Giambattista Felice Zappi (1667-1719)
      italienische Dichterin
      
      
      
      
      Madrigal
      
      
      Es fehlt Acon am rechten, Leonille
      Am linke Aug' der Sehkraft Fülle:
      Doch können beid' in ihren holden Zügen
      Die Götter des Olymp besiegen.
      O süßer Jüngling, diesen einz'gen Stern
      Verehre jenem holden Mägdlein gern.
      Ihr werdet beide Ehre haben,
      Von Cypris sie und du von ihrem Knaben. 
      
      (S. 512)
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      Amors Richterspruch
      
      
      (Sonett)
      
      
      
      Zu Amors Tribunal kam ich gegangen
      Und sprach: O höchster Richter, laß dir sagen:
      Ich klagt' und muß um Chloris stets noch klagen,
      Daß sie mein Herz behält, das sie gefangen.
      
      Die Feindin drauf: Ich hätte Raub begangen?
      Du schenktest mirs, wann hat sichs zugetragen
      In alter und in neuer Liebe Tagen,
      Daß man Geschenke darf zurückverlangen?
      
      Ich sprach darauf: hätt' ich dir auch geschenket
      Die Seele, darf ich denn zurück nicht nehmen
      So hohe Gabe von der Undankbaren?
      
      Und Amor nun, der richtet, herrschet, lenket:
      Dein Herz bleib' ihr; du magst dich fürder grämen,
      In dem Besitz soll Jeder sich bewahren. 
      
      (S. 512)
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      Das geraubte Herz
      
      
      (Canzonette)
      
      
      
      Ein liebliches Mägdlein
      Verwundet' mit holdem Pfeil
      Süßer Blicke dies klopfende Herz,
      Dann legt' sie die Händlein
      Schnell mir auf die Wunde,
      Raubet lächelnden Muths mir das Herz.
      
      O, Herz voller Qualen,
      O, Herz zu bedauern,
      Klagend ließ'st du zurück mich dem Schmerz!
      Wer kann es nur malen,
      Wer kann mir nur zeigen,
      Wohin flüchtig sie mir's hat entführt?
      
      Entwichen mit Schnelle
      Ist mir's aus dem Busen;
      Wüßt' ich mindestens doch wo es wär'!
      Ich frage die Quelle,
      Ich frage die Bäche,
      Ebenen, Berge, sie sagen mir's nicht.
      
      Ihr, Nymphen und Hirten,
      Die ihr hier verweilet,
      Wissen müßt ihr, wie's stehet damit.
      Wo Gluthen hell schwirrten,
      Wo Treue euch strahlt, da
      Ist es, bringet mir's wieder zurück.
      
      Ich horche beklommen,
      Vernehm' eine Stimme,
      Grausam rufend: was such'st du umsonst?
      Agath' hat's genommen,
      Und Amor hält's feste,
      Hoffe drum nimmer, es wider zu seh'n. 
      
      (S. 512-513)
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      Madrigal
      
      Zu Cupido sprach Jovis Stimme:
      Ich werde dir treulosem Buben
      Die Federn aus den Schwingen ziehn,
      Und Pfeil und Bogen dir zerbrechen.
      Doch Amor sprach zu Jupiter:
      Ach Vater, hoher Donnerer,
      Was lässet dich so schlimm mir drohen?
      Du hast doch, hör' ich, wieder Lust,
      Mit eines Stieres starken Hörnern
      Zwei Furchen durch das Meer zu pflügen? 
      
      (S. 513)
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      Aus: Handbuch der Geschichte der
      Italiänischen Litteratur
      Erläutert durch eine
      Sammlung übersetzter Musterstücke
      Herausgegeben von Dr. Fr. W. Genthe
      Zweite Abtheilung: Die Italiänischen Dichter
      Magdeburg Verlag von Ferdinand Rubach 1834
      [Übersetzer sind nicht explizit genannt]