Georg Forsters Frische Teutsche Liedlein - Liebeslieder




Georg Forsters Frische Teutsche Liedlein

Inhaltsverzeichnis der Liebeslieder:
 


Anmerkung:
Bei jedem Lied steht in eckigen Klammern []  dasselbe Lied in der uns geläufigeren Schreibweise; zusätzlich sind bei einigen Worten Erklärungen angefügt worden.
 

 



Lied I. 42

1. Willig und trew
on alle rew
ich mich ergib
wil auch mein glüb
stet halten dir
gantz unverkehrt das glaub du mir.

2. Ich mich versich
du werdest dich
o junckfraw rein
auch halten fein
gen mir auffs best
in trew und glauben halten fest.

3. Ich dein beleib
und mich verschreib
biß in mein end
von dir nit wend
thu auch der gleich
zusammen uns Gott gnad verleich.

4. Mich sol kein lieb
die dich betrüb
mehr fechten an
denn allen wohn
wil meiden ich
seyt du allein erfrewest mich.

5. Halt gleich gemüt
wie mein geblüt
allein zu dir
stet mein begir
das mich genügt
ob schon unglück das anders fügt.
(S. 29-30)

[1. Willig und treu
ohn alle Reu,
ich mich ergib,
|ergib=ergebe
will auch mein Glüb
|Glüb=Versprechen, Gelübde
stet halten dir
|stet=stets, stetig
ganz unverkehrt, das glaub du mir!

2. Ich mich versich,
|ich mich versich=ich vertraue
du werdest dich,
o Jungfrau rein,
auch halten fein
gen mir aufs best,
in Treu und Glauben halten fest.

3. Ich dein beleib,
|beleib=bleibe
und mich verschreib,
|verschreib=verpflichte
bis in mein End
von dir nit wend.
Tu auch dergleich,
|dergleich=ebenso
zusammen uns Gott Gnad verleich!
|verleich=verleihe

4. Mich soll kein Lieb,
die dich betrüb,
|betrüb=betrüben würde
mehr fechten an;
denn allen Wohn
|Wohn=Wahn, falschen Glauben
will meiden ich,
seit du allein erfreuest mich.

5. Halt gleich Gemüt
|Gemüt=Sinn, Empfinden
wie mein Geblüt,
allein zu dir
steht mein Begier!
Das mich genügt,
|=damit bin ich zufrieden
obschon Unglück das anders fügt.
|obschon=wenn auch]
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Lied I. 43

1. Nach willen dein
mich dir allein
in trewen thu erzeygen
Für all auff erdt
bistu mir werd
und gib mich dir für eygen
Gantz in dein pflicht
der zuversicht
laßt dir mein dienst gefallen
dan glaub fürwar
in frawen schar
liebstu mir ob jn allen.

2. Bey deiner gstalt
wünsch ich offt bald
zu sein in lieb und eren
Da her mein hertz
freud lust und schertz
recht lieb und trew zu meren
On al verzick
hilff rat und schick
bedarffst doch nichts besorgen
wo das glück kem
das ich dir gnem,
würd sein bey mir verborgen.

3. Leben bey dir
wer alzeyt mir
für alle freud auff erden
Ger offt der stund
darin dir kund
meins hertzen gheim möcht werden
Dann yetz und ee
nach a b c
liebt mir der buchstab zfragen
denn dein lieb sach
und darauff sprach
es wird bald viere schlagen.
(S. 30)

[1. Nach Willen dein
mich dir allein
in Treuen tu erzeigen.
Für all auf Erd
|für=über
bist du mir wert,
und gib mich dir für eigen,
|gib=gebe
ganz in dein Pflicht,
|Pflicht=Verpflichtung, Dienst
der Zuversicht,
laßt dir mein Dienst gefallen;
|=daß du dir meine Dienste gefallen läßt
dann glaub fürwahr,
|dann=denn
in Frauenschar
liebst du mir ob ihn'n allen.
|=bist du mir lieb über ihnen allen

2. Bei deiner Gstalt
wünsch ich oft, bald
zu sein in Lieb und Ehren;
da hätt mein Herz
Freud, Lust und Scherz,
|Scherz=Vergnügen
recht Lieb und Treu zu mehren.
Ohn all Verzieg
|Verzieg=Verzug
hilf, rat und schick,
bedarfst doch nichts besorgen!
|bedarfst=brauchst; besorgen=in Sorge sein
Wo das Glück käm,
|wo=wenn
daß ich dir gnehm,
|gnehm=genehm
würd sein bei mir verborgen.

3. Leben bei dir
wär allzeit mir
für alle Freud auf Erden.
|für=über
Gehr oft der Stund,
|gehr=begehre
darin dir kund
meins Herzens Gheim möcht werden;
|Gheim=Geheimnis
dann jetz und eh
|dann=denn
nach A B C
liebt mir, der Buchstab z'fragen;
|liebt mir=gefällt es mir
denn dein Lieb sach
|sach=sah ich
und darauf sprach:
Es wird bald viere schlagen.]
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Lied I. 45

1. Ach höchster hort du edles blut
gedenck der lieb und freuden
Die wir so lang in stiller hut
in wollust theten treyben
Und so es yetz nit mer mag sein
bringt grosse pein dem hertzen mein
so bit ich dich du eynigs mein
betracht mein grossen schmertzen.

2. Wiewohl ich doch keyn zweyffel han
du habst gar offt ermessen
So mag ich doch nit abelan
drumb thu mein nit vergessen
Und bring es wider auff den steg
laß dir darin nit grausen
als bald die katz kumbt ab dem weg
so wellen wir dapffer mausen.

3. Und hab darin getrewen fleiß,
las mich des alten gniessen
Dann ich sag dir ob allen preiß
wie wolß vil möcht verdriessen
Des selben ich mich nit nimm an,
du magsts mich wol ergetzen
und ob es schon nit kem auff ban
noch wölln wir den bern hetzen.
(S. 31)

[1. Ach höchster Hort, du edles Blut,
gedenk der Lieb und Freuden,
die wir so lang in stiller Hut
in Wollust täten treiben.
Und so es jetz nit mehr mag sein,
|und so=und da, weil; mag=kann
bringt große Pein dem Herzen mein.
So bitt ich dich, du einigs Mein,
|einigs=einziges
betracht mein großen Schmerzen!

2. Wiewohl ich doch kein'n Zweifel han,
|han=habe
du habst's gar oft ermessen,
so mag ich doch mit abelahn.
|mag=kann, abelahn=ablassen, aufhören
Drumb tu mein nit vergessen
und bring es wieder auf den Steg,
laß dir darin nit grausen!
Alsbald die Katz kummt ab dem Weg,
|=sobald die Katze vom Weg weg ist
so wölln wir dapfer mausen.
|dapfer=tapfer

3. Und hab darin getreuen Fleiß,
laß mich des Alten gnießen,
|gnießen=genießen
dann ich sag dir ob allen Preis,
|dann=denn; ob=über
wiewohl's viel möcht verdrießen!
Desselben ich mich nit nimm an,
|=darum kümmere ich mich nicht
du magst's mich wohl ergetzen;
|magst=kannst
und ob es schon nit käm auf Bahn,
noch wölln wir den Bärn hetzen.
|noch=dennoch; Bärn=Bären]
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Lied I. 46

1. Mit allem sin
bin
ich behafft
dz schafft
in mir der liebe bund.
Was ich für ker
schwer
es als ist
und brist
mir rat zu diser wund
Damit
ich bit
und schrey
verzeyh
hertzlieb dein gunst
all kunst
ist sunst
an mir verlorn mein lieblichs M.

2. Nim hin mein hertz
schertz
mit jm treib
verschreib
dich ewigklich zu mir
Wann ich als ticht
richt
gantz mein sinn
ich brinn
nach dir meins hertzen gir
Allzeyt
so leit
mirs an
und kan
sunst nichts dencken
lencken
sencken
muß mich zu dir mein freundtlichs M.

3. Kem nur die zeyt
weit
verr hin dan
verlan
das mich macht freuden an
Immer ich har
spar
all mein lust
biß brust
zu brust gedruckt werdt schon
Des gleich
mein ich
dein trew
sey new
alzeyt gen mir
verlir
verstir
mich nicht mein hertzigs M.
(S. 31-32)

[1. Mit allem Sinn
bin
ich behaft't,
das schafft
in mir der Liebe Bund;
was ich für kehr
|für kehr=unternehme
schwer
es alls ist
und brist
|brist=fehlt, gebricht
mir Rat zu dieser Wund.
Damit
ich bitt
und schrei:
Verzeih,
|Verzeih=ziehe hinaus, schiebe auf, verzögere
Herzlieb, dein Gunst
all Kunst
ist sunst
an mir verlorn, mein lieblichs M.

2. Nimm hin mein Herz,
Scherz
mit ihm treib,
verschreib
dich ewiglich zu mir!
Wann ich alls ticht,
|wann=denn
richt
ganz mein'n Sinn,
ich brinn
|brinn=brenne
nach dir, meins Herzen Gier.
|Gier=Verlangen
Allzeit
so leit
|leit=liegt
mir's an
und kann
sunst nichts denken,
lenken,
senken
muß mich zu dir, mein freundlichs M.

3. Käm nur die Zeit,
weit
ferrhin dann
|ferrhin=fernhin, weitab
Verlahn,
|verlahn=verlassen
das mich macht Freuden ahn!
|Freuden ahn=ohne Freude
Immer ich harr,
spar
all mein Lust,
bis Brust
zu Brust gedruckt werd schon;
|schon=schön
desgleich
mein ich,
dein Treu
sei neu
allzeit gen mir.
Verlier,
|verlier=richte zu Grunde
verstier
|verstier=vernichte
mich nicht, mein herzigs M.!]
_____


Lied I. 47

1. Der mey wil sich mit gunsten
mit gunsten    beweysen
brieff ich an aller vögelein gesang
bringt uns den sommer manigfalt
ich hort frau nachtigal singen
sie singt recht wie ein seyten spil
der mey unß wil den liechten sommer bringen
ja bringen.

2. Yedoch so seint jhr leider
die kleider    zerrissen
noch frewt sie sich des lieben langen jar
mit jren schencklein geht sie bar
recht als sie waschen solte
der reyff und auch der kalte schne
der thut jhr wee
noch freud sie sich des sommers
ja sommers.

3. Die ein nent sich Margretha
Agneta    Sophia
Elisabeth fraw Amaleya traut
das meydlein mit fraw Gerentraut
das sind die junckfraw schöne
das seind die junckfraw seuberlich
die krentzen sich
des meyen al zu male
ja male.
(S. 32)

[1. Der Mai will sich mit Gunsten
mit Gunsten    beweisen,
brief ich an aller Vögelein Gesang,
|brief=werde ich gewahr
bringt uns den Sommer mannigfalt,
Ich hort Frau Nachtigall singen,
sie singt recht wie ein Saitenspiel:
Der Mai uns will den lichten Sommer bringen,
ja bringen.

2. Jedoch so seind ihr leider
die Kleider   zerrissen;
noch freut sie sich des lieben, langen Jahr.
|noch=dennoch
Mit ihren Schenklein geht sie bar,
recht als sie waschen sollte,
|als=als ob
der Reif und auch der kalte Schnee
der tut ihr weh;
noch freut sie sich des Sommers,
|noch=dennoch
ja Sommers.

3. Die ein nennt sich Margreta,
Agneta   Sofia,
Elisabeth, Frau Amaleia traut,
das Maidlein mit Frau Gerentraud.
Das sind die Jungfrau schöne,
das seind die Jungfrau säuberlich,
|säuberlich=hübsch, schmuck
die kränzen sich
des Maien allzumale,
ja male.]
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Lied I. 49

1. Ich hab heimlich
ergeben mich
eim schönen helden werde
In ehr und trew
on alle rew
seins gleichen lebt nicht auff erde
An wol gestalt
findt man kein bald
schön Absalon muß weichen
Sinreich klug weiß
Salmon ist er zu vergleichen.

2. Den helden kön
für all ich krön
von edlem stamm geboren
Zu jm stet hin
mein mut und sin
zu lieben jn erkoren
Er ist mein freud
mein augen weyd
mein bester schatz auff erden
ich bin im hold
hoff auch er soll mir werden.

3. Hoffnung mich nert
ich werd gewert
in disem fal beglücken
Einr kleinen zeyt
ich wol erpeit
Gott kans und wirds wol schicken
Auff den ich baw
hoff und vertraw
zu jm mein stetes flehen
gib jm die sach
er wird mich wol versehen.
(S. 33)

[1. Ich hab heimlich
ergeben mich
ei'm schönen Helden werde,
|werde=wert
in Ehr und Treu
ohn alle Reu
seinsgleichen lebt nicht auf Erde.
An Wohlgestalt
find't man kein'n bald,
schön Absalon muß weichen;
sinnreich, klug, weis,
Salmon ist er zu vergleichen.

2. Den Helden köhn
|köhn=kühn
für all ich krön,
|für=über
von edlem Stamm geboren;
zu ihm steht hin
mein Mut und Sinn,
zu lieben ihn erkoren,
Er ist mein Freud,
mein Augenweid,
mein bester Schatz auf Erden;
ich bin ihm hold,
hoff auch, er soll mir werden.

3. Hoffnung mich nährt,
|nährt=erhält
ich werd gewährt
in diesem Fall Beglücken;
einr kleinen Zeit
ich wohl erpeit.
|erpeit=warte
Gott kann's und wird's wohl schicken,
auf den ich bau,
hoff und vertrau
zu ihm mein stetes Flehen;
gib ihm die Sach,
|gib=gebe
er wird mich wohl versehen.]
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Lied I. 52

1. Mocht ich gunst han
bey dir das kan
ich nit verstan
derhalb bit ich
du wellest mich
das selb gentzlich
berichten gar
dann ich dich zwar
lieb hab fürwar
in trewen.

2. Darumb so ker
dich zu mir her
ich ger nicht mehr
dans hertze dein
o liebste mein
dein wil ich sein
für alles gut
hertz sind und mut
sich gen dir thut
vernewen.

3. Wend mein elend
groß schmertz mir wend
dein trost mir send
und gib mir bscheid
das ich auß leid
zu rechter weid
kumm ist mein bit
lieb teil mir mit
es wirt dich nit
gerewen.
(S. 34-35)

[1. Mocht ich Gunst han
|=Gunst gewinnen können
bei dir, das kann
ich nit verstahn.
|verstahn=erkennen
Derhalb bitt ich,
du wellest mich
das selb gänzlich
berichten gar;
|=mir darüber Bescheid geben wollest
dann ich dich zwar
|dann=denn; zwar=wahrlich
lieb hab fürwahr
in Treuen.

2. Darumb so kehr
dich zu mir her!
Ich gehr nicht mehr
|gehr=begehre
dann's Herze dein,
|dann=als
o Liebste mein.
Dein will ich sein
für alles Gut,
|für=über
Herz, Sinn und Mut
sich gen dir tut
|gen dir=gegen dich
verneuen.

3. Wend mein Elend,
groß Schmerz mir wend!
Dein'n Trost mir send
und gib mir Bscheid,
|Bscheid=Bescheid
daß ich aus Leid
zu rechter Weid
kumm, ist mein Bitt!
Lieb, teil mir mit,
es wird dich nit
gereuen!]
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Lied I. 54

1. Ach B. nit brich
durch klaffers stich
dein trew an mir
denck vor mein zir
wie du mich grecht
alzeit dein knecht
trewlich befinst
in deinem dienst
sol nun untrew
mir werden new
so wirdt erst groß mein leid von new.

2. Ach B. du bist
auff erd on list
mein trösterin
und nimmest hin
von mir dein huld
on alle schuld
so wirdt mein hertz
vor grossem schmertz
in leid gros vergan
doch trost ich han
du werdest mich nit also verlan.

3. Ach B. betracht
das ich dich acht
für alle welt
mir kein gefelt
dann du mein rein
und ist nit nein
stet lieb und trew
drumb denck nit schew
dich halt hernach
mich nit verschmach
das dir kein ander biet den schach.
(S. 35-36)

[1. Ach B., nit brich
durch Klaffers Stich
|Klaffer=Schwätzer; Stich=Sticheleien, Lügen
dein Treu an mir!
Denk vor, mein Zier,
|denk vor=bedenke, denke daran
wie du mich grecht,
allzeit dein'n Knecht
treulich befindst
in deinem Dienst!
Soll nun Untreu
mir werden neu,
|=soll ich nun Untreue kennen lernen
wird erst groß mein Leid, von neu.

2. Ach B. du bist
auf Erd, ohn List,
|ohn List=aufrichtig, in Wahrheit
mein Trösterin.
Und nimmest hin
|hin=hinweg
von mir dein Huld
ohn alle Schuld,
|=ohne jeden Grund
so wird mein Herz
vor großem Schmerz
in Leid vergahn;
|vergahn=vergehen
doch Trost ich han,
|han=habe
du werst mich nit also verlahn.
|verlahn=verlassen

3. Ach B., betracht
daß ich dich acht
für alle Welt!
|für=über
Mir kein gefällt
dann du, mein Rein,
|dann=als
und ist nit Nein
|=stete Liebe und Treue bedeuten auch etwas
stet Lieb und Treu.
Drumb halt hernach
mich nit verschmach,
|verschmach=verschmähe
daß dir kein ander biet den Schach!]
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Lied I. 55

1. Ach höchster hort
vernimm mein wort
all mein gedanck
vor leid sind kranck
nach dir mich thut verlangen
Ach frewlein zart
biß nit so hart
ker wider schir
wann du hast mir
mein hertz und gmüt gefangen
Das zweiffel nit
darumb ich bit
thu dich freundtlich erzeygen
hertzliches weib
zu aller zeyt
gib ich mich dir zu eygen.

2. Kein trost mer hab
wo ich nit lab
von dir entpfach
mein ungemach
wird mich biß in todt krencken.
Ich gee und stee
so ist mir wee
thu stets an dich
hertzlich senlich
on unterlaß gedencken.
Zu dir mein sin
stet alzeyt hin
kan an keim orte pleiben
thu hülffe schein
dem diener dein
du kron ob allen weiben!

3. Hylff mir auß not
der bitter todt
hat mich im zwang
pleib nicht zu lang
zu dir mein hend ich strecke.
Eil bald zu mir
du höchste zir
erbarm dich mein
ich bin der dein
zu mir dein hendlin recke
dein freundtlich gruß
und liebe kuß
wird mich wieder erquicken
verknüpfft bin ich
gantz hertzlich
auff löse mir die stricken.
(S. 36)

[1. Ach, höchster Hort,
vernimm mein Wort!
All mein Gedank
vor Leid sind krank,
nach dir mich tut verlangen.
Ach Fräulein zart,
bis nit so hart,
|bis=sei
kehr wieder schier,
|schier=schnell
wann du hast mir
|wann=denn
mein Herz und Gmüt gefangen.
|Gmüt=Gemüt
Das zweifel nit!
Darumb ich bitt:
Tu dich freundlich erzeigen
herzliches Weib,
zu aller Zeit
gib ich mich dir zu eigen!
|gib=gebe

2. Kein'n Trost mehr hab,
wo ich nit Lab
von dir entpfach,
|entpfach=empfange
mein Ungemach
wird mich bis in'n Tod kränken.
|kränken=krank machen
Ich geh und steh,
so ist mir weh,
tu stets an dich
herzlich, sehnlich
ohn Unterlaß gedenken.
Zu dir mein Sinn
steht allzeit hin,
kann an kei'm Orte pleiben.
Tu Hülfe Schein
dem Diener dein,
du Kron ob allen Weiben!

3. Hilf mir aus Not,
der bitter Tod
hat mich im Zwang,
pleib nicht zu lang,
zu dir mein Hände ich strecke!
Eil bald zu mir,
du höchste Zier,
erbarm dich mein,
ich bin der Dein,
zu mir dein Händlin recke!
Dein freundlich Gruß
und liebe Kuß
wird mich wieder erquicken.
Verknüpft bin ich
ganz herzlich,
auflöse mir die Stricken!]
_____


Lied I. 57

1. Sie ist der art
von tugent zart
trewlich bewart
die mich erfrewt in eren
Darumb ich jr
bin mit begir
das hertz in mir
thut sich gantz freundlich keren
Zu jr mit fleis
dann zucht und weiß
waiß sie und kan
seid ichs nun han
thu ich alß anders faren lan.

2. Will sie der maß
so thu und laß
ich alles das
jr liebe thut gefallen
Für sie nichts mer
ich bit noch ger
dann nur jr eer
des bhald ich mir vor allen
Han fürgesetzt
wenn sie ergetzt
mich aller pein
in solchem schein
hoff ich ich sol jr eygen sein.

3. Laß glück die zeyt
die mich erfrewt
nit stecken weyt
das ichs mag kurtzlich sehen
Das edel bild
gantz unverwilt
gütig und milt
vil lobs ist jr zu iehen
Zu jr mich tregt
und gantz bewegt
frölichen hin
mein hertz und sinn
mit dem ich kein zeyt von jr bin.
(S. 37)

[1. Sie ist der Art
|der Art=solcher Art
von Tugend zart,
treulich bewahrt,
die mich erfreut in Ehren.
Darumb ich ihr
bin mit Begier.
Das Herz in mir
tut sich ganz freundlich kehren
zu ihr mit Fleiß;
dann Zucht und Weis
|dann=denn; Zucht und Weis=Wohlerzogenheit und feine Lebensart
weiß sie und kann.
|=versteht sich darauf
Seit ich 's nun han,
|han=habe
tu ich alls anders fahren lahn.
|lahn=lassen

2. Will sie dermaß,
|dermaß=ebenso
so tu und laß
ich alles, das
ihr Liebe tut gefallen.
Für sie nichts mehr
ich bitt noch gehr
|gehr=begehre
denn nur ihr Ehr,
|denn=als
des bhalt ich mir vor allen.
|bhalt=behalt
Han fürgesetzt
|han=habe
wenn sie ergetzt
mich aller Pein
in solchem Schein,
hoff ich, ich soll ihr eigen sein.

3. Laß, Glück, die Zeit
die mich erfreut,
nit stecken weit,
daß ich 's mag kurzlich sehen!
|mag=kann; kurzlich=binnen kurzem
Das edel Bild,
ganz unverwild't,
|unverwild't=unverwandelt
gütig und mild,
viel Lobs ist ihr zu jehen.
|jehen=sagen
Zu ihr mich trägt
und ganz bewegt
fröhlichen hin
mein Herz und Sinn,
mit dem ich kein Zeit von ihr bin.]
_____


Lied I. 58

1. Nit lang an einem dantz ich sach
ein iunckfraw zart und seuberlich
Ir euglein braun und schwartz augbraw
für war bey meiner trew ich sprich
das ich sie krön
mit aller schön
für Venus ward der apfel schon
auff diser erdt
mein hertz begert
nit mer dann sein jr unterthon.

2. Nun hat sie doch ein mündlein zart
das brindt rot wie Carfunckelstein
Ir hälßlein weiß geziret fein
jr hendlein adelich und rein
Nach allem lust
ist sie auch sust
mit weiß und berdt
gantz wolgethon
felt nicht an jr
o glück gib mir
nit mer dann sein jr underthon.

3. Noch ist jr leib gantz wol gestalt
gezirt mit aller thugent schon
Drumb lob ich sie gar manigfalt
vil mer dann ich aussprechen kan
Sie ist die fein
der ich allein
zu dienen mich ergeben han
drumb ich beger
von hertzen seer
nit mer dann sein jr unterthon.
(S. 38)

[1. Nit lang an einem Danz ich sach
|=neulich bei einem Tanz ich sah
ein Jungfrau zart und säuberlich,
|säuberlich=hübsch, züchtig, anständig
ihr Äuglein braun und schwarz Augbrau.
Fürwahr bei meiner Treu ich sprich,
|ich sprich=ich spreche
daß ich sie krön
mit aller Schön,
|Schön=Schönheit
für Venus ward der Apfel schon.
Auf dieser Erd
mein Herz begehrt
nit mehr dann sein ihr Unterton.
|Unterton=Untertan

2. Nun hat sie doch ein Mündlein zart,
das brinnt rot wie Karfunkelstein,
|brinnt=brennt
ihr Hälslein weiß, gezieret fein,
ihr Händlein adelig und rein.
Nach allem Lust
|Lust=Wohlgefallen, Wunsch
ist sie auch sust
|sust=sonst
mit Weis und Bärd ganz wohlgeton,
|Weis und Bärd=Lebensart und Gebahren
fehlt nicht an ihr.
O Glück, gib mir
nit mehr dann sein ihr Unterton!

3. Noch ist ihr Leib ganz wohlgestalt't,
geziert mit aller Tugend schon;
|schon=schön
drumb lob ich sie gar mannigfalt,
viel mehr, dann ich ausprechen kann.
|dann=als
Sie ist die Fein,
der ich allein
zu dienen mich ergeben han;
|han=habe
drumb ich begehr
von Herzen sehr
nit mehr dann sein ihr Unterton.]
_____


Lied I. 59

1. Tag und nacht ich ficht
nach deim gesicht
zart aller liebstes meydelein
Dein gut weiß ber
villeicht ongfer
mir zlieb erschein am fensterlein
Dann ich mich yeb
nur dir zu lieb
mit singen und hofiren
vor deiner thür
glaub sicher mir
mein ich alles in ehrn.

2. Für ander all
mit freuden schall
hofier ich dir mein Truselein
Mein dienst nimm an
mein lieb ich han
mit dir geteilt mein Kuserlein
Dein freundtlich gsicht
mein hertz durch sicht
wann ich dich an thun plicken
dein euglein rein
gent lichten schein
mit den thust mich erquicken.

3. Gen mich allein
dein liebe rein
beweis mirs feines döckelein
Du gfelst mir wol
wann ich dich sol
sehen im grönen röckelein
In trew und eer
deinr lieb ich ger
schwör ich bey meinen trewen
wags frisch mit mir
als ich mit dir
es sol dich nicht gerewen.
(S. 38-39)

[1. Tag, Nacht ich ficht
|ficht=ringe ich, mühe ich mich ab
nach dei'm Gesicht,
zart aller liebstes Maidelein,
dein gut weiß Bär
vielleicht ohngfähr
|ohngfähr=zufällig
mir z'lieb erschein
|z'lieb=zu lieb
am Fensterlein;
dann ich mich ieb,
|ieb=übe
nur dir zu lieb
mit Singen und Hofieren
vor deiner Tür.
Glaub sicher mir,
mein ich alles in Ehren!

2. Für ander all
|für=über
mit Freudenschall
hofier ich dir, mein Truserlein.
|Truserlein Kosename
Mein'n Dienst nimm an!
|mein'n=meinen
Mein Lieb ich han
|han=habe
mit dir geteilt, mein Kuserlein.
|Kuserlein Kosename
Dein freundlich Gsicht
|Gsicht=Gesicht
mein Herz durchsicht,
|durchsicht= sieht durch
wann ich dich an tun plicken.
|plicken=blicken
Dein Äuglein rein
ge'nd lichten Schein,
|ge'nd=geben
mit den'n tust mich erquicken.

3. Gen mir allein
|gen=gegen
dein Liebe rein
beweis mir, feines Döckelein!
|Döckelein=Püppchen
Du gfällst mir wohl,
wann ich dich soll
|wann=wenn
sehen im grönen Röckelein.
|grönen=grünen
In Treu und Ehr
deinr Lieb ich gehr,
|deinr=deiner; gehr=begehre
schwör ich bei meinen Treuen.
Wag's frisch mit mir
als ich mit dir,
|als=wie
es soll dich nicht gereuen!]
_____


Lied I. 60

1. Mag ich hertzlieb erwerben dich
so sprich
es darff nit wort
so hat ein ort
verlangen
thu nit lang mit mir brangen!

2. Da ich dich erst am anfang sach
kein gemach
mein hertz mer het
biß ich mein beth
legt an
dz ich yetz wil haben than.

3. Len setz dein gmüt in meinen will
gantz still
sol pleiben das
thu klaffers haß
verachten
und mein lieb recht betrachten.
(S. 39)

[1. Mag ich, Herzlieb, erwerben dich,
|mag=kann
so sprich!
Es darf nit Wort,
|=es bedarf keiner Worte
so hat ein Ort
|Ort=Ende
Verlangen.
Tu nit lang mit mir brangen!
|=ziere dich nicht lange mit mir

2. Da ich dich erst am Anfang sach,
|sach=sah
kein Gemach
|Gemach=Ruhe
mein Herz mehr hätt,
bis ich mein Bett
|Bett=Bitte
legt an,
|=anbrächte
das ich jetzt will haben tan.
|tan=getan

3. Lehn, setz dein Gmüt in meinen Will,
|Gmüt=Gemüt
ganz still
soll pleiben das!
|pleiben=bleiben
Tu Klaffers Haß
|Klaffer=Schwätzer, Verräter
verachten
und mein Lieb recht betrachten!]
_____


Lied I. 61

1. Entlaubet ist der walde
gen disem winter kalt
Beraubet wird ich balde
mein lieb das macht mich alt
Dz ich die schön muß meiden
die mir gefallen thut
bringt mir manigfeltig leiden
macht mir ein schweren mut.

2. Was last du mir zu letze
mein braunß schwartz meydelein
Dz mich die weil ergetze
so ich von dir muß sein?
Hoffnung muß mich erneren
nach dir so werd ich kranck
thu bald herwider keren
die zeyt wirt mir zu lang.

3. Sey weiß laß dich nit affen
der klaffer seind so vil
Halt dich gen mir recht gschaffen
trewlich dich warnen wil
Hüt dich vor falschen zungen
darauff sey wol bedacht
sey dir schöns lieb gesungen
zu tausent guter nacht.
(S. 39)

[1. Entlaubet ist der Walde,
gen diesem Winter kalt,
beraubet wird ich balde,
|wird=werde
mein Lieb das macht mich alt.
Daß ich die Schön muß meiden,
die mir gefallen tut,
bringt mir mangfältig Leiden,
macht mir ein'n schweren Mut.

2. Was laßt du mir zuletze
|zuletze=zuletzt
mein brauns, schwarz Maidelein,
daß mich die Welt ergetze,
so ich von dir muß sein?
Hoffnung muß mich ernähren,
|ernähren=erhalten
nach dir so werd ich krank,
tu bald herwieder kehren,
die Zeit wird mir zu lang!

3. Sei weis, laß dich nit affen,
der Klaffer seind so viel,
|Klaffer=Schwätzer, Verräter; seind=sind
halt dich gen mir rechtgschaffen,
treulich dich warnen will!
Hüt dich vor falschen Zungen,
darauf sei wohl bedacht!
Sei dir, schöns Lieb, gesungen
zu tausend Guter Nacht!]
_____


Lied I. 62

1. Ach meydlein rein
ich hab allein
eygen mich dir ergeben
Darumb ich wil
in gheim und stil
dir zu gefallen leben
Pass frey darauff
das dich der kauff
nit rewen sol
yedoch wiewol
ich yetzund scheid
mit schmertz und leid
so hoff ich doch
es werd mein noch
vergessen nit
erbarm dich mein dz ist mein bit.

2. Mein hertz das ist
on argen list
mit schmertzen gar umb geben
Wann ich dein bin
und setz mein sin
nach deinem willen streben.
Ich weiß kein zeyt
mir ist zu weyt
ein trit von dir
hertzlieb glaub mir
kein solcher schmertz
versucht mein hertz
durch liebes fal
liebst mir für all
und pleib der dein
ich will und muß dein eygen sein.

3. Gantz krefftiglich
bevilch ich mich
feins meidlein in dein gnade
Ich hoff auch frey
das ich der sey
dem hinfart bring kein schade
Gedenck an mich
als ich an dich
halt vest und stet
wo einr dich bet
umb dliebe dein
biß wandels rein
denck an mein trew
on alle rew
verlaß mich nicht
halt mir deine versprochne pflicht.
(S. 40)

[1. Ach Maidlein rein
ich hab allein
eigen mich dir ergeben;
darumb ich will
in Gheim und Still
|=Insgeheim und im Stillen
dir zu gefallen leben.
Paß frei darauf,
daß dich der Kauf
nit reuen soll!
Jedoch wiewohl
ich jetzund scheid
mit Schmerz und Leid,
so hoff ich doch,
es werd mein noch vergessen nit.
Erbarm dich mein,
das ist mein Bitt!

2. Mein Herz das ist,
ohn argen List,
|=ohne Falsch, in Wahrheit
mit Schmerzen gar umbgeben;
wann ich dein bin
|wann=denn
und setz mein'n Sinn,
nach deinem Willen streben.
Ich weiß kein Zeit,
mir ist zu weit
ein Tritt von dir.
|=ein Tritt (Schritt) von dir fort
Herzlieb, glaub mir!
Kein solcher Schmerz
versucht mein Herz
durch Liebes Fall,
liebst mir für all,
|=du bist mir lieb über alle
und pleib der Dein.
|pleib=bleib
Ich will und muß dein eigen sein.

3. Ganz kräftiglich
befilch ich mich,
|befilch=befehle
feins Maidlelin, in dein Gnade.
Ich hoff auch frei,
daß ich der sei,
dem Hinfahrt bring kein'n Schade.
|Hinfahrt=Fortgehen
Gedenk an mich
als ich an dich,
|als=wie
halt fest und stet,
wo einr dich bät
|einr=einer
umb d'Liebe dein!
|d'Liebe=die Liebe
Bis Wandels rein,
|bis=sei
denk an mein Treu
ohn alle Reu,
verlaß mich nicht,
halt mir deine versprochne Pflicht!]
_____


Lied I. 63

1. Hertzliebstes bild
beweiß dich milt
mit deiner lieb und gunst gen mir
Des gleych wil ich
wann ich han dich
nach lust und wunsch meinß hertzen gir
Erwelt für all
in disem tall
mit reichem schal
frey ich mich dein in eren.

2. F., du solt han
auff aller pan
für andern all von mir den preiß
In disem reich
lebt nicht dein gleich
mit allem thun zucht pert und weiß
Da für dich acht
mein hertz das lacht
und stetz betracht
mein freud mit dir zu meren.

3. Zu dir ich mich
freundtlich versich
dein hertz mir gantz mit trewen sey
Dieweil du gar
on als gfar
mich findest auch gerecht und frey
On all umbstend
von dir nicht wend
biß in mein end
des thu ich dich geweren.
(S. 40-41)

[1. Herzliebstes Bild,
beweis dich mild
mit deiner Lieb und Gunst gen mir,
Des gleichen will ich
wann ich han dich
|wann=denn; han=habe
nach Lust und Wunsch, meins Herzen Gier,
|Gier=Verlangen
erwählt für all
|für=über
in diesem Tal.
Mit reichem Schall
frei ich mich dein in Ehren.
|frei=freue

2. F., du sollt han
|=du sollst haben
auf aller Pahn
|Pahn=Bahn
für andern all von mir den Preis.
|für=über
In diesem Reich
lebt nicht deingleich
|deingleich=deinesgleichen
mit allem Tun, Zucht, Pärd und Weis.
|=mit allem Tun, Wohlgezogenheit, Gebahren und feiner Lebensart
Dafür dich acht,
mein Herz das lacht,
und stets betracht,
|=und stets bin ich darauf bedacht
mein Freud mit dir zu mehren.

3. Zu dir ich mich
freundlich versich,
|versich=vertraue
dein Herz mir ganz mit Treuen sei,
dieweil du gar
|gar=gänzlich
ohn alls Gefahr
mich findest auch gerecht und frei.
|gerecht=recht; frei=fest, bestimmt
Ohn all Umbständ
von dir nicht wend
bis in mein End,
des tu ich dich gewähren.
|gewähren=versichern]
_____


Lied I. 64

1. Man sicht nun wol wie stet du bist
recht gantz und gar on argen list
schön helstu dich
dz frey ich mich
verste mich recht, meinß hindersich.

2. Ein spil für dich sos tauschen gilt
und untrew sein so bistu mild
hoff noch der rank
werd dich nit lang
tausch weil du hast die wechsel banck.

3. Treybt mich von dir dein stoltzer sin
geneustus sein so wirstus inn
zu seiner zeyt
ich harr und beyt
wer weiß wer noch den Esel reit?

4. Wann untrew trifft jrn herrn gern
hab mir ein außerwelt in eern
nit als du bist
die untrew ist
wer weiß wers andren schwager ist.

5. Farhin mein metz mit deinem tausch
ich hoff ich soll noch han ein rausch
mit einr auff erd
die ich beger
zu seiner zeyt werd ich gewert.
(S. 41)

[1. Man sicht nun wohl, wie stet du bist
|sicht=sieht; stet=beständig
recht ganz und gar ohn argen List,
|ohn argen List=ohne Falschheit
schön hälst du dich,
|hälst=hältst
das frei ich mich.
|=das freut mich
Versteh mich recht, mein's hindersich.
|=ich meine es andersherum umgekehrt

2. Ein Spiel für dich, so 's Tauschen gilt
und untreu sein, so bist du mild.
|mild=freigebig
Hoff noch der Rank
|noch=dennoch; Rank=List, Ränkespiel
währt dich nit lang.
Tausch, weil du hast, die Wechselbank!

3. Treibt mich von dir dein stolzer Sinn,
geneußt du's sein, so wirst du 's inn;
zu seiner Zeit
ich harr und beit.
|beit=warte
Wer weiß, wer noch den Esel reit't?

4. Wann Untreu trifft ihrn Herren gern.
|wann=denn
Hab mir ein auserwählt in Ehrn,
nit als du bist,
|als=wie
die untreu ist.
Wer weiß, wer 's andren Schwager ist?

5. Fahr hin, mein Metz, mit deinem Tausch!
Ich hoff, ich soll noch han ein'n Rausch
|=es wird mir noch gut gelingen
mit einr auf Erd,
die ich begehr.
Zu seiner Zeit werd ich gewährt.]
_____


Lied I. 65

1. Ihrs gleichen lebt auff erden nicht
der ich mit lieb verbunden bin
Ir züchtig berd und freundlich gsicht
ligt mir al augenblyck im sinn
Sey wo ich wöll
thu was ich sol
so ist sieß noch und pleibts allein
biß in mein grab
laß ich nit ab
zu lieben sie und andre kein
die ich mit gantzen trewen mein.

2. Irs gleichen hab ich nie erkant
mit sitten ist sie hoch erhebt
Zimlicher freud ist sie verwandt
wolt Got das sie ewig lebt
Und ich mit freude
mein rechte zeyt
möcht jhr in eren wonen bey
sunst nicht auff erdt
ich mer begert
erst wer ich aller sorgen frey
o glück darzu mir gnad verleih!

3. Irs gleichen wird nicht mehr auff erd
sie tregt mit eren wol ein kron
Wer ich gen Got und welt so werd
das sie möcht sein mein trost und lon
Kein schatz so groß in keiner Moß
seint Adams zeyt erfunden wart
der mich bezalt
jr schön und gstalt
ich hoff sie halt in trewen hart
und frey sich meiner widerfart.
(S. 41-42)

[1. Ihrsgleichen lebt auf Erden nicht,
der ich mit Lieb verbunden bin,
ihr züchtig Bärd und freundlich Gsicht
|Bärd=Gebahren
liegt mir all Augenblick im Sinn.
Sei wo ich wöll,
tu was ich soll,
so ist sie's noch und pleibt's allein.
|pleibt=bleibt
Bis in mein Grab
laß ich nit ab,
zu lieben sie und andre kein,
die ich mit ganzen Treuen mein.

2. Ihrsgleichen hab ich nie erkannt,
|erkannt=gekannt
mit Sitten ist sie hoch erhebt,
|erhebt=erhoben
ziemlicher Freud ist sie verwandt.
|ziemlicher=schicklich, geziemend
Wollt Gott, daß sie ewig lebt,
und ich mit Freude
mein rechte Zeit
möcht ihr in Ehren wohnen bei!
|möcht=könnte
Sunst nicht auf Erd
ich mehr begehrt,
erst wär ich aller Sorgen frei.
|erst=dann erst
O Glück, darzu mir Gnad verleih!

3. Ihrsgleichen wird nicht mehr auf Erd,
sie trägt mit Ehren wohl ein Kron.
Wär ich gen Gott und Welt so wert,
daß sie möcht sein mein Trost und Lohn!
|möcht=könnte
Kein Schatz so groß
in keiner Moß
|Moß=Maß
seint Adams Zeit erfunden ward,
|seint=seit
der mich bezahlt
|=der mir aufwiegt
ihr Schön und Gstalt.
|Schön=Schönheit
Ich hoff, sie halt in Treuen hart
|hart=fest
und frei sich meiner Wiederfahrt.
|frei=freue]
_____


Lied I. 66

1. Wol kömbt der mey
mit mancherley
der blümlein zart
nach seyner art
erquicket das
verdorben was
durch winters gwalt
das frewet sich gantz manigfalt.

2. Alls das do lebt
sich yetz erhebt
der vögel gsang
wölches vor lang
verschwigen was
auch laub und gras
das grünet schon
derhalb ich auch nicht trawren kan.

3. Und sonderlich
erfrew ich mich
heimlichen des
ich weiß wol wes
davon man nicht
vil sonders spricht
noch sagen soll
wil es nur wol so grets mir wol.
(S. 42)

[1. Wohl kömmt der Mai
mit mancherlei
der Blümlein zart
nach seiner Art,
erquicket, das
verdorben was
|was=war
durch Winters Gwalt.
|Gwalt=Gewalt
Das freuet sich ganz mannigfalt.

2. Alls, das do lebt,
|alls=alles
sich jetz erhebt,
der Vögel Gsang,
|Gsang=Gesang
wölches vor lang
|=welcher für lange
verschwiegen was,
|=geschwiegen hatte
auch Laub und Gras
das grünet schon.
Derhalb ich auch nicht trauren kann.

3. Und sonderlich
erfreu ich mich
heimlichen des,
- ich weiß wohl, wes -
davon man nicht
viel sonders spricht
noch sagen soll,
Will es nur wohl, so grät's mir wohl.
|grät's=gerät's]
_____


Lied I. 67

1. Vil freud nert mich zu aller stund
der mir das gundt
ist eren werd
Im wirdtzu teyl mein roter mund
offt wirt ich gesund
wann er mein gert
So thu ich ja was mir gebürt
gen jm auff erdt mich nicht verfürt
er lebt nicht der mich anders spürt.

2. Ach H., tröst mich vor aller welt
wem das nit gfelt
Leit mir nit an
mein trew hab ich zu jm gestelt
wie er sich helt
Gen mir on wohn
so laß ich mirs gefallen wol
und thu nicht anders dann ich sol
mein hertz ist zu jm willens vol.

3. Bey jm ich gantz der hoffnung bin
er treibs auch hin
weich nit der maß
Nit weiter stet mein gmüt noch sin
zeucht mich an jn
dar an ichs laß
Er ist der recht und das ist war
ob ich lebt hundert tausent jar
kein lieb und trew an jm nit spar.
(S. 42-43)

[1. Viel Freud nährt mich zu aller Stund,
|nährt=erhält, erquickt
der mir das gunnt
|gunnt=gönnt, zuteil werden läßt
ist ehrenwert.
Ihm wird zu Teil mein roter Mund.
Oft wird ich gsund,
|wird=werde, gsund=gesund
wann er mein gehrt.
|wann=wenn; gehrt=begehrt
So tu ich ja, was mir gebührt.
Gen ihm auf Erd mich nicht verführt,
er lebt nicht, der mich anders spürt.

2. Ach, H., tröst mich vor aller Welt!
Wem das nit gfällt,
|gfällt=gefällt
leit mir nit an,
|=liegt mir nichts daran
mein Treu hab ich zu ihm gestellt,
Wie er sich hält
gen mir ohn Wohn,
|ohn Wohn=ohne falschen Sinn
so laß ich mir's gefallen wohl
und tu nicht anders, dann ich soll.
|dann=als
Mein Herz ist zu ihm Willens voll.

3. Bei ihm ich ganz der Hoffnung bin,
er treib's auch hin,
weich nit der Maß.
|=vom rechten Maß
Nit weiter steht mein Gmüt noch Sinn,
|Gmüt=Gemüt
zeucht mich an ihn,
|zeucht=zieht
daran ich 's laß,
er ist der Recht und das ist wahr.
Ob ich lebt hunderttausend Jahr,
|ob=wenn
kein Lieb und Treu an ihm nit spar.]
_____


Lied I. 68

1. Freundtlicher gruß
mit puß
ward mir lieblich und süs
erfrewt mir hertz und sinne
im augenplick
mit schrick
must scheiden ich von hinnen
groß klag
ich trag
und zweifel ser
ich sech sie nimmer mer.

2. Des trawrt mein hertz
on schertz
in grossem wee und schmertz
möcht ich das glück erjagen
das mich jr trost
erlost
auß jämerlichen klagen
sorg nicht
beschicht
und zweifel ser
ich sech sie nimmer mer.

3. Wann ich betracht
und acht
jr schön geperdt so kracht
meyn hertz von grossem senen
wiewol die reyn
gar klein
möcht achten meiner penen
mit leid
ich scheid
und zweyfel ser
ich seh sie nimmer mehr.
(S. 43)

[1. Freundlicher Gruß
mit Puß
|Puß=Trost, Besserung, Vorteil (Trübners DWB I, 479a)
ward mir lieblich und süß,
erfreut mir Herz und Sinne.
Im Augenplick
|Augenplick=Augenblick
mit Schrick
|Schrick=Schreck
mußt scheiden ich von hinnen.
Groß Klag
ich trag
und zweifel sehr,
ich sech sie nimmermehr.
|=daß ich sie nimmermehr sehe

2. Des traurt mein Herz
ohn Scherz
|Scherz=Freude, Vergnügen
in großem Weh und Schmerz.
Möcht ich das Glück erjagen,
|möcht=könnte
daß mich ihr Trost
erlost
|=erlöst
aus jämmerlichen Klagen!
Sorg nicht,
beschicht,
|=daß es geschieht
und zweifel sehr,
ich sech sie nimmermehr.

3. Wann ich betracht
|wann=wenn
und acht
ihr schön Gepärd, so kracht
|Gepärd=Gebärde
mein Herz von großem Sehnen,
wiewohl die Rein
gar klein
|klein=wenig
möcht achten meiner Penen.
|Penen=Pein, Schmerzen
Mit Leid
ich scheid
und zweifel sehr,
ich sech sie nimmermehr.]
_____


Lied I. 71

1. Nun grüß dich Got
mein feine Krot
du liebest mir im hertzen
Ich bin dir hold
o das ich solt
freundtlichen mit dir schertzen
Darzu zwingt mich
gar gwaltiglich
dein züchtig weiß und perden
kein schöner ist
zu diser frist
die yetzund lebt auff erden.

2. Mein junges hertz
leid grossen schmertz
von dir verwund und gfangen
Kein ru nit hat
frü und auch spat
nach dir mein stets verlangen
Dein freundtlich wort
hand mich bedort
darzu dein höflich brangen
dein lieblich gsicht
mein hertz durch sticht
dein lachend mund und wangen.

3. Mein senlich leid
o schöne meyd
kan mir nimand vertreyben
Dann du allein
zart junckfraw rein
gen dir will mich verschreiben
Zu dienen dir
mit gantzer gir
in züchten und in eren
dein lieb mit teyl
so wird ich heil
thu mich meinr bit geweren.
(S. 44)

[1. Nun grüß dich Gott,
mein feine Krott,
|Krott=Krötlein (Kosewort im Süddeutschen)
du liebest mir im Herzen!
|du liebest mir=du bist mir lieb
Ich bin dir hold,
o daß ich sollt
|sollt=dürfte
freundlichen mit dir scherzen!
|scherzen=mich vergnügen
Darzu zwingt mich
gar gwaltiglich
dein züchtig Weis und Pärden.
|=dein züchtiges Benehmen und Gebahren
Kein Schöner ist
zu dieser Frist
die jetzund lebt auf Erden.

2. Mein junges Herz
leid't großen Schmerz,
von dir verwund't und gfangen.
Kein Ruh nit hat
früh und auch spat
nach dir mein stets Verlangen.
Dein freundlich Wort
hand mich bedort,
|hand=haben; bedort=betört
darzu dein höflich Brangen.
|Brangen=Prangen
Dein lieblich Gsicht
|Gsicht=Gesicht
mein Herz durchsticht,
dein lachend Mund und Wangen.

3. Mein sehnlich Leid,
o schöne Maid,
kann mir niemand vertreiben
dann du allein,
|dann=denn
zart Jungfrau rein.
Gen dir will mich verschreiben,
zu dienen dir
mit ganzer Gier
|Gier=Begierde
in Züchten und in Ehren.
Dein Lieb mitteil,
so wird ich heil,
|wird=werde
tu mich meinr Bitt gewähren!]
_____


Lied I. 72

1. Unfall wil yetzund haben recht
das thut mich wol beduncken
Setzt gegen mir vil armen knecht
dann scheyden wil mir wincken
das and mich seer
o glück verker,
das scheiden nit mein hertz zerklemm!
sunst ich verdirb
im elend stirb
wo mich nit tröst mein hertzigs M.

2. Ob unfal ye wil yeben sich
das ich mein schatz muß meiden
Den ich erwelt hab stetigklich
das muß ich ye doch leiden
wann es mit gwalt
hat sein gestalt
drumb ichs gar hart zu hertzen nimm
ach höchster hort
mit einem wort
tröst mich mein aller liebstes M.!

3. Sol es dann ye gescheiden sein,
so wöll es glück doch walten
Ich bitt dich aller liebste mein
thu dich stet gen mir halten
Dan urlaub ich
yetz ger an dich
ob ich so bald nit wider kem
gedenck doch mein
gleich wie ich dein
tröst mich zu letzt freundtliches M.!
(S. 44-45)

[1. Unfall will jetzund haben Recht,
|Unfall=Unglück, Mißgeschick
das tut mich wohl bedunken,
setzt gegen mir viel armen Knecht;
dann Scheiden will mir winken.
|dann=denn
Das and't mich sehr.
|and't=schmerzt (mhd. mich andet)
O Glück, verkehr,
|verkehr=kehre es um (zum Guten)
daß Scheiden nit mein Herz zerklemm!
Sunst ich verdirb,
im Elend stirb,
wo mich nit tröst't mein herzigs M.
|wo=wenn, wofern

2. Ob Unfall je will ieben sich,
|ieben=üben, erproben
daß ich mein'n Schatz muß meiden,
den ich erwählt hab stetiglich,
das muß ich jedoch leiden;
wann es mit Gwalt
|wann=denn, Gwalt=Gewalt
hat sein Gestalt,
drumb ich's gar hart zu Herzen nimm.
|nimm=nehme
Ach höchster Hort,
mit einem Wort
tröst mich, mein allerliebstes M.!

3. Soll es dann je geschieden sein,
so wöll es Glück doch walten!
|wöll=wolle
Ich bitt dich, Allerliebste mein,
tu dich stet gen mich halten;
dann Urlaub ich
|dann=denn
jetz gehr an dich!
|=begehre ich jetzt von dir
Ob ich sobald nit wiederkäm,
|ob=wenn
gedenk doch mein
|doch=dennoch
gleichwie ich dein,
tröst mich zuletzt, freundliches M.!]
_____


Lied I. 73

1. Geh wie es wöll
dannoch so sol
mich anderst nichts erfrewen
Dann die mich kant
im faßnacht gwand
am tantz im ersten reien
Sie weiß wol wie
unzucht an sie
gert ich noch nie
was zeycht sie dann mich armen.

2. Das sie so lang
mich helt im zwang
mein hertz wil mir zu brechen
Wenn ich vor jr
offt ste mit gir
und darff jr nit zu sprechen
Am letzten dantz
was es die schantz
sie sprach zu hand
"wil ich mich dein erbarmen."

3. Darauff ich wart
und hoff die zart
werd guten fleiß nit sparen
Wie ichs begert
und sie mich gwert
den fug und zeit erfaren
Das sie in still
mit freuden vil
halt treff das zil
und schließ mich in jr armen.
(S. 45)

[1. Geh, wie es wöll,
|wöll=wolle
dannoch noch soll
|dannoch=dennoch
mich anderst nichts erfreuen,
dann die mich kannt,
|=als diejenige, die mich kennen lernte
im Fastnachtgwand
am Tanz im ersten Reihen.
Sie weiß wohl, wie
Unzucht an sie
|Unzucht=Ungeziemliches
gehrt ich noch nie.
|gehrt=begehrte
Was zeicht sie dann mich Armen?
|zeicht=zeiht, beschuldigt

2. Das sie so lang
mich hält im Zwang,
mein Herz will mir zubrechen,
|zubrechen=zerbrechen
wenn ich vor ihr
oft steh mit Gier
|Gier=Verlangen
und darf ihr nit zusprechen.
|=nicht zu ihr sprechen
Am letzten Danz
|Danz=Tanz
was es die Schanz
|was=war; Schanz=Gelegenheit, Chance
sie sprach: "Zuhand
|zuhand=alsbald, sogleich
will ich mich dein erbarmen."

3. Darauf ich wart
und hoff, die Zart
werd guten Fleiß nit sparen,
wie ich's begehrt
und sie mich gwährt,
den Fug und Zeit erfahren,
|Fug=passende Gelegenheit
daß sie in Still
mit Freuden viel
halt, treff das Ziel
und schließ mich in ihr Armen.]
_____


Lied I. 74

1. Freundtliche zir
thu gegen mir
dein hertz in gnaden neygen
Dann fürwar glaub
dz ich mich hab
dir geben gantz für eygen
Alzeit zu sein
ein diener dein
in rechter trew heimlich und still
ist es dein wil
dz laß bit ich
freundtlichen mich
hierauff versten
so wird gringert mein schmertz und pen.

2. "Dieweil ich spür
dein grosse gir
die du gen mir thust yeben
So will auch ich
herwider dich
mit rechten trewen lieben
Für all auff erd
bistu mir werd
dann höchste kron du hast gentzlich
gefangen mich
zu gfallen dir
ach glück kumm schir!
das offt und vil
erfrewt werd unser beider wil."

3. O weiblich bild
du hast in milt
mein hertz mit freud thon meren
Darumb wil ich
gantz stetigklich
mein lieb nit von dir keren
Sonder die trew
on alle rew
alzeyt lon sten das solt warlich
versehen dich
setz mir ein zil
in gheim und stil
hertz einigs mein
las mich dir auch bevolhen sein.
(S. 45-46)

[1. Freundliche Zier,
tu gegen mir
dein Herz in Gnaden neigen;
dann fürwahr glaub,
|dann=denn
daß ich mich hab
dir geben ganz für eigen,
|geben=gegeben
allzeit zu sein
ein Diener dein
in rechter Treu heimlich und still!
Ist es dein Will,
das laß, bitt ich
freundlichen mich
hierauf verstehn,
so wird gringert mein Schmerz und Pen!
|gringert=verringert; Pen=Pein

2. "Dieweil ich spür
dein große Gier,
|Gier=Verlangen
die du gen mir tust ieben,
|ieben=üben
so will auch ich
herwieder dich
mit rechten Treuen lieben.
Für all auf Erd
|für=über
bist du mir wert;
dann, höchste Kron, du hast gänzlich
|dann=denn
gefangen mich
zu Gfallen dir.
|Gfallen=Gefallen
Ach Glück, kumm schier,
|kumm=komm; schier=bald, schnell
daß oft und viel
erfreut werd unser beider Will!"

3. O weiblich Bild,
du hast in Mild
mein Herz mit Freud ton mehren.
|ton=getan
Darumb will ich
ganz stetiglich
mein Lieb nit von dir kehren,
sonder die Treu
ohn alle Reu
allzeit lohn stehn, das sollt wahrlich
|lohn=lassen; sollt=sollst
versehen dich!
|=vertrauen
Setz mir ein Ziel
in Gheim und Still,
|Gheim=Geheim
herzeinigs Mein,
laß mich dir auch befohlen sein!]
_____


Lied I. 75

1. Erst wirdt erfrewt mein traurigs hertz
so mein lieb wider kummen ist
Umbgeben was es vor mit schmertz
verschmacht durch leidt zu aller frist
Het groß ungemach
weil ich nit sach
die schönst die mich erfrewen thut
farhin hertzleyd!
ein schöne meid
erfrischet mir hertz sinn und mut.

2. Hertzlieb got willkummen bistu mir
meins hertzen wun eyniger trost
Nach dir verlanget mein begir
dein widerfart hat mich erlost
Auß schwerer pein
zart meydlein fein.
stimm mir ein zeyt ein hemlich ort
das ich zu dir
müg kummen schir
von dir hören ein freundtlich wort.

3. Kein ru noch rast kan haben ich
biß das ich wider zu dir kumm
On underloß denck ich an dich
mein freundtliches meydlin stet und frumm
Erhör mein bit
die ich außschüt
vor dir feins lieb schlag mirs nit ab
dem diener dein
in trewem schein
las mich nit sein vor dir schabab.
(S. 46)

[1. Erst wird erfreut mein traurigs Herz,
|Erst=jetzt erst
so mein Lieb wieder kummen ist.
|so=da; kummen=kommen
Umbgeben was es vor mit Schmerz,
|was =war; vor=vorher
verschmacht't durch Leid zu aller Frist,
hätt groß Ungemach,
|Ungemach=Unruhe, Verdruß
weil ich nit sach
|sach=sah
die Schönst, die mich erfreuen tut.
Fahr hin, Herzleid!
Ein schöne Maid
erfrischet mir Herz, Sinn und Mut.

2. Herzlieb, Gott willkomm bist du mir,
meins Herzen Wunn, einiger Trost!
|einiger=einziger
Nach dir verlanget mein Begier,
dein Wiederfahrt hat mich erlost
|Wiederfahrt=Wiederkehr; erlost=erlöst
aus schwerer Pein,
zart Maidlein fein.
Stimm mir ein Zeit, ein heimlich Ort,
|stimm=bestimme
daß ich zu dir
müg kummen schier,
|müg=könne; schier=bald
von dir hören ein freundlich Wort!

3. Kein Ruh noch Rast kann haben ich,
bis daß ich wieder zu dir kumm,
ohn Unterloß denk ich an dich,
mein freundlichs Maidlin, stet und frumm.
Erhör mein Bitt,
die ich ausschütt
vor dir, Feinslieb, schlag mir's nit ab,
dem Diener dein,
in treuem Schein!
Laß mich nit sein vor dir Schabab!
|Schabab=abgewiesener Liebhaber]
_____


Lied I. 76

1. In liebes brunst
trag ich groß gunst
weiblichem bild
gantz zart und milt
ist jr gestalt
sie hat mit gwalt
mein hertz bewart
mich krenckt so ser die hinefart.

2. Ir weiblich berdt
seint gar wol werd
zu preisen ye
wann dort noch hie
lebt nit jr gleich
als tugentreich
ist all jr art
mich krenckt so ser die hinefart.

3. Ir sit und schön
seint wol zu krön
wann jr gesicht
die hertzen bricht
zu aller stund
ist sie ein bund
meins hertzen gart
mich krenckt so ser die hinefart.
(S. 47)

[1. In Liebesbrunst
trag ich groß Gunst
|Gunst=Neigung, Liebe
weiblichem Bild.
Ganz zart und mild
ist ihr Gestalt,
sie hat mit Gwalt
|Gwalt=Gewalt
mein Herz bewahrt.
Mich kränket so sehr die Hinnefahrt.
|kränket=schmerzt, betrübt;
Hinnefahrt=Trennung, Fortgehen


2. Ihr weiblich Bärd
|Bärd=Gebahren
seind gar wohl wert,
|seind=sind
zu preisen je;
|je=immer
wann dort noch hie
|wann=denn
lebt nit ihrgleich,
als tugendreich
|als=so
ist all ihr Art.
Mich kränkt so sehr die Hinnefahrt.

3. Ihr Sitt und Schön
seind wohl zu krön'n;
|seind=sind
wann ihr Gesicht
|wann=denn
die Herzen bricht.
Zu aller Stund
ist sie ein Bund,
|Bund=Ausbund
meins Herzen Gart.
|Gart=Garten
Mich kränkt so sehr die Hinnefahrt.]
_____


Lied I. 77

1. Freundlicher gruß zu aller stund
sey dir gewünscht mein hertzigs A.
Mich thut erfrewen dein roter mund
zu dir ich all mein hoffnung hab
In steter trew und gantzer gir
bin ich bereyt zu dienen dir
heimlich und still on abelan
nach deinem will bin unterthan
das solt hertzlieb versehen dich.

2. "Dein freundlich gruß den nim ich an
den du mir wünscht von hertzen suß
Dein willen darbey ich verstan
doch merck darbey der liebe buß
Wer vil will han am lieben mein
der muß vest stet verschwigen sein
Wo das nit kanst so las darvon
denn falsche lieb gibt bösen lohn
es ist versucht glaubs sicherlich."

3. Mein edels A. auff dtrewe mein
sag ich dir zu on allen wahn
Ich will vest stet verschwigen sein
nimm mich zu deinem diener an
Frisch wags mit mir, das bit ich dich
du wirst trew still erfaren mich
das schwör ich dir bey meinem eyd
von mir dir nicht geschihet leyd
als guts gen dir versich ich mich.
(S. 47)

[1. Freundlicher Gruß zu aller Stund
sei dir gewünscht, mein herzigs A.!
Mich tut erfreun dein roter Mund,
zu dir ich all mein Hoffnung hab.
In steter Treu und ganzer Gier,
|Gier=Begierde, Verlangen
bin ich bereit zu dienen dir
heimlich und still ohn Abelahn,
|ohn Abelahn=ohne davon abzulassen
nach deinem Will bin untertan.
|untertan=untertänig
Das sollt, Herzlieb, versehen dich!
|versehen dich=vertrauen

2. "Dein freundlich Gruß den nimm ich an,
|nimm=nehme
den du mir wünscht von Herzen suß.
Dein'n Willen darbei ich verstahn,
doch merk darbei der Liebe Buß;
|Buß=Bedingung
Wer viel will han am Lieben mein,
der muß fest, stet, verschwiegen sein.
Wo das nit kannst, so laß darvon;
|wo=wenn, wofern
dann falsche Lieb gibt bösen Lohn,
|dann=denn
es ist versucht, glaub's sicherlich!"

3. Mein edels A., auf d'Treue mein
sag ich dir zu, ohn allen Wahn.
|ohn allen Wahn=ohne Falschheit, wahrlich
Ich will fest, stet, verschwiegen sein,
nimm mich zu deinem Diener an!
Frisch wag's mit mir, das bitt ich dich,
du wirst treu still erfahren mich,
|erfahren mich=mich kennen lernen
das schwör ich dir bei meinem Eid!
Von mir dir nicht geschiehet Leid,
alls Guts gen dir versich ich mich.
|=vertraue ich, erwarte ich zuversichtlich]
_____


 

Aus: Georg Forsters Frische Teutsche Liedlein in fünf Teilen
Abdruck nach den ersten Ausgaben 1539, 1540, 1549, 1556
mit den Abweichungen der späteren Drucke
Herausgegeben von M. Elisabeth Marriage
Halle a. d. S. Verlag von Max Niemeyer 1903
 

 

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