Kazimierz Przerwa-Tetmajer
(1865-1940)
polnischer Dichter
Ich liebe das Weib
Ich liebe das Weib, wenn vor Lust es vergeht,
Wenn lodernd im Banne der Lüste es steht,
Wenn neblig ihr Blick, ihr Antlitz erbleicht,
Halboffen ihr Mund, die Lippen so feucht.
Ich liebe, wenn lustvoll verlangend, doch stumm
Sie preßt in die Arme die Finger ganz krumm,
Wenn eiliger Atem bewegt ihre Brust
Und sie sich ergibt in ohnmächtiger Lust.
Ich liebe die Scham, die dem Weibe verwehrt,
Zu zeigen, wie sehr sie von Lüsten beschwert,
Und wenn sie, erdrückt fast von ihrer Wucht,
Ohn Worte und Blicke die Lippen nur sucht.
Dies lieb ich - - und auch, wenn an mich geschmiegt,
Sie müd und erschöpft zur Seite mir liegt . . .
Und meine Gedanken enteilen im Traum
In anderer Welten endlosen Raum . . .
(S. 221)
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In Arkadien
Die Sonne glüht. Und Efeugrün und Wein
Umflechten dicht den Fels mit ihrem Zelt.
Und weiße Lilienranken, sanft gewellt,
Umblühn der silberblauen Grotte Stein.
Es schlummert stille der Olivenhain,
Von Faltern bunt, von goldnem Glanz erhellt,
Und rings im grünen Blattwerk, froh gesellt,
Da schnäbeln lustig tausend Vögelein.
Das Gras steht hoch bis an den blauen Teich
Und sieht fast einem grünen Teppich gleich,
Draus viele weiße, rote Blumen schaun.
Ein sonnig silbern Schweigen weit und breit . . .
Und drin im hohen Grase steht ein Faun,
Umschlungen geil von einer jungen Maid.
(S. 223)
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Über Wiesen, über Feldern
Über Wiesen, über Feldern,
Über still verträumten Wegen,
Auf der Heide, in den Wäldern
Und dem bleichen Mond entgegen,
In den fernen lichten Räumen,
Wo die Sphärenharfen klingen,
Geht mit einem Flor von Träumen
Meiner Seele leises Singen . . .
(S. 224)
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übersetzt von Lorenz
Scherlag (1881-1941)
Aus: Moderne polnische Lyrik
Eine Anthologie deutscher Übertragungen
Herausgegeben von Lorenz Scherlag
Amalthea Verlag Zürich Leipzig Wien 1923