August Heinrich Hoffmann von Fallersleben (1798-1874) - Liebesgedichte

August Heinrich Hoffmann von Fallersleben

 


August Heinrich Hoffmann von Fallersleben
(1798-1874)

 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 

 

Scheiden und Wiedersehn
1870

1.
Ach Gott, wie weh tut Scheiden
Von ihr, der Liebsten mein!
In Schwarz will ich mich kleiden,
Will alle Freuden meiden.
Bis ich bei ihr mag sein.

Ich will, wie Efeuranken
Sich schmiegen um den Baum,
So auch von dir nicht wanken
In meinen Taggedanken
Und nachts in meinem Traum.

Leb wohl in Ruh und Frieden,
Leb wohl und denke mein!
Das soll, seit ich geschieden,
Das soll für mich hienieden
Die einzge Freude sein!

2.
Sie bracht ein frisches Sträußchen mir
Von Veil und Immergrün.
Ich trug's an meinem Herzen hier
Und mußt es sehn verblühn.

Im Herzen aber blüht es fort
Und kann auch nie verblühn,
Denn meine Liebe bleibt mein Hort,
Mein freudig Immergrün.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 118)
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Ach, es treibt mich hin und wieder,
Wie ich liebe, dir zu klagen;
Könnten's doch nur meine Lieder,
Ach, und könnten sie's dir sagen!

Frühe brach ich diese Rose
Und betaute sie mit Tränen,
Klagen mag die seelenlose
Dir mein Leiden, dir mein Sehnen.

Droben warst du am Geländer,
Jeden Schnitter zu belohnen,
Gabst dem einen bunte Bänder,
Gabst dem andern Blumenkronen.

Bittend wär's auch ich gekommen,
Stand schon an der Gartenpforte,
Aber - hättest nichts vernommen;
Denn ich hatte keine Worte.

Darum brach ich diese Rose
Und betaute sie mit Tränen,
Klagen sollt' die seelenlose
Dir mein Leiden, dir mein Sehnen.

Denn es trieb mich hin und wieder,
Wie ich liebe, dir zu klagen.
Rose, mehr als alle Lieder,
Liebe Rose, magst du sagen!

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
Auswahl in drei Teilen.
Hrsg. mit Einleitung und Anmerkungen versehen
von Augusta Weldler-Steinberg.
Erster Teil Lyrische Gedichte. Zweiter Teil Zeitgedichte.
Gelegenheitsgedichte und Trinksprüche.
Georg Olms Verlag Hildesheim New York 1973
(Bongs Goldene Klassiker-Bibliothek.
Nachdruck der Ausgabe Berlin 1912) (S. 49)
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Aus dem »Buch der Liebe«
1836

6.
Am Glanze deines Angesichtes
Ward meiner Sehnsucht Mond erhellt.
Am milden Strahle deines Lichtes
Erblühte meine innre Welt.

Du bist zur Sonne mir geworden,
Die immer scheint und freundlich lacht,
Die wie die Sonn im hohen Norden
Auch scheint in später Mitternacht.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 85)
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Aus dem »Buch der Liebe«
1836

1.
Das ist der Liebe Zauberei
Und wunderliches Abenteuer:
Dein Herz ist noch von Liebe frei,
Und meins steht lichterloh in Feuer.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 84)
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Aus den »Johanna-Liedern«
1847-1849

10.
Das ist die Rebenlaube wieder,
Wo ich mit ihr noch neulich saß,
Wo ich ihr meine jüngsten Lieder
Von einem schönren Frühling las.

Noch blühen an derselben Stelle
Gar manche Blumen täglich auf,
Noch rauscht herab die Bergesquelle
In ihrem alten muntern Lauf.

Noch ziehen süße Blütendüfte
Wie Freundesgrüße durch das Tal,
Und um des Waldes kalte Klüfte
Spielt mild der Abendsonne Strahl.

Sie aber weilt im fremden Lande,
Wo ihr kein heimisch Wort erklingt,
Und ahnt nicht, daß am Neckarstrande
Ein Herz noch manches Lied ihr singt.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 99)
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Aus dem »Buch der Liebe«
1836

2.
Dein Aug ist nur ein Edelstein
Aus deines Herzens Schacht:
O glücklich, wem ein solcher Schein
Aus solchem Herzen lacht!

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 84)
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Liebe und Frühling
1833

1.
Dein Auge hat mein Aug erschlossen,
Du sahst mich an, da ward es Tag;
Mit Licht und Farbe war umflossen,
Was einst im Graun der Nächte lag.

Zur Freude bin ich auserkoren,
Ich träum in liebetrunkner Ruh;
Ich lächle gar, in Lust verloren,
Der dunklen Zukunft heiter zu.

Und mir gehört das Nah' und Ferne,
Mir mehr, als singen kann mein Lied:
Wer zählt noch da die goldnen Sterne,
Wenn er den ganzen Himmel sieht!

2.
Wie sich Rebenranken schwingen
In der linden Lüfte Hauch,
Wie sich weiße Winden schlingen
Luftig um den Rosenstrauch:

Also schmiegen sich und ranken
Frühlingsselig, still und mild
Meine Tag- und Nachtgedanken
Um ein trautes liebes Bild.

3.
Ich muß hinaus, ich muß zu dir,
Ich muß es selbst dir sagen:
Du bist mein Frühling, du nur mir
In diesen lichten Tagen.

Ich will die Rosen nicht mehr sehn,
Nicht mehr die grünen Matten;
Ich will nicht mehr zu Walde gehn
Nach Duft und Klang und Schatten.

Ich will nicht mehr der Lüfte Zug,
Nicht mehr der Wellen Rauschen,
Ich will nicht mehr der Vögel Flug
Und ihrem Liede lauschen -

Ich will hinaus, ich will zu dir,
Ich will es selbst dir sagen:
Du bist mein Frühling, du nur mir
In diesen lichten Tagen!

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 80-81)
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Aus den »Johanna-Liedern«
1847-1849

3.
Die Erde träumt von grünen Feldern,
Von Blättersäusel, Blütenduft,
Von Blumengärten, dichten Wäldern,
Von Sonnenschein und milder Luft.

Sie wachet auf aus ihrem Traume
Und wird von grimmer Kält erschreckt:
Schnee hangt an jedem Strauch und Baume,
Schnee hat das weite Land bedeckt.

Mag auch der Lenz noch länger säumen,
Einst ist der Erde Traum erfüllt.
Ach! meiner Liebe langes Träumen,
Bleibt's nur in Winternacht gehüllt?

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 95-96)
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Alpenröschen
»Lieder vom Kochelsee«
Sommer 1856

2.
Die letzten Sonnenstrahlen bleichen,
Grau wird der See wie in der Nacht,
Und dichte Nebelwolken streichen
Und hüllen ein der Berge Pracht.
Nur einen Strahl des ewigen Lichts!
Sonst weiter nichts, sonst weiter nichts.

Wie ist es rings um mich so schaurig,
Als wollte sterben alle Lust;
Wie wird mein Herz so still, so traurig,
Wie atmet bang und schwer die Brust!
Nur einen Strahl des ewigen Lichts!
Sonst weiter nichts, sonst weiter nichts.

Und sieh, es wird in meinem Herzen
So hell wie bei der Sonne Schein:
Die Lieb entzündet ihre Kerzen
Und heißt mich wieder fröhlich sein.
Willkommen, Strahl des ewigen Lichts!
Nur dich und - sonst begehr ich nichts.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 112)
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Aus den »Johanna-Liedern«
1847-1849

4.
Drüben an dem Neckar schimmert
In dem hohen Haus ein Licht -
Und so schön hat mir geflimmert
Noch ein Stern auf Erden nicht.

Meine Blicke ziehn mich immer
Drüben nach dem Fensterlein,
Suchen nur des Lichtes Schimmer
Wie der Mond den Sonnenschein.

Heitre Bilder vor mir schweben
Wie aus einer andren Welt,
Und ich seh im trüben Leben
Meiner Sehnsucht Mond erhellt.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 96)
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Aus dem »Buch der Liebe«
1836

9.
Du bist die Sonne, die nicht untergeht;
Du bist der Mond, der stets am Himmel steht;
Du bist der Stern, der, wenn die andern dunkeln,
Noch überstrahlt den Tag mit seinem Funkeln;

Du bist das sonnenlose Morgenrot;
Ein heitrer Tag, den keine Nacht bedroht;
Der Freud und Hoffnung Widerschein auf Erden -
Das bist du mir, was kannst du mehr noch werden?

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 86)
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1845

Du hast mir keinen Kranz gewunden,
Auch nicht ein Blümchen mir geweiht,
Doch einen Kranz der schönsten Stunden
Den schönren Tagen angereiht.

Du hast mir keinen Wein kredenzet,
Auch nicht ein einzig Tröpfelein,
Doch hat dein Auge mir geglänzet,
Als schenkt' es deine Seele ein.

Du bist nicht nahe mir geblieben,
Kurz war des Sehens kurzes Glück,
Doch immer zaubert mir mein Lieben
Dein liebes holdes Bild zurück.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 91-92)
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Aus den »Heideliedern«
Bothfeld 11. September 1849

1.
Du Mädchen von der Heide
In deinem dunklen Haar,
In deinem blauen Kleide
So schön, so wunderbar!

Ich möcht am Wege stehen
Als Glockenblümelein,
Dich fröhlich wandeln sehen
Im Tau und Sonnenschein!

Ich möcht als Falter leben
In Wiese, Feld und Hag,
Ich möchte dich umschweben
Den langen Sommertag!

Ich möcht als Vogel fliegen
Um dich, wohin du gehst,
Auf Zweig und Ast mich wiegen
Da, wo du stille stehst!

Du Mädchen von der Heide,
Du kannst wohl fröhlich sein,
Und ich in meinem Leide,
Ich wandle hier allein.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 109)
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Nach dem Abschiede
1838

Dunkel sind nun alle Gassen,
Und die Stadt ist öd und leer;
Denn mein Lieb hat mich verlassen,
Meine Sonne scheint nicht mehr.

Büsch und Wälder, Flüss und Hügel
Liegen zwischen ihr und mir -
Liebe, Liebe, gib mir Flügel,
Daß ich fliegen kann zu ihr!

Liebe, laß ihr Bild erscheinen!
O so blick ich sie doch an,
Daß, wenn meine Augen weinen,
Sich mein Herz erfreuen kann.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 91)
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Liebe

Früher durft ich nicht auf Erden
Nahen dir durch Zeit und Raum,
Durfte weiter dir nichts werden
Als dein Sehnen und dein Traum.

Freundlich tret ich jetzt entgegen
Dir als Wahrheit sonnenrein,
Will dein Frieden, Heil und Segen,
Will dein Trost und Reichtum sein.

Meine Augen will ich spenden
Dir als Morgenschatz sogleich,
Und die Welt an allen Enden
Wird durch sie dein Himmelreich.

Und ich selbst bin dir Gewährung,
Angeschmiegt an deine Brust;
Alles wird dir, auch Entbehrung
Wird Genuß und Wonnelust.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 63-64)
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Nur ihr, der süßen Maid!

Ich bin ein freier Falke,
Ich fliege hoch und fern,
Ich diene keinem Schalke
Und dien auch keinem Herrn.

Ich schwinge mein Gefieder,
Mein Flug ist goldeswert;
Ich lasse da mich nieder,
Wohin mein Herz begehrt.

Zwei Augensterne blinken
Mir tief ins Herz hinein;
Zwei weiße Händlein winken:
Ich soll willkommen sein!

O welche Lust, zu schweben
In Liebesseligkeit,
Nur ihrem Dienst ergeben,
Nur ihr, der süßen Maid!

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 64-65)
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Aus den »Johanna-Liedern«
1847-1849

16.
Mein Herzensblümlein
Holdorf 18. Januar 1849

Ich fand im Winter ein Veilchen,
Das war so frisch und grün.
Ich pflanzt es in meinen Garten,
Drin sollt es im Frühlinge blühn.

Mein Herz, das war der Garten,
Und als die Welt ward grün,
Da wollte mein Herzensblümlein
Für mich, für mich nicht blühn.

Und als die Rosen blühten,
Da weint ich, da sang ich und rief:
Blüh auf, mein Herzensblümlein!
Mein Blümlein aber entschlief.

Nun liegt's im Herzen begraben
Schon lange, lange Zeit,
Und mir ist nichts geblieben,
Nichts als mein sehnend Leid.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 102-103)
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Aus den »Johanna-Liedern«
1847-1849

17.
Mein Stern
September 1848

Ich fragt einen Stern am Himmel:
Willst du mein Glückstern sein?
So oft ich ihn sah und fragte,
Gab er gar lieblichen Schein.

Ich sah ihn jeden Abend,
Er lächelte stets mir zu
Und sandte Trost hernieder
Und Frieden mir und Ruh.

Er war mein treuer Begleiter
Durch manche düstre Nacht,
Hat meine Pfade beleuchtet,
Mich immer ans Ziel gebracht.

Jetzt ist mein Stern verschwunden
Mit seinem lieblichen Licht.
Mir glänzen unzählige Sterne,
Er aber glänzt mir nicht.

Von all den unzähligen Sternen
Warst du, mein Liebchen, mein Stern,
Einst meinem Herzen so nahe,
Und jetzt so fern, so fern!

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 103)
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Mein Traum
November 1866

Ich hab im Traum gepflücket
Ein liebes Röslein mir.
Wie hat es mich entzücket
In seiner Frühlingszier!

Es strömte neues Leben
Ins kranke Herz hinein.
Ich mußt in Freude schweben,
Wie konnt ich glücklich sein!

Da kam ein böses Wetter,
Ließ nichts mir als mein Leid,
Denn meines Rösleins Blätter
Zerstoben weit und breit.

Die Blätter aber woben
Sich bald zu einem Kranz
Und sahn vom Himmel droben
Herab im neuen Glanz.

Das sind des Glückes Tage,
Die mir ein Röslein gab.
Jetzt wein ich nur und klage,
Sie sank zu früh ins Grab.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 117)
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Aus den »Johanna-Liedern«
1847-1849

9.
Ich kam mit Blumen, kam mit Liedern,
Ich kam mit Sang und Fröhlichkeit.
Wer wird nun solchen Gruß erwidern,
Seit du geschieden bist so weit?

Es öffnet nun sich meinen Blicken
Im Neckartal kein Fenster mehr.
Ich kann dir keine Grüße schicken,
Die Rebenlaub am Berg ist leer.

Schon seh ich Frücht aus Blüten treiben
Das ist der Kreislauf der Natur.
Mein Herz muß ohne Blüten bleiben,
Sein Frühling fehlt, du fehlst ihm nur.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 99)
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Ich liebe dich und sag' es nicht,
Und liebst du mich? ich frag' es nicht;
Ich fragt' es gern und wag' es nicht,
Ich lieb' und schweig' und klag' es nicht.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
Auswahl in drei Teilen.
Hrsg. mit Einleitung und Anmerkungen versehen
von Augusta Weldler-Steinberg.
Erster Teil Lyrische Gedichte. Zweiter Teil Zeitgedichte.
Gelegenheitsgedichte und Trinksprüche.
Georg Olms Verlag Hildesheim New York 1973
(Bongs Goldene Klassiker-Bibliothek.
Nachdruck der Ausgabe Berlin 1912) (S. 66)
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Aus dem Zyklus: Lieder an Meieli

Ich sahe die blaue unendliche See,
Wie ward's mir im Herzen so wohlig, so weh!
Doch hab' ich dein blaues Auge gesehen,
Und weiß nun selber nicht, wie mir geschehn.

Und wenn ich die blaue unendliche See
Auch immer und immer wiedersäh' -
Das Wasser ewig doch Wasser bliebe:
Dein Aug' ist ewig unendliche Liebe!

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
Auswahl in drei Teilen.
Hrsg. mit Einleitung und Anmerkungen versehen
von Augusta Weldler-Steinberg.
Erster Teil Lyrische Gedichte. Zweiter Teil Zeitgedichte.
Gelegenheitsgedichte und Trinksprüche.
Georg Olms Verlag Hildesheim New York 1973
(Bongs Goldene Klassiker-Bibliothek.
Nachdruck der Ausgabe Berlin 1912) (S. 55)
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Aus dem »Buch der Liebe«
1836

13.
Ich will von dir, was keine Zeit zerstöret,
Nur Schönheit, die das Herz verleiht;
Ich will von dir, was nie der Welt gehöret,
Die engelreine Kindlichkeit.

Das sind des Himmels allerbeste Gaben,
Das ist des Lebens schönste Zier,
Hat dich die Welt, so kann ich dich nicht haben;
Lebst du der Welt, so stirbst du mir.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 88)
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Liebesglück

In jedes Haus, wo Liebe wohnt,
Da scheint hinein auch Sonn und Mond;
Und ist es noch so ärmlich klein,
So kommt der Frühling doch hinein.

Der Frühling schmückt das kleinste Haus
Mit frischem Grün und Blumen aus,
Legt Freud in Schüssel, Schrank und Schrein,
Gießt Freud in unsre Gläser ein.

Und wenn im letzten Abendrot
An unser Häuschen klopft der Tod,
So reichen wir ihm gern die Hand,
Er führt uns in ein bessres Land.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 64)
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Aus dem Zyklus »Ida«
1849

1.
Ja, du bist mein!
Fallersleben 10. August 1849

Ja, du bist mein!
Ich will's dem blauen Himmel sagen,
Ich will's der dunklen Nacht vertraun,
Ich will's als frohe Botschaft tragen
Auf Bergeshöhn, durch Heid und Aun.
Die ganze Welt soll Zeuge sein:
Ja, du bist mein!
Und ewig mein!

Ja, du bist mein!
In meinem Herzen sollst du leben,
Sollst haben, was sein Liebstes ist,
Du sollst, von Lieb und Lust umgeben,
Ganz fühlen, daß du glücklich bist.
Schließ mich in deine Arme ein!
Ja, du bist mein!
Und ewig mein!

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 107)
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Ja, überselig hast du mich gemacht!
Der allerlängste Tag, er reicht nicht hin,
Und viel zu kurz ist jeder Traum der Nacht,
Zu denken, wie ich überselig bin.
Ich fühl's, um dieser Wonne ganz zu leben,
Muß Gott mir noch ein zweites Leben geben.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
Auswahl in drei Teilen.
Hrsg. mit Einleitung und Anmerkungen versehen
von Augusta Weldler-Steinberg.
Erster Teil Lyrische Gedichte. Zweiter Teil Zeitgedichte.
Gelegenheitsgedichte und Trinksprüche.
Georg Olms Verlag Hildesheim New York 1973
(Bongs Goldene Klassiker-Bibliothek.
Nachdruck der Ausgabe Berlin 1912) (S. 72)
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Frühlingsliebe
1835

2.
Komm zum Garten, zu dem wohlbekannten,
Komm zum Rasensitz, dem oft genannten,
Wo zum Maitrank Schmetterling' und Bienen
Sind erschienen;
Komm zum Herzen Herz, komm Mund zum Munde,
Schlägt die Stunde.

Um uns sollen sich die Vögel schwingen,
Unsre Lieb und unsre Freude singen;
Streuen sollen uns die Maienlüfte
Blüt' und Düfte,
Wenn wir küssend Lieb um Liebe tauschen,
Ruhn und lauschen.

Laß mich dann an deinem Munde hangen,
Dann im Rosenschimmer deiner Wangen
Und im Spiel der Locken laß mich liegen,
Laß mich wiegen,
Laß mich dann in deine Augen sehen
Und vergehen.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 83)
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Aus dem Zyklus: Johanna-Lieder
Ghaselen

Ich liebe dich

Mir ist, als müßt' ich immer sagen:
Ich liebe dich,
Und mag nicht auszusprechen wagen:
Ich liebe dich.
Die Maienlüfte säuseln wieder,
Ich lausche hin,
Und alle Blütenzweige klagen:
Ich liebe dich.
Der Sang der Vögel ist erwachet,
Ich lausche hin,
Und alle Nachtigallen schlagen:
Ich liebe dich.
So frag' die Lüfte, frag' die Blumen,
Die Vögel all,
Vielleicht, daß sie für mich dir sagen:
Ich liebe dich.
Ich wandle fern von dir und habe
Nur einen Trost
In diesen schönen Frühlingstage:
Ich liebe dich.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
Auswahl in drei Teilen.
Hrsg. mit Einleitung und Anmerkungen versehen
von Augusta Weldler-Steinberg.
Erster Teil Lyrische Gedichte. Zweiter Teil Zeitgedichte.
Gelegenheitsgedichte und Trinksprüche.
Georg Olms Verlag Hildesheim New York 1973
(Bongs Goldene Klassiker-Bibliothek.
Nachdruck der Ausgabe Berlin 1912) (S. 79)
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Aus dem »Buch der Liebe«
1836

10.
Nicht mit Rosen und Violen
Will ich schmücken dir das Haar -
Güldne Sterne will ich holen
Von des Himmels Hochaltar.

Nennt es immer ein Verbrechen
Und ein gottvergessen Lied!
Ja, ich wag es auszusprechen,
Was mir Gott im Traume riet.

Und die güldnen Sterne pflück ich
Wie die Blumen auf der Flur,
Und mit solchen Blumen schmück ich
Deine dunkeln Locken nur.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 87)
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Aus den »Liedern aus einem Alpentale«
1834

Nimm diesen frischen Blumenkranz,
Den ich gewunden habe,
Reich wie du selbst an Pracht und Glanz,
Nimm ihn zur Hochzeitsgabe!

So schöne Blumen blühn für dich,
Die Wünsche sind's, die meinen,
Die hier zum Blütenkranze sich
Einmütiglich vereinen.

Und jede Blum ist nur ein Herz,
Von Frühlingsglanz umwoben,
Und jede blicket himmelwärts
Und flehet Heil von oben.

Wie an dem Kranz entfalte sich
Ein Blütenfest auf Erden;
Mag jeder Blumenkelch für dich
Ein Kelch der Freude werden.

So nimm von unbekannter Hand,
Was dir mein Herz gewunden!
Das Herz, das so viel Schönheit fand,
Hat Lohn genug gefunden.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 82)
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Aus dem »Buch der Liebe«
1836

11.
Nur die Liebe kann gewähren,
Was die Welt verweigert hat,
Und du kannst und mußt entbehren
Und verzichten früh und spat.

Nur die Liebe hat noch Kränze
Für dein stilles redlich Mühn,
Pflanzt an deiner Wünsche Grenze
Maienbäume hoffnungsgrün.

Und was willst du weiter haben?
Lieb erfüllt ja wunderbar
Mit dem Reichtum ihrer Gaben
Dir dein Innres ganz und gar.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 87)
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O glücklich, wer ein Herz gefunden!
1853

O glücklich, wer ein Herz gefunden,
Das nur in Liebe denkt und sinnt
Und mit der Liebe treu verbunden
Sein schönres Leben erst beginnt!

Wo liebend sich zwei Herzen einen,
Nur eins zu sein in Freud und Leid,
Da muß des Himmels Sonne scheinen
Und heiter lächeln jede Zeit.

Die Liebe, nur die Lieb ist Leben:
Kannst du dein Herz der Liebe weihn,
So hat dir Gott genug gegeben,
Heil dir! Die ganze Welt ist dein!

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 110)
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Aus den »Johanna-Liedern«
1847-1849

7.
O Johanna! o Johanna!
Denkst du jemals mein noch gerne,
Wenn ich bin in weiter Ferne,
Oh, so denk auch jener Stunden,
Wo ein Herz dich hat gefunden,
Das dich nie vergessen kann.

O Johanna! o Johanna!
Wie das Schicksal mit mir schaltet,
Wie mein Leben sich gestaltet,
Ob's mir wohl geht oder wehe,
Ob ich nie dich wiedersehe -
Dein gedenk ich allezeit!

O Johanna! o Johanna!
Immer werd ich dich begleiten,
Wie der Frühling vor dir schreiten,
Grüße dir und Wünsche bringen,
Immer, immer dich besingen,
Immer, immer nah dir sein!

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 98)
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Liebesleben

Oftmals lehnt sich der Verstand
Hin an meines Herzens Pforte,
Wie ein Lauscher an der Wand
Denkt er sich am rechten Orte.

Wie's ihm bangt nach jedem Ton,
Wie er lauscht mit spitzen Ohren!
Nichts als Rätsel sind sein Lohn,
All sein Mühen ist verloren.

O wie wüßt' er doch so gern,
Was die Liebe drinnen treibet!
Doch er steht ihr viel zu fern,
Lieb' ihm stets Geheimnis bleibet.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
Auswahl in drei Teilen.
Hrsg. mit Einleitung und Anmerkungen versehen
von Augusta Weldler-Steinberg.
Erster Teil Lyrische Gedichte. Zweiter Teil Zeitgedichte.
Gelegenheitsgedichte und Trinksprüche.
Georg Olms Verlag Hildesheim New York 1973
(Bongs Goldene Klassiker-Bibliothek.
Nachdruck der Ausgabe Berlin 1912) (S. 47)
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Siehe, der Frühling währet nicht lang
1852

Siehe, der Frühling währet nicht lang:
Bald ist verhallt der Nachtigall Sang.
Blühen noch heute Blumen im Feld,
Morgen ist öd und traurig die Welt.
Aber der Liebe selige Lust
Ist sich des Wandels nimmer bewußt.

Alles auf Erden hat seine Zeit;
Frühling und Winter, Freuden und Leid,
Hoffen und Fürchten, Ruhn und sich Mühn,
Hoffen und Scheiden, Welken und Blühn.
Aber der Liebe selige Lust
Ist sich des Wandels nimmer bewußt.

Weil uns des Lebens Sonne noch scheint,
Wollen wir leben liebend vereint,
Wollen der Zukunft Wetter nicht scheun,
Wollen des Augenblicks uns erfreun!
Was auch des Himmels Fügung uns gibt,
Glücklich ist nur das Herz, das da liebt!

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 111)
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Aus dem »Buch der Liebe«
1836

4.
Sind uns die lichten Stern ein Schleier nicht,
Der uns verhüllet Gottes Angesicht?
So ist dein Aug ein Schleier nur
Vor deiner Seele Frühlingsflur.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 84)
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Aus dem »Buch der Liebe«
1836

7.
Stört mich nicht in meinen Träumen,
Laßt mich, wie ich will, genießen,
Laßt mich ruhen, laßt mich lauschen
Und im Schaun die Zeit verbringen!
Laßt mich unter Blütenbäumen
Sehen, wie die Quellen fließen,
Hören, wie die Blätter rauschen
Und die Vögel lieblich singen!
Sagt, was soll ich sonst beginnen?
Sagt, was soll ich mehr gewinnen?
Laßt mich unter Blütenbäumen
So im Schaun die Zeit verbringen!
Laßt mich ruhen, laßt mich lauschen,
Laßt mich, wie ich will, genießen!
Stört mich nicht in meinen Träumen,
Wenn ich unter Blütenbäumen
Meine Zeit so will verbringen,
Hören will die Vögel singen,
Wenn ich schauen will und lauschen,
Ob die Blätter wehn und rauschen,
Wie die hellen Quellen fließen,
Wie die Blumen um mich sprießen.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 85-86)
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Aus den »Johanna-Liedern«
1847-1849

1.
Dein Bild, Johanna!
1847

Tag wird's, und aus der Dämmrung sich erhebet
Dein Bild, Johanna!
Verklärt im Glanz der Morgenröte schwebet
Dein Bild, Johanna!
In jedem Lüftchen auf der stillen Flur und
Im Blütendufte,
Im Tröpfchen Tau an jeder Blume bebet
Dein Bild, Johanna!
Ja, meiner Sehnsucht und Erinnerung und
All meinen Träumen
Und Taggedanken hat sich eingewebet
Dein Bild, Johanna!
Bist du auch fern, du bleibst mir ewig nahe,
Nah meinem Herzen,
In meinen Freuden, meinen Schmerzen lebet
Dein Bild, Johanna!

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 94)
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Alpenröschen
»Lieder vom Kochelsee«
Sommer 1856

3.
Träum ich oder wach ich wieder?
Bin ich meiner mir bewußt?
Sind das heut noch meine Lieder,
Die ich sang aus voller Brust?

Was ich dachte, was ich fühlte,
Was mir schien mein bestes Sein,
Was mich freute, labt' und kühlte,
Darf ich's heut noch nennen mein?

Wie ein Traum so ist's vergangen,
Wie ein Schatten, Hauch und Schaum -
Traum ist Liebe, Lust, Verlangen
Und das Leben selbst ein Traum.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 112-113)
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Aus dem »Buch der Liebe«
1836

3.
Und wärst du auch ein wildes Feuer,
Gern wollt ich deine Asche sein.
Wer hielt sein Leben je so teuer
Und wollt es nicht der Liebe weihn?
Ich warf mein Herz wie Spreu ins Feuer,
Und sieh! es blieb ein Edelstein.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 84)
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Nur liebend ist dein Herz ein Herz
Oktober 1850

Was ist die Welt, wenn sie mit dir
Durch Liebe nicht verbunden?
Was ist die Welt, wenn du in ihr
Nicht Liebe hast gefunden?

Verklage nicht in deinem Schmerz
Des Herzens schönste Triebe!
Nur liebend ist dein Herz ein Herz,
Was ist es ohne Liebe?

Wenn du die Liebe nicht gewannst,
Wie kannst du es ermessen,
Ob du ein Glück gewinnen kannst,
Ob du ein Glück besessen?

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 106-107)
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Was singst du Herz so bang und laut
Nach inniger Vereinung?
Die Sehnsucht ist ja deine Braut,
Nur Trug ist die Erscheinung.
Sooft der Mond zur Sonne schaut,
Er wird ihr niemals angetraut
In inniger Vereinung.
Drum singe nicht so bang und laut!
Die Sehnsucht bleibt ja deine Braut,
Nur Trug ist die Erscheinung.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
Auswahl in drei Teilen.
Hrsg. mit Einleitung und Anmerkungen versehen
von Augusta Weldler-Steinberg.
Erster Teil Lyrische Gedichte. Zweiter Teil Zeitgedichte.
Gelegenheitsgedichte und Trinksprüche.
Georg Olms Verlag Hildesheim New York 1973
(Bongs Goldene Klassiker-Bibliothek.
Nachdruck der Ausgabe Berlin 1912) (S. 60)
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Aus dem Zyklus: Helgoländer Lieder

Weg mit diesen, weg mit jenen,
Weg mit allen Mägdelein!
Meines Herzens Freud' und Sehnen
Fesselt mich an dich allein.

Bin ich doch durch dich geworden
Willenslos wie ein Magnet,
Der sich immer, statt nach Norden,
Nur nach deinem Herzen dreht.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
Auswahl in drei Teilen.
Hrsg. mit Einleitung und Anmerkungen versehen
von Augusta Weldler-Steinberg.
Erster Teil Lyrische Gedichte. Zweiter Teil Zeitgedichte.
Gelegenheitsgedichte und Trinksprüche.
Georg Olms Verlag Hildesheim New York 1973
(Bongs Goldene Klassiker-Bibliothek.
Nachdruck der Ausgabe Berlin 1912) (S. 77)
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Aus dem »Buch der Liebe«
1836

5.
Wenn alles schläft in stiller Nacht,
Die Liebe wacht.
Sie wandelt leise von Haus zu Haus
Und teilt die schönsten Gaben aus;
Sie bringet Trost für altes Leid,
Bringt neue Lust und Fröhlichkeit. -
Laß, Liebe, deine Gabe mich sein,
Flicht mich in deine Träume mit ein,
Daß die, nach der mein Herz verlanget
Und sehnsuchtglühend banget,
Im Traume mich sieht
Und hört mein Lied.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 85)
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Aus dem Zyklus: Lieder an Meieli

Wie hab' ich immer dein gedacht,
Wie du wohl jede finstre Nacht
Und jeden Tag wohl hingebracht,
Ob du geweint hast, ob gelacht!
Dem Adler gleich, wenn er zur Sonne
Durch Wolk' und Nebel sich erhebt,
So geht das Herz mir auf in Wonne,
Wenn mein Gedanke bei dir lebt.

Du lilienheitres Angesicht,
Du Auge, mein Vergißmeinnicht,
Du Mund, der nur von Liebe spricht
Und Rosen in mein Leben flicht!

Der Adler freuet sich der Sonne,
Er kehrt zur Erde bald zurück:
So ist auch Traum nur meine Wonne,
Fern, unerreichbar liegt mein Glück.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
Auswahl in drei Teilen.
Hrsg. mit Einleitung und Anmerkungen versehen
von Augusta Weldler-Steinberg.
Erster Teil Lyrische Gedichte. Zweiter Teil Zeitgedichte.
Gelegenheitsgedichte und Trinksprüche.
Georg Olms Verlag Hildesheim New York 1973
(Bongs Goldene Klassiker-Bibliothek.
Nachdruck der Ausgabe Berlin 1912) (S. 55-56)
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Aus den »Johanna-Liedern«
1847-1849

19.
Wie's Laub sich herzt im Winde

Wie's Laub sich herzt im Winde,
Hab ich mein Lieb geherzt,
Wohl unter jener Linde
Gar süß mit ihm gescherzt.
Die Blätter von der Linde,
Wie flogen sie geschwinde
Hinaus in alle Welt.
Der Frühling kehret wieder,
Doch keiner bringt zurück,
Mir zurück mein Liebesglück.

Ihr purpurroten Rosen,
Wie seid ihr früh verblüht!
Du heißes Liebeskosen,
Wie bist du früh verglüht!
Die Blätter von der Rose,
Wie schnell im Windgetose,
Wie schnell verflogen sie!
Der Frühling kehret wieder,
Doch keiner bringt zurück,
Mir zurück mein Liebesglück.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 104-105)
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Aus dem »Buch der Liebe«
1836

16.
Will eine Blume sich erneuen,
So muß sie ihre Frucht verstreuen;
Und will der Mensch in einem Herzen leben,
So muß er erst sein eignes Herz drum geben.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 89)
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Frühlingsliebe
1835

1.
Zwischen Blumen schlaf ich, bei des Baches
Und der Vögel süßem Kosen,
Unterm Schirme des Holunderdaches
Und im Dufte frischer Rosen.

Laßt mich schlafen, träumen, bis ich werde
Meiner Liebe Glück erwerben:
Nur dem Liebenden gehört die Erde,
Ohne Liebe will ich sterben.

Blüten beben in dem Spiel der Winde
Und dem Sang der Nachtigallen,
Und die Bienen summen leis und linde
In der Laube Blütenhallen.

Laßt mich schlafen, träumen, bis ich werde
Meiner Liebe Glück erwerben:
Nur dem Liebenden gehört die Erde,
Er nur wird den Himmel erben.

aus: August Heinrich Hoffmann von Fallersleben Gedichte und Lieder
Im Auftrag der Hoffmann von Fallersleben-Gesellschaft
von Hermann Wendebourg und Anneliese Gerbert
Hoffmann und Campe Verlag Hamburg 1974 (S. 82-83)
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Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/August_Heinrich_Hoffmann_von_Fallersleben


 

 


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