Elly Gregor (1848-?) - Liebesgedichte

 

 

Elly Gregor
(1848-?)


 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:

 

 


Ein Spiel

Warum hast du, wenn kalt dein Herze blieb,
In meine Seele dich hineingelogen?
Mit deinem Wort, das Liebe sprach und schrieb,
Mein glaubensvolles Herz so lang betrogen?

"Verletzte Eitelkeit ist schuld am Spiel!
Du reiztest selbst mich, deinen Stolz zu beugen,
Und dich zu seh'n, ganz Sehnsucht und Gefühl -
Daß es gelang, mußt selber du bezeugen."

Ob es gelang?! Du spieltest meisterhaft!
Du warst der Halbgott, der mein Sein erfüllte,
Doch habe ich zu hassen noch die Kraft
Den ganzen Teufel, der sich mir enthüllte!

Aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888 (S. 141-142)
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Bitte

O schlag die schönen Augen nieder!
Sie rauben mir all meine Ruh,
Wirf nimmer deine Blicke wieder
Voll schwärmerischer Glut mir zu:
Es spricht daraus so süßes Flehen -
Ich kann nicht länger widerstehen.

O meide mich! Geh in die Ferne,
Damit ich dich vergessen kann,
Hör' ich nicht mehr der Stimme Zauber,
Siehst du mich nicht mehr glühend an.
Es spricht daraus so süßes Flehen,
Ich kann nicht länger widerstehen.

Aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Stuttgart 1888 (S. 142)
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Felicitas

Er kniet vor ihr, von Liebe spricht sein Mund,
Um Liebe fleh'n die Augen, glüh'nde Flammen:
"Du bist so schön, so hold - o gieb' mir kund,
Kannst Du die Leidenschaft für Dich verdammen?"

'Wohl bin ich schön, mein Spiegel sagt es mir,
Doch ach, so bettelarm, verlass'ne Waise,
Als eine Leidende steh' ich vor Dir
Und als die Dienende im Fürstenkreise.'

"Was kümmert's mich, daß Du kein Königskind?
Du siehst als Sklave mich zu Deinen Füßen;
Die Tausende, die mir ergeben sind,
Sie sollen Dich als meine Fürstin grüßen" ...

'Das lockt mich nicht. - Nur Deiner Stimme Ton,
Dein Auge hält magnetisch mich gefangen;
Nach Dir allein, nach keinem Fürstenthron
Trägt meine Seele glühendes Verlangen.'

"So flieh mit mir. Wirf ab der Ketten Last!
Harrt nicht mein Jagdschloß längst auf Dich, Du Holde?
Im Arm der Liebe halte süße Rast,
Mit Schätzen überschütt' ich Dich und Golde."

'Ich will Dir folgen, wenn des Priesters Mund
Uns am Altar für ewig heut' verbündet.'
"Furchtsames Kind! Ist ewig nicht der Bund,
Ob still verschwiegen, ob der Welt verkündet?

Nicht hier! - ruft er, nur Leidenschaft im Blick -
Wo so viel Unberuf'ne auf uns schauen;
Auf meinem Schloß blüh' einsam unser Glück,
Dort soll des Priesters Hand uns morgen trauen!"

Noch zögert sie - doch er sucht fort und fort
Mit süßer Schmeichelei sie zu berauschen;
Sie widersteht nicht mehr und giebt ihr Wort,
Um ewig seiner Stimme nur zu lauschen. - -

Die Stunde kommt. Sie eilt zum Felsenrand,
Wo laut die Wellen an das Ufer schlagen;
Er harrt im Kahn, der sie aus Feindesland
Soll zum Asyl des Glücks, der Liebe tragen.

Vorbei die Qual! Als sie ein Kind noch war,
Trieb einst Verzweiflung sie in diese Fluthen;
Ein starker Arm entriß sie der Gefahr,
Es war ein Arm, der sie gepeitscht mit Ruthen.

Sie schmiegt an ihren Retter sich; verzagt
Blickt sie in's dunkle Grün der Uferbäume.
"Nicht furchtsam, Liebchen! Eh der Morgen tagt,
Erblickst Du meines Schlosses sich're Räume."

Sie landen endlich an der kleinen Bucht
Und willenlos läßt sie sich von ihm führen,
Ermüdet und geängstigt durch die Flucht,
Wankt sie an seinem Arm durch hohe Thüren.

Sie sieht den Reichthum kaum, der sie umgiebt,
Doch hört sein Flüstern sie, wie könnt' sie klagen!
"Kein Weib, Felicitas, ward so geliebt;
Doch ein Geständniß laß gleich jetzt mich wagen.

Sag', liebst Du wirklich mich, nur mich allein,
Nicht meinen Reichthum, meinen stolzen Adel!
Wie? - würd' ich plötzlich arm und elend sein,
Träf' mich aus Deinem Mund' kein herber Tadel?"

Liebkosend, sanft streicht sie das lock'ge Haar
Ihm von der Stirn', die wie im Fieber glühte,
Und lächelnd spricht sie: 'Arm, wie stets ich war,
Macht überreich mich Deine Lieb' und Güte.

Bist Du ein Bettler, will ich mit Dir geh'n,
Durch eignen Fleiß zur Arbeit Dich entfachen,
Bei all den Reichen will ich für Dich fleh'n
Und wenn Du krank bist, treulich bei Dir wachen.'

"Nicht so, mein Lieb! Ich bin ein reicher Mann
Und doch so arm, wenn Eines mir nicht bliebe;
Ach, Alles was ich Dir noch bieten kann,
Es ist allein mein Herz und seine Liebe.

Du starrst mich an - nur Frage ist Dein Blick -
Gieb Deine Hände mir - ich seh' sie beben!
O qualenvoll entsetzliches Geschick -
Hab' Weib und Kind! - o sprich, kannst Du vergeben?"

Sie greift an's Herz - ein greller Schrei ertönt;
Von seinen Lippen ringt sich's los: "Erbarmen."
Kein einzig Wort, kein Blick mehr, der versöhnt -
Nur eine Leiche hält er in den Armen.

Aus: Deutschlands Dichterinnen.
Blüthen deutscher Frauenpoesie
aus den Werken deutscher Dichterinnen
der Vergangenheit und Gegenwart
ausgewählt von Karl Wilhelm Bindewald
Osterwieck / Harz o. J. [1895] (S. 104)
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Wunsch

Ich möcht' mich in dein Herze stehlen,
So leise, wie der Mondenstrahl
Sich in den Kelch der Lotosblume
In süßen Maiennächten stahl.

O wär's ein Märchen, das ich träumte,
Wär'st du verwandelt nur in Stein,
Wüßt' ich allein die Zauberformel,
Dir Lebenswärme zu verleihn!

Aus: Herzensklänge, Dichteralbum für deutsche Frauen
und Jungfrauen, Herausgegeben von Arnold Perls
C. A. Koch's Verlag, Leipzig 1878 (S. 108)
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Glück und Schmerz

Kein Menschenmund wird treu besingen
Das Glück, zu schwach sind Liederschwingen,
Es flattert über Zeit und Ort –
Das höchste Glück, es hat kein Wort.

Doch wehe, wenn das Eden schwindet!
Kein Herz verräth, was es empfindet!
Wie scharf das Schwert des Schicksals sei,
Wie tief es traf, verräth kein Schrei.

Eh man erwacht aus irrem Sinnen,
Ach, müssen viele Tage rinnen
So langsam in das Meer der Zeit,
Doch keiner bringt Vergessenheit.

Dann neu ersteht, was man besessen,
Und Glück und Schmerz wagt man zu messen;
Ein Thränenlächeln in dem Blick,
So schwebt vorbei das alte Glück.

Aus: Der Salon für Literatur, Kunst und Gesellschaft
Herausgegeben von Franz Hirsch
Verlag von A. H. Payne, Leipzig, Band I, 1877 (S. 314)
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Zuversicht

Nun komme, was da kommen mag,
Ich fürchte keinen Schicksalsschlag,
Es bleibt das Glück, das in mir lebt,
Wenn längst dein Geist ins All entschwebt.

Die Hand, die zärtlich ich gepresst,
Hält mich für alle Zukunft fest,
Und deine Seele, schön und gross,
Lass ich in Ewigkeit nicht los.

Wie lieb ich nun das Leben hab,
Seit es mir dich zu eigen gab,
Doch Sterben auch dünkt mich nicht schwer,
Für uns giebts keine Trennung mehr!

Aus: Dresdner Dichterbuch
Herausgegeben von Dr. Kurt Warmuth
Verlag von Wilhelm Baensch, Dresden, 1903
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Biographie:

E. Anna Schönberger, Dresden, Hassestrasse 6, geboren den 3. Januar 1848 zu Halle a. d. S., als Tochter eines Ökonomie-Kommissionsrat empfing in Breslau ihre Ausbildung als Lehrerin und wirkte als solche an verschiedenen Schulen. Als Dichterin ist sie unter dem Namen Elly Gregor bekannt. Im Jahre 1878 vermählte sie sich mit dem Schriftsteller und Professor Dr. A. Möser.
Sie schrieb viele Gedichte, Novellen und pädagogische Aufsätze, welche in der "Dichterhalle" (späterem "Dichterheim"), im "Bazar", "Heimgarten", im "Salonblatt" und in der "Musik-Zeitung", im "Neuen Blatt" und anderen erschienen.

aus: Lexikon deutscher Frauen der Feder.
Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienene Werke weiblicher Autoren, nebst Biographieen der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme. Hrsg. von Sophie Pataky
Berlin 1898


 

 


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