwäg' ich aber, wie ihr euch nur quälet
Für dir undankbar frevelhafte Welt,
Dann reut des Mitleids mich und mich füllt Zorn.

So wenig zu schätzen
Glaubt ihr, sei das Herz,
Daß ihr's dürft verletzen
Um Undank zu fahn?

Sie war bisher und wird stets bleiben
Ein treulos und tyrannisch Wesen,
Armuth und Stolz zeugt ihr undankbar Trachten,
In jeder Stunde ist's zu lesen.
Ein Götz' ist sie trotz ihres Trugs Verachten.
Ein jeglich Herz läßt auf sich halten,
Hat Weltfurcht in ihm Oberhand;
Doch Rasen ist's, sich lassen fällen
Vom Bösewicht, der uns bekannt.
Wir folgen so in blinder Wuth
Der schmacherfüllten Tyrannei,
Und könnten in des Himmels Hut
Im Lieben leben ohne Reu'.
(S. 483-484)
_____


Aus: Handbuch der Geschichte der
Italiänischen Litteratur
Erläutert durch eine
Sammlung übersetzter Musterstücke
Herausgegeben von Dr. Fr. W. Genthe
Zweite Abtheilung: Die Italiänischen Dichter
Magdeburg Verlag von Ferdinand Rubach 1834
[Übersetzer sind nicht explizit genannt]

 

 


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