Georg Forsters Frische Teutsche Liedlein - Liebeslieder




Georg Forsters Frische Teutsche Liedlein

Inhaltsverzeichnis der Liebeslieder:
 

 

Anmerkung:
Bei jedem Lied steht in eckigen Klammern []  dasselbe Lied in der uns geläufigeren Schreibweise; zusätzlich sind bei einigen Worten Erklärungen angefügt worden.
 

 


Lied III. 33

1. Es naht sich gegen meyen
grün wil ich mich kleiden.
den liebsten buln den ich hab
der wil sich von mir scheiden.
dz schafft allein jr untrew
wanckelmutig sin.
hab urlaub far dohin!

2. Ich het mit freud außgseet
ein ander mirs abgemeet.
das schafft das wetter unstet
eun leycht wind der mirs hinweht
auch kam ein grosser regen
fürt mirs als dohin
schafft das ich trawrig bin.

3. Mein lieb thut sich verkeren
hat mir urlaub geben.
was einer nit gehabn mag
soll er sich verwegen.
mit jren falschen worten
hat sie es an mich bracht
het sonst an sie nit dacht.
(S. 133-134)

[1. Es naht sich gegen Maien,
grün will ich mich kleiden.
Den liebsten Buhlen, den ich hab,
der will sich von mir scheiden.
Das schafft allein ihr untreu
wankelmütig Sinn.
Hab Urlaub, fahr dohin!
|=ich gebe dir den Abschied, fahr dahin

2. Ich hätt' mit Freuden ausg'sät,
|hätt'=hatte
ein ander mir's abg'mäht!
Das schafft das Wetter unstet,
ein leicht Wind, der mir's hinweht!
Auch kam ein großer Regen,
führt' mir's all's dohin,
schafft', daß ich traurig bin!

3. Mein Lieb tut sich verkehren,
|verkehren=verändern
hat mir Urlaub geben.
|Urlaub=Abschied
Was einer nit gehabn mag,
|mag=kann
soll er sich verwegen.
|=darauf soll er verzichten
Mit ihren falschen Worten
hat sie es an mich bracht,
hätt sonst an sie nit dacht.]
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Lied III. 35

1. Wol auff gut gsel von hinnen
schlag umb und weit hindann!
laß sagen was man wölle
ich wil dich gantz eigen han
wil stet bey dir bleiben.
schaff deinem hertzen rw!
von dir wil ich nit weichen
wer wil uns schaiden thun?

2. Zart fraw ich bin ein schuler
darzu noch unbekand
von rechter art ein buler
und lern eß mit der hand.
kan wol schreyben und lesen
ghört einem buler zu
der herbst ist abgelesen
so han wir beyd kein rw.

3. Ich scheid mich mit dem leybe
laß jhr das hertze mein
dem aller schönsten weybe
das auff der erdt mag gsein.
ach wehe du bitters scheyden!
wer hat dich nur erdacht?
hast mir mein freudt genommen
mein hertz in trawren bracht.
(S. 134)

[1. Wohlauf, gut Gsell, von hinnen,
schlag um und weit hindann!
|schlag um=kehr um; hindann=fort
Laß sagen, was man wölle,
ich will dich ganz eigen han,
|=ich will dich für mich allein haben
will stet bei dir bleiben.
|stet=stets
Schaff deinem Herzen Ruh!
Von dir will ich nit weichen:
Wer will uns scheiden tun?
|=wer will uns auseinanderbringen

2. Zart Frau, ich bin ein Schuler,
|Schuler=fahrender Schüler
darzu noch unbekannt,
von rechter Art ein Buhler
und lern es mit der Hand.
Kann wohl schreiben und lesen,
g'hört einem Buhler zu!
Der Herbst ist abgelesen,
so han wir beid kein Ruh.

3. Ich scheid mich mit dem Leibe,
laß ihr das Herze mein,
dem allerschönsten Weibe,
das auf der Erd mag g'sein.
|g'sein=sein kann
Ach wehe, du bitters Scheiden,
wer hat dich nur erdacht?
Hast mir mein Freud genommen,
mein Herz in Trauren bracht!]
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Lied III. 40

1. URsach thut vil wers glauben wil
on ursach etwas selten gschicht.
Ursach die macht darnach ich tracht
ich kan es doch vergelten nicht.
Was mich erfreut dz müt viel leut
ich frag nit vil. was got mir wil
glück zu in allen dingen!

2. SElig wer das was frewet baß
glückselig zeit zu erleben?
ich hoff allein das meydlein reyn
wer mich in trew  nit begeben
das hertz in mir ist eigen jr
kein schertz soll sein ich bleyb der dein.
glück zu in allen dingen!

3. LAß faren und gehe wie sie geht
der klaffer sein lied thut singen.
bleib du mir stett was klaffer sett
es soll jm nit thun gelingen
trew brich ich nicht wie mir geschicht
bleyb du mir mein alß ich der dein.
glück zu in allen dingen!

4. Mir liebet was für alles das.
trew will ich nit vergessen
Mir wirt nicht baß an unterlaß
mein hertz sie hat besessen
gerecht und trew an alle rew
wil bleiben schlecht lieb gilt das recht.
glück zu in allen dingen!

5. Schein liebe sonn! versich dich nun
laß dich kein wolcken decken.
Ich wils auch thun in aller sonn
kein wetter mich soll schrecken.
Ein sonnen blick mich frewet dick
auch frölich macht was donner kracht.
glück zu in allen dingen!
(S. 137-138)

[1. URsach tut viel! Wer's glauben will:
Ohn Ursach etwas selten g'schicht!
Ursach, die macht, darnach ich tracht:
Ich kann es doch vergelten nicht.
|vergelten=bezahlen
Was mich erfreut, das müht viel Leut:
|müht=bekümmert
Ich frag nit viel, was Gott mir will!
Glück zu in allen Dingen!

2. SElig wär das! Was freuet baß
|baß=mehr
glückselig Zeit zu erleben?
|glückselig Zeit=als eine glückselige Zeit
Ich hoff allein, das Maidlein rein
wer mich in Treu nit begeben!
|wer=werde; in Treu nit begeben=verlassen
Das Herz in mir ist eigen ihr,
kein Scherz soll sein, ich bleib der dein.
Glück zu in allen Dingen!

3. LAß fahren und gehe wie sie geht,
der Klaffer sein Lied tut singen.
|Klaffer=Schwätzer, Verleumder
Bleib du mir stet, was Klaffer sät,
|stet=beständig
es soll ihm nit tun gelingen!
|=er soll keinen Erfolg damit haben
Treu brich ich nit, wie mir geschicht,
|wie=wie auch immer; geschicht=geschieht
bleib du nur mein als ich der dein!
|als=wie
Glück zu in allen Dingen!

4. Mir liebet was, für alles das
|mir liebet was=mir ist, ich habe etwas lieb
Treu will ich nit vergessen!
Mir wird nit baß, ahn Unterlaß
|nit baß=nicht besser; ahn=ohne
mein Herz hat sie besessen
gerecht und treu ahn alle Reu.
Will bleiben schlecht, Lieb gilt als Recht.
|will bleiben schlecht=aufrichtig bleiben
Glück zu in allen Dingen!

5. Schein, liebe Sonn, versich dich nun,
|versich dich=sieh dich vor
laß dich kein Wolken decken.
Ich will's auch tun: In aller Sonn
kein Wetter mich soll schrecken.
Ein Sonnenblick mich freuet dick,
|Sonnenblick=Sonnenstrahl; dick=oft
auch fröhlich macht, was Donner kracht.
Glück zu in allen Dingen!]

Die Anfänge der Strophen 1 bis 3 ergeben den Namen UR-SE-LA
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Lied III. 42

1. Die sonn die ist verblichen
die stern seint auff gegang
Die nacht die kummt geschlichen
fraw nachtigal mit jrem gsang.
"Der mon ist aufgegangen"
rett sich ein wechter gut
"und welcher hat verlangen
und ist mit lieb umbfangen
der mach sich balt auff die fart."

2. Und das erhört ein gselle
der schrey dem wechter zu
"ach wechter traut geselle!
gib deinen rat darzu
wie ich das soll angreiffen
das ich kem für die thür?"
"gar heimlich solstu schleichen
ehe der wechter thet pfeyffen
das man dich gar nicht spür."

3. Der knab trat unverborgen
für jr schlaffkemerlein.
er sprach zu jr mit sorgen
"zart schöns junckfrewelein
newe mer wil ich euch sagen
da ist kein zweiffel an
es leit sich einr im hage
der fürt ein schwere klage
es mag ewer bule sein."

4. Die Junckfraw sprach mit sinnen
"es hat dich sonst gedeucht.
Der mond hat mir geschinen
die stern han mir geleucht."
"der mond der hat geschinen
o zarts Junckfrewelein!
Er ligt in grüner awe
sein leyb ist jm zerhawen
in grossen trewen zwar."

5. Die junckfraw erschrack sere
jr hertz war leydes vol
sie wolt kein freudt mer hören
botschafft gfil jr nit wol.
ein hembt thet sich umbschnüren
ein hembtlein das was weyß.

do sie den knaben erblicket
jr hertz vor freud erquicket
gert jn mit gantzem vleiß.

6. Der knab der thet sich schmucken
gar freundlich an jre brüst
sie thet den knaben trucken
mit jrm freundlichen kuß
der knab fieng an zu ringen
mit der junckfrawen zart.
der wechter an der zinnen
fieng an ein lied zu singen
ein schöne tageweyß.

7. "Gesegn dich Gott im hertzen
zart edles frewelein!
du bringst meim hertzen schmertzen
es mag nicht anders sein.
von dir muß ich mich scheiden
zart edles frewelein!
ich schwing mich uber d'heyden
in braun will ich mich kleyden
durch feyl und grünen kle."
(S. 139-140)

[1. Die Sonn, die ist verblichen,
die Stern seind aufgegang',
|seind=sind
die Nacht, die kummt geschlichen,
Frau Nachtigall mit ihrem Gsang:
"Der Mon ist aufgegangen",
|Mon=Mond
red't' sich ein Wächter gut,
|red't' sich=redete (sprach) zu sich selbst
"Und welcher hat Verlangen,
und ist mit Lieb umfangen,
der mach sich bald auf die Fahrt!"

2. Und das erhört' ein Gselle,
der schrei dem Wächter zu:
|schrei=rief
"Ach Wächter, traut Geselle,
gib deinen Rat darzu:
Wie ich das soll angreifen,
daß ich käm für die Tür?"
|für=vor
"Gar heimlich sollstu schleichen
ehe der Wächter tät pfeifen,
daß man dich gar nicht spür."

3. Der Knab trat unverborgen
für ihr Schlafkämmerlein,
er sprach zu ihr mit Sorgen:
"Zart schöns Jungfräuelein:
Neue Mär will ich Euch sagen,
da ist kein Zweifel an,
es leit sich einr im Hage,
|es leit sich=es liegt; Hag=Gebüsch
der führt ein schwere Klage,
es mag Euer Buhle sein!"
|mag=kann

4. Die Jungfrau sprach mit Sinnen:
"Es hat dich sonst gedeucht:
|=es hat dir nur so geschienen
Der Mon hat mir geschienen,
|Mon=Mond
die Stern han mir geleucht't.
"Der Mon, der hat geschienen,
o zarts Jungfräuelein,
er liegt in grüner Aue,
sein Leib ist ihm zerhauen
in großen Treuen zwar."
|zwar=wahrlich

5. Die Jungfrau erschrak sehre,
|sehre=sehr
ihr Herz was Leides voll,
|was=war
sie wollt kein Freud mehr hören,
Botschaft gfiel ihr nit wohl.
Ein Hemd tät sich umschnüren,
ein Hemdlein, das was weiß,
|was=war
do sie den Knaben erblicket,
gehrt' ihn mit ganzem Fleiß.
|gehrt'=begehrte

6. Der Knab, der tät sich schmucken
|schmucken=schmiegen
gar freundlich an ihre Brust,
sie tät den Knaben trucken
mit ihrm freundlichen Kuß.
Der Knab fing an zu ringen
mit der Jungfrauen zart,
der Wächter an der Zinnen
fing an ein Lied zu singen,
ein schöne Tageweis.

7. "Gesegn dich Gott im Herzen,
zart edles Fräuelein!
Du bringst meim Herzen Schmerzen,
es mag nicht anders sein.
Von dir muß ich mich scheiden,
zart edles Fräuelein!
Ich schwing mich uber d'Heiden,
in Braun will ich mich kleiden,
|Braun=Farbe der Witwen und Mönche
durch Veil und grünen Klee."
|Veil=Veilchen]
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Lied III. 44

1. Ach hertzigs E. ich ge noch ste
so trag ich groß verlangen
All stund nach dir dann du jtz mir
hast hertz und mut gefangen.
Auß deiner berdt wirst höchlich gerdt
das laß mich lieb geniessen
durch deine güt und hochs gemüt
thu mich in dein hertz schliessen.

2. Dein euglein fein mit liechtem schein
han mir mein hertz durchdrungen.
dein roter mund dein brüstlein rund
thun mir unmut verkommen.
das schafft die trew ohn alle rew
die du mir thest beweysen
Darumb ich dir mit hoher gir
dein lob will ewig preysen.

3. Dein helßlein weyß hat gantz den preyß
von mir ob allen weiben.
ach Gott ich solt und hertzlich wolt
mein zeyt bey dir vertreyben!
darumb mein ein und anderß kein
ist in mein gmüt gewesen
alß hertzlieb ich für alle dich
hab freudt zu mern erlesen.
(S. 140-141)

[1. Ach herzigs E., ich geh noch steh,
|ich geh noch steh=ob ich gehe oder stehe
so trag ich groß Verlangen
all Stund nach dir, dann du itz mir
|itz=jetzt
hast Herz und Mut gefangen.
Aus deiner Bärd wirst höchlich g'ehrt!
|=aufgrund deines Benehmens  wirst du geehrt
Das laß mich, Lieb, geniessen!
Durch deine Güt und hochs Gemüt
tu mich in dein Herz schliessen.

2. Dein Äuglein fein mit lichtem Schein
han mir mein Herz durchdrungen,
|han=haben
Dein roter Mund, dein Brüstlein rund
tun mir Unmut verkommen.
|verkommen=vertreiben
Das schafft die Treu ohn alle Reu,
die du mir täst beweisen.
|täst=tatest
Darum ich dir mit hoher Gier
|hohe Gier=großes Verlangen
dein Lob will ewig preisen!

3. Dein Hälslein weiß hat ganz den Preis
von mir ob alle Weiben!
|ob=über
Ach Gott, ich sollt und herzlich wollt
mein Zeit bei dir vertreiben!
Darum mein ein und anders kein
ist in meim Gmüt gewesen
als, Herzlieb, ich - für alle - dich
|für alle=vor allen anderen
hab Freud zu mehrn erlesen.]
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Lied III. 52

1. Man singt von schönen junckfrawen vil
jr lob und ehr ich preysen will
Der ich so lang gedienet han.
jr ehr und gut und stoltzer mut
hat mir mein hertz gefangen.

2. Ich lag eins malß in grosser not
alß wer mir Vatter und Mutter todt
mein hertz schreyt jmmer waffen
ellend krenckt mich ellend bin ich
ellend lest mich nit schlaffen.

3. Do ich erwacht waß gantz umb sunst
ich waß entzünd in liebes brunst
litt ich dann grossen schmertzen.
inr selben nacht lag ich und tracht
alß legs mir an meim hertzen.

4. Wie möcht ich mer frölicher sein
denn ich sehe die aller liebste mein?
ja d'liebst auff diser erden
Die ich yetz hon die ist mein kron
kein lieber soll mir werden.

5. Wie möcht ich mer ellend sein
dann so ich scheyd von der liebsten mein
yetzund auff diser erden?
das soll nicht sein ich hoff die reyn
soll mir dennoch ser wol werden.
(S. 145-146)

[1. Man singt von schönen Jungfrauen viel!
Ihr Lob und Ehr ich preisen will,
der ich so lang gedienet han.
|han=habe
Ihr Ehr und Gut und stolzer Mut
|Gut=Güte
hat mir mein Herz gefangen.

2. Ich lag einsmals in großer Not
als wär mir Vatter und Mutter tot,
mein Herz schreit immer waffen,
|waffen=Jammer über Jammer
Elend kränkt mich, elend bin ich,
Elend läßt mich nit schlafen!

3. Do ich erwacht', was ganz umsunst,
|was ganz umsunst=half alles nichts
ich was entzünd't, in Liebesbrunst
litt ich dann großen Schmerzen.
Inr selben Nacht lag ich und tracht't
|tracht't=hatte die Vorstellung
als lägs mir an meim Herzen.

4. Wie möcht ich mehr fröhlicher sein
|möcht ich=könnte ich
denn ich sehe die Allerliebste mein,
|denn=als wenn
ja d'Liebst auf dieser Erden!
Die ich jetzt hon, die ist mein Kron,
|hon=habe
kein lieber soll mir werden.

5. Wie möcht ich mehr elend sein
dann so ich scheid von der Liebsten mein
jetzund auf dieser Erden?
Das soll nicht sein, ich hoff, die Rein
soll mir dennoch sehr wohl werden!]
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Lied III. 53

1. Ich weyß ein frewlein hübsch und fein
wolt Got ich solt noch heut bey jr sein
solt freundlich mit jr schertzen
in zucht und ehr! nit mehr ich ger
dann ich sie liebe von hertzen.

2. Ir mündlein rot jr brüstlein schneeweiß
jr leyb gezieret mit gantzem fleiß
nichts ist an jhr vergessen.
jr adlich gmüt macht das ich wüt
und kan jr nicht vergessen.

3. O edler schatz du mein höchster hort
tröst mich mit einem freundlichen wort
so wird mein hertz erquicket!
thust du das nicht fürwar sag ich
mein hertz in jammer ersticket.

4. Tröst mich tröst mich du mein edler schatz!
gib mir zu letzt ein freundlichen schmatz
obs schon nicht allen gfellet.
denck du an mich wie ich an dich
mein hertz zu dir hat sich gsellet.
(S. 146)

[1. Ich weiß ein Fräulein hübsch und fein,
wollt Gott, ich sollt noch heut bei ihr sein!
Sollt freundlich mit ihr scherzen
in Zucht und Ehr! Nit mehr ich gehr,
|Zucht=Wohlerzogenheit; ich gehr=ich begehre
dann ich sie liebe von Herzen!
|dann=denn

2. Ihr Mündlein rot, ihr Brüstlein schneeweiß,
ihr Leib gezieret mit ganzem Fleiß:
Nichts ist an ihr vergessen!
Ihr adlich Gmüt macht, daß ich wüt
|wüt=rase
und kann ihr nicht vergessen!

3. O edler Schatz, du mein höchster Hort,
|Hort=Schatz
tröst mich mit einem freundlichen Wort,
so wird mein Herz erquicket!
Tust du das nicht, fürwahr sag ich:
Mein Herz in Jammer ersticket.

4. Tröst mich, tröst mich, du mein edler Schatz,
gib mir zuletzt ein freundlichen Schmatz,
ob's schon nicht allen gfället!
Denk du an mich wie ich an dich,
Mein Herz zu dir hat sich gsellet.]
_____


Lied III. 57

1. Wo ich mit leib nit kommen mag
do ist all tag
mein hertz und gmüt an unterlaß. umb das
ich senlich leydt all kurtzweyl ich meydt
allein bey dir das wer mein freudt.

2. Kein sach ficht mich so schwerlich an
das ich nicht kan
erwerben solche gnad umbs glück dz schick
sein hilffe mir wie ich zu dir
mit freuden kem nach hertzen gir.

3. Rath zu auß deinem trewen hertz
das senen schmertz
den ich allein durch meyden hab mir ab
genommen werdt. will ich auff erdt
stet halten dein lieb unverkehrt.
(S. 150-151)

[1. Wo ich mit Leib nit kommen mag,
|mag=kann
do ist all Tag
mein Herz und Gmüt ahn Unterlaß: um das
|ahn=ohne
ich sehnlich leid, all Kurzweil ich meid.
Allein bei dir, das wär mein Freud.

2. Kein Sach ficht mich so schwerlich an,
daß ich nicht kann
|daß=als daß
erwerben solche Gnad um's Glück! Das schick
sein Hilfe mir! Wie ich zu dir
mit Freuden käm nach Herzen Gier!
|Gier=Verlangen

3. Rat zu aus deinem treuen Herz,
daß Sehnen Schmerz,
|Sehnen Schmerz=Schmerz der Sehnsucht
den ich allein durch Meiden hab, mir ab
genommen werd! Will ich auf Erd
|will ich=ich will
stet halten dein Lieb unverkehrt.
|stet=beständig]
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Lied III. 58

1. Lust freud thet mich umbgeben gar
darvon mir noch mein hertz ist wundt
Dasselb ein weiblich bildt nam war
die gantz freuntlich mich trösten kundt.
Des war ich fro und meint al so
es sol die sach verschwigen sein.
ein kleyne zeit het ich die freud
der klaffer seet sein samen drein.

2. Thut mir in meinem hertzen wehe
das ich nicht mehr der blümlein brach.
unter veyln unnd grünen kle
vergißmein nicht auch wachssen sahe
und wolgemut in voller blut
Darzu ye lenger ye lieber.
ist alß verwend in groß ellend
der blümlein find ich keines mehr.

3. Vil kürtzweyl ist genommen mir
seydt klaffer hat geschnitten ab
die blümblein all und wunsam zir
wiewol ich tröstlich hoffnung hab
die wurtzel sey verletzung frey
werd blüen zu des meyen zeyt.
mein hertz mir sunst durch liebes brunst
allzeit in sorg und jammer leydt.
(S. 151)

[1. Lust, Freud tät mich umgeben gar,
|umgeben gar=umgab mich ganz und gar
darvon mir noch mein Herz ist wund.
|noch=noch jetzt
Dasselb ein weiblich Bild nahm wahr,
|weiblich Bild=das Ideal einer Frau
die ganz freundlich mich trösten kunnt'.
Des war ich froh und meint' also,
|des=darüber
es sollt' die Sach verschwiegen sein.
Ein kleine Zeit hätt' ich die Freud:
|hätt'=hatte
Der Klaffer sät' sein Samen drein.
|Klaffer=Verleumder

2. Tut mir in meinem Herzen wehe,
daß ich nicht mehr der Blümlein brach.
Unter Veiln und grünen Klee
|Veiln=Veilchen
Vergißmeinnicht auch wachsen sahe
|sahe=sah
Und Wohlgemut in voller Blut,
|Blut=Blüte
darzu Jelängerjelieber.
Ist all's verwend't in groß Elend,
|verwend't=verändert
der Blümlein find ich keines mehr.

3. Viel Kürzweil ist genommen mir,
seit Klaffer hat geschnitten ab
Die Blümlein all und wunnsam Zier,
wiewohl ich tröstlich Hoffnung hab,
Die Wurzel sei Verletzung frei,
werd blühen zu des Maien Zeit.
Mein Herz mir sunst durch Liebesbrunst
allzeit in Sorg und Jammer leit.
|leit=liegt]
_____


Lied III. 59

1. Ach meidlein fein möcht es gesein
heimlich an einem orte!
Deucht mich das best das niemand west
so käm es nicht zu weyte.
Es deucht mich also gut
und brecht mir frischen mut
hast mir mein hertz umbfangen
zu dir mein schönes meidelein
trag ich gar groß verlangen.

2. Das edelst kraut hat sie gebaut
welchs wechst in jrem garten
sie spilt mit mir unnd ich mit jr
drey schantz auff einer karten.
die schantz und die was groß
wie bald sie mich umbschloß
mit weyssen armen umbfangen!
sie trückt mich freundlich an jren brüst
küst mich an beyde wangen.

3. Holdtseligs weyb dein stoltzer leyb
findt man nicht bald seinß gleychen.
was ich dich bit versag mir nit
von dir will ich nit weychen.
halt dich noch stet wie vor
und das dich Gott bewar
hüt dich für falschen zungen!
das liedt sey dir zu guter nacht
inn deinem dienst gesungen.
(S. 151-152)

[1. Ach Maidlein fein möcht es gesein
|möcht es gesein=könnte es sein
heimlich an einem Orte!
Deucht mich das Best, daß niemand weßt,
|weßt=wüßte
so käm es nicht zu weite.
Es deucht mich also gut
und brächt mir frischen Mut.
Hast mir mein Herz umfangen:
Zu dir mein schönes Maidelein
trag ich gar groß Verlangen.

2. Das edelst Kraut hat sie gebaut,
welchs wächst in ihrem Garten.
Sie spielt' mit mir und ich mit ihr,
drei Schanz auf einer Karten!
|Schanz=Vorteile
Die Schanz und die was groß,
|was=war
wie bald sie mich umschloß
mit weißen Armen umfangen!
Sie trückt' mich freundlich an ihre Brust,
küßt' mich an beide Wangen.

3. Holdseligs Weib, dein stolzer Leib
find't man nicht bald seinsgleichen!
Was ich dich bitt', versag mir nit,
von dir will ich nit weichen!
Halt dich noch stet wie vor
|stet=beständig; vor=zuvor
und daß dich Gott bewahr,
hüt dich für falschen Zungen!
|für=vor
Das Lied sei dir zu guter Nacht
in deinem Dienst gesungen.]
_____


Lied III. 61

1. Ich hört ein frewlein klagen
fürwar ein weyblich bildt
Ir hertz wolt jr verzagen
gegen eim jüngling mildt.
Das frewlein sprach mit listen
"er ligt an meinen brüsten
der aller liebste mein."

2. Die zwey die theten rasten
nicht gar ein halbe stund.
der Wechter auff den kasten
den hellen tag verkund
sein hörnlein thet er schellen:
"frewlein weckt ewren gsellen!
denn es ist an der zeit."

3. "Warumb solt ich auff wecken
den aller liebsten mein?
ich forcht ich möcht erschrecken
das junge hertze sein.
er ist meins hertzen gselle
es mühe recht wer es wölle
wie gern ich bey jm bin."

4. "Wir zwey müssen uns scheyden
gegen hellen liechten tag.
ach scheiden ymmer scheyden!
wer hat dich doch erdacht?
muß ich mich von dir scheiden
gschicht meim hertzen groß leide
alde zu guter nacht!"
(S. 152-153)

[1. Ich hört ein Fräulein klagen,
fürwahr ein weiblich Bild,
|weiblich Bild=das Ideal einer Frau
ihr Herz wollt' ihr verzagen
gegen eim Jüngling mild.
Das Fräulein sprach mit Listen:
|mit Listen=voller Klugheit
"Er liegt an meinen Brüsten,
der Allerliebste mein."

2. Die zwei, die täten rasten
nicht gar ein halbe Stund.
|gar=ganz
Der Wächter auf dem Kasten
|Kasten=Schloß
den hellen Tag verkünd't.
Sein Hörnlein tät er schällen:
|schällen=erschallen
"Fräulein, weckt Euren Gsellen!
Denn es ist an der Zeit!"

3. "Warum sollt ich aufwecken
den Allerliebsten mein?
Ich forcht, ich möcht erschrecken
|möcht=könnte
das junge Herze sein.
Er ist meins Herzens Gselle,
es mühe recht wer es wölle,
|es mühe=es verdrieße
wie gern ich bei ihm bin!"

4. "Wir zwei müssen uns scheiden
gegen hellen, lichten Tag.
Ach Scheiden, immer Scheiden,
wer hat dich doch erdacht?
Muß ich mich von dir scheiden,
g'schicht meim Herzen große Leide!
|g'schicht=geschieht
Alde zu guter Nacht!"]
_____


Lied III. 62

1. Ich armer gsel trag groß ungfel
das mir wil urlaub geben
Mein höchster hort on werck und wort
der ich nie braucht im leben
Hertz mut und sinn gricht stetz dahin
sie nimmer zuverlossen
so schickt sichs vil zum widerspil
das macht mich hart verdrossen.

2. Wo nit die zeyt herwider geyt
wie mein hoffnung und trawen
alß vorhin was so sag ich das
auff kein mensch mehr will bawen.
Doch hab ich nie gespüret ye
einigerley untrewen
darumb auch ich verwunder mich
was sie sich selbst thu zeyhen.

3. Glaub entlich das durch neydt und haß
manch grossen stich zurucken
auß klaffers mundt so mir die stundt
meins glücks wol gern entzucken
geschehen gschwindt von judas kindt
der allen falsch thut treyben.
schend jn der rit! verzag ich nit
jr trew schatz will ich bleyben.
(S. 153)

[1. Ich armer Gsell trag groß Ungfäll,
|Ungfäll=Unglück
daß mir will Urlaub geben
|Urlaub=Abschied
mein höchster Hort ohn Werk und Wort,
|Hort=Schatz; ohn=aufgrund
der ich nie braucht' im Leben.
|der=deren (die)
Herz, Mut und Sinn g'richt't stets dahin
sie nimmer zu verlossen:
So schickt sich's viel zum Widerspiel.
|=so wird vieles in sein Gegenteil verkehrt
Das macht mich hart verdrossen!
|hart=sehr

2. Wo nit die Zeit herwider geit
|herwider geit=zurüchgibt
wie mein Hoffnung und Trauen
|Trauen=Vertrauen
Als vorhin was, so sag ich, daß
|vorhin was=vorher war
auf kein Mensch mehr will bauen!
Doch hab ich nie gespüret je
einigerlei Untreuen:
|einigerlei=irgendwelche
Darum auch ich verwunder mich,
was sie sich selbst tu zeihen!
|zeihen=beschuldigt

3. Glaub endlich, daß durch Neid und Haß
manch grossen Stich zu Rucken
|zu Rucken=hinterrücks
Aus Klaffers Mund, so mir die Stund
|Klaffer=Schwätzer, Verleumder
meins Glücks wollt gern entzucken,
|entzucken=entreißen
Geschehen gschwind, von Judas' Kind,
der allen Falsch tut treiben.
Schänd ihn der Ritt! Verzag ich nit:
|Ritt=Fieber
Ihr treu Schatz will ich bleiben!]
_____


Lied III. 63

1. Ich arme metz bin hart durch gschwetz
gegen meim lieb verlogen
Wie das ich hab jn gmacht schabab
dardurch mich wirt endzogen
junckfrewlich ehr die ich bißher
hab stet an jn gehalten.
weyß gar nichts sunst darvon die brunst
meiner lieb möcht erkalten.

2. Er ist der mein so mich auß peyn
ergetzen thut mit freuden
es soll auch mich jo ewigklich
niemandts von jm nit scheyden
Denn nur der todt. armut und not
auch nit so groß mag werden
mit aller moß das ich verloß
mein höchsten schatz auff erden.

3. Kein gut noch gelt darzu die welt
soll mich dahin nit bringen
durch angeretz finantz und gschwetz
mein hertz must ehe zuspringen.
was hab ich mer hie denn mein ehr
darnach man mich soll preysen?
junckfrewlich zir hertzlieb ich dir
nit anderst will beweisen.
(S. 153-154)

[1. Ich arme Metz bin hart durch Gschwätz
|Metz=Mädchen; hart=sehr
gegen meim Lieb verlogen,
|verlogen=verleumdet
wie daß ich hab ihn gmacht schabab.
|schabab=verächtlich
Dardurch mir wird entzogen
jungfräulich Ehr, die ich bisher
hab stet an ihn gehalten.
|gehalten=bewahrt
Weiß gar nichts sunst, darvon die Brunst
meiner Lieb möcht erkalten.
|möcht=könnte

2. Er ist der mein, so mich aus Pein
ergetzen tut mit Freuden.
Es soll auch mich jo ewiglich
niemand von ihm nit scheiden
Denn nur der Tod. Armut und Not
auch nit so groß mag werden
|mag=kann
mit aller Moß, daß ich verloß
|=auf jede Weise, daß ich verlasse
mein höchsten Schatz auf Erden.

3. Kein Gut noch Geld darzu die Welt
soll mich dahin nit bringen
Durch Angered'ts, Finanz und Gschwätz,
|Angered'ts=Verleumdung Finanz=Betrug
mein Herz mußt ehe zuspringen.
|zuspringen=zerspringen
Was hab ich mehr hie denn mein Ehr,
darnach man mich soll preisen?
Jungfräulich Zier, Herzlieb, ich dir
nit anderst will beweisen.]
_____


Lied III. 65

1. Wolauf gut gsel von hinnen!
meins bleiben ist nimmer hie.
Der mey der thut uns bringen
den veyel und grünen kle
Vorm walt do hört man singen
der kleinen vöglein gsang
sie singen mit heller stimme
den gantzen sommer lang.

2. Ich kan nicht mehr geschweygen
es glag mir nie so hart
das ich trag heimlich leiden
gegen eim frewlein zart
jr lieb hat mich umbfangen
darzu jr gut gestalt.
das ich dich lieb muß meyden
darzu zwingt mich gewalt.

3. Gwalt du bist ein grosse pein
wehe der dich tragen muß!
du ubst gen mir solchen schein
mein leyd ward nie so groß.
hat mir ein eyd geschworen
sie wol mir bleyben stet
sie wol daran gedencken
wenn sie ein ander bet.
(S. 154-155)

[1. Wohlauf, gut Gsell von hinnen,
meins Bleibens ist nimmer hie,
der Mai, der tut uns bringen
den Veiel und grünen Klee.
|Veiel=Veilchen
Vorm Wald do hört man singen
der kleinen Vöglein Gsang,
sie singen mit heller Stimme
den ganzen Sommer lang.

2. Ich kann nicht mehr geschweigen,
es g'lag mir nie so hart,
|=es kam mich nie so hart an
Daß ich trag heimlich Leiden
gegen eim Fräulein zart.
Ihr Lieb hat mich umfangen,
darzu ihr gut Gestalt.
Daß ich dich, Lieb, muß meiden,
darzu zwingt mich Gewalt!

3. Gwalt, du bist ein große Pein,
wehe der dich tragen muß!
Du ubst gen mir solchen Schein,
|=du zeigst dich mir gegenüber so, daß
meid Leid ward nie so groß.
Hat mir ein Eid geschworen,
|hat=sie hat
sie woll mir bleiben stet,
|stet=treu
sie woll daran gedenken,
wenn sie ein ander bät.]
_____


Lied III. 67

1. SIe ist mein trost und auffenthalt
gepflantzt in meynem hertzen
Die mich erlöst hat mit gewalt
gar offt von pein und schmertzen.
darumb ich jr mit gantzer gir
will sein bereyt in dinstbarkeyt
und auch verspricht inbrinstigklich
gantz wie sie wil so find sie mich.

2. BIllich sols sein dweyl ich sie lob
vor alle weyb auff erden
das es erschein in solcher prob.
jr holdtselig geperden
ja zucht und weyß die sie mit vleyß
höfflich erzeygt mir sein geneygt.
drumb ich versprich jr emsiglich
gantz wie sie will so find sie mich.

3. LAst glück uns beydt frisch und gesunt
wider zusammen kommen
hoff ich alß leyd zur selben stundt
sol uns werden benommen
darinn mein gmüt yetz tobt und wüt.
und stet mein gir allein zu jr
das schafft das ich ewig versprich
gantz wie sie will so find sie mich.
(S. 156)

[1. SIe ist mein Trost und Aufenthalt
gepflanzt in meinem Herzen,
die mich erlöst hat mit Gewalt
gar oft von Pein und Schmerzen.
Darum ich ihr mit ganzer Gier
|Gier=Verlangen
will sein bereit in Dienstbarkeit
und auch versprich inbrinstiglich:
Ganz wie sie will so find't sie mich.

2. BIllich soll's sein, d'weil ich sie lob
|d'weil=weil
vor alle Weib auf Erden,
|vor=über
Daß es erschein in solcher Prob:
|es erschein=sich erweise
Ihr holdselig Gepärden,
|Gebärden=Gebahren
Ihr Zucht und Weis, die sie mit Fleiß
|Zucht und Weis=Sittsamkeit und Lebensart
höflich erzeigt mir sein geneigt.
|=die zeigt sie mir geneigt
Drum ich versprich ihr emsiglich:
Ganz wie sie will, so find't sie mich.

3. LAßt Glück uns beid frisch und gesund
wieder zusammenkommen,
Hoff ich all's Leid zur selben Stund
soll uns werden benommen,
|benommen=genommen
Darin mein Gmüt jetz tobt und wüt't.
Und steht mein Gier allein zu ihr!
|Gier=Verlangen
Das schafft, daß ich ewig versprich:
|versprich=verspreche
Ganz wie sie will, so find't sie mich!]
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Lied III. 68

1. Mir ist ein schönß braunß meidelein
gefallen in mein sin.
Wolt got ich solt heint bey jr sein
mein trewren fur dahin!
Kein tag noch nacht hab ich kein rw
das schafft jr schön gestalt
ich weiß nit wie im furbaß thu
mein feinß lieb macht mich alt.

2. Dem meydlein ich gern dienen wolt
wenn ichs mit fugen kundt
darumb hab ich der neyder vil
das mir nit wirdt vergundt.
Ich hoff sie sols erfaren bald
wie ichs so trewlich gmein
auff erdt ich mir nichts wünschen wolt
denn zusein bey jr allein.

3. Dem meydlein ich mein trew versprich
zun ehrn und anders nicht.
alß was doch frumb unnd ehrlich ist
darnach ich mich stetß richt.
solt denn mein trew verloren sein
krenckt mir mein sin unnd gmüt
ich hoff sie sols erfaren schier
mein sach soll werden gut.

4. Dann was die falschen zungen thun
ist yetzund an den tag.
ach du mein feinß brauns megtlein
hör zu was ich dir sag!
halt dich mir stets in ehren allein
wie ich dich hertzlieb mein
so bhelstu gunst mit diser kunst
das glaub mir meydlein rein.

5. Damit will ich dem meydelein
gesungen haben frey
zu guter nach ein liedelein
alß guts wünsch ich darbey
Damit daß sie gedenckt an mich
wenn ich nit bey jr bin.
so bhüt dich Gott im himelreych!
alde ich far dohin.
(S. 156-157)

[1. Mir ist ein schöns brauns Maidelein
gefallen in mein'n Sinn.
Wollt Gott ich sollt heint bei ihr sein,
|heint=heute nacht
mein Trauren fuhr dahin!
Kein Tag noch Nacht hab ich kein Ruh,
das schafft ihr schön Gestalt.
Ich weiß nit wie ihm furbaß tu,
|=ich weiß nicht, wie ich weiterhin handeln soll
mein Feinslieb macht mich alt.

2. Dem Maidlein ich gern dienen wollt,
wenn ich's mit Fugen kunnt.
|mit Fugen=mit Schicklichkeit
Darum hab ich der Neider viel,
daß mir nit wird vergunnt.
|vergunnt=gegönnt
Ich hoff, sie soll's erfahren bald
wie ich's so treulich g'mein,
auf Erd ich mir nichts wünschen wollt,
denn zu sein bei ihr allein.

3. Dem Maidlein ich mein Treu versprich
zun Ehrn und anders nicht.
|zun Ehrn=in Ehren
All's was doch frumm und ehrlich ist,
|frumm=brav; ehrlich=ehrbar
darnach ich mich stets richt.
Sollt denn mein Treu verloren sein,
kränkt mich mein Sinn und Gmüt,
ich hoff, sie soll's erfahren schier:
|schier=bald
Mein Sach soll werden gut!

4. Dann was die falschen Zungen tun,
|dann=denn
ist jetzund an dem Tag.
Ach du mein feins brauns Maidelein,
hör zu, was ich dir sag:
Halt dich mir stets in Ehrn allein,
wie ich dich, Herzlieb, mein,
|mein=liebe
so b'hälstu Gunst mit dieser Kunst -
|b'hälstu=behältst du
das glaub mir, Maidlein rein!

5. Damit will ich dem Maidelein
gesungen haben frei
Zu guter Nacht ein Liedelein,
all's Gut's wünsch ich darbei!
Damit daß sie gedenkt an mich
wenn ich nit bei ihr bin!
So b'hüt dich Gott im Himmelreich,
alde ich fahr dohin!]
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Lied III. 69

1. Wach auff mein hort und hör mein stimm erklingen!
mir liebt vor allen dingen
der war allmechtig got
darnach dein grader stoltzer leyb
o adelichs weib!
dein inigkeit dein lieb die wil mich tödten.

2. O hertzes lieb wilt du es nicht erkennen?
so offt ich dich hör nennen
so freud sich mein gmüt.
darzu sich ein figure
alß in der selben nature
alß jr gemüt ist geborn in meinem Planeten.

3. o hertzigs lieb laß dir das gehen zu hertzen
den jemmerlichen schmertzen
den ich im hertzen trag
allein von deinetwegen!
wie offt bin ich gelegen
in einem traum alß het ich dich umbfangen!

4. Do ich erwacht was mir mein freud verschwunden.
ach Got der jämerlichen stunden
seid das mich Got beschuff
Ich weiß nit umb den handel
mir liebt jr zucht und wandel
jr weiß und gberd nach jr steht mein verlangen.
(S. 157)

[1. Wach auf, mein Hort, und hör mein Stimm erklingen!
|Hort=Schatz
Mir liebt vor allen Dingen
|mir liebt=mir ist lieb
der wahr allmächtig Gott,
darnach dein grader stolzer Leib,
o adeliches Weib!
Dein Innigkeit, dein Lieb die will mich töten!

2. O herzes Lieb, wilt du es nicht erkennen?
|wilt=willst
Sooft ich dich hör nennen,
so freut sich mein Gemüt -
darzu sich ein Figure! -
|sich=siehe; Figure=Gleichnis
als in der selben Nature,
als ihr Gmüt ist geborn in meinem Planeten!

3. O herzigs Lieb, laß dir das gehen zu Herzen,
den jämmerlichen Schmerzen,
den ich im Herzen trag
allein von deinetwegen!
Wie oft bin ich gelegen
in einem Traum als hätt ich dich umfangen!

4. Do ich erwacht' was mir mein Freud verschwunden.
|was=war
Ach Gott, der jämmerlichen Stunden
seit daß mich Gott beschuf!
|beschuf=erschuf
Ich weiß nit um den Handel,
|=ich weiß nicht um sonst irgendetwas
mir liebt ihr Zucht und Wandel,
|=mir ist angenehm ihre Sittsamkeit und Lebenswandel
ihr Weis und G'bärd. Nach ihr steht mein Verlangen!
|G'bärd=Gebahren]
_____


Lied III. 71

1. Hor merck mein klag ehe ich verzag
sent hilff schonß lieb ob allen!
Verlangens pein das hertze mein
hat schmertzlich uber fallen
Allein zu dir stet mein begir
und muß gleichwol dich meiden
das bringt mir heimlich leiden.
hertzlieb das klag ich dir darumb hilff du auch mir!

2. "Gesell dein wort hab ich erhort
und gen mir tieff zu hertzen.
ich stell nach dir alß du nach mir
des trag ich gleichen schmertzen
Darumb stell ab hertzliebster knab!
kan ich die sach verklügen
glaub mir so will ichs fügen
das ich in ehren trab ein freyn mut mit dir hab."

3. Mich bringt daran guts ich dir gan
von dir will ich nit lassen
und hoff darbey du thust auch frey
solchs gegen mir dermassen.
dann ich allzeyt bin stets bereyt
zu dienen dir in ehren.
schonß lieb thu mich gewehren!
hertzlieb das bitt ich dich glaubs sicherlich!
(S. 158-159)

[1. Hor, merk mein Klag eh ich verzag,
|hor=höre; merk=beachte
send Hilf, schons Lieb ob allen!
|schons=schönes; ob allen=über allen
Verlangens Pein das Herze mein
hat schmerzlich uberfallen!
Allein zu dir steht mein Begier
und muß gleichwohl dich meiden!
Das bringt mir heimlich Leiden!
Herzlieb, das klag ich dir, darum hilf du auch mir!

2. "Gesell, dein Wort hab ich erhort
|dein Wort=deine Worte; erhort=gehört
und gehn mir tief zu Herze.
|gehn=sie gehen
Ich stell nach dir als du nach mir,
|ich stell nach dir=ich bin ebenso auf dich aus
des trag ich gleichen Schmerzen!
Darum stell ab, herzliebster Knab!
|stell ab=laß (deine Klage) sein
Kann ich die Sach verklügen,
|verklügen=vertuschen
glaub mir, so will ich's fügen,
|fügen=einrichten
daß ich in Ehren trab, ein frei'n Mut mit dir hab!"

3. "Mich bring daran! Guts ich dir gann,
|gann=gönne
von dir will ich nit lassen
Und hoff darbei, du tust auch frei
solchs gegen mir dermaßen!
Dann ich allzeit bin stets bereit,
|dann=denn
zu dienen dir in Ehren,
schons Lieb, tu mich gewähren!
|schons=schönes
Herzlieb, das bitt ich dich, glaubs sicherlich!"]
_____


Lied III. 72

1. Es jagt ein jeger wolgemut
er jagt auß frischen freyen mut
unter einr grünen linden.
er jagt derselben thierlein vil
mit seinen schnellen winden.

2. Er jagt uber perg und tieffe thal
unter der stauden uberall
sein hörnlein thet er blasen.
sein lieb unter einr stauden saß
thet auff den jeger losen.

3. Er spreyt sein mantel in das graß
bat sie das sie zu jm nider saß
mit weyssen armen umbfangen:
"gehab dich wol mein trösterin
nach dir stet mein verlangen!"

4. Hat uns der reyff hat uns der schne
hat uns erfrort den grünen kle
die blümblein auff der heyden
wo zwey hertzlieb bey einander sein
die zwey soll niemandt scheyden.

5. Es ist kein jeger er hat ein hundt
mein lieb kost mich wol hundert pfundt
mich und all mein gesellen.
ich will und muß ein bulen han
es kost recht was es wolle!

6. Feyneß mein lieb gehab dich wol!
mein seckel ist deß goldes vol
des gib mir nichts mer wider.
das lieb unter der stauden saß
schwang dahin sein gefider.

7. Der uns das liedlein news gesang
ein freyer jäger ist er gnand
er hats gar wol gesungen.
zu R. geht er auß und ein
es hat jm wol gelungen.
(S. 159)

[1. Es jagt' ein Jäger wohlgemut,
er jagt aus frischem freien Mut
unter einer grünen Linden.
Er jagt' derselben Tierlein viel
mit seinen schnellen Winden.
|Winden=Windhunden

2. Er jagt' uber Perg und tiefe Tal,
|Perg=Berge
unter den Stauden uberall,
sein Hörnlein tät er blasen.
Sein Lieb unter einr Stauden saß,
tät auf den Jäger losen.
|losen=horchen

3. Er spreit't sein Mantel in das Gras,
|spreit't=breitete aus
bat sie, daß sie zu ihm niedersaß
mit weißen Armen umfangen:
"Gehab dich wohl, mein Trösterin,
nach dir steht mein Verlangen!"

4. Hat uns der Reif, hat uns der Schnee,
hat uns erfrort den grünen Klee,
die Blümlein auf der Heiden.
Wo zwei Herzlieb beieinander sein,
die zwei soll niemand scheiden.

5. Es ist kein Jäger, er hat ein Hund,
|er hat=der nicht hat
mein Lieb kost't mich wohl hundert Pfund,
mich und all mein Gesellen.
Ich will und muß ein Buhlen han,
|han=haben
es kost recht was es wolle!

6. Feines mein Lieb, gehab dich wohl!
Mein Säckel ist des Goldes voll,
des gib mir nichts mehr wieder.
Das Lieb unter der Stauden saß,
schwang dahin sein Gefieder.

7. Der uns das Liedlein neu's gesang,
ein freier Jäger ist er gnannt,
er hats gar wohl gesungen.
Zu R. geht er aus und ein.
es hat ihm wohl gelungen.]
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Lied III. 73

1. Verlorner dienst der sint gar vil
der ich mich unterwunden han.
So merck ich wol das mein nit wil
kanß doch nit unterwegen lan.
sie nimmt mir hin hertz mut und sin
wz zeicht sie mich
dz si mein nit wil?
ja der bin ich
den man allzeit verachten thut.

2. Ich weyß ein kraut das heyst schabab
krenckt mir mein junges hertz fürwar
wer nit wunder ich würde graw
dann ich all hoffnung zu jr hab.
so sie das nit erkennen will
mein traurigs hertz
in grossen schmertz
es ist kein schertz
trag sorg es sey mein endts ein zil.

3. Gesegen dich Gott mein reynes weyb!
laß mich nit scheyden von deinem leyb
du krenckst mir das junge hertze mein
und machst das ich muß stets trawrig sein.
Mit deiner lieb bezwingst du mich
laß mir erscheynen
der gnaden dein
bleib allzeit mein
ich will keinr andren diener sein.
(S. 159-160)

[1. Verlorner Dienst, der sind gar viel,
der ich mich unterwunden han.
|=die ich auf mich genommen habe
So merk ich wohl, daß mein nit will,
|daß=daß sie
kanns doch nit unterwegen lan.
|unterwegen lan=unterlassen
Sie nimmt mir hin Herz, Mut und Sinn:
Was zeicht sie mich
|=was wirft sie mir vor
daß sie mein nit will?
Ja, der bin ich, den man allzeit verachten tut!

2. Ich weiß ein Kraut, das heißt Schabab,
|Schabab=Verächtlichkeit
kränkt mir mein junges Herz fürwahr -
|kränkt=macht mich krank
Wär nit Wunder, ich würde grau,
dann ich all Hoffnung zu ihr hab.
|dann=denn
So sie das nit erkennen will,
|so=wenn
mein traurigs Herz
in großen Schmerz -
es ist kein Scherz,
trag Sorg, es sei mein Ends ein Ziel!

3. Gesegen dich Gott, mein reines Weib,
laß mich nit scheiden von deinem Leib,
Du kränkst mir das junge Herze mein
und machst, daß ich muß stets traurig sein!
Mit deiner Lieb bezwingst du mich,
laß mir erschein'n
der Gnaden dein,
bleib allzeit mein,
ich will keinr andren Diener sein!]
_____


Lied III. 74

1. Drey laub auff einer linden
blüen also wol.
sie thet vil tausent sprünge
(jr hertz was freuden vol)
ich günß dem meydlein wol.

2. Das meydlein das ich meyne
das ist hübsch und fein
wenn ich das selb anblicke
sich freut das hertze mein
des eygen will ich sein.

3. Sie hat ein roten munde
und zwey euglein klar
auch ein schne weyssen leybe
darzu goldfarbes har
das ziret sie fürwar.
(S. 160)

[1. Drei Laub auf einer Linden
blühen also wohl.
Sie tät viel tausend Sprünge,
|sie tät=sie tat, machte
ihr Herz was freudenvoll!
|was=war
Ich günn's dem Maidlein wohl!
|ich günn's=ich gönne es

2. Das Maidlein, das ich meine,
das ist hübsch und fein.
Wenn ich das selb anblicke,
sich freut das Herze mein:
Des eigen will ich sein!

3. Sie hat ein roten Munde
und zwei Äuglein klar,
auch ein schneeweißen Leibe,
darzu goldfarbes Haar:
Das zieret sie fürwahr!]
_____


Lied III. 75

1. Ich armer boß bin gantz verirrt
wo soll ich mich hinkeren?
Ach Jupiter sent mir dein hilff
thu mich weisen und leren!
ich bin entzünd mein hertz das brint
das ich nit kan entschlaffen
das schafft das aller schönste kind
ja waffen uber waffen.

2. Schaw an die klag die ich yetz für
o Venus durch dein güte!
stil mir mein hertz in kurtzer eyl
das es nit also wüte.
ich bin behafft mit liebes krafft
mit Adams rip durchschossen
ich jag den tag biß an die nacht
und bin gantz unverdrossen.

3. Laß Jupiter Venus dein kindt!
hast mich so hart geschossen
wiewol daugen verbunden seint
hast mich ungferdt getroffen.
spar mir unnd dir und triff die zeit
durch deiner Mutter ehren
wo das gesche so wirt mein schmertz
in grosse freud sich keren.

4. Es ist auch nit verwunderlich
das ich ein solche lieb han
gegen den aller schönsten kindt
nicht anderst hat König David gthan
alß er ein weib vor jme sahe
wie sie die füß thet waschen
von stund wart er in lieb entzündt
das kan ich wol ermessen.

5. Dardurch mein hertz wirt vast betrübt
wann ich von jr muß keren.
keine auff erdt mir also liebt
sie kan mir freuden meren
sie ist die recht von weybes geschlecht
von gutem stant geboren.
an jr ist nichts verloren.

6. Kein laster ist an jren leyb
von füssen biß auff die scheiteln
sie hat ein gang recht wie ein pfaw
jr euglein kan sie leyten
sie hat ein gsang recht wie ein Lerch
nicht weytter wil ichs schreyben.
keine auff erdt mir also liebt
sie kan mir leydt vertreyben.
(S. 160-161)

[1. Ich armer Boß, bin ganz verirrt,
|Boß=Busche
wo soll ich mich hinkehren?
Ach Cupido send mir dein Hilf,
tu mich weisen und lehren!
Ich bin entzünd't, mein Herz das brinnt,
|brinnt=brennt
daß ich nit kann entschlafen.
|entschlafen=einschlafen
Das schafft das allerschönste Kind,
ja waffen uber waffen!
|=zu Hilfe!

2. Schau an die Klag, die ich jetz führ,
|jetz=jetzt
o Venus, durch dein Güte!
Still mir mein Herz in kurzer Eil,
daß es nit also wüte!
Ich bin behaft mit Liebeskraft,
mit Adams Ripp durchschossen,
ich jag den Tag bis an die Nacht
und bin ganz unverdrossen.

3. Laß Jupiter (Venus, dein Kind)!
|Jupiter= eigentlich  ist Cupido gemeint
Hast mich so hart geschossen,
Wiewohl d'Augen verbunden seind,
|d'Augen=die Augen; seind=sind
hast mich Ung'fährd't' getroffen.
|mich Ung'fährd't'=mich Arglosen
Spar mir und dir und triff die Zeit
|=schone dich und mich zur rechten Zeit
durch deiner Mutter Ehren.
Wo das geschäh, so wird' mein Schmerz
|wird'=würde
in großer Freud sich kehren!

4. Es ist auch nit verwunderlich,
daß ich ein solche Liebe han,
|han=habe
Gegen dem allerschönsten Kind,
nicht anderst hat König David g'tan
Als er ein Weib vor ihme sah,
wie sie die Füß tät waschen:
Von Stund ward er in Lieb entzünd't -
das kann ich wohl ermessen!

5. Dardurch mein Herz wird fast betrübt,
|fast=sehr
wann ich von ihr muß kehren.
|wann=wenn
Keine auf Erd mir also liebt,
|=ist mir so angenehm
sie kann mir Freuden mehren.
Sie ist die recht von Weibs Geschlecht,
von gutem Stamm geboren.
Mich armen Knecht sei nicht verschmächt,
|sei=sie; verschmächt=verschmäht
an ihr ist nichts verloren!

6. Kein Laster ist an ihrem Leib,
|Laster=Makel
von Füßen bis auf die Scheiteln,
Sie hat ein Gang recht wie ein Pfau,
ihr Äuglein kann sie leiten,
|leiten=blitzen lassen
Sie hat ein Gsang recht wie ein Lerch,
nicht weiter will ich's schreiben.
Keine auf Erd mir also liebt:
Sie kann mir Leid vertreiben!]
_____


Lied IV. 1

1. Ach hertzigs hertz! mit grossem schmertz
ich leyder manche stund vertreib.
Vest senlich klag ich heimlich trag
durch dich du wunderschönes weib
Darumb hertzlieb mich nit betrüb
sich an das ich so ellend bin
schleuß auf dein hertz und erkenn mein schmertz
denn ich für dich nit liebers gwin.

2. So bitt ich dich gar hertzigklich
das du mein bit erhörest schier
Thust du das nicht mein hertz das bricht
vor leyd und sonderlicher begir.
Denn ich begir auff erd nicht mehr
denn das ich sech dein werde gestalt
So geb ich dir mein höchste zier
freuntlich meins herzen gantz gwalt.

3. Hertzliebste Fraw mir das vertraw
denn ich dein nimmer vergiss.
Kein zweyffel hab was ich dir sag
das bist du alle zeyt gwert und gewiß.
und ker dich nicht ans klaffers red
Das bitt ich dich hertz höchster hort!
mein junges hertz das stirbt vor schmertz
darumb mein schatz denck an die wort.
(S. 171)


[1. Ach herzigs Herz, mit grossem Schmerz
ich leider manche Stund vertreib!
Vest sehnlich Klag ich heimlich trag
|=sehr sehnsuchtsvolle Klage ich heimlich trage
durch dich, du wunderschönes Weib!
Darumb, Herzlieb, mich nit betrüb,
sich an, dass ich so elend bin!
|sich an=sieh an
Schleuß auf dein Herz, erkenn mein Schmerz,
|schleuß auf=schließ auf
denn ich für dich nit liebers gwinn!
|für dich=statt deiner

2. So bitt ich dich gar herziglich,
das du mein Bitt erhörest schier!
|schier=rasch
Tust du das nicht, mein Herz das bricht
vor Leid und sonderlicher Begier.
|Begier=Verlangen
Denn ich begehr auf Erd nicht mehr
denn das ich sech dein werde Gestalt!
|sech=sehe
So geb ich dir, mein höchste Zier,
freundlich meins Herzen ganz Gewalt.

3. Herzliebste Frau, mir das vertrau,
denn ich dein nimmer vergiss.
Kein Zweifel hab, was ich dir sag,
das bist du alle Zeit gwert und gewiß.
Und kehr dich nicht an Klaffers Red,
|Klaffer=Schwätzer, Verleumder
das bitt ich dich, herzhöchster Hort!
Mein junges Herz, das stirbt vor Schmerz:
darumb, mein Schatz, denk an die Wort!]
_____


Lied IV. 2

1. Zu trost erwelt lieblich gestelt
in freud der allerliebsten mein
Dein werde güt hat mein gemüt
in wunigklichens trostes schein
Erhelt mit schall für dir für all.
O außerwelte frucht
dein liebe zucht
erfrew mich schier!
hilff glück mit freuden mir zu dir!

2. In lieb erhebt freundlichen schwebt
mein hertz gen dir zu aller stundt.
Dein lieblich gstalt hat mit gewalt
entzündet mich unnd sehr verwund!
Thu hilffe scheyn dem hertzen mein
nimm auff die grossen trew
on alle rew
mit steter gir.
hilff glück mit freuden mir zu dir!

3. Für all diß welt umb wider gelt
Wil ich dir wesen unterthan
Mit farben drey zutragen frey
in deinem dienst auff aller ban
in geel braun blau groß freud ich hab.
Dweyl ich auff diser erd
du bist seinr werd
und liebest mir.
hilff glück mit freuden mir zu dir.
(S. 171-172)

[1. Zu Trost erwählt, lieblich gestellt
in Freud der Allerliebsten mein:
dein werde Güt hat mein Gemüt
in wunniglichens Trostes Schein
erhellt mit Schall für dir, für all.
|für dir=vor dir
O auserwählte Frucht,
dein liebe Zucht
|Zucht=Bildung
erfreu mich schier!
|schier=rasch
Hilf Glück mit Freuden mir zu dir!

2. In Lieb erhebt, freundlichen schwebt
mein Herz gen dir zu aller Stund.
Dein lieblich Gstalt hat mit Gewalt
entzündet mich und sehr verwund!
Tu Hilfe schein dem Herzen mein,
nimm auf die großen Treu
ohn alle Reu
mit steter Gier!
|Gier=Verlangen
Hilf Glück mit Freuden mir zu dir!

3. Für all dies Welt um Wiedergelt
|Wiedergelt=Belohnung
will ich dir wesen Untertan
|wesen=sein
mit Farben drei zutragen frei
in deinem Dienst auf aller Bahn:
In Geel, Braun, Blau groß Freud ich hab
|Geel=Gelb
d'weil ich auf dieser Erd -
|d'weil=dieweil
du bist seinr wert
und liebest mir!
Hilf Glück mit Freuden mir zu dir!]

Gelb ist die Farbe der Enthaltsamkeit, aber auch der letzten Liebesgewährung, braun die der Wohlerzogenheit, blau die der Treue.
_____


Lied IV. 3

1. Man spricht wz Got zusammen fügt
wem das benügt
der hab vil gnad
im glückes rat
auff steygen thut
mit ehr und gut
Got bhelt jn hie und dort in hut.

2. Richt ich mich nur yetzund darein
das ich mög sein
jm danckbar hie
vorauß umb die
er mir beschert
weil er mich gwert
hat eben das was ich beger.

3. All mein gemüt ich zu jr setz
hoff sie ergetz
Mich des uns mehr.
jr zucht und ehr
hat mich bewegt
das jr mein hertz groß liebe tregt.
(S. 172)

[1. MAn spricht, was Gott zusammenfügt,
wem das benügt,
|benügt=genügt
der hab viel Gnad,
im Glückes Rad
aufsteigen tut
mit Ehr und Gut,
Gott b'hält ihn hie und dort in Hut.

2. RIcht ich mich nur jetzund darein,
das ich mög sein
ihm dankbar hie
voraus um die
|voraus=im voraus
er mir beschert,
weil er mich gwert
|mich gwert=mir gewährt
hat eben das, was ich begehr.

3. All mein Gemüt ich zu ihr setz',
hoff sie ergetz
|ergetz=entschädige
mich des und mehr!
Ihr Zucht und Ehr
|ihr Zucht=ihre Bildung
hat mich bewegt
daß ihr mein Herz groß Liebe trägt.]

Die Anfangsbuchstaben der drei Strophen ergeben den Namen MA-RI-A.
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Lied IV. 6

1. Dich meiden zwingt durchdringt
schmertzlich all mein gblüt.
Mein hertz das ringt und bringt
mir leyd und groß ungmüt
Das ich nach deiner güt
in senen tob und wüt.

2. Vil mehr der last on rast
durch kunst nit ringer sein
So fürcht ich fast du hast
hertz lieb mich gar in peyn
verlan. ich bin doch dein
ewig sonst niemand mein.

3. Thu nicht dein zucht in flucht
davon wir werden schlecht
Du reyne frucht! mein sucht
noch wol zu freuden brecht
in liebe deinen knecht
dir bleib am end gerecht.
(S. 173)

[1. Dich meiden zwingt, durchdringt
|dich meiden=dich meiden müssen
schmerzlich all mein Gblüt!
|Gblüt=Blut
Mein Herz, das ringt und bringt
mir Leid und groß Ungmüt,
|Ungmüt=Verdrießlichkeit
das ich nach deiner Güt
in Sehnen tob und wüt!
|Sehnen=Sehnsucht

2. Viel mehr der Last ohn Rast
durch Kunst nit ringer sein,
|Kunst=Kunstgriffe; ringer=leichter
so fürcht ich fast, du hast,
|fast=sehr
Herzlieb, mich gar in Pein
verlan. Ich bin doch dein,
|verlan=verlassen, gelassen
ewig sonst niemand mein!

3. Tu nicht dein Zucht in Flucht,
|=vergiß nicht dein gutes Benehmen mir gegenüber
davon wir werden schlecht,
|schlecht=gering
du reine Frucht, mein Sucht
|Sucht=Leidenschaft
noch wohl zu Freuden brächt'
in Liebe deinen Knecht.
Dir bleib am End gerecht!
|gerecht=treu]
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Lied IV. 18

1. Ach lieb ich muß dich lassen!
ein zeyt groß schmertzen fassen
weil ich von dir muß sein.
wie köndt mirs ubler gfallen
das ich die liebst ob allen
solt meyden so weyt von dem Rein?

2. Die trew ich offt bedencke
mein hertz inn trawren sencke
Wenn ich es wol betracht
mich freud sonst nichts auff erden
wenn sie mir nur solt werden
mein hertz vergieng sein onmut.

3. Schwartz euglein mich erfrewen
wenn ich sie sich bey zeiten
Doch alte lieb rost nicht
das tröst mich in meim hertzen
sie dencke auch mein im hertzen
wie denn von mir beschicht all tritt.
(S. 178)

[1. Ach Lieb, ich muß dich lassen,
ein Zeit groß Schmerzen fassen,
ein Zeit=eine Zeitlang
weil ich von dir muß sein.
Wie könnt mirs übler gfallen,
daß ich die Liebst ob Allen
sollt meiden so weit von dem Rhein?

2. Die Treu ich oft bedenke,
mein Herz in Trauren senke,
wenn ich es wohl betracht.
Mich freut sonst nichts auf Erden,
wenn sie mir nur sollt werden,
mein'n Herz vergieng sein Unmut.

3. Schwarz Äuglein mich erfreuen
wenn ich sie sich bei Zeiten -
doch alte Lieb rost nit!
Das tröst mich in meim Herzen,
|Herzen=eigentl. Schmerzen
sie denke auch mein im Herzen
wie denn von mir beschicht all Tritt.
|beschicht all Tritt=bei jedem Schritt geschieht]
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Lied IV. 22

1. Du linderst mir das hertze mein
holdselig fein bistu gestalt ob allen.
So ich bey dir nit mag gesein
leyd ich groß pein. für all thut mir gefallen
Dein weiß und berd darumb auf erd
han ich mir fürgenommen dich
dann dein geleich ich nindert sich.

2. Hoffnung hab ich in kurtzer stundt
dein roten mund freundtlichen ansehen
Der mir mein Hertz sehr hat verwund
biß auff den grund mag ich in jhr das verjehen.
gentzlich fürwar all freud ich spar
Allein zu dir mein höchster schatz.
mittheyl mir deinen süssen schwatz!

3. Mengklich vergicht dir zucht und ehr
billich auch her ich dir die nicht zu mindern.
Was dir mißfelt heyß mich und lehr
wil ich sein der solchs willigklich will hindern
unnd bleyben klug mit allem fug
Willig zuthun was dir gefelt
darumb ich dich han außerwelt.
(S. 180-181)

[1. Du linderst mir das Herze mein,
holdselig, fein bist du gestalt ob Allen!
|=von Gestalt, mehr als alle anderen Frauen
So ich bei dir nit mag gesein,
|nit mag gesein=nicht sein kann
leid ich groß Pein! Für all tut mir gefallen
|für all=über alles
dein Weis und Bärd, darum auf Erd
|Weis und Bärd=Lebensart und Gebahren
han ich mir fürgenommen dich
|han=habe; fürgenommen=erwählt
denn dein geleich ich nindert sich!
=denn deines gleich sehe ich nirgends

2. Hoffnung hab ich in kurzer Stund
dein roten Mund freundlichen ansehen,
der mir mein Herz sehr hat verwund
bis auf den Grund - das mag ich dir verjehen.
|verjehen=versichern
Gänzlich fürwahr all Freud ich spar
allein zu dir, mein höchster Schatz,
mitteil mir deinen süssen Schwatz!
|Schwatz=angenehme Rede

3. Menklich vergicht dir Zucht und Ehr:
|=viele verkünden deine Bildung und Ehre
billich auch gehr ich, dir die nicht zu mindern.
|gehr ich=begehre ich
Was dir mißfällt, heiß mich und lehr,
will ich sein der solchs williglich will hindern
und bleiben klug, mit allem Fug
|Fug=Schicklichkeit
willig zu tun, was dir gefällt:
darum ich dich han auserwählt!
|han=habe]
_____


Lied IV. 35

1. Es ist nun zeit das mich bereit
der allerliebsten zu dienen
Wie ichs anfieng das mir geling
mein hertz mit dir zu versünen.
Solchs ich betracht tag und auch nacht
krenckt mir gar sehr mein leben
das macht fürwar das ich mich gar
hab Got und jr ergeben.

2. Lieb macht mir leyd so ich dich meyd
mein zuversicht ob allen!
Nimm hin die wort mein höchster hort!
laß dir sie wol gefallen.
Ste von dem gsang daran du lang
gesungen hast an freuden.
[ich] hoff gar schier werd mir und dir
hin glegt alles leyden.

3. Sich an mein hertz wie grossen schmertz
ich han so ich von dir muß sein!
In leyd gar tieff ich zu dir rieff
das du mir ringerst solche peyn.
Des ich zu dir hoff mit begir
des wil ich dich ergetzen
Darumb ich dir mein höchste zier
wil leyd und gut versetzen.
(S. 187)

[1. Es ist nun Zeit, das mich bereit,
|das mich bereit=daß ich mich bereitmache
der Allerliebsten zu dienen.
Wie ichs anfing, das mir geling,
mein Herz mit dir zu versühnen?
Solchs ich betracht Tag und auch Nacht,
kränkt mir gar sehr mein Leben:
das macht fürwahr, daß ich mich gar
hab Gott und Ihr ergeben!

2. Lieb macht mir Leid, so ich dich meid,
|so=wenn
mein Zuversicht ob Allen!
Nimm hin die Wort, mein höchster Hort,
laß dir sie wohl gefallen.
Steh von dem Gsang, daran du lang
|steh=steh ab, nimm Abstand
gesungen hast ohn Freuden:
[ich] hoff gar schier werd mir und dir
|schier=rasch
hinglegt alles Leiden!
|hinglegt=hingelegt

3. Sich an, mein Herz, wie grossen Schmerz
|sich=sieh
ich han, so ich von dir muß sein!
In Leid gar tief ich zu dir rief,
daß du mir ringerst solche Pein.
|ringerst=verringerst
Des ich zu dir hoff mit Begier,
|=was ich von dir hoffe
des will ich dich ergetzen,
|ergetzen=entschädigen
darum ich dir, mein höchste Zier,
will Leib und Gut versetzen!]
_____

Aus: Georg Forsters Frische Teutsche Liedlein in fünf Teilen
Abdruck nach den ersten Ausgaben 1539, 1540, 1549, 1556
mit den Abweichungen der späteren Drucke
Herausgegeben von M. Elisabeth Marriage
Halle a. d. S. Verlag von Max Niemeyer 1903
 

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