Ludwig August Frankl (1810-1894) - Liebesgedichte

Ludwig August Frankl



Ludwig August Frankl
(1810-1894)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 




Liebeslieder

Blumenwiese

Stürmische Worte sprach ich zu dir
Von Gluth und Sehnsuchtsschmerzen;
Gesenkten Hauptes lagst du mir
Bewegt am bewegten Herzen.

Wenn über sie der Sturmwind fährt,
Die Lilie hört es schweigend,
Was sie erschüttert und verklärt,
Sich hold in Demuth neigend.


aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 64)
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Selbstsegnung

Ein schönes Kind mit rothen Wangen,
Mit schön gelockten schwarzen Haaren,
Mit dunkler Augen hellem Prangen,
So sah ich dich vor vielen Jahren.

Du spieltest froh mit andern Kleinen,
Ich mußte, wie du warst, dich segnen,
Und pries im Herzen still den Einen,
Dem du in Liebe wirst begegnen.

Nicht ahnt' ich, daß ich selbst mich preise,
Daß ich gesegnet mir zum Segen:
Des Busens Knospen reiften leise
Zu weißen Rosen mir entgegen.

Ich ahnte nicht, daß mir die Augen
Die stillen Gluthen vorbereiten,
Bis Lippen sich in Lippen saugen
Für athemlose Seligkeiten.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 65)
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Ich liebe dich

Du stand'st mit mir hoch oben,
Von Rebenlaub umwoben.

Auf Waldeshügeln ruhten
Die rothen Abendgluthen.

Im Thale, tief geschieden,
Das Dorf mit seinem Frieden.

Rauchsäulen, blaue, stiegen,
Im Herbsthauch sich zu wiegen.

Ein Glöcklein fing an, Segen
Auf Berg und Thal zu legen.

Der Klang, so hell und erzen,
Bewegt' auch uns're Herzen,

Sie fingen an zu schwingen,
Von Sehnsucht tief zu klingen,

Bis mächtig angezogen,
Sie an einander flogen,

Und du bei ihrem Pochen
"Ich liebe dich" gesprochen.

Traumseliges Empfinden
Ließ mich nicht Antwort finden:

Ich hab', von dir umschlungen,
Zum Kuß dich nur gezwungen,

Und alles Glück zusammen
Gepreßt in seine Flammen.

Indeß war still vergangen
Der Abendröthe Prangen;

Vom Thurm hat, sanft geschwungen,
Das Glöcklein ausgeklungen.

Vom dunklen Hügel nieder
Wir gingen schweigend wieder,

Mit Purpur auf den Wangen,
Und uns're Herzen klangen.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 66-67)
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Liebes Wandern

O welch ein liebes Wandern
Mit einem schönen Kind,
Von einem Thal zum andern,
Durch Wälder und durch Wind.

Bald seliges Umfassen,
Dann stummes Weitergeh'n,
Gedanken schwärmen lassen,
Sich in die Augen seh'n.

Es musiciren heiter
Die Vögel im Geäst -
Die Alten denken weiter
Und bauen schon ein Nest.

Die Wolken zieh'n geschäftig
Zu langem Zug gedehnt,
Wo sich die Erde kräftig
Nach ihrem Segen sehnt.

Bach unter Laubgehange
Möcht' nicht gesehen sein,
Der Waldsee harrt schon lange
Auf's süße Stelldichein.

Die Blumen wiegen selig
Den jungfräulichen Leib,
Der Schmetterling fein wählig
Küßt manche sich zum Weib.

Laß Liebchen unter Bäumen
Uns kosend hier auch ruh'n.
Sieh', Alles hat mit Träumen,
Mit Lieb' und Lust zu thun.

Das ist ein Thun, ein Küssen
In Feld und Wald und Strauch:
Ei, Liebchen, komm', wir müssen
Ein Beispiel nehmen auch!


aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 68-69)
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Mahnung

Dieser Stunden Seligkeit
Trinke kühn mit durst'gem Munde;
Nimm sie auf die schöne Zeit
In dem tiefsten Seelengrunde.

Nah an Wonne grenzt das Leid;
Sollten Wandlung wir erfahren,
Tröstet uns die schöne Zeit,
Da wir einst so glücklich waren!

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 70)
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Der Odaliske Gebet

Du ließest, Herr! mich schön und blühend werden,
Aus meinem Spiegel glänzt ein schlankes Weib,
Du schmücktest mich mit lieblichen Geberden,
Mit schwellend süßem Reiz den jungen Leib.

Du gabst das Finst're deiner Nacht den Haaren,
Den Sternenglanz in meiner Augen Nacht,
Des Busens weißen Rosen zu bewahren
Gabst du der Liebe Duft und stille Macht.

Aus weißem Schnee hast du den Arm geründet,
Geschwellt mit rother Gluth die Lippen mir,
Hast in der Seele Geist mir angezündet;
Du gabst so viel, o Herr! ich danke dir.

Ich danke dir, daß ich mit stolzem Geize
Des Leibes holde Schönheit keusch gespart,
Bis daß der kühne Herr kam meiner Reize,
Deß ich in Liebe voller Demuth ward.

Ich danke dir für diesen Schnee der Glieder,
Für dieses Auges und der Lippen Pracht,
Für all' die Gluthen, wogend auf und nieder,
Ich danke dir, weil's ihn so glücklich macht.


aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 71)
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Erzähle mir

Erzähle mir.
Geflüchtet aus des Tages Lärmen,
Erfüllt von Sehnsucht nur nach dir,
Ich komme, Kind, mit dir zu schwärmen.

Erzähle mir.
In deiner Locken dunklem Schleier,
An deinem Busen ruh' ich hier
Und athme wieder froh und freier.

Erzähle mir,
Was dich als Ahnung heut' durchschauert,
Und als Gebet und Sehnsucht dir
Die Brust durchjubelt und durchtrauert?

Erzähle mir:
Hast du den Himmel dir betrachtet?
Und "schöner glänzt", gedacht bei dir,
"Mein Auge, wenn es zärtlich schmachtet."

Erzähle mir,
Wenn du gehört ein Lied erklingen,
Hast du nicht stolz gedacht bei dir:
"Mein Liebling kann noch schön're singen?"

Erzähle mir,
Ergriff dich niemals noch Entzücken,
Daß Geist dir ward, der Schönheit Zier,
Weil beide mich so süß beglücken?

Erzähle mir!
"Du küssest nur, mein Kind. Erzähle!"
""Erzähl' ich nicht im Kusse dir
Die Weltgeschichte meiner Seele?""

Erzähle mir!
Und ende nimmer die Erzählung:
Wie selig, weltvergessen wir
Uns freu'n in inniger Vermählung.
Erzähle mir!

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 72-73)
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Die Einsame

Ich bin allein, und trüb und trüber
Hüllt sich die Seele mir in Leid,
Nur dunkle Wolken zieh'n vorüber
An meiner bangen Einsamkeit.

Ihr stummen Wand'rer in den Lüften,
Mitleidvoll dunkel schaut ihr her,
Nahmt Abschied ihr in Heimatklüften
Von schwesterlichen Quellen schwer?

Hat euch der Strahl geliebt, die Wangen
Gefärbt euch rosenroth und schön?
Nun ist er treulos fortgegangen,
Und einsam zieht ihr auf den Höh'n.

O könnte mir wie euch geschehen,
Bald enden eure bangen Weh'n;
Ihr könnt doch weinen und vergehen,
So heftig weinen und vergeh'n.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 74)
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Begegnen

Es zieht den hellen Strom hinüber,
Ein holdes Mägdlein sitzt im Kahn,
Ein Wand'rer träumt ihr gegenüber,
Ihr Antlitz glüht, sieht er sie an.

Sie wagt den Blick nicht aufzuschlagen,
Schaut nur sein Bild an in der Fluth,
Und etwas traulich ihr zu sagen,
Fehlt ihm das Wort, fehlt ihm der Muth.

Das Ruder schlägt, die Wellen schäumen,
Den Himmel färbt das Abendroth,
Und Friede weht aus allen Räumen,
Und an das Ufer stößt das Boot.

Sie zieh'n getrennt jetzt durch die Fluren,
Im Busen ew'ge Sehnsucht, hin,
Zwei Seelen, die mitsammen fuhren,
Die sich erkannt, sich ewig flieh'n.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 75)
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Unausgesprochen

Du kannst mir Alles sagen,
Geliebter! Du hast's gut,
Ich muß verschwiegen tragen,
Was mir im Herzen ruht.

Und wenn ich Worte finde,
Zur Hälfte künden sie,
Was innen ich empfinde,
Der Seele Tiefstes nie.

So sollst du stets nur ahnen,
Wie ganz ich dir geweiht,
Und mein Verstummen mahnen
Dich an Unendlichkeit.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 76)
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Das wäre Leben

Mit dir zu sein
Auf einer Alpe, rings umgeben
Von der Gebirge blauen Reih'n
Allein mit dir, das wäre Leben!

Bei Morgenpracht
Mit dir in tiefe Thäler schauen,
Wenn unten noch die Nebelschlacht
Die Eb'ne füllt mit kaltem Grauen.

Wir hörten dann
Bergmesse bei dem lauten Fels,
Der wie ein brauner Kuttenmann
Uns predigt mit dem Laut des Quells.

Mit dir allein
Die Brust im reinen Aether baden,
Wo fern uns ist der Menschen Pein,
Zu uns sich nur die Stürme laden.

Wir sähen zu,
Wie Abendroth und gold'ne Sterne
Und Alpenduft und stille Ruh'
Sich leise lagern nah' und ferne.

Und angelehnt
An deinen Busen, deine Lippen,
Ach, wie mein Herz sich sehnt, sich sehnt,
Den Trunk der Seligkeit zu nippen.

Dann träumten wir
Von Duft und Sturm und Liebe trunken,
Im freien Alpeneden hier
Uns schweigend an das Herz gesunken.


aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 77-78)
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Magnete

Du saßest still und lieblich vorgebogen,
Das holde Haupt madonnenhaft gesenkt,
Erinn'rungsvolle Wehmuth war verflogen,
Die gerne sonst aus deinen Zügen denkt;
Und lauschend, ernst der Brauen Paar gezogen,
Hast du dem Dichter Blick und Ohr geschenkt,
Und sinnend folgtest du mit inn'rer Regung
Des Dichtertraums phantastischer Bewegung;

Er zog vorbei - es spielte auf den Wangen,
In deinem feuchten Aug' sein Widerschein,
Von keinem Laut die schönen Lippen klangen,
Doch süß erschüttert sah ich all' dein Sein;
Da hab ich deinen schlanken Leib umfangen,
Ich fragte nicht - und du - du sprachst nicht nein.
Magnetisch, selig flogen wir zusammen
Und standen in des Kusses süßen Flammen!

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 79)
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Flieh

Ich  saß bei dir und las dir Lieder,
Wie ward dein Antlitz aufhorchsam,
Dein Busen wogte auf und nieder,
In's Auge dir die Thräne kam.

Du lauschtest tief, ich schwieg schon lange,
Wohin hat sich dein Geist verirrt?
Und wie erwacht aus Träumen bange,
Sahst du zu mir empor verwirrt.

Du hörtest nur den Laut der Rede,
Melodisch wiegte sich der Klang,
Schon schmiegt sich, wie der Schwan an Lede,
An deine Seele mein Gesang.

Flieh! Wie der Stein der Bolognesen,
Der Lichtmagnet, in Flammen blüht,
So leuchtet auch mein ganzes Wesen,
Von Frauenschönheit angeglüht.

Das Wort wird kühn, phantastisch leuchten
Gedanken um mein Angesicht,
In Reue wird sich bald befeuchten
Dein schönes Auge, fliehst du nicht.

Mich reißt es zu des Ruhmes Fahnen,
In des Gedankens weite Bucht,
Ein Herz voll Gluth und Himmelsahnen
Hält mich nicht fest auf meiner Flucht.

Was einem Andern das Entzücken
Vielleicht vom ganzen Dasein ward,
Ich mag die Blume stürmisch pflücken
Bei flüchtiger Vorüberfahrt.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 80-81)
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Verstimmung

Wie ist mein Frohsinn plötzlich fort
Und aller Unmuth losgebrochen,
Ein einzig, leise treffend Wort
Hast du, im Scherze fast, gesprochen.

Du grämst dich nun in deinem Schmerz
Und fragst: Wie konnt' es auch? dich leise.
Mein holdes Kind, es hat das Herz
Im Menschen des Magnetes Weise:

Geduldig trägt er Eisenlast,
Und Glieder hängen sich an Glieder -
Noch Ein's, unscheinbar dünkt dir's fast,
Und plötzlich sinken alle nieder.

Ihm aber ist die Kraft geraubt,
Lang wirst den alten Zug du missen;
Dein Wort, das du so leicht geglaubt,
Hat vieles And're mitgerissen!


aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 82)
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Elegie

So plötzlich todt! Vor Tagen glühte
In frischer Jugend noch ihr Blut!
Und was in ihrem Herzen blühte,
Es sprach aus ihrer Augen Gluth.

So jung! und schwarze Schollen wälzen
Erbarmungslos sie auf ihr Grab,
Die ihres Busens Schnee zu schmelzen
Erlaubniß meinen Gluthen gab.

 Den Kuß ist schuldig sie geblieben,
Den mir der rothe Mund versprach,
Die Phantasie eilt fortgetrieben
Ihr in die Gräberwelt jetzt nach;

Schmiegt an die marmorkalten Wangen
Sich wie Pygmalion einst an
Und meint, ihr glühendes Verlangen
Belebe sie, in ihrem Wahn.

Sie aber ruht, im Angesichte
Des Todes kalte Majestät,
Und antheillos macht sie zu nichte,
Was heiß und irdisch mich durchweht.

Ich weiß, wenn ich sie auch besessen,
Ein wilder Dämon wohnt in mir,
Ich hätte wieder sie vergessen,
Wie manche And're schon vor ihr.

Doch weil sie todt, folgt ihr gefangen
Noch in die Gruft mein flücht'ger Geist,
Und Schmerz und Zorn färbt mir die Wangen,
Daß mich's zu ihr hinunter reißt.

Weh mir! den keine Lebensrothe
Für lang zu fesseln noch verstand,
Jetzt hält mich wehrlos eine Todte
Mit ihrer kalten Grabeshand.


aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 83-84)
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Witwe der Freude

Was willst du, Weib, mit deinen bleichen Mienen,
An meine Fersen heftest du den Schritt?
Witwe der Freude, hat es dir geschienen,
Ich fühlte kundig deine Leiden mit?

Weil sich mein Auge forschend in das deine
Versenkt und schwer und lange auf dir ruht?
Weil mir das Antlitz glänzt von Wehmuthscheine,
Ahnst du in mir verwandte Nacht und Gluth?

Ich aß wie du von jener Frucht, die Sage
Läßt sie erglüh'n in purpurgold'nem Duft,
Doch dem Genießenden zur ew'gen Klage
Birgt Asche sie und Vorgeschmack der Gruft.

Du kennst den Reiz der unglücksel'gen Wonne,
Die süßes Rasen in die Seele flößt,
Und weißt, daß mit dem Wechsel einer Sonne
Ein Seelenbund, der ewig schien, sich löst.

Geh' hin - ich spreche nach dir einen Segen,
Das Beste, was Natur dem Weibe giebt:
Sie möge an das Herz ein Kind dir legen,
Du hast umsonst auf Erden sonst geliebt.

Knie' an der Wiege eines Kindes nieder,
Ein glückliches Erinnern kommt dir dann
An längst vergess'ne Seligkeiten wieder:
Wie Menschenantlitz weint und lächeln kann!


aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 85)
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Bündniß

Ich warnte dich, und willst du doch es wagen?
Ich warnte, Mädchen, dich, du willst? Es sei!
Und wenn es ausgeglüht, mußt' du nicht klagen,
Man liebt, weil er vergänglich ist, den Mai.

Ein schlanker Zweig, sein Antlitz eine Rose,
Neigst du zu mir, der flücht'gen Welle, dich,
Am Busen trägt dich sanft die ruhelose,
Du träumst von ewig einen Traum, sie wich.

Und wenn sie dir gleich wurzelte und bliebe,
Dich faßte dann der Welle schwanker Brauch;
Weil sie beweglich war, gabst du ihr Liebe -
Zürnst du dem flieh'nden Traum, dem Klang, dem Hauch?

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 86)
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Verblüht

Als die Knospen sprangen,
Schwur ich Liebe dir,
Deine Lippen sangen
Gegenliebe mir.

Als der Rose Blüthen
Welk gefallen sind,
In uns auch verglühten
Die Gefühle, Kind,

Aus zwei Herzenssonnen
Fröhlich aufgeloht,
Mit dem Lenz begonnen,
Mit dem Lenze todt!


aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 87)
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Erinnerung

Im Schutt versunk'ner Tage
Wühlt die Erinnerung
Sieht wieder Lust und Klage
Der Zeit, da ich noch jung.

Ich kenne sie kaum wieder,
Die Bilder alter Zeit,
Ich schaue auf sie nieder,
Doch ohne Lust und Leid.

Ihr Bild nur seh' ich schimmern,
Das hebt sich klar und mild,
So wie aus Tempeltrümmern
Ein weißes Götterbild.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 88)
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An Eine

Du blickst so traurig, holdes Kind,
Aus schwarzen Augensternen;
Aus ihnen kann ich lernen,
Wie dunkel deines Geist's Gedanken sind.

Was deine Brust schon lang verließ,
Es blickt so bang aus ihnen,
Aus deinen ernsten Mienen
Der Unschuld längst verlor'nes Paradies.

Du scheinest, blickst du himmelwärts,
Es bang zurückzufodern,
Mit dir in Glut zu lodern
Fehlt mir der Muth, du lenzverlass'nes Herz.


aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 89)
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Rede nicht

Rede nicht,
Wenn ich mich in Träumen wiege,
Worte sind zu kalt, zu schlicht -
Künden, wenn ich dich umschmiege,
Worte, was die Seele spricht?

Rede nicht.
An die Nacht von meinen Haaren
Lehne deiner Wangen Licht,
Mir den Glauben zu bewahren:
Dunkle Nacht begrenzet Licht.

Rede nicht.
Lege deines Mundes Rose
Weich mir auf das Angesicht,
Daß ein Traum von Lenzgekose
Schmeichelnd zu der Seele spricht.

Rede nicht.
Schaue mit dem Aug', dem blauen,
In mein dunkles Augenlicht,
Und in mir erwacht Vertrauen:
Märchen sei der Himmel nicht.

Rede nicht.
Schlinge nur die Zauberkreise
Deiner Arme um mich dicht,
Daß Unendlichkeit mir leise
Klingend in die Seele bricht.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 90)
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Der steinerne Gast

An deine Brust gesunken
In süßer Seligkeit,
Von deinem Kusse trunken,
Anweht mich tiefes Leid.

         Wo bist du, des Genusses
Gedankenlose Zeit?
Jetzt mahnt im Rausch des Kusses
Mich Todesbangigkeit.

Bei süßem Wonnetranke
In deiner Arme Rast,
Winkt starr mir der Gedanke,
Ein steinern kalter Gast.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 91)
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Verschwenderin

Du bist an Geist und süßen Reizen hold,
In ihren Perlen wühle ich zu Zeiten
Und zürne nicht, daß an dem Fadengold
Der Treue nimmer sie die Götter reihten.

Du schönes Kind, so gut und doch so arm,
Mit deinem Zauber, deinen süßen Reizen,
Treu der Natur, die dich erschuf so warm,
Hast du verschmäht, mit ihnen klug zu geizen.

So taumle fort in deiner Seligkeit,
Beglücke nur, indeß ich dankbar bete:
Daß mitleidvoll noch in der Jugendzeit
Der Tod in einem Kusse zu dir trete.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 92)
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Beichte

Du Gott! mein Herr! dir sei es angekündigt,
Dein dunkler Priester sagt: "Ich hab' gesündigt".

Ich flüchte, Herr! zu deinen lichten Gnaden,
Du wirst die bange Seele mir entladen.

Die Blume knospt in tief geheimer Fülle,
Der Frühling weht, sie sprengt die enge Hülle.

Stumm lebt im Winterfrost die Philomele,
Wenn Frühling kommt, singt plötzlich ihre Seele.

Die Quelle harrt des Aufersteh'ns mit Beben,
Der Frühling thaut das Eis, sie grüßt das Leben.

Der Schmetterling, so traurig eingesponnen,
Geweckt von ihnen, grüßt die Frühlingswonnen.

So hat mein Herz es selig überkommen,
Als es den Ruf der Liebe hat vernommen.

Du hast's gewollt, o Herr! du wirst's vergeben,
Die Seele blüht und singt und küßt das Leben.

Von deinen Priestern auch, die Besten sind's auf Erden,
Von Lenz und Lieb' wird ihr Entsühnung werden!

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 93)
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An eine Kokette

Du willst ein Lied? Du thöricht Kind!
Hast du im Leben schon gesehen,
Daß Funken ohne Brand entstehen,
Daß Lieder kalt entsprungen sind?

Nie hat dein Aug' mich angeschaut
Mit jenem heißen, tiefen Blicke,
Der wandeln könnte die Geschicke
Von zweien Seelen liebvertraut.

Hast du gezittert, wenn ich kam,
Und färbte höher sich die Wange,
Sprachst du in übersel'gem Drange,
Ergriff beim Scheiden dich ein Gram?

Du willst ein Lied? Wozu der Trug,
Was kann ein Lied dir auch bedeuten?
Zu dem Genuß der Seligkeiten,
Die es besingt, bist du zu klug.

Du willst von Liebe nicht ein Lied,
Du willst ein Lied vom Leben hören,
Den losgeriss'nen Klang von Chören,
Der Räthsel spinnend, lösend zieht.

Was menschlich echt, begreifst du nie;
Den Inhalt lebensvoller Stunden,
Du hast ihn kalt nur vorempfunden
Mit deiner Mädchenphantasie.

Lass' erst beleben sich dein Herz,
Lass' Sturm und Wonnen es durchwühlen:
Dann sing' ich dir, dann wirst du's fühlen,
Ein Lied von Glück, ein Lied von Schmerz!

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 94-95)
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Entsage

Noch immer, wenn ich lag in Rosenfesseln,
Das Glück der Freiheit konnt' ich nicht vergessen,
Mich lockte nichts, was einmal ich besessen,
Bald lag ich auf des Ueberdrusses Nesseln.

Was ich phantastisch wonnevoll umschlungen,
Im Rausch der Wonne sah ich ein Gerippe;
Oft brannte noch der Kuß auf meiner Lippe,
Und war schon des Gefühles Glück verklungen.

Zum erstenmale mitten im Genusse
Reißt das Geschick den Becher mir vom Munde,
Bevor ich ihn geleert hab' bis zum Grunde,
Da ich noch durstig war nach neuem Kusse.

Das erstemal im Leben ruft's: Entsage!
Unsterblich lebst du nun in meinem Herzen,
Das nur besitzt, was es entbehrt mit Schmerzen,
Und du lebst fort in meiner Sehnsucht Klage.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 96)
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Späte Botschaft

Meine Seele lauscht
Deiner Lippen Engelpaare;
Eine süße, wunderbare,
Gold'ne Botschaft rauscht.

Lächeln wehmuthsvoll
Muß ich zu den süßen Worten,
Daß noch an des Alters Pforten
Jugendlust mir werden soll.


aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 97)
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Lebensscheide

Ich zog in seelentiefem Leid,
Vorbei an Abgrundwänden,
Schon griff nach mir die Dunkelheit
Mit ihren Schattenhänden.

Da kam mit wunderbarem Blick
Ein Weib mir schön entgegen,
So ernst, so groß, wie ein Geschick
Und küßte mich zum Segen.

Und küßte mich und sah mich an
Und hielt die Arme offen,
So habe ich zurück die Bahn
Zur sonn'gen Welt getroffen!

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 98)
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Phosphorescenz

Zur Barke still hinausgelehnt,
Schau' ich hinab in's Meer,
Das finster durch die Nacht sich dehnt,
So stumm, so groß, so leer.

Da in der weiten Einsamkeit,
Gesellt die Sehnsucht mild
Mir, über Meer und Länder weit,
Dein treues, liebes Bild.

Und deinen Namen in die Fluth
Schreibt träumend ein mein Stab,
Da fühlt das kalte Meer die Gluth,
So daß es Flammen gab.

Und deinen Namen feurig trägt
Das kalte Element,
Ich seh' erstaunt, wie es, bewegt
Von meiner Liebe, brennt.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 99)
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Schnee

In des Nordens rauhen Fernen
Wohnt der Heimat stilles Glück,
Ach, wie sehnt nach ihren Sternen
Sich mein Auge trüb zurück.

"Ist dir nicht dein Wunsch geworden?
Holder Süden ist ja hier -
Wieder zu dem kalten Norden
Zittert der Magnet in dir?

Auf des Wunsches schwanker Wage
Schwebst du auf und nieder so,
Endet je der Sehnsucht Klage,
Wirst du niemals, niemals froh?"

Grün war Alles, licht und duftig,
Froh die Seele, leicht von Weh,
Ueber Nacht, wie Schleier luftig,
Fiel auf Alles zarter Schnee.

Und zur Seele tief und kräftig
Spricht mir das gewohnte Bild,
Und die Sehnsucht kommt geschäftig,
Malt mir heimisches Gefild.

Dort auf Grüße zärtlich sinnend,
Sitzt mein Mädchen, weiß nicht Rath,
Tausend Dinge schnell beginnend,
Wenn der Sehnsucht Thräne naht.

Und die Zeit, die fern der Süßen
Ungenossen so entflieht,
Muß ich trauervoll begrüßen
Mit der Wehmuth stillem Lied.


aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 100)
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Am Traunsee
An Paula

Nieder ging die Sonne, es glüh'n im Purpur die Alpen,
Und im Abendwind wiegt sich der rauschende See.
Auf bewaldetem Pfad zieht einsam der träumende Sänger,
Mischt in der Wellen Gesang rhythmische Strophen des Lied's.
Ob sie der Adler vernimmt, der dunkel im Aether dahinschwebt?
Hört sie der brausende See? oder verweht sie der Wind?
Aufhorcht vielleicht nachsingend die Alpensee in den Bergen,
Die, wiederholend das Lied, leise verhallen es läßt -
Schatten fließen empor, die purpurgoldenen Flammen
Löscht der Abendwind aus, mächtiger athmet der See.
Finster steht der Wald, und aus zeriss'nem Gewölke
Schauen leuchtend, doch kalt, flackernd die Sterne herab.
Einsam fühlt sich der Sänger in der erhabenen Bergwelt,
Welche antheillos Schauer der Seele ihm weckt!
Und zur Heimat lenkt er den Schritt, wo am traulischen Herde
Widerhallend ein Herz, liebend, geliebt, ihn begrüßt.

aus: Gesammelte poetische Werke
von Ludwig August Frankl
Erster Band
Wien Pest Leipzig A. Hartleben's Verlag 1880 (S. 102-103)
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Unendlich und begränzt

In die Nacht hinauf,
In die unendliche Nacht
Voll Sterne,
Send' ich die Blicke auf,
Gezogen von Sehnsuchtsmacht
Zur Ferne;
Gedankenstrahlen fließen
In's All sich zu ergießen;
Doch bald flüchtet der Geist
In eines Gedankens Raum,
Denn in dem Kreis, der unendlich kreist,
Wohnt Ruhe der Sehnsucht kaum!

Schau' ich ins Meer hinaus,
In das krystallne, wogende Haus,
Faßt mich die Sehnsucht an,
Mit den Wellen
Hinaus zu schwellen,
Die unendlich wogende Bahn.
Und wieder zur Brust zurück
Flüchtet der Blick,
Denn in dem unendlich wallenden Raum
Wohnt Ruhe der Sehnsucht kaum!

Begränzt nur findet
Der Menschenbusen Wonne,
So wie der Strahlenregen der Sonne,
Der in die Weite sprüht,
Im engsten Kreis verbündet
Erst, glüht
Und zündet.

Wenn liebende Arme uns umstricken
Wenn Blick in Blick
Und Lipp' an Lippe heiß,
In seligem Entzücken,
So ist im engsten Kreis
Unendliches Glück.
Drin ruht ein Himmel für dich bereit,
Drin wogt das Meer der Seligkeit!

aus: Gedichte von Ludwig August Frankl
Leipzig F. A. Brockhaus 1840 (S. 27-28)
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Überall und nirgend

Es war so mild, ein süßes Wehen
Floß durch den frischen Gartenwald;
Da hab' ich, Liebe! dich gesehen,
In immer wechselnder Gestalt.

Jetzt kamst du lächelnd mit dem süßen
Und geistig klaren Angesicht,
Dein schönes Auge schien zu grüßen,
Mit seinem seelenvollen Licht.

Und gleich, als spieltest du Verstecken
Sah ich, wo dichter sichs umlaubt,
Hervorspähn aus den Rosenhecken
Dein lieblich braunes Lockenhaupt.

Dann unter einer Thränenweide
Saßt träumend du, am frischen Bach;
Als sännest du vergangnem Leide
Und einer stillen Wonne nach!

Bald zogst du auf des Baches Wellen
Mit mir hinab im leichten Kahn -
So traf ich dich an hundert Stellen,
Dich überall und nirgend an.

Ach, ich vergaß, daß du beständig
In meiner Seele Tiefen bist,
Und daß dein Bildniß nur lebendig
Von Bach und Flur gespiegelt ist!

aus: Gedichte von Ludwig August Frankl
Leipzig F. A. Brockhaus 1840 (S. 29-30)
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Der Kuss aufs Auge

Wenn oft bei abendspäter Gluth
In stillen Dämmerungen
Mein Haupt an deinem Busen ruht,
Von deinem Arm umschlungen;

Dann weht vom Munde mancher Traum,
Manch Wort von tiefem Leben;
Wie goldner Seifenblasen Schaum
Vom Kindermund mit Beben.

Dein blaues Auge schaut mich an,
So himmeltief und trunken,
Als ob vom blauen Himmelsplan
Zwei Stern' hinein gesunken.

Wie Magier im Sonnenland,
Die Lippen fest zusammen
In Andacht sich auf Bergesrand
Genaht den Gottesflammen:

Naht dann mein Mund geschlossen auch
Sich deines Auges Helle,
Daß nicht berühre ird'scher Hauch
Die blaue Flammenquelle!


aus: Gedichte von Ludwig August Frankl
Leipzig F. A. Brockhaus 1840 (S. 31-32)
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Südenfahrt

Schöne Südenfahrt gewärtig,
Fest geankert noch im Port,
Liegt die Seele segelfertig,
Wünsche flattern fort, nur fort!

Rauschen durch die blauen Räume
Schon dem Meere zugewandt,
Und erzählen schöne Träume
Sich vom fernen Südenland.

Liebes Mädchen, Thränen feuchten
Deiner schönen Augen Licht?
Fern auch sollen sie mir leuchten,
Trübe ihren Himmel nicht!

Mir voraus zum Süden nieder
Zog die Südenfahrerin,
Mit der Schwalbe komm' ich wieder,
Lenz im Herzen, Lenz im Sinn.

Und das Meer ist doch nicht Lethe,
Fürchte kein Vergessen, Kind;
Aber wenn ich schiffe, bete,
Daß mir hold die Wogen sind.

Bin ich drüben überm Meere,
In der Kunst gelobtem Land,
Malt dein Bild in blaue Leere
Der Erinnrung liebe Hand.

Und ich glaube dann, daß über
Meeren - jenseits Liebe sei -
Und die Seele fliegt hinüber,
Legt bei dir die Anker bei.


aus: Gedichte von Ludwig August Frankl
Leipzig F. A. Brockhaus 1840 (S. 38-39)
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Dreizehn Lieder

1.
Zu Venedig im Pallaste,
Wo die Dogenbilder hängen,
Zeigt man auch ein Bild dem Gaste,
Von Gestalten welch' ein Drängen:

Myriaden sel'ger Geister,
Die der Himmel hell umstrahlet,
Hat Venedigs frommer Meister
Auf des Saales Wand gemalet.

Unter ihnen glänzt vor Allen
Schön das Bildniß eines Weibes,
Helle Glorien umwallen
Weiße Wellen ihres Leibes.

Und versunken in die Milde,
Mit des Lichts, der Schönheit Krone -
Mahnt zu einem andern Bilde
Eilgewohnt der Cicerone:

Gräßliche Gestalten wimmeln,
Thier und Menschenleib zusammen,
Die Gestürzten aus den Himmeln
Brennen hier in Höllenflammen.

Und auch hier das wunderbare,
Schöne Weib an diesem Platze?
Teufel zerren es am Haare,
Mit der wilden Krallentatze!

Und der Welsche lächelt pfiffig:
"Ja, Signor! ihr müßt nicht staunen,
Weiber sind gar fein und kniffig,
Haben wie die Wellen Launen.

Ewig liebte sie den Meister,
Als er schuf die Himmelsscenen -
Als er schuf die Höllengeister,
Zog zu Andrem schon ihr Sehnen.

Nun, Signor! ihr wißt, wie schrecklich
Eifersucht und Liebe stechen,
Und fürwahr so wußt' erklecklich
Tintoretto sich zu rächen!"

Lächeln mußt' ich zu dem Scherze,
Und ich ahnte nicht zur Stunde,
Daß ich bald von gleichem Schmerze,
Bluten würd' aus gleicher Wunde.

Die ihr leset meiner Lieder,
Daß ihr Staunen nicht empfindet,
Wenn ihr die als Teufel wieder,
Die ich pries zum Himmel, findet.
(S. 77-79)


2.
Kranke giebt es, die von Rosen
Noch voll Lebenshoffnung träumen,
Wenn sie am erbarmungslosen
Abgrund schon des Todes säumen.

Kranke Schiffer sehn im Sterben
Oft auf weitem Oceane
Sich die Wellen grünlich färben -
Frische, helle Wiesenplane.

Von den Rosen deiner Wange
Träumt ich fern in Sehnsuchtsschmerzen,
Als ich schon dem Untergange
Nahe war in deinem Herzen!

Helles Grün der Hoffnung grüßte
Mich gar freundlich, als ich eben,
Schiffend auf der Meereswüste,
Dich verlor, mein süßes Leben.
(S. 80)


3.
Des Lebens Schmerzen viele kamen
Schon gastlich zu dem Busen hier,
Als fromme Gastgeschenke nahmen
Des Herzens Frieden sie von mir.

Bei einem Armen eingekehret
Bist gastlich du, o neuer Schmerz;
Weil aller Gaben er entbehret,
Nimmst du den Gastfreund selbst: das Herz.
(S. 81)


4.
Das Herz ist krank, der Geist verstört,
Das Leben wie durchschnitten,
Noch nie gefühlt, noch nie erhört,
In einer Nacht erlitten.

Dir ist sie todt, die einst so heiß,
So selig dich umschlungen -
Was scheinst du, Mond, so leichenweiß
In meine Dämmerungen?

Zum Spiegel fällt mein Blick hinein -
Wie kann es so geschehen,
Im Antlitz ist von dieser Pein
Noch keine Spur zu sehen?

Die Freude fliegt aus unsrer Brust
Empor zum Angesichte,
Verkündend tiefe Sonnenlust
Mit morgenrothem Lichte.

Wie schleicht das todeswehe Leid
Auf seinem bittern Gange,
Und ist es, Schmerz! denn gar so weit
Vom Herzen bis zur Wange?
(S. 82-83)


5.
So hab' ich auch den Schmerz erfahren,
Wenn Lieb' uns stirbt und untergeht,
Die angewohnt seit manchen Jahren
Als Lebensodem uns umweht;

Erfahren, was die Seele leidet,
Wenn plötzlich die geliebte Hand
Durch tausend, tausend Fäden schneidet,
Durch die sich Herz und Herz verband;

Erfahren, so allein zu stehen
In weiter, dumpfer Welt allein -
Und wie den Herzen ist geschehen,
Die ich schon traf mit gleicher Pein.
(S. 84)


6.
Ich kann, ich kann es noch nicht fassen,
Es blitzt ein scharfer Dolch mir zu:
Du hast vermocht mich zu verlassen,
Du hast's vermocht? Du Mädchen? Du?

Vom Netze der Erinnerungen
Ringt also leicht sich los dein Geist?
Mich hält es todesfest umschlungen,
Was deine Hand so leicht zerreißt.

Mich hält es fest und Wort und Küsse
Und süßen Taumels Raserei,
Im Lauf zurückgewandte Flüsse
Zieh'n wieder jetzt an mir vorbei.

Und sel'ge Blicke, Liebeszeichen,
Besitz und Furcht doch vor Verlust,
Sie ziehn an mir vorbei als Zeichen,
Ach wie so theuer einst der Brust.

Am Strande sitz' ich nun und suche
Heranzuzieh'n das letzte Glück -
Und geb' es fromm dem Leichentuche,
Dem Nichts, der ew'gen Nacht zurück.

Und schreibe hier mit schwarzen Lettern
Auf weiße Blätter Sprüche ein,
Und jedes dann von diesen Blättern
Winkt dir ein banger Leichenstein.

O flieh' vor diesem Friedhofgrunde -
Vergaßest du des Dichters Macht?
Weh dir, wenn um die Geisterstunde
Dein Kuß, dein Blick, dein Schwur erwacht!
(S. 85-86)


7.
Wie wogst du, Herz, mit wilder Gewalt,
Was soll dein Pochen und Schlagen?
Ich sehe der Liebe Leiche kalt
Von des Blutes Wellen getragen.

Des Schmerzes kalter Sturmesbraus
Empört sie mit wildem Streiche;
Mach's wie das Meer: an den Strand hinaus,
Zum Strande mit der Leiche!
(S. 87)


8.
Ich war die Wolke, du der Strahl,
Ich glänzte hell in deinem Schimmer,
Seit er sich treulos von ihr stahl,
Zeigt sie des Friedens Bogen nimmer.
(S. 88)


9.
(In der Christnacht)
Wie weit hinaus die Landschaft flimmert,
In Schnee gehüllt ist alles Feld,
Aus finstrem Blau der Vollmond schimmert
Herunter auf die stumme Welt.

Nur in den Lüften braust zuweilen
Der heimathlose Sturm allein,
Der Sturm und ich, wir beide theilen
Und kennen wohl dieselbe Pein:

Wir sind allein im weiten Raume,
Bewegt von wilder Schmerzensmacht,
Kein Lichtlein glänzt an grünem Baume
Entgegen uns in dieser Nacht.

Und ist der Heiland nicht geboren,
Der Schmerzerlösend, liebend kam -
Wie wären wir so liebverloren?
Wie käme jetzt zu mir der Gram?

Sie
"Du bist nicht einsam, meine Träume
Und meine Seele war bei dir,
Dir folgt sie zitternd durch die Räume,
Du aber grollend sieh'st vor mir."

"Wenn Flämmchen die Gefühle wären,
Zu freud'gem Schrecken sähest du:
Sich deinen Lebensbaum verklären,
Viel tausend Lichtlein glüh'n im Nu!"


Ich
Auf Sturm! sei lustig - uns auch zünden
Sich plötzlich helle Flämmchen an -
Der Irrwisch aus den moor'gen Gründen
Schlingt dort sich einen Baum hinan.
(S. 89-90)


10.
Das Leben schlug mir Wunden zwanzigfach -
Wie Cäsar sank in edler Ruh
Den Mantel faltend, fragt mein leises Ach,
Bei deinem, deinem Streich: "Auch du?"
(S. 91)


11.
"Ich wollt', es wäre Schlafenszeit
Und Alles schon vorüber."
Schiller's Wallenstein

O Schlaf, trauvoller Tod!
Ich möchte mich an deinen Busen schmiegen,
In deinem Zauberboot
Aus diesem Ocean des Kummers fliegen!

Du kamst, da ich beglückt,
Ein stiller Schmeichler zu der Lagerstelle,
Und hast mir halb entrückt
Das süße Glück, des Geistes muntre Helle.

Weil glücklos, freudenarm,
Fliehst du nach Schmeichlerart jetzt meine Nähe,
Nun foltert mich der Harm
Ununterbrochen, ungetheilt das Wehe.

O Tod, traumloser Schlaf!
So komme du und falte mir die Hände -
Was mich so bitter traf,
Tiefinnerst macht's mich sehnen nach dem Ende!
(S. 92-93)


12.
Wie stolz der Strom an seinem Strande
Hinzieht den hellen Pfad,
Ihn kümmert nicht, daß fern vom Lande
Der Frost ihm schleichend naht.

Sein Busen hebt sich kühn in Wellen,
Lebendig wogt er fort,
An seiner Fülle muß zerschellen
Der eis'ge Schleicher dort.

In stolzer Sicherheit verloren,
Verrathes unbedacht,
Hat fest das Herz es zugefroren
Dem Strome über Nacht.
(S. 94)


13.
Es muß das scharf geschliffne Erz
Zerreißen erst der Erde Herz,

Daß es den künft'gen Lenz empfange
Und dann mit Saat und Blumen prange.

Und Niemand fragt beim Blüthenwehen,
Wie mit dem Pflug ihm arg geschehen.

O welche Lenz- und Blumenlust
Drängt duftend aus des Dichters Brust;

Wie mocht' es sie gar scharf zerspalten,
Um solche Ernte zu entfalten.

Wohl wühlten Kummer und Beschwerde
Durch seines Herzens rothe Erde;

Wo sich des Grames Pflug bewegt,
Die Nachtigall aus Blumen schlägt.


aus: Gedichte von Ludwig August Frankl
Leipzig F. A. Brockhaus 1840 (S. 95)
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Der Wüstenwanderer

Das Kameel zieht langsam durch die Wüste
Und ernährt sich kühlend von den Fluthen,
Die es trank und wieder trinkt in Gluthen,
Bis ihm winket der Oase Küste.

Und so trank auch ich ein kühner Zecher
Sel'ger Liebe träumerische Welle
Süß aus ihrer Augen klarer Quelle,
Aus der Lippen zart geformtem Becher.

Reißen mußt' ich trotz des Widerstrebens
Mich von ihr, von meines Daseins Prunke -
Und so zieh' ich geizend mit dem Trunke,
Langsam durch die Wüste jetzt des Lebens.

aus: Gedichte von Ludwig August Frankl
Leipzig F. A. Brockhaus 1840 (S. 97)
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Letzte Liebe

Sei nicht wie jener Prinz, dem Gold gegeben ward,
Als man ihn frug: Wo ist's? "Ich hab' es mir gespart."
Da sprach sein Lehrer streng: "Das ziemt nicht Fürsten eben,
Viel besser ließe dir, es wäre ausgegeben!"

Es goß der Herr ins Herz der Liebe Reichthum aus,
Zum Fürsten schuf er dich - und kommst du einst nach Haus,
Da wird er fragen wohl: "Was that'st du mit der Gabe?"
Nicht schmälen wird er dich, kommst du am Bettlerstabe.


aus: Gedichte von Ludwig August Frankl
Leipzig F. A. Brockhaus 1840 (S. 152)
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Portrait

Lächelnd kam sie hergegangen,
Stille Wehmuth in dem Blick,
Bleichen Vorwurf auf den Wangen
Von geheim erfülltem Glück.
Nur die Lippen sanft gezogen
Brannten wie in Rosenblut -
Haben sie's der Wang' entsogen?
Ist es von der Küsse Glut?

aus: Gedichte von Ludwig August Frankl
Leipzig F. A. Brockhaus 1840 (S. 156)
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Planet

Ich hing an dir mit Wonne,
Du hast es nicht verschmäht,
War dir, du liebe Sonne,
Gehorsamer Planet.

Wie fixe Sterne sollen,
Ein Fixstern bliebst du fest,
Der anzieht, kalt doch rollen
Um sich Planeten läßt.

Und war dir's werth der Mühe,
Mich zu beleuchten just,
Sieh, Sonne, sieh, ich glühe
Und sink' an deine Brust.

aus: Gedichte von Ludwig August Frankl
Leipzig F. A. Brockhaus 1840 (S. 157)
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Dämon

Es hält mich fest, ich kann ihr nicht entrinnen,
Wie auch die Seele mich im Busen warnt;
Sie hält mein Fühlen fest, mein Thun, mein Sinnen,
Mit ihrer Reize süßem Netz umgarnt!

Die liebliche Gestalt und die Bewegung,
Das Antlitz mit dem blassen Rosenlicht,
Vor Allem doch des Geistes klare Regung,
Der aus den rasch bewegten Zügen spricht.

Doch was das Höchste immer mir erschienen,
Die Gottheit, die das Weib durchseelen muß:
Die Güte redet nicht aus ihren Mienen,
Die drückte ihr nicht auf den milden Kuß.

Der Güte fall' ich ab voll kecken Muthes,
Die stets soll in des Weibes Busen sein -
Der Hölle schwör' ich zu, ob ird'schen Gutes -
Du wilder schöner Dämon, ich bin dein!


aus: Gedichte von Ludwig August Frankl
Leipzig F. A. Brockhaus 1840 (S. 158)
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Sühne

Einst bist du fest an mir gehangen,
Nur fester, weil du es geahnt,
Daß seelentiefer dein Verlangen,
Daß unstät mich das Leben mahnt.

Mir reichte Phantasie den Becher
Und süßer, goldner Liebeswein
Schien für den sehnsuchtsvollen Zecher
In jedem Weib bereit zu sein.

Du sagtest oft, wenn wir zusammen:
"So liebt dich keine, keine mehr."
Ich lächelte zu deinen Flammen,
Verletzte deine Liebe schwer.

Zu jung, hab' ich dich nicht verstanden
Und wahrer Liebe Segensgruß,
Da rissest du aus deinen Banden
Dich fort mit einem kalten Kuß.

Nicht spielend, wie aus Blumenringen,
Nicht plötzlich - spät - nach Kampf und Qual,
Nicht wie du kamst mit lichten Schwingen
Und mit bethräntem Augenstrahl.

Ich sah es kalt - schon schlugen neue
Besonnte Wellen um mich her,
Jetzt überkommt mich spät die Reue -
Wie, sprach ich Reue? Nimmermehr!

Als deiner Liebe Fessel sanken,
Da fielen rächend leise sie
Mir um Gefühle und Gedanken,
Doch ich empfand die Fessel nie.

Ihr Zauber schien um mich zu walten,
Der unsichtbar zu Liebe trieb,
Bis ich, verwirrt von den Gestalten,
Nicht suchend mehr, verlassen blieb.

Jetzt taucht dein Bild empor magnetisch
Und Sehnsucht faßt mich an nach dir,
Jetzt haftet wie an einem Fetisch
An deinem Bild die Seele mir:

Und wie du nimmer mir erschienen
So seelenvoll, so geisteslicht,
"So liebte keine unter ihnen",
Die Stimme in der Seele spricht.

So heiß wie jetzt in Sehnsucht brannte
Zu dir die Seele nie zuvor,
Weil ich erst jetzt dich tief erkannte,
Weil ich erst jetzt dich schwer verlor.

aus: Gedichte von Ludwig August Frankl
Leipzig F. A. Brockhaus 1840 (S. 167-169)
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Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_August_Frankl_von_Hochwart

 

 

 


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