Mohammed Schemsed-din Hafis

(Übersetzung: Joseph von Hammer-Purgstall)

Vorrede:
[Biographie des Dichters Hafis]


Als Einführung zu der Bekanntschaft desselben diene ein kurzer Umriß von den Lebensumständen vom Geist und der Form seiner Gedichte, und dem Werthe, den ihnen das Morgenland beylegt.
*

Mohammed Schemseddin, d.i. die Sonne des Glaubens, mit dem Beynamen Hafis, d.i. der Bewahrer des Korans, weil er denselben von einem Ende zum andern auswendig wußte, ward zu Schiras gebohren, nach seinen eigenen Worten:

Unter den Edlen beliebt und weit berühmt in dem Volke,
Wohlgesitteten Brauchs, richtig gemessener Art,
Hat in dem schönen Schiras, deß Ruhm durch ihn ist erschollen,
Euer Hafis Mohamed einstens erblicket das Licht.
Rubajat XLVIII.

Das Jahr seiner Geburt, das wir nicht bestimmt anzugeben wissen, scheint in die ersten Jahre der Regierung der Dynastie Mosaffer zu fallen, welche Fartistan oder das eigentliche Persien vom J. der Hedschira 748 (1318) bis 795 (1392) beherrschte, und mit deren Erlöschung sein Sterbejahr 791 (1389) fast zusammenfällt, so daß er mit vollem Rechte der Dichter des achten Jahrhunderts der Hedschira (des vierzehnten nach Christi Geburt) und der Lobredner der Familie Mosaffer genannt wird.

Hafis starb, wie der Greis von Tejos, in hohem Alter, wovon seine Gedichte wie Anakreons Lieder mehrere Belege liefern.

Die Liebe eines Jünglings ist
In meinem grauen Kopf gefallen.
Dal CVII.

Sieh! gar vieles ist schwarz auf dieser traurigen Erde,
Ach! mein schwarzes Haar, sage, warum ward es weiß.
Rubajat XXX.

Aber das hohe Alter Hafisens kann auch historisch aus dem bekannten Sterbejahre seines Sohnes erwiesen werden. Dieser starb, ein Jüngling, im Jahre der Hedschira 764.

Freytag Morgens am sechsten des Mondes Rebinlewel war's,
Wo ob jenem Mond Gram in das Herz sich gesenkt.
Siebenhundert und vier und sechzig der Hedschira zählt man,
Welch ein Jahr für mich trauriger Zeitungen voll!
Bruchstücke XXV.

Das Alter des Sohnes für siebzehn Jahre angenommen, und nur für eben so viel das Alter des Vaters, als er ihm geboren ward, (wiewohl dieses gewiß zu wenig) so war Hafis im Jahre 764 wenigstens 35, und im Jahre 791 gegen siebzig Jahre alt; so daß das Jahr seiner Geburt beyläufig in den Anfang der Regierung der Familie Mosaffer fallen muß.

Von dem ersten Berufe seiner Jünglingsjahre schweigen unsere Quellen; nach einer unverbürgten persischen Sage, die dem Uebersetzer der Reisende, Herr Dr. Cosmeli, bey seiner Rückkehr aus Tiflis mitgetheilt hat, soll Hafis zuerst ein Bäckerjunge gewesen seyn.

Daß er zu einer Bruderschaft von Derwischen gehörte, und als angehender Sofi oder betrachtender Weiser erst unter einem Ordenscheiche stand, leuchtet aus vielen seiner Gaselen hervor, in denen er mit seinen Mitbrüdern und ihren gemeinschaftlichen Obern über Weingenuß und Weinverboth zanket, ihnen oft Heucheley zur Last legt, und sie ermahnet, das blaue Ordenskleid und den Ordensgürtel mit dem Gürtel der Feueranbeter und dem Weinglas zu vertauschen. Die Belege hiezu finden sich häufig in verschiedenen Gaselen.

Er war selbst Scheich, und als solchen führt ihn das Werk, Tabakati schujuch, die Classen der Scheiche enthaltend, auf. (Siehe Elif V.)

Schemseddin Mohamed Hafis, sind die Worte des ungenannten Verfassers, heißt die mystische Zunge und der Dolmetsch der Geheimniße. Seine Gedichte enthalten viele geheime Lehren und tiefe Wahrheiten. Man weiß nicht gewiß, ob er sich als Schüler irgend eines Scheiches öffentlich erkläret habe, aber seine Worte tragen ganz den Stempel derselben. Einer der berühmtesten sagte, kein Diwan schicke sich besser in die Hände eines Sofi, als der Hafisens. Hadschi Chalfa im Esamii Kutub bestätiget diese Meinung durch mitgetheilte Notiz von Hafisens theologischen Arbeiten, die ihm samt seinen Schulstunden so viel Zeit raubten, daß er während seines Lebens nicht einmal selbst die Sammlung seiner Gedichte veranstalten konnte.

Noch deutlicher erklärt sich hierüber der Verfasser der Zusammenkünfte der Liebenden (Medschalis aluschak) in der vierzigsten derselben. "Die Cypreße des mystischen Gartens, die Rosenflur überirdischer Allegorien, sagt er, ist Hafis von Schiras mit seinem ganzen Namen Schemseddin Mohammed. Man heißt ihn gewöhnlich die mystische Zunge, und den Dollmetsch der Geheimniße, und in der That! jeder Vers seiner Gedichte ist ein ganzes Kapitel der Dichtkunst, oder eine Gestalt aus den Wundergestalten der Redekunst. Man weiß nicht, daß er sich zu einer Lehre irgend eines Scheichs bekannt habe, doch ist man darüber einig, daß er unter die Sofis gehöre, und seine eigenen Verse dienen hiezu zum Belege.

Die Kommentatoren Hafisens schweigen über seine Lebensumstände, oder geben nur sehr dürftige Notizen; so beschränkt sich, was Sudi hievon in der Vorrede sagt, aufs folgende:

die Beschäftigungen Hafisens mit dem Lesen des Korans, dem Unterrichte am Hofe des Sultans, mit theologischen und philologischen Arbeiten hinderten ihn, seine Gasele noch bey Lebzeiten zu sammeln. Er pflegte dieselben in der Schule, welcher der Großwesir Kawammeddin besonders für ihn hatte bauen lassen, öfters zu recitiren, und immer dabey den Wunsch zu äußern, daß diese Perlen an eine Schnur gereihet werden möchten, zum Halsschmuck seiner Zeitgenossen. Er selbst entschuldigte sich mit den gewöhnlichen Ausflüchten der Weltleute, und seine Gedichte wurden erst nach seinem Tode gesammelt."

Diesen setzt Sudi mit Hadschi Chalfa ins Jahr 791. Der Verfasser der Classen der Scheiche ins Jahr 792, und Dewletschech gar ins Jahr 794. Ungeachtet der Letzte näher an der Quelle war als der erste, so erhält doch die Angabe der ersten die volle Gewißheit durch das von Hadschi Chalfa angeführte Chronographicon, das seinem Sarge als Grabschrift angeheftet ward:

Seltsam fürwahr! Er ward in der Erde Mosella's bestattet.
Suche des Jahres Zahl: Erde Mosella's ist es.

Chaki Mosella giebt die Jahreszahl 791.

Die Richtigkeit der Angabe des Sterbejahrs abgerechnet enthält die biographische Notiz Dewletschechs dennoch das Wissenswürdigste von den Lebensumständen des Dichters, das wir hier kurz gefaßt mittheilen.

"Chodscha Hafis von Schiras war die seltenste Erscheinung seiner Zeit, und das Wunder der Welt. Seine Worte hatten übermenschliche Kraft und geheimnißvollen Sinn, weßhalben dieselben auch Cisanol-Gaid oder die mystische Zunge genennt wurden. Dem äußeren nach sind sie einfach und ungeschmückt, haben aber tiefe die Wahrheit ergründende Bedeutung, und die höchste Vollendung.

Poesie ist sein kleinstes Verdienst, denn er ist nicht minder berühmt durch das, was er in der Lesekunst des Koran, und in der Ascetik geleistet.

Seid Kaßemol-emdar, der große Mystiker, nahm sich Hafisen zum Vorbilde, und ließ sich seinen Diwan beständig vorlesen. Große und Kleine führen seine Worte beständig im Munde.

Chodscha Hafis Schemseddin Mohammed ist sein ganzer Nahme, der unter der Regierung der Dynastie Mosaffer in Fars und Schiras berühmt ward. Er achtete die Güter der Welt gering, und suchte sich ohne viele Umstände durchzubringen, wie er selbst sagt:

Gehst du vorbei im goldenen Kleid und trunken,
Gieb dem Hafis, in Woll' gekleidet, einen
Einzigen Kuß.
Nun II.

Er pflog beständigen Umgang mit Gelehrten und Derwischen, und oft auch mit Befehlshabern und Wesiren, am liebsten aber mit wohlerzogenen Jünglingen, und machte sich bey Jedermann beliebt. Er legte so wenigen Werth auf seine Dichterwerke, daß seine Schüler und Vertraute erst nach seinem Tode seine Gasele oder erotischen Gedichte von den übrigen auslasen.

Hier führt Dewletschech das XLVII. Gasel des Buchstaben Fr und zwey andere an.

Der damalige Sultan Bagdads, Achmed, hatte eine ungemeine Achtung für Hafis, und wiewohl er ihn auf alle mögliche Weise zu ihm zu kommen beredete, wollte Hafis doch niemals den Aufenthalt von Fars mit dem von Bagdad vertauschen, und zog ein trockenes Stück Brod in seinem Vaterlande allen verheißenen Vortheilen in fremden Ländern vor. Er dichtete zum Lobe Sultan Achmeds ein Gasel (das dritte des Buchstabens Ja), und sendete es nach Bagdad.

Man erzählt von ihm eine Menge sinnreicher und lustiger Einfälle, so daß es uns an Ort und Stelle scheint, die folgende Anekdote anzuführen.

Als Timur Fars eroberte, und den letzten Sultan der Dynastie Mosaffer hinrichten ließ, war Hafis noch am Leben. Er schickte um den Dichter, und als er vor ihm erschien, sprach er:

Ich habe mit glänzendem Schwert den größten Theil der Welt erobert, und tausend Länder blos deswegen meiner Bothmäßigkeit unterworfen, um Samarkand und Buchara, die beiden Städte meines Vaterlandes, vor allen andern empor zu bringen, und du unterstehst dich, dieselben in deinen Gedichten für das Maal deines Lieblings feil zu bieten.

Nähme mein Herz in die Hand der schöne Knabe von Schiras,
Gerne gäb' ich für's Maal Buchara und Samarkand hin
Elif VIII.

Hafis küßte die Erde, und sprach: Herr der Welt, betrachte nur den Verschenker, und du wirst ihm verzeihen, in dieses Netz gefallen zu seyn. Diese Antwort gefiel dem Eroberer, der statt zu zürnen, ihn mit Gnadenbezeugungen überhäufte.

Nach einer anderen Sage soll Hafis geantwortet haben: Fürst! leider daß ich so verschwenderisch gewesen, sonst wäre ich nicht so arm geworden.

(...)

Der Tod unsres Dichters Chodscha Hafis fiel in das Jahr 794 der Hedschira. Er liegt im öffentlichen Gebetorte bei Schiras begraben.

Zur Zeit, als Sultan Babur Bechadir Ehan Schiras eroberte, ließ Mohammed Mamai, einer der Wesire Sultan Baburs, über Hafisens Grab ein schönes Gebäude aufführen."

Dewletscheh beschränkt sich, wie wir sehen, im Allgemeinen von der Vorliebe Hafisens für den Umgang mit schönen Jünglingen zu sprechen, ohne seine Liebesgeschichten im Besondern zu erwähnen. Von diesen erzählen die Kommentatoren, der Verfasser der Zusammenkünfte der Liebenden, und das Buch über die Art aus dem Diwane Hafisens Verse zu stechen, noch folgendes:

Zur Zeit der Regierung Schah Schedscha's unterhielt Hafis in Schiras Bekanntschaft mit einem Sohne des Mufti. Dieser Knabe war von so ausserordentlicher Schönheit, daß Hafis, ungeachtet er schon damals die mystische Zunge hieß, dennoch die körperliche Schönheit des Knaben in besondern Oden besang. Eines Tages fand er sich mit ihm in einem Gewölbe beysamen. Er reichte ihm den vollen Becher, und blieb in das Anschauen seiner Schönheit versunken. Das Bild des schönen Knaben spiegelte sich in Hafisen's Aug', und er improvisierte das Lob desselben.

Schah Schedscha erhielt hievon durch eine Schaar von Neidern, die jeden Schritt Hafisens ausspähten, Kunde. Er stieg auf das Dach des Gewölbes, und als er durch ein Fenster gesehen, wie Hafis den Becher in die Hand des Knaben gab, rief er laut: Hafis ist ein Knabenliebhaber und ein Säufer geworden. Hafis, der die Stimme des Schahs erkannte, sang aus dem Stegreife das schöne Gasel:

In der Zeit des milden
Trinket Hafis aus seinem Kruge,
Der Mufti aus seinem Becher.
Schin XI.

Außer dieser Liebschaft mit dem Sohne des Mufti hatte Hafis noch eine andere mit dem Sohne eines Schlossers. Nebst diesen zwey Knabenliebschaften Hafisens sind auch zwey weibliche desselben bekannt.

Die eine aus früher Jugend mit einem Mädchen, Schachnebal (Zuckerrohrstengel) genannt, welche die Kommentatoren auf folgende Weise erzählen.

Vier Parasangen von Schiras liegt der Ort Pirisebs oder der grüne Alte genannt. Seit langem gieng die Sage, daß dem Jüngling, der dorten vierzig Nächte, ohne zu schlafen, zubrächte, die Weihe des Dichters verliehen würde. Hafis hatte gelobet, die vorgeschriebenen Bedingniße mit der größten Genauigkeit zu erfüllen. Des Morgens machte er die Runde bey der Wohnung der Geliebten, genoß Mittags einiger Ruhe, und brachte die Nacht in poetischer Begeisterung zu. So hatte er neun und dreißig Tage und Nächte verlebt. Am vierzigsten Morgen unterlag er dem überwältigenden Gefühl entzückender Freude, als er das Mädchen ihm zuwinken sah. Sie empfieng ihn liebevoll, und erklärte, daß sie den Genius des Dichters höher schätze, als Kronen und Thronen. Sie hätte ihn die ganze Nacht bey sich behalten, wenn nicht Hafis fest entschloßen gewesen wäre, sein Gelübde nicht zu brechen. Er verließ sie also noch an selbem Abend.

Am nächsten Morgen, erzählt die Sage weiter, erschien Hafisen ein erhwürdiger Greis, in grünen Mantel gehüllt, mit einem Becher in der Hand. Es war Chiser, der Hüter des Quells des Lebens, der Hafisen davon zu trinken vergönnte, und ihm unsterblichen Ruhm verhieß. So gelangte er zur Weihe des Dichters.

Hafisens zweyte Liebschaft sollte ihm eine Gefährtinn für's Leben verschaffen, aber er kam unverrichteter Dinge mit seinen Anträgen zurück. Seine Wohlredenheyt und sein Dichtertalent hatten ihm den Beynamen des Zuckerlippichten zuwegegebracht (der dritte Beynamen, Hafis und mystische Zunge sind die zwey anderen) und unter diesem Namen war er allgemein beliebt und gesucht in Gesellschaft. Damals lebte in Schiras ein Mädchen, das Schönheit und Reichthums willen Arusi Dschihan oder die Braut der Welt genannt ward. Ihre Aeltern waren frühe verstorben, frühe bewarben sich viele Freyer um die Hand der schönen Erbinn, die den von ihr gefaßten festen Entschluß, sich nicht zu verehelichen, öffentlich bekannt machte.

Uebrigens that sie gerne Gutes, und stand im ausgezeichneten Rufe großer Freygebigkeit. Der arme Hafis hatte das Unglück, sich sterblich in die reiche schöne Erbinn zu verlieben. Unbekümmert um seinen Ruf, brachte er Tag und Nacht unter den Fenstern seiner Geliebten zu, und in der Hoffnung, sie zuletzt dennoch zu erhalten, leistete er ihren Verwandten manche Dienste. Diese aus Erkenntlichkeit dafür sprachen viel zu Gunsten Hafisens bey der Schönen, da sie diese aber dennoch zu keinem Entschlusse bewegen konnten, so beschloßen sie, ihm wenigstens das Vergnügen einer Unterredung zu verschaffen, und luden beyde an einem bestimmten Tage zusammen ein, was damals die Sitte in Persien erlaubte. Hafis fand freundlichen Empfang; es bleib aber blos bey schönen Worten, und er fand seine heftige Leidenschaft nicht im geringsten erwiedert. Zuletzt nahm die ganze Gesellschaft Hafisens Parthey, und drang mit den stärksten Vorstellungen auf die Schöne ein. Sie aber blieb ungerührt und schwur, sie wolle lieber ihr Geld mit sich begraben als sich verehelichen. Hafis, der sich keiner abschlägigen Antwort versehen, brach in bittere Klagen aus über ihren Starrsinn und ihre Grausamkeit.

Lieber Hafis, sprach sie, du bist ein Mann vom größten Talente, von der feinsten Lebensart, von der süßesten Wohlredenheit, ich schätze dich, wie du es verdienst, aber heirathen kann ich dich nicht; bist du mit diesem noch nicht zufrieden, so laß uns einen Schiedsrichter wählen. Sie bestimmten gemeinschaftlich einen bekannten Greis, und Hafis jubelte schon, als wäre er seiner Sache gewiß. Der Greis schlug die Erforschung des Looses durch Versestechen und als das Buch hiezu die Gedichte Hafisens vor, der Vorschlag ward angenommen, und Hafis stach auf die Verse.

Günstiger als von der Braut der Welt ward Hafis von ihren Beherrschern aufgenommen, die ihm Gnade angedeihen ließen, und die er dankbar dafür in vielen Lobgedichten preiset. Nicht nur die Fürsten der Familie Mosaffer, die zu seiner Zeit in Schiras herrschten, sondern auch der Vorgänger derselben, Abu Ishak, der letzte aus der Familie Judschu, dem die Familie Mosaffer die Herrschaft von Schiras entriß, und Timur, von dem sie den Mosafferiden entrissen ward, überhäuften den Dichter, wenn nicht mit Gold und Ehren, doch mit Huld und schönen Worten. Auch die Fürsten aus der Familie Ilchan, die damals in Bagdad herrschten, hätten Hafisen gerne an ihren Hof gezogen; und wenn er sich des Schahs zu Jeds minder zu loben hatte, so war er destomehr der Freygebigkeit des Schahs von Ormus schuldig. Sultan Abu Ishaks Lob, des letzten Fürsten aus der Familie Judschu, hat Hafis mit dem Lobe aller seiner gleichzeitigen Gönner verschlungen:

Zur Zeit des großen Schahs Abu Ishak
War durch fünf Wunder Faristan berühmt.
Das erste ist ein Länderfürst, wie Er,
Der Völkerseelen nährt und Recht vertheilt,
Dann ein Mufti wie Scheich Medscheddin
Den nie ein Richter übertroffen hat.
Der Frommen Fürst, der Scheich Emineddin,
Der schwere Dinge lös't durch Wunderkraft,
Der Herr der Wissenschaft Asadeddin,
Deß Geisteswerke würdig sind des Schahs,
Die Großmuth selbst Hadschi Kawameddin
Durch Huld und milde Gaben weit berühmt,
Sie waren emsig, giengen doch vorbey,
Ihr Angedenken sey o Herr gesegnet!

Einer der vorzüglichsten seiner Gönner war der Großwesir Hadschi Kawameddin, der im Jahr d.H. 794, das ist 12 Jahre nach der Eroberung von Schiras durch den Emir Mosaffer, gestorben. Hafis hatte in seinem Hause mehr als zwey Jahre verlebt, und entschuldigt sich gegen seine Freunde, welche ihm über seine Zurückgezogenheit Vorwürfe machten, mit der Gnade seines Gönners, der ihn nicht von sich lassen wollte. Dieser Großwesir Hadschi Kawameddin Hasan ist nicht zu verwechseln mit Hadschi Kawameddin Mohammed Ali dem Großen, ebenfalls Großwesir, und ein noch thätigerer Freund des Dichters, als ein Namensgenoße. Er baute für ihn eine Schule in Schiras und starb im J. d.H. 760.

Außer Hadschi und Asan Kawameddin nennt Hafis noch drey andere Großwesire seiner Zeit, nämlich Mahmud Amadedin, Dschelatedin und Turanschah. Auch erwähnt er des Imams Beharddin seiner Freunde Abuswesa, Abdußamed, des Scheich Ranitzky und des geliebten Farruch, über welche uns die Kommentatoren keine nähern Aufschlüsse geben. Tuhtamur, auf dessen Tod Hafis ein Chronographicon verfertigte, war der Schenke Sultan Schedscha; wer die Freunde und Gönner gewesen, deren Todesjahr er in den Worten meiwei bihischt und Rachman la jemut aufbehalten, läßt sich nicht ausmitteln; des Bruders Aadil und seines geliebten Sohnes Grabschriften bedürfen keines Kommentars.

Die Fürsten aus der Familie Mosaffer, deren Hafis mit besonderm Preise gedenkt, sind die Schahe Schedschaa, Johja und Mansur dem letzten, dessen durch des Vaters Eifersucht unschuldig hingerichteter Sohn unter die bessern Freunde Hafisens gehörte hatte dieser sein längstes Gedicht das Buch des Schenken geweihet, von diesen drey Fürsten war aber keiner den Wissenschaften und der Dichtkunst mehr hold, als Schah Schedscha, der selbst ein ausserordentliches Gedächtnis besaß, und sich in Versen übte. Hafis war der Lobredner seiner Regierung. Aus den Fürsten der Familie Ilchan, die in Bagdad regierten, gedenkt Hafis besonders des Scheichs Oweis und seines Sohnes Sultan Achmed mit Preis und Dank. Dieser rief Hafisen nach Bagdad, wie ihn Schah Jihja nach Jesd gerufen hatte.

Dem letzten Rufe war er gefolgt, aber nach drey Tagen schon wieder nach Schiras zurückgekommen, vermuthlich weil er sich über den Mangel an Freygebigkeit des Schahs zu beklagen hatte, auf dessen Kosten er den Schah von Ormus lobet.

Von Fürsten geehrt, von Freunden geliebt, verlebte Hafis in den Rosenhainen von Schiras unter Studien und Genuß seine Lebenstage, welche in eines der stürmischsten Jahrhunderte, welche die morgenländische Geschichte aufzuweisen hat, gefallen waren. Dynastieen, die sich haßten und bekämpften, eine auf den Trümmern der andern sich erhoben, und dann wieder über einander stürzten, unterhielten immerfort den Brand des Krieges, bis daß durch Timurs alles verheerenden Eroberungsbrand ganz Asien aufflammte, eine weite schreckliche Feuersbrunst. Hafis ward dem Eroberer vorgestellt, und auch von ihm gnädig aufgenommen, wiewohl er, wie wir schon erzählt, sich hatte beykommen lassen, in einem seiner Gaselen Samarkand und Buchara den schönsten Schmuck der Krone Timurs für das Maal seines Lieblings wegzuschenken. Die Gräuel politischer Stürme, welch damals den Orient erschütterten, bilden einen merkwürdigen Contrast mit der ungetrübten Heiterkeit des Dichters, der, während rund um ihn her Reiche zusammenstürzten, und Usurpatoren donnernd empor schoßen, mit ungestörtem Frosinn von Nachtigall und Rosen, von Wein und Liebe sang. Das Ungethüm der Zeiten mußte einen Geist, wie Hafisens, nur noch mit größerer Freyheit entfeßeln, als es vielleicht in ruhigern Zeiten geschehen wäre. Hätte er Ruhe und Frieden abwarten wollen, um unsterbliche Lieder zu singen, so wären dieselben ungesungen geblieben, und sein Name schwebte nicht heute im Morgenlande mit hoher Begeisterung auf jeglicher Lippe, während Dschengisha's, Timurs und Nadirschahs Namen nur als Brandmale der Menschheit zum Schrecken und Beyspiel künftiger Jahrhunderte der Geschichte aufbewahrt worden.

Hafis entschlief ruhig im Jahr 791, und ward im vielgeliebten Mosella, einer schönen Vorstadt von Schiras, begraben. Zu seiner Grabstätte wallfahrten noch heute die Verehrer unsterblicher Lieder, und die neuesten Reisenden haben dieselbe beschrieben. Gleich nach seinem Tode hatten Neid und Gleißnerey ihm die Ehre des Begräbnißes versagen wollen, weil er beschuldigt ward, das Heiligste, nämlich den Koran entweihet, und wider den Sinn göttlicher Schrift den Genuß des Weines durch Wort und Beyspiel gelehrt zu haben. Einige Stunden hindurch blieb der Streit zwischen den Verläumdern und den Vertheidigern des Dichters unentschieden. Endlich nahm man zu der im ganzen Morgenlande üblichen Berathschlagung durchs Bücherstechen die Zuflucht. Man wählte Hafisens Gedichte, und die angestochenen Stellen entschieden für die Ehre des Begräbnißes.

Wende die Schritte nicht ab
Vom Grab' Hafisens,
Wenn gleich in Sünden verstrickt
Harrt er des Himmels.
Ta XLI.
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* Die Quellen aus denen die historischen und biographischen Notizen genommen worden , sind ausserdem Divane Hafisens selbst.

1) Teskeretoschuara, die Biographieen persischer Dichter von Dewletschah, wovon Herr Silvestre de Sacy die Biographieen Ferdusis und Hafisens im zweyten Bande der Notices et extraits des manuscrits de la bibliotheque du Roi zur Probe gegeben.

2) Tabakati schujuch, die Classen der Scheiche, ein persisches Manuscript aus der Sammlung des Herrn Grafen von Revitzky.

3) Noschelot-aschiken, das Vergnügen der Liebenden, eine Sammlung von Liebesgeschichten und sinnreichen Anekdoten, dem Uebersetzer gehörig.

4) Esammi kutub, die Namen der Bücher, d.i. Hadschi Chalso's, großes bibliographisches Werk (unter dem Titel Diwani Hafis) auf der kais. Bibl. in Wien.

5) Nochbetot-tewarich, eine kurzgefaßte Geschichte persischer Dynastieen, im Besitz des Uebersetzers.

6) Kitabi fali diwani Hafis, das Buch über das Versestechen im Diwane Hifisens. Eine Sammlung von Anekdoten über diese Art, das Loos zu erforschen, ehemals in der kais. Biblioth. zu Wien, und dermahlen in der kais. Biblioth. zu Paris, welche dasselbe vordem nicht besaß.



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