Friedrich Wilhelm Gotter (1746-1797) - Liebesgedichte

Friedrich Wilhelm Gotter

 


Friedrich Wilhelm Gotter
(1746-1797)

 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:

 

Die Liebe
1780

Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!
Sorgenlos, wie Kinder,
Führt sie uns durchs Leben.
Unser ganzes Leben
Flieht mit ihr geschwinder,
Als uns ohne Liebe
Sonst ein Tag verging!
Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!

Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!
Muth gibt sie zur Arbeit,
Hilft sie uns verrichten.
Eine Blumenkette
Werden unsre Pflichten,
Und am Thron der Liebe
Hängt der Kette Ring.
Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!

Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!
Unsre Seele hebet
Sich auf ihrem Flügel,
Unsre Seele schwebet,
Neu von ihr belebet,
Ueber Thal und Hügel,
Gleich dem Schmetterling.
Ach, was ist die Liebe
Für ein süßes Ding!
(S. 39-41)
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Der Lohn der Treue
1771

Auch die Sprödeste der Schönen
Widersteht nicht langem Schmerz,
Und der Liebe Freuden krönen
Endlich ein getreues Herz.

Ach, wie süß sind alle Sorgen,
Jede Mühe, wie so leicht,
Wenn man träumet: morgen, morgen
Wird ihr stolzer Sinn erweicht!

Wild, auf ungebahnten Wegen,
Bricht der Strom durch Fels und Stein:
Leisetröpfelnd dringt der Regen
Endlich auch in Marmor ein.
(S. 212-213)
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Die Eifersucht
1782

Eifersucht, der Liebe Hölle!
Elend, elend, wer dich fühlt,
Wenn dein Dolch, getränkt mit Gifte
Ratlos in dem Busen wühlt;
Wenn der Seele Tiefen zittern,
Wie die Fluten in Gewittern;
Und kein Wort, kein Wort des Trostes
Deiner Marter Gluten kühlt;
Eifersucht, der Liebe Hölle!
Elend, elend, wer dich fühlt!

Eifersucht, der Liebe Himmel!
Selig, selig, wer dich fühlt!
Wenn ein Wort, ein Wort des Trostes
Deiner Marter Gluten kühlt;
Wenn der Reue Thräne fließet;
Wenn Versöhnung uns umschließet;
Und der Nektar ihres Kusses
Alle Spuren des Verdrusses
Aus der Seele Tiefen spült;
Eifersucht, der Liebe Himmel!
Selig, selig, wer dich fühlt!
(S. 127-128)
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Amor, ein Kind

Gott Amor wollt ihr Treue lehren?
Ihr wollt den Schmetterling bekehren,
Der nur auf Wechsel sinnt?
Und fängt ihr, mit Amphions Feuer,
Erhabne Weisheit in die Leyer,
Ihr sänget in den Wind!
Wegflatternd wird er euch verlachen -
Was könnt ihr mit dem Leichtsinn machen?
Er ist ein Kind!

Gefesselt habt ihr ihn durch Schätze;
Ach, er zerreißt auch goldne Netze,
Wann sie ihm lästig sind.
Unsteter ist er, als die Welle;
Seht, wie schon dort mit einer Schelle
Ein Andrer ihn gewinnt!
Weg wirft er eure schönen Sachen -
Was könnt ihr mit dem Schalke machen?
Er ist ein Kind!

Ihr zürnt, an ihm ist Zorn verloren;
Ihr scheltet, er verstopft die Ohren;
Ihr grinzet, er ist blind;
Ihr wähnt, daß euer Dräun ihn schrecke?
Seht, wie er schelmisch in der Ecke
Dort neue Ränke spinnt!
Er spottet Löwen, spielt mit Drachen -
Was könnt ihr mit dem Trotzkopf machen?
Er ist ein Kind!

Und greift ihr endlich nach der Ruthe,
Schnell läßt er ab vom Uebermuthe;
Sanft, wie ein Frühlingswind,
Schlingt er den Arm euch um den Nacken;
Seht, wie ihm von den rothen Backen
Die falsche Thräne rinnt!
Seht ihn mit nassem Auge lachen -
Was könnt ihr mit dem Schmeichler machen?
Er ist ein Kind!
(S. 359-361)
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Lied
1781

Wie der Tag mir schleichet,
Ohne dich vollbracht!
Die Natur erblasset,
Rings um mich wird’s Nacht.
Ohne dich hüllt Alles
Sich in Schwermuth ein,
Und zur öden Wüste
Wird der grünste Hain.

Kommt der Abend endlich
Ohne dich heran,
Lauf‘ ich bang und suche
Dich bergab, bergan.
Hab‘ ich dich verloren,
Bleib‘ ich weinend stehn,
Glaub‘, in Schmerz versunken,
Langsam zu vergehn.

Wie ich ahnend zittre,
Wann dein Tritt mir schallt!
Wann ich dich erblicke,
Wie das Blut mir wallt!
Oefnest du die Lippen,
Klopft mein ganzes Herz.
Deiner Hand Berühren
Reißt mich himmelwärts.
(S. 235-236)
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Alle Gedichte aus: Friedrich Wilhelm Gotter - Gedichte.
Neu-verlegt bei Herbert Lang 1971.
Nachdruck der Ausgabe Gotha, Carl Wilhelm Ettinger 1787



Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Wilhelm_Gotter

 

 

 


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