Karl Gutzkow (1811-1878) - Liebesgedichte

Karl Gutzkow



Karl Gutzkow
(1811-1878)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 




Liebesschuld

O Mond, was soll das taugen?
Scheinst mir so voll und hell
In meine feuchten Augen,
Was willst du mir, Gesell?

Willst du die Brust erweiten,
Zum Herzen sagen: brich?
Und mahnen an alte Zeiten
Gelt, alter Liebe mich?

Willst wol mich strafend fodern,
An Gräber, still versteckt,
Wo Himmelswonnen modern,
Die keine Thräne weckt?
(S. 254)
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Thronrede des Frühlings

Seh' ich denn wieder euch beisammen,
Ihr, meines Reiches Stände?
Ihr bringt die alten Liebesflammen?
Ich schüttle euch die Hände!

Ihr Bäume, Vögel, Blumen, Lüfte,
Vasallen meiner Krone,
Vom Heroldsamt ihr Veilchendüfte,
Willkommen meinem Throne!

Verändert hat sich nichts im Lande,
Es blieb im alten Gleise:
Das Storchenbein im alten Stande,
Wie auch des Kuckuks Weise.

Im Walde hör' ich wol ein Rauschen,
Ein Murmeln und ein Flüstern,
Der Zwergbaum möchte gerne tauschen
Mit himmelhohen Rüstern.

Die Vögel machen ein Geleier,
Der Specht zieht blank vom Degen,
Der Gutzegauch will seine Eier
In fremde Nester legen.

Doch denk' ich alles Mißvergnügen,
Die Rebellion im Haine
Mit Sturm und Blitzen zu besiegen,
Hilft's nicht, mit Sonnenscheine.

Dafür verheiß' ich anzuknüpfen,
Daß meine Macht sich mehre,
Mit manches Busens süßem Hüpfen,
Mit mancher Liebeszähre!

Im Uebrigen in Huld und Minnen
Soll es beim Alten bleiben,
Die Flüsse sollen thalwärts rinnen,
Die Blüthen Früchte treiben.

Landmarschall Sonne, nimm den Hammer,
Das Eis zerklopf' und glühe!
Eröffnet ist die Ständekammer -
Nun web' es, wog' es, blühe!
(S. 254-255)
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Ungestandene Liebe

So ist's vergebens! Nimmer soll
Mir dieser Demant glühen
Und diese Blume, düftevoll,
Sie soll nur Andern blühen?

Du gnadenreiches, hehres Bild!
Du Stern im Blick, dem feuchten!
Nur Andern sollst du hold und mild
Auf ihren Wegen leuchten?

Nur Andern! Ach, es sagt sich nicht,
Was ich um dich empfunden,
Sieh, wie es noch in Strömen bricht
Aus meinen stillen Wunden!

Schlug mich ein Gott, daß ich dich fand
Und bleibend mochte fliehen?
Daß ich mit Schweigen vor Dir stand
Und mochte rufend knieen!

Nun ist's dahin! Es war ein Traum -
Das Säuseln einer Linde;
Und was sie träumte - achtet kaum
Der Widerhall der Winde!
(S. 255)
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Des Mädchens Loos

Du Mann des Ungefährs! Von deinem Worte bebt
Melodisch das Gesaite meiner Seele!
Wie ich so trunken dir vom Munde stehle,
Was Alles groß und edel in der Brust dir lebt!

O fremder Mann, gleich einem Frühlingsstrahle
Thaust du von meiner Brust die spröde Hülle;
Und so gelöset steigt in Wonnenfülle
Empor die Zauberwelt der stillen Ideale!

Du scheidest? Ach, wo ist dein Dach? Es drängen
Dich andre Bande? Nie kehrst du zurück?
So bleibt an mir - nur noch dein Abschiedsblick,
Ein Sommerfaden an der Trauerweide hängen!
(S. 256)
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Der Nachbar

Dicht über meinem Kämmerlein
Schlägt ein verliebter Ritter
Tief in die stille Nacht hinein
Die Saiten einer Zither.

Er singt dazu; bald Leid bald Lust -
Den Text kann ich nicht fassen.
Nur merk' ich 'was von wunder Brust,
Von Lieben und von Hassen.

Da geb' ich ihm dann meinen Schmerz
Als Text für deine Kehle.
So singt und spielt mein eigen Herz,
Die eigne kranke Seele.

Doch plötzlich wird die Hand ihm müd',
Die Töne sind verklungen,
Ich habe mich in Nachbars Lied
Verirrt und wie versungen.

Hört, hört, Herr Nachbar, fortgespielt!
Wollt Ihr mich so verhöhnen?
Ihr habt die Schmerzen aufgewühlt,
Wer soll sie nun versöhnen?
(S. 257)
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Ein gutes Weib spricht

"Ich habe deinen treuen Sinn,
Doch nicht dein ganzes Herz.
Du blickst zu jenen Bergen hin
Noch oft wie heimathwärts.

Du denkst, wenn sich in Liebe dir
Mein ganzes Sein ergiebt,
An Eine, die du lang vor mir
In Schmerzen hast geliebt!

O bange nicht! Du siehst mich froh.
Mein Leid darum zerrann.
Der ist mir lieber nur, der so
Die Liebe lieben kann."
(S. 257)
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Sehnsucht

O könnt' ich jene Töne wiedergeben
Und jene purpurrothen Farben malen
Von Abendglocken und von Abendstrahlen
Aus meiner Jugend erstem Liebeleben!

O könnt' ich wieder durch die Gärten schweben -
Die Abendnebel dampfen aus den Thalen,
Und einen Bund, beglückt von süßen Qualen,
Umspinnen Elfen, die im Mondschein weben.

Ich höre manchmal wie aus weiter Ferne
Ein Glöcklein wieder mit bekanntem Schalle,
Und märchenhafter glüh'n die Abendsterne -

Dann sag' ich wild, von innrer Kraft gedrungen:
Ich will euch wieder, ihr Erinnerungen!
Sie zucken wol, doch bald verstummen alle.
(S. 258)
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Zorn der Liebe

Kränkst du in der Liebe Zorn,
Liebe, die vergiebt dir schon,
War's nur nicht mit kaltem Hohn!
Stachel nicht vom Skorpion!
Von der Ros' einmal den Dorn,
Den vergiebt die Liebe schon.
(S. 263)
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Aus: Gesammelte Werke von Karl Gutzkow
Zweite wohlfeile Ausgabe Erste Serie
Erster Band: Aus der Knabenzeit. Wechselnde Stimmung
in Liedern und Epigrammen
Jena Hermann Costenoble Verlagsbuchhandlung 1872


 

Biographie:

siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Gutzkow



 

 


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