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      Thomas Moore
(1779-1852)irischer Dichter
   When first that
smile
 Bei deines
Lächelns erstem Sonnenschein
 Welch ein Gesicht hab' ich gesehen!
 Jahre der Liebe, Jahre, still und rein,
 Ließ dieses Lächeln mir vorübergehen!
 O Gott, kein Landmann wohl, der träumend Ernten sah
 Und goldne Frucht mit süßerm Hoffen,
 Als ich die Flamme dieser Augen, da
 Süß lächelnd mich ihr Strahl getroffen!
 
Wo nun die
Stunden, die er mir versprach?Des Weibes Treue gleicht der Träne,
 Die bald versiegt; sie dauert einen Tag;
 Sie schwindet wie des Weibes Schöne!
 Kurz wie des Persers Flehn, wenn er am Abend fleht,
 O Lieb! sei dein Flehen immer!
 Schnell vor der Schönheit stammle dein Gebet -
 Eh' du's gestammelt, flieht ihr Schimmer! 
(S. 335-336)
 
 Übersetzt von Ferdinand Freiligrath (1810-1876)
 
 Aus: Gedichte 
von Ferdinand Freiligrath
 Wohlfeile Ausgabe Fünfte Auflage
 Stuttgart Cotta'scher Verlag 1863
 (darin auch Übersetzungen)
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   When trough the
Piazzetta
 Wenn durch die
Piazzetta
 Die Abendluft weht,
 Dann weißt du, Ninetta,
 Wer wartend hier steht.
 Du weißt, wer trotz Schleier
 Und Maske dich kennt,
 Wie Amor die Venus
 Am Nachtfirmament.
 
Ein Schifferkleid
trag' ichZur selbigen Zeit,
 Und zitternd dir sag' ich:
 "Das Boot liegt bereit!
 O, komm! Jetzt, wo Lunen
 Noch Wolken umziehn,
 Laß durch die Lagunen,
 Mein Leben, uns fliehn!" 
(S. 337-338)
 
 Übersetzt von Ferdinand Freiligrath (1810-1876)
 
 Aus: Gedichte 
von Ferdinand Freiligrath
 Wohlfeile Ausgabe Fünfte Auflage
 Stuttgart Cotta'scher Verlag 1863
 (darin auch Übersetzungen)
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   Farewell,
Theresa
 Leb' wohl,
Therese! Die Wolke drüben,
 Die finster über den Mond sich zieht,
 Sie wird des Lächelnden Licht noch trüben,
 Wenn übers Meer schon dein Buhle flieht!
 
Wie diese Wolke,
so hab' ich langeBeschattet dein Herz, verdürstert dein Tun!
 Ich fand dich lächelnd, mit frischer Wange!
 Wie warst du glücklich - o Gott, und nun?
 
Doch hier befrei'
ich dich, süßes Wesen!Wie aus schweren Träumen erwachst du wohl;
 Da! - sieh auch den Mond seinen Zauber lösen!
 Die Wolke verzieht - Therese, leb' wohl! 
(S. 339)
 
 Übersetzt von Ferdinand Freiligrath (1810-1876)
 
 Aus: Gedichte 
von Ferdinand Freiligrath
 Wohlfeile Ausgabe Fünfte Auflage
 Stuttgart Cotta'scher Verlag 1863
 (darin auch Übersetzungen)
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   How oft, when
watching stars
 Wie manchmal,
wenn des Mondes Strahl
 Die Berge zitternd küßt ringsum,
 Zu lauschen einer Flöt' im Tal,
 Lehn' ich am Erker stumm!
 "O komm, mein Lieb!" sagt leise flehend jeder Ton.
 "O komm, mein Lieb! Die Nacht ist bald entflohn!"
 Nein, keiner Rede Kraft,
 Wie warm, wie feurig auch,
 Malt glühend so die Leidenschaft,
 Wie dieser Töne Hauch!
 
Dann - wahrlich
nicht von ungefähr! -Ergreif' auch ich die Laute - wohl
 Ist andern fremd ihr Klang, doch er
 Kennt ihre Sprache wohl!
 "Ich komme, Lieb!" sagt leis verheißend jeder Ton;
 "Ich komme! Dein, dein, bis die Nacht entflohn!"
 O, schwach das mächt'ge Wort,
 Und matt der Farben Licht
 Bei dem, was zitternd mein Akkord
 Alsdann ihm malt und spricht! 
(S. 339-340)
 
 Übersetzt von Ferdinand Freiligrath (1810-1876)
 
 Aus: Gedichte 
von Ferdinand Freiligrath
 Wohlfeile Ausgabe Fünfte Auflage
 Stuttgart Cotta'scher Verlag 1863
 (darin auch Übersetzungen)
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   When the first
summer bee
 Bald, wenn die
Biene hier
 Summt um die Rose,
 Dann, grad' wie die Lose,
 Komm' ich zu dir!
 Sie Blumen, ich Lippen, süß, duftend und glüh -
 Welch Finden, welch Finden für mich und für sie!
 
Dann jedes Beetes
ZierNaht sie mit neuer
 Begierde - doch treuer
 Bleib' ich bei dir;
 Sie sammelt bei Tausenden Süßigkeit sich,
 Doch Tausender Süße in einer find' ich. 
(S. 340)
 
 Übersetzt von Ferdinand Freiligrath (1810-1876)
 
 Aus: Gedichte 
von Ferdinand Freiligrath
 Wohlfeile Ausgabe Fünfte Auflage
 Stuttgart Cotta'scher Verlag 1863
 (darin auch Übersetzungen)
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   Will you come
to the bower?
 Willst kommen zur
Laube, so schattig und kühl?
 Da dienen uns Rosen voll Taues zum Pfühl.
 Willst du, willst du, willst du, willst du
 Kommen, mein Lieb?
 
Du ruhst du auf
Rosen wohl unter dem Strauch,Errötend die Wänglein, doch Lächeln im Aug'.
 Willst du, willst du, willst du, willst du
 Lächeln, mein Lieb?
 
Doch röter als
Rosen, mein Lieb, ist dein Mund,Und süßer als Tau ist dein Küssen zur Stund'.
 Willst du, willst du, willst du, willst du
 Küssen, mein Lieb?
 
Und, o, dann der
Freuden, die süßer fürwahrAls Tau und als Rosen und Küsse sogar!
 Willst du, willst du, willst du, willst du
 Willst nicht, mein Lieb? 
(S. 343-344)
 
 Übersetzt von Ferdinand Freiligrath (1810-1876)
 
 Aus: Gedichte 
von Ferdinand Freiligrath
 Wohlfeile Ausgabe Fünfte Auflage
 Stuttgart Cotta'scher Verlag 1863
 (darin auch Übersetzungen)
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 Dir, dir, einzig dir
 
 Beim Morgenroth, im Abendscheine,
 Die ganze Nacht träum' ich alleine
 Von dir, dir, einzig dir.
 Ob man beim Freund den Wein kredenzt,
 Wo Jugend lacht und Freude schäumet,
 Nicht kümmert, was da lockt und glänzt
 Mein einsam düst'res Herz, es träumet
 Von dir, dir, einzig dir.
 
 Was einst entfacht des Geistes Flammen
 Auf Ruhmeshöhen, sank zusammen
 Von dir, dir, einzig dir.
 Dem Ufer gleich, dran meerwärts schnell
 Das Boot vorbeischiesst sonder Wellen,
 Flieht mir das Sein, trüb' oder hell, -
 Nicht acht' ich's - meine Seufzer eilen
 Zu dir, dir, einzig dir.
 
 Nur Lust, die du bringst, kann mir frommen,
 Und süss sind Leiden, wenn sie kommen
 Von dir, dir, einzig dir.
 Wie Zauber trotzen jeder Macht,
 Bis zauberkund'ge Lippen sprechen,
 So kann, ob man's bedräut, verlacht,
 Mein Herz durch dich, in dir nur brechen,
 In dir, dir, einzig dir. (S. 276)
 
 Übersetzt von Wilhelm Idel (1849-1927)
 
 Aus: England und Amerika Fünf Bücher englischer
 und amerikanischer Gedichte
 von den Anfängen bis auf die Gegenwart
 In deutschen Übersetzungen
 Chronologisch geordnet mit litterarhistorisch-kritischen
 Notizen und einer Einleitung
 von Julius Hart
 Minden i. W. J. C. C. Brun's Verlag 1885
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 Die Lieb' ist todt
 
 O, sieh' mich nicht so lächelnd an,
 Lass ruhn mein Herz einmal:
 Die Lieb ist todt, der Jugend Wahn,
 Der Hoffnung Glück und Qual.
 
 Kannst du, wenn ruht des Sommers Tanz
 Und Eis den Quell umwebt,
 Dem Blatt erneuen Duft und Glanz,
 Das dürr im Winde bebt?
 
 O, sieh' mich nicht so lächelnd an,
 Lass ruhn mein Herz einmal:
 Die Lieb' ist todt, der Jugend Wahn,
 Der Hoffnung Glück und Qual.
 
 O, wär' in meiner Jugendzeit
 Tief in mein Herz dein Blick
 Gefallen pries' ich gottgeweiht
 Mein seliges Geschick.
 
 Doch jetzt bricht es durch meine Nacht,
 Wie Sommersonnenstrahl
 Das Wrack bescheint im Wogenschacht,
 Und schärft des Elends Qual.
 
 O, sieh' mich nicht so lächelnd an,
 Lass ruhn mein Herz einmal:
 Die Lieb' ist todt, der Jugend Wahn,
 Der Hoffnung Glück und Qual. (S. 276-277)
 
 Übersetzt von Louis von Arentsschildt (1807-1883)
 
 Aus: England und Amerika Fünf Bücher englischer
 und amerikanischer Gedichte
 von den Anfängen bis auf die Gegenwart
 In deutschen Übersetzungen
 Chronologisch geordnet mit litterarhistorisch-kritischen
 Notizen und einer Einleitung
 von Julius Hart
 Minden i. W. J. C. C. Brun's Verlag 1885
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 Ich sah, als der Strand sich im Morgenglanz zeigte
 
 Ich sah, als der Strand sich im Morgenglanz zeigte,
 Ein Schiffchen gar prächtig das Wasser durchziehn;
 Ich kam, als am Strande die Sonne sich neigte -
 Das Schiffchen war da, doch das Wasser war hin.
 
 So schwindet die Hoffnung aus schöneren Tagen,
 Die Springflut der Lust, die uns flüchtig genaht;
 Die Woge verrinnt, die uns Morgens getragen,
 Läßt Abend uns einsam am kalten Gestad.
 
 O, schweigt von der Herrlichkeit all, die verschöne
 Den Abend des Lebens, den Frieden vor Nacht!
 Gebt den wildesten Morgen, mit Wolken und Thräne,
 Mir zurück für den Abend, wie sehr er auch lacht.
 
 Wer möchte der Stunde nicht wieder begegnen
 Und dem ersten belebenden Herzensflug,
 Wo die Seele, wie Kohlen, die glühend erst segnen,
 Ihre Wonne ins Feuer der Liebe trug? (S. 613-615)
 
 Übersetzt von Otto Leonhard 
Heubner (1812-1893)
 
 Aus: Englische Dichter Eine Auswahl englischer Dichtungen
 mit deutscher Übersetzung
 von O. L. H ...r [Otto Leonhard Heubner]
 Leipzig Verlag von Georg Wigand 1856
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 Seh' ich in frohen Kreisen
 
 Seh' ich in frohen Kreisen
 Dein Lächeln hold und rein,
 Mag's auch am Liebsten mir sich weisen,
 Ich denk', es ist nicht mein.
 Doch zeigt dein einsam Weinen
 Nur meinen Blicken sich,
 Nenn' ich die Thränen all die meinen,
 Und fühl's, du weinst um mich.
 Dein heitrer Blick begegne
 Den Frohen, Kalten, Frei'n,
 Die minder lieb dir sind, die segne
 Dein Lächeln; die Thrän' ist mein.
 
 Der Schnee am Alpenhange
 Lacht wohl mit manchem Strahl
 Und schläft in Eises Band noch lange,
 Glänzt er auch hell ins Thal.
 Doch wenn ein tiefres Glühen
 Ihm naht mit Feuerkuß,
 Muß vor der Glut das Lachen fliehen
 Und schmilzt zum Thränenfluß.
 Dein heitrer Blick begegne
 Den Frohen, Kalten, Frei'n,
 Die minder lieb dir sind, die segne
 Dein Lächeln; die Thrän' ist mein. (S. 617)
 
 Übersetzt von Otto Leonhard 
Heubner (1812-1893)
 
 Aus: Englische Dichter Eine Auswahl englischer Dichtungen
 mit deutscher Übersetzung
 von O. L. H ...r [Otto Leonhard Heubner]
 Leipzig Verlag von Georg Wigand 1856
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 Irische Lieder
 
 I.
 O! hätten ein Eiland wir, lieblich und klein!
 
 O! hätten ein Eiland wir, lieblich und klein,
 In sonnigen Wogen, entfernt und allein,
 Wo kein Blatt in den blühenden Lauben verglüht,
 Wo dem Bienchen ein ewiges Festmahl erblüht.
 
 Wo der Sonn' Liebespracht
 Nur mit Zögern entflieht,
 So, daß zart nur die Nacht
 Sie mit Schleiern umzieht;
 Wo das bloße Gefühl von dem Athem, dem Leben,
 Schon aufwiegt das Glück, das es sonst wo mag geben.
 
 Dort mit Herzen, wie's Klima so warm und so rein,
 Zög' die Lieb' wie in goldener Zeit bei uns ein;
 Die Sonne, der Lüfte balsamische Lust,
 Sie erwecken den Lenz auch in unserer Brust.
 Mit Gefühlen, die nie sich
 Verglühend verzehrten,
 Und mit Hoffnungen, die sich
 Von Blüten ernährten,
 Wär' gleich unser Leben des Sommertag's Pracht,
 Und der Tod käme heilig und still wie die Nacht. (S. 295)
 
 
 II.
 Sie ist fern von dem Land
 
 Vom Lande, das birgt ihres Helden früh' Grab,
 Weilt fern sie, von Freiern umgeben;
 Doch sie wendet sich kalt und weinend ab,
 In seinem Grab ruhet ihr Leben.
 
 Das Lied, das ihn einstens mit Wonne durchdrang,
 Der Heimath Lied, läßt sie erklingen.
 Ach, sie ahnen's nicht, welche lauschen dem Sang,
 Wie der Sängerin Herz will zerspringen.
 
 Er lebt' seiner Liebe, er starb für sein Land,
 Ihn an's Leben nur knüpften die Beiden,
 D'rum flüchtig die Trauer der Heimath nicht schwand,
 Und sein Lieb' überlebt nicht sein Scheiden.
 
 Wo sinket die Sonn', o dort legt sie zur Ruh',
 Wenn sie kündet den herrlichen Morgen;
 Sie lächle im Schimmer des Westens ihr zu,
 Wie das Land ihrer Liebe und Sorgen. (S. 297)
 
 
 
 III.
 Geängstetes Reh', an dies Herz komm' zu mir
 
 Geängstetes Reh', an dies Herz komm' zu mir,
 Ob die Heerde Dich floh, Deine Heimath ist hier,
 Hier hüllen nicht Wolken den Himmel Dir ein,
 Hier, wo treu Herz und Hand sich auf ewig Dir weih'n.
 
 Ach, was wär' die Liebe, blieb' treu sie nicht wach,
 In Glück und in Qualen, in Ruhm und in Schmach?
 Ich weiß nicht, ich frag' nicht, ob Schuld in Dir ist,
 Doch ich lieb' Dich, das weiß ich, so wie Du auch bist.
 
 Du nanntest mich Engel in seliger Zeit,
 Dir hab' ich zum Engel im Leid mich geweiht, -
 Durch die Glut ohne Wanken ich folg' Deiner Spur,
 Und schütz' Dich und lasse im Tode Dich nur. (S. 299)
 
 
 IV.
 In der Mitternachtsstunde
 
 Ich flieh' zur zwölften Stunde, wenn weint der Sterne Strahl,
 Zu dem von Dir im Leben so heißgeliebten Thal;
 Und denke: Ist's den Geistern dort oben zugetheilt,
 Die Stätte zu umschweben, wo sie einst gern geweilt,
 Dann kommst Du, mir zu sagen, daß auch in jenem Land
 Die Seele noch gedenket an uns'rer Liebe Band.
 
 Dann singe ich den schönen, den wilden Freiheitssang,
 Worin wie eine Stimme einst Beider Ton erklang;
 Und trägt das Echo leise zu mir den Trauerton,
 So wähne ich zu hören die süße Stimme schon,
 Die mir aus Himmelslanden noch die Versich'rung giebt,
 Daß sie auch dort noch höret den Ton, den sie geliebt.
(S. 301)
 
 
 V.
 Laßt ruh'n seinen Namen
 
 Laßt ruh'n seinen Namen, vom Schatten umweht,
 Wo ruhmlos und kalt seine Hülle vergeht,
 Im Dunkel des Schweigens nur Thränen vergießt,
 Wie der Nachtthau auf's Gras fällt, das über ihm sprießt.
 
 Doch der fallende Nachtthau, ob schweigend er floß,
 Verschönet das Gras, das dem Hügel entsproß,
 Und die Thrän', die wir weinen, ob schweigend sie fällt,
 Uns grün sein Gedächtniß im Herzen erhält.
(S. 303)
 
 
 VI.
 Der Sängerknabe
 
 Der Sängerknabe zog aus zum Streit,
 In den Reihen des Todes zu fechten,
 Des Vaters Schwert an der linken Seit'
 Und die freie Harfe zur Rechten.
 "O Land der Lieder! ob treulos und schlecht
 Von Dir auch sie Alle sich reißen,
 Ein Schwert noch gibt es, zu wahren Dein Recht,
 Eine Harfe, um treu Dich zu preisen."
 
 Der Minstrel fiel - doch die Seele frei
 Konnten Feindesketten nicht beugen;
 Die Saiten der Harfe riß er entzwei,
 Und weihte sie ewigem Schweigen.
 "Die Kette soll nimmer die Harfe entweih'n,
 Die der Liebe, dem Ruhm durfte singen,
 Dein Lieb war für Reine und Freie allein,
 In der Knechtschaft soll's nimmer erklingen!"
(S. 305)
 
 
 VII.
 Komm' auf die See
 
 Mädchen! komm', geh'
 Mit auf die See!
 Mein in Sonn'schein, Sturm und Schnee.
 Zeiten vergeh'n,
 Treu' muß besteh'n,
 Bleibt sich gleich, wohin's auch geh'!
 Wenn Lieb' uns verbindet, ob's Schicksal auch droht,
 Bei Dir nur ist Leben, nur Trennung ist Tod.
 Mädchen! d'rum geh'
 Mit auf die See!
 Komm', ob wild der Sturm auch weh'!
 Zeiten vergeh'n,
 Treu' muß besteh'n,
 Bleibt sich gleich, wohin's auch geh'!
 
 Freiheit winkst Du,
 Ocean, zu,
 Höf' und Ketten sind für's Land.
 Knechtschaft droht hier;
 Aber bei Dir
 Freiheit, Liebe sich uns verband.
 Kein Aug', uns zu späh'n, keine Zung' zum Verwunden,
 Hoch über uns Himmel, die Erde verschwunden. -
 Mädchen! d'rum geh'
 Mit auf die See!
 Mein in Sonn'schein, Sturm und Schnee!
 Zeiten vergeh'n,
 Treu' muß besteh'n,
 Bleibt sich gleich, wohin's auch geh'!
(S. 307-309)
 
 
 VIII.
 Die Stunde lieb' ich
 
 Wenn im letzten Abendstrahl
 Gold'ne Wolkenberge steigen
 Und wie Alpen sich erzeigen,
 Frag' ich oft mit Thränen:
 Liegt wohl zwischen jenen
 Mein ersehntes Ruhethal?
 Uhland
 
 Die Stunde lieb' ich, wenn erstirbt das Licht,
 Der Sonnenstrahl im glatten Meer sich bricht,
 Dann nahen Träume der Vergangenheit,
 Die der Erinn'rung Abendseufzer weiht.
 
 Und folgt mein Blick dem Spiel der Strahlenglut,
 Die dort im Westen schimmert auf der Flut,
 Dann strebt mein Geist dem lichten Pfade zu,
 Und denkt, er führt zum schönen Land der Ruh'.
(S. 311)
 
 
 IX.
 Der Ursprung der Harfe
 
 Die Harfe, der jetzt ich entlocke den Klang,
 Sirene war sie, die im Meere einst sang,
 Die Abends entschwebte der glänzenden Flut,
 Einen Jüngling zu grüßen mit liebender Glut.
 
 Doch ihr Liebster verließ sie, da netzt jede Nacht
 Die Arme mit Thränen der Goldlocken Pracht;
 Da erbarmt sich der Himmel, und wandelt alsbald
 Zur klangvollen Harfe der Nixe Gestalt.
 
 Noch hebt sich die Brust und der Mund lächelt stumm,
 Und die Seeschönheit wandelt zur Harfe sich um,
 Und ihr Goldhaar, das leuchtende Thränen vergießt,
 Vom schneeweißen Arme als Saitenspiel fließt.
 
 D'rum kommt's, daß die Harfe so gern seit der Zeit
 Vermischte die Töne von Liebe und Leid;
 Bis Du sie getrennt - nun erklinget sie gern
 In Lieb', wenn ich bei Dir, in Leid, wenn ich fern.
(S. 313-315)
 
 
 X.
 Ich sah Dich blüh'n in jungen Tagen
 
 Ich sah Dich blüh'n in jungen Tagen,
 Nicht dacht' ich, daß Vergänglichkeit
 Mit rauher Hand es dürfte wagen,
 Dich zu entblättern vor der Zeit, Mary!
 Doch war ein Abglanz Dir gegeben
 Von einem überird'schen Licht,
 Und schöner sah ich nie das Leben,
 Als in dem Tod Dein Angesicht, Mary!
 
 Klar über gold'ne Minen ziehet
 Dahin die Flut, so sanft geschwellt,
 Ahnt nicht, wenn sie vorüberfliehet,
 Den Glanz, den sie im Schooße hält, Mary!
 So holde Einfachheit verhüllte
 Uns Deines Geistes Strahlenschein,
 Was Alle mit Entzücken füllte,
 Schien werthlos nur für Dich allein, Mary!
 
 Wenn stets im Himmel dürfte weilen
 Der Geist, wär'st Du ihm nie entschwebt;
 Dürft' nie der Tod die Lieb' ereilen,
 Wir hätten Deinen nicht erlebt, Mary!
 Noch wird mich mancher Geist entzücken,
 Und manche Schönheit seh'n werd' ich;
 Doch keine wird mein Leben schmücken,
 Wie die Erinnerung an Dich, Mary!
(S. 315-317)
 
 Übersetzt von Louise von Ploennies (1803-1872)
 
 Aus: Britannia. Eine Auswahl englischer Dichtungen
 alter und neuer Zeit
 In's Deutsche übersetzt von Louise von Ploennies
 Mit beigedrucktem Originaltext
 Frankfurt a. M.
 Verlag der S. Schmerber'schen Buchhandlung 1843
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 Ungarisches Lied
 
 So warm unser Willkomm, das Scheiden so wonnig,
 Daß ich selber nicht weiß, was das Süßere war,
 War's ihr Blick der Begrüßung im Auge so sonnig,
 War's die Thräne des Abschieds so glühend und klar?
 Ein Himmel das Finden, ein Himmel das Gehen,
 Der Schmerz wie die Freude voll seliger Gluten,
 Daß Amors zwei Augen nicht gleicher sich sehen
 In Lächeln und Thränen, wie die zwei Minuten.
 
 Die erste war Morgenroth, frisch und entzückend,
 Die Ahnung der Freude, die kaum erst erwacht,
 Die letzte war Abendroth, mehr noch beglückend,
 Und tiefer und glüh'nder, weil nah schon die Nacht.
 Unsern Willkomm, ob glücklich, umwölkten die Sorgen,
 Daß so süße Wonne auf Erden nicht währe,
 Unser Abschied, ob düster, gab Hoffnung, daß morgen
 Die selige Stunde des Willkomms uns kehre.
(S. 331)
 
 Übersetzt von Louise von Ploennies (1803-1872)
 
 Aus: Britannia. Eine Auswahl englischer Dichtungen
 alter und neuer Zeit
 In's Deutsche übersetzt von Louise von Ploennies
 Mit beigedrucktem Originaltext
 Frankfurt a. M.
 Verlag der S. Schmerber'schen Buchhandlung 1843
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 Die junge Rose
 
 Dir geb' ich die Rose voll thauiger Pracht,
 Geliebt vom melodischen Sänger der Nacht,
 Der oft ihr Erröthen im Mondschein umschwebt,
 Vor dessen Gesang sie in Wonne gebebt.
 
 O nimm Du die blühende Rose vom Strauch,
 Verläng're ihr Dasein mit lieblichem Hauch!
 Umtönt ihre Blüte Dein holder Gesang,
 So wähnt sie, noch sei es der Nachtigall Klang.
(S. 333)
 
 Übersetzt von Louise von Ploennies (1803-1872)
 
 Aus: Britannia. Eine Auswahl englischer Dichtungen
 alter und neuer Zeit
 In's Deutsche übersetzt von Louise von Ploennies
 Mit beigedrucktem Originaltext
 Frankfurt a. M.
 Verlag der S. Schmerber'schen Buchhandlung 1843
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 Der Tag der Liebe
 
 1.
 Der Morgenstrahl mit Zittern
 Den Wasserfall umschwebt,
 Gleichwie die erste Liebe
 Das Auge schüchtern hebt.
 So beginnt die Liebe, der süße Morgen der Liebe!
 
 2.
 Die hohe Glut des Mittags
 Den Strom im Thal umstrahlt,
 Gleich heißem Traum der Liebe
 Sie seine Fläche malt.
 So steigt die Liebe, der heiße Mittag der Liebe!
 
 3.
 Der Abend kam, sein Schatten
 Des Mittags Glanz umhüllt,
 So bleicht die Lieb' im Auge,
 Einst heiß von Glut erfüllt.
 So neigt sich die Liebe, der kalte Abend der Liebe!
(S. 335)
 
 Übersetzt von Louise von Ploennies (1803-1872)
 
 Aus: Britannia. Eine Auswahl englischer Dichtungen
 alter und neuer Zeit
 In's Deutsche übersetzt von Louise von Ploennies
 Mit beigedrucktem Originaltext
 Frankfurt a. M.
 Verlag der S. Schmerber'schen Buchhandlung 1843
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 Schön Jessika
 
 Schön Jessika gab schmachtend hin
 Sich süßer Liebesträume Qualen,
 Wie manch Genie, die Nadel schien
 Berufen, müßig nur zu strahlen.
 O Jessika! in's müß'ge Herz
 Zieht gern die Liebe und der Schmerz,
 Der beste Schirm vor Amors Glut
 Ist der Minerva Fingerhut.
 
 Ein Kind, das mit Magnet gespielt,
 Und wußt', welch' Kräfte ihn beseelen,
 Sprach, als es ihn zur Nadel hielt,
 Mit schlauem Lächeln: "Will Dich stehlen!"
 Die Nadel, müde von dem Ruh'n,
 Ergötzte des Magnetes Thun,
 Als der Verführer näher kam,
 Er mit die arme Nadel nahm.
 
 Hätt' nun ihr Ohr die Nadel nur
 Auf munt're Arbeit hingerichtet,
 So blieb sie auf der rechten Spur,
 Hätt' des Verführers Kunst vernichtet.
 D'rum, Kind, soll's Herzchen ruhig sein,
 Mußt's Händchen Du der Arbeit weih'n,
 Der beste Schirm vor Amors Glut
 Ist der Minerva Fingerhut.
(S. 337-339)
 
 Übersetzt von Louise von Ploennies (1803-1872)
 
 Aus: Britannia. Eine Auswahl englischer Dichtungen
 alter und neuer Zeit
 In's Deutsche übersetzt von Louise von Ploennies
 Mit beigedrucktem Originaltext
 Frankfurt a. M.
 Verlag der S. Schmerber'schen Buchhandlung 1843
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 An Julia
 
 Schön ist der Traum, o himmlisch schön!
 Wenn sich getrennte Liebende sehn:
 Um Mitternacht, Liebchen, denk ich dein,
 Um Mitternacht, Liebchen, denke mein!
 Denk daß du gebst deinen süßesten Kuß,
 Und ich will denken, ich fühl den Genuß.
 Und erröthest du - das Erröthen sei mein,
 Und wenn ich weine - die Thräne sei dein!
(S. 179)
 
 Übersetzt von Louis von Arentsschildt (1807-1883)
 
 Aus: Völkerstimmen von L. von Arentsschildt
 Portugal. Spanien. Italien. Schottland. England.
 Hannover Im Verlage der Helwingschen Hofbuchhandlung 1847
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 An -
 
 Ja, als ich dich liebte, ich muß es gestehn,
 Da hatt ich viel fröhliche Stunden:
 Doch der Hohn, der jetzt für dich füllet mein Herz,
 Ist mehr, als ich damals empfunden.
 
 So, ob wir vereint sind oder getrennt,
 Stets scheint dich ein Zauber zu fassen:
 Dich lieben ist schon Freude genug,
 Doch Wollust ist es - dich hassen!
(S. 180)
 
 Übersetzt von Louis von Arentsschildt (1807-1883)
 
 Aus: Völkerstimmen von L. von Arentsschildt
 Portugal. Spanien. Italien. Schottland. England.
 Hannover Im Verlage der Helwingschen Hofbuchhandlung 1847
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 Wie süß ist mir die Stund, wenn Zwielicht sinkt
 
 Wie süß ist mir die Stund, wenn Zwielicht sinkt!
 Der Sonnenstral still zieht das Meer entlang,
 Ein lieber Traum vergangner Zeit erklingt,
 Dein treuer Nam erbebt im Abendsang.
 
 Und wie mein Blick verfolgt den Silberpfad,
 Der ob der Flut zum lichten Westen bebt,
 Wein ich, daß nie mein Fuß den Weg betrat,
 Wo fern im Meer ein Friedenseiland schwebt.
(S. 183)
 
 Übersetzt von Louis von Arentsschildt (1807-1883)
 
 Aus: Völkerstimmen von L. von Arentsschildt
 Portugal. Spanien. Italien. Schottland. England.
 Hannover Im Verlage der Helwingschen Hofbuchhandlung 1847
 _____
 
 
 
 O glaub mir, ob alle die Reize verglühn
 
 O glaub mir: ob alle die Reize verglühn,
 Die Heute mir lachen so hold,
 Ob Morgen die Blumen der Jugend verblühn
 Und schwinden wie Elfengold:
 Doch werd ich dich lieben, wie jetzt ich dich lieb',
 Ob der Freude Gelächter verklinget,
 Und jeglicher Wunsch des Herzens, der blieb,
 Um deine Ruine sich schlinget.
 
 So lange wie Jugend und Schönheit dir lacht
 Und die Thräne die Wang nicht entweiht,
 Wird die Treue der Seel nicht zu Tage gebracht,
 Der dich theurer nur machet die Zeit:
 O, ein Herz, das treu liebt, nimmer vergißt,
 Und liebet fest bis zum Ende,
 Wie begrüßet den Gott zu jeglicher Frist
 Der Blick der Sonnenwende.
(S. 184)
 
 Übersetzt von Louis von Arentsschildt (1807-1883)
 
 Aus: Völkerstimmen von L. von Arentsschildt
 Portugal. Spanien. Italien. Schottland. England.
 Hannover Im Verlage der Helwingschen Hofbuchhandlung 1847
 _____
 
 
 
 Verwundetes Rehlein, o komm du zu mir
 
 Verwundetes Rehlein, o komm du zu mir,
 Ob die Heerde dich flieht - deine Heimath ist hier;
 Hier ist das Lächeln, das nimmer sich trübt,
 Die Hand, die dich schützet, das Herz, das dich liebt.
 
 O, was soll die Lieb, ist sie stets sich nicht gleich,
 In Ruhm und in Schande, ob arm oder reich! -
 Ich weiß nicht, ich frag nicht, ob Schuld in dir ist,
 Ich weiß nur, ich lieb' dich, was immer du bist.
 
 Einst nannte mich "Engel" dein seliger Mund:
 Dein Engel will sein ich im Graun dieser Stund!
 Ich folge dir fest, ob die Hölle auch flammt,
 Will retten dich, schützen - mit dir sein verdammt!
(S. 185)
 
 Übersetzt von Louis von Arentsschildt (1807-1883)
 
 Aus: Völkerstimmen von L. von Arentsschildt
 Portugal. Spanien. Italien. Schottland. England.
 Hannover Im Verlage der Helwingschen Hofbuchhandlung 1847
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 O glaube doch nicht, daß mein Herz immer lacht
 
 O glaube doch nicht, daß mein Herz immer lacht
 Daß nie es ein lastender Kummer beschwert,
 Noch daß dies frohe Gelächter der Nacht
 Am leuchtenden Morgen die Stirn mir verklärt.
 Die Stunden des Lebens sind leer und wüst,
 Nur selten die Rose der Freude sie schmückt;
 In das Herz, das die Blumen am frohsten begrüßt,
 Am tiefsten der giftige Dorn sich drückt. -
 Doch kreise der Becher! seid fröhlich einmal!
 Möge nimmer uns treffen ein tieferes Leid,
 Als die Thräne, vergoldet vom Sonnenstral,
 Als das Lächeln, in Mitleid zu weinen bereit.
 
 Das Gewebe des Lebens wär dunkel genug,
 Wäre Freundschaft und Liebe hinein nicht gewebt,
 Und das Herz ach! viel zu lange schon schlug,
 Wenn der Zauber der beiden es hat überlebt.
 Und doch, die am reinsten und tiefsten geliebt,
 Beweinten zu oft, daß dem Traum sie vertraut;
 Und der Freund, der dem Freunde zu eigen sich giebt,
 Ist zu glücklich, hat nicht auf den Sand er gebaut. -
 Doch kreise der Becher! - so lange erglüht
 Noch Treu, die den Mann und das Weib uns macht werth:
 Hoch lebe die Lieb', die die Jugend umblüht,
 Und die Freundschaft, der Mond der das Alter verklärt!
(S. 189)
 
 Übersetzt von Louis von Arentsschildt (1807-1883)
 
 Aus: Völkerstimmen von L. von Arentsschildt
 Portugal. Spanien. Italien. Schottland. England.
 Hannover Im Verlage der Helwingschen Hofbuchhandlung 1847
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