Friedrich von Heyden (1789-1851) - Liebesgedichte

 



Friedrich von Heyden
(1789-1851)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 




Liebesmahnung

Sieh, die dunkeln Schatten wallen,
Thaues Silberperlen fallen,
Goldig dämmerts in dem Hain!
Ueberall ist Liebessehnen,
Ueberall sind Wonnethränen,
Allumarmend Mondesschein.

Horch, was flüstert in den Zweigen?
Buntgeschwingte Vögel neigen
Sich im Nest zum Abendkuß.
Jede Näh' und jede Ferne
Sieht, bestrahlt vom Abendsterne,
Einen tausendfachen Gruß.

Und du, Süße, willst entfliehen
Einem Zauber, dem entziehen
Sich im weiten All der Welt
Kein Erschaffnes mag, - deß Walten,
Jeglich Schönes zu gestalten,
Ward vom Herrn des Alls bestellt.

Komm' in meinem Blick zu lesen
Jene Losung aller Wesen;
Fühl' das Klopfen meiner Brust.
Zwar auf meinem glüh'nden Munde,
Theure, wohnt die beste Kunde,
Doch - dein Ernst ist mir bewußt.

Aber laß den Ernst entweichen,
Philomele warnt in Sträuchen
Vor zu großer Sprödigkeit.
Schau der Schwäne zärtlich Ringen,
Ach! - ihr Hals-in-Hals-Verschlingen
Lehrt das Glück der Zärtlichkeit.

In des Adlers Felsenveste,
Wie im weichen Taubenneste
Legt sich eine Wahrheit dar:
Daß es sey des Lebens Leben,
Liebe nehmen, Liebe geben,
Selbst am Rande der Gefahr.

Lausch', in allen seinen Zweigen
Bebt der Wald, sein zärtlich Neigen,
Ist ein zitternd Lustgefühl.
Blatt will sich an Blätter schmiegen,
Ueber Blüthen Blüthe siegen,
Balsamhauch ihr Liebesspiel.

Sprich in einem Wonnenehmen
Der Natur, - wie kanns beschämen
Strahl zu seyn im Meer der Gluth?
Was durch Schwan und Adler bebet,
Was den Eichenfels belebet,
Höhne nicht mit Frevelmuth.

Denn, Geliebte, laß dir sagen,
Daß ein dämmerhelles Tagen
Unser Leben ist, - mehr nicht.
Sieh, wir tappen oft und wanken,
Nur allein in dem Gedanken
Hoher Lieb', ist ganzes Licht.

Lieb' ist Leben sel'ger Geister,
Gottes Engel, - ihre Meister,
Gehn mit hohem Beispiel vor,
Und des Sphärentanzes Sausen,
Wie des Harfenjubels Brausen,
Sind der Liebe Feyerchor.

Seelen hier an Staub gekettet,
Schau'n, - auf Dornen oft gebettet,
Trostlos auf zum Vaterland.
Daß sie nicht vergeh'n im Dunkel,
Senkt sich eines Strahls Gefunkel
Auf sie nieder, - wohlbekannt.

Ach! - ein Strahl der Heimathstriebe;
"Liebe, seufzt der Dulder, - Liebe!
Hier auf Erden du noch mein?
Mag Verhängniß nun in Stürmen
Wolken über Wolken thürmen,
Liebend werd' ich selig seyn.

Und was sich gesucht, gefunden,
Innig hält es sich umwunden,
Puls am Pulse, - Mund an Mund!
Aufwärts fliehn die Seelen wieder,
Baden sich im Strom der Lieder
Ihres Vaterlands gesund.

- Diese Blicke, - diese Thränen,
Sind sie Bürge daß dem Sehnen
Der Erhörung Blüthe winkt?
Wölbe dichter Waldesschatten,
Schwellt empor ihr Blüthenmatten
Wo das Paar in Lust versinkt.

Und in euern Birkenhallen
Jubelt lauter, Nachtigallen,
Leuchte sanfter Vollmondspracht!
Welch ein Fordern! - welch' Gewähren!
Dieser Trieb soll ewig währen.
Weile doppelt Zaubernacht.
(S. 146-149)
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Hirtenliebe

Endlich schweigt ihr bangen Klagen,
Ganz will ich der Lust mich weihn,
Will's durch Thal und Wälder tragen,
Will es Strom und Triften singen:
"Wonne nimmt den Busen ein!"
Sey willkommen, süßes Beben,
In der Seele tiefstem Leben!
Lod're neu befreytes Herz.
Wie die Lerchen aufwärts gaukeln,
Singend sich in Lüften schaukeln,
Hebe Liebe, Landlust, Scherz,
Mich zu nie gekannten Wonnen,
Und im Glanz der Frühlingssonnen
Weiche bang der letzte Schmerz.

Ha! - wie steht die Welt in Blüthen!
Ha! - wie glänzt die Welt so schön!
Mir zur Lust sind diese Blüthen,
Mir zum Spiel sind Thal und Höh'n.
Blumen wind' ich mir zu Kränzen,
Schmücke zu den Frühlingstänzen
Mit dem Kranz der Hirtin Haar.
Will besiegt den Sieg besiegen;
Es gelingt, in heißen Zügen
Trink' ich selige Gefahr.
Jubelnd singen meine Lieder,
Scherzend giebt der Nachhall wieder
Wie die Stunde göttlich war.

Schatten duften, - Schatten kühlen,
Und die Heerde spielt im Klee.
Leicht nach ihren luft'gen Zielen
Scherzen Vögel in der Höh'.
Arm in Arm geschlungen träumen,
Wo durch Moos die Veilchen keimen,
Wo das Bächlein silbern rauscht;
Brust an Brust entzückt sich wiegen,
Lipp' an Lippe brennend schmiegen,
Kaum vom Gaukelwest belauscht;
Dieß ist Freude, - dieß ist Leben!
Stolzes Glück was kannst du geben
Das um solche Lust sich tauscht.

Ströme ziehn im Abendgolde,
Heerden wandeln heim durchs Thal.
Komm' hinaus, geliebte Holde,
In des Tages Abschiedsstrahl.
Sieh, - so schön als uns're Triebe
Lacht die Welt, - und Gott ist Liebe;
Ewig wahr ist die Natur!
Darum bis zur Grabesenge
Bleib' uns Landlust, Kuß, Gesänge,
Dann - ein Grab auf dieser Flur.
Komm zur Ruh' jetzt nach den Scherzen,
Einst erweck' uns, Herz am Herzen,
Des Gerichts Posaune nur.
(S. 163-165)
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Der Frauensaal
Sonette

Zueignung
an Aminda

Tritt in den Saal, du Herz von meinem Herzen,
Nah' dich dem Kreis' der hochberühmten Frauen,
Nicht blöde sey, sie grüßend zu beschauen,
Sie lieben auch, - sind auch geliebt, - mit Schmerzen.

Wir, holdes Kind, seh'n frey von Gram die Kerzen
Von unserm Bund im klaren Himmelblauen:
Ihn hindert nichts, - Dich nährt ein still Vertrauen,
Mich lohnt Dein Kuß, in dem Geleit von Scherzen.

Mein Schmachten darf nicht Deinen Stolz bekriegen;
Du weigerst nicht, - ich brauch' nicht zu besiegen,
So rinnt der Quell uns ungetrübt der Liebe.

Sieh fremde Qual und Lust in unserm Triebe. -
Wie hoch indeß der Andern Art auch scheine,
Bleib' wie Du bist, - mir nur gefällt die Deine.
(S. 166)
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Lanzilot, der Thüre Wächter

Kennt ihr mich wohl in meinem Waffenstrahle,
Vieltreuen Knecht von Arthus Tafelrunde:
Mit edeln Frau'n stets in dem edeln Bunde,
Halt' ich als Wächter vor dem Frauensaale.

Was gold'ner Wein bey reichem Fürstenmahle,
Gilt Liebe dem, der in geweihter Stunde
Zum Großen sich geneigt mit Herz und Munde,
Damit dem Ruhm er den Tribut bezahle:

Und sind der Schöpfung Meisterstück die Frauen,
So muß in ihnen man das Höchste schauen
Als ganzes Seyn der lieblichen Naturen.

Drum zeigt der Frauensaal nur Amors Spuren.
Wer dieses höhnt, dem tret' ich keck entgegen
Mit treuer Brust und scharfem Zauberdegen.
(S. 167)
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I.
Heloise

"Wer ist die Frau, still, in dem Trauerkleide?
Dein Aug' entstrahlt ein Wiederschein der Wonnen,
Mit tiefen Spuren schweren Grams zerronnen? -"
Ward nichts Euch kund von Heloisens Leide?

Ob das Geschick, für diese Welt, - sie scheide,
Vom höchsten Guth, das ihr Gemüth gewonnen,
So schaut sie doch, - selbst im Gewand der Nonnen,
Mit heiterm Stolz auf ihres Herzens Weide.

Sie hat geliebt; - ach! keines Kummers Siegen
Kann des Bewußtseyns Wonnen überwiegen.
Sie liebt! und trägt entzückt des Schicksals Bürde.

Wenn tiefe Qual der Liebe Strafe würde,
Lieb ed'les Herz! - der ew'gen Nächte Dunkel
Wird Morgenroth von dieses Strahls Gefunkel.
(S. 168)
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II.
Miranda*

Ob Merlin auch mit Stab und Ring sich brüste,
Des Zaubers Meister bleibt der Gott der Liebe.
Wie lang' ein Herz in zarter Kindheit bliebe,
Wer zweifelt, daß er's nicht zu gründen wüßte.

Des fernsten Eilands unwirthbare Küste
Treibt doch die Saat der allerfeinsten Triebe.
Was die Magie mit engstem Kreis umschriebe,
Wird flammend groß im schwärmenden Gelüste.

Die Schöne sieht in ihres Fremdlings Blicken
Das Spiegelbild der eigenen Entzücken,
Und fragt: - "welch' Glüh'n? - was ists mit diesem Bilde?"

Sie wehrt sich nicht, - eh' noch von Lieb' gesprochen,
Hat ihre Frucht der schöne Mund gebrochen,
Und Amor lacht verdeckt vom Zauberschilde.
(S. 169)

* Aus Shakespears Sturm

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III.
Silvia*

Der Liebe Müh'n sind Würzen ihrer Wonnen.
Das Schönste will errungen seyn auf Erden,
Von Ehrbarkeit entstammende Beschwerden
Sind Purpurwolken um das Licht der Sonnen.

Wenn Unschuld scheu der Werbung ist entronnen,
Mag nicht der Werber arm an Hoffnung werden,
Ein weiblich Herz, im Schloß wie bey den Heerden
Wird, edel selbst, durch edeln Dienst gewonnen.

Und schneller bringt, als jede List, zum Ziele,
Wenn der Verlust, - sey's Ernst nun, sey's im Spiele,
Des Dieners droht der schönen Undankbaren.

Dann muß enttäuscht sie seinen Werth erfahren.
Sie glüht, sie ringt, bis aus des Schmerzes Wogen
Sie reuevoll den Freund ans Herz gezogen.
(S. 170)

* Aus dem Aminta von Torquato Tasso

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IV.
Angelika*

O wenn zuviel des Tapfern Mund getrunken
Von jener Fluth, die Liebesbrand entfachte,
Für eine Spröde, die der Werbung lachte,
Wie tief scheint nicht sein edler Sinn gesunken!

Ihr Stolz nur ist's, mit seiner Qual zu prunken,
Wenn den Verstand er ihr zum Opfer brachte.
Kalt ist sie nicht, - sie fällt, eh' selbst sie's dachte,
In niedern Arm, von wildem Triebe trunken.

Die Sprödigkeit ist Putz gemeiner Seelen.
Ein edles Herz lacht nicht um zu versagen,
Es will nur Lüsternheit sich kostbar zeigen.

Nie soll dem Mann die Herrscherwürde fehlen.
War Roland stark, statt liebeswund zu klagen.
Angelika blieb auf ein Wort sein eigen.
(S. 171)

* Aus dem Orlando furioso des Ludwig Ariost

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V.
Clorinde*

Das Heldenthum in hellem Waffenglänzen,
Die Liebe mit dem gold'nen Himmelsfrieden,
Sie, beyde schön, - sind doch so sehr verschieden,
Daß nur ihr Bund sich äußert im Ergänzen.

Nie darf der Held der Heldin Stirn bekränzen
Mit weichem Schmuck der Zärtlichkeit hienieden.
Der Männerkampf ist ihm, und ihr beschieden.
Die Frauengunst lacht nur bey Schäfertänzen.

Stahl darf um Stahl allein im Streite werben,
Des Ritters Sieg ist seiner Dame Sterben:
Ihr Geist entschwebt in weiblicher Verklärung.

Auf Held, erstreb' des ew'gen Zions Thore!
Was dich bezwang naht dir besiegt im Chore
Der Engel dort mit himmlischer Gewährung.
(S. 172)

* Aus dem befreyten Jerusalem des Torquato Tasso

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VI.
Julia*

Hochheil'ge Gluth der gleichgestimmten Herzen,
Welch herrlich Lied kann ganz dein Lob verkünden!
Ein höher Leben ist dein göttlich Zünden,
Ein Himmelsstrahl bekämpft von Erdenschmerzen.

Nicht Laune knüpft hier im Gefolg' von Scherzen.
Nein, - Harmonie, befreyt vom Hauch der Sünden.
Der Treue Meer kann kein Geschick ergründen.
Der Treue Muth hebt sich zu Sternenkerzen.

Ringsum Gefahr gleich schrecklichen Medusen,
Die Jungfrau lehnt sich an des Lieblings Busen.
Eh' herbe Noth, als ohn' ihn Glanz und Ehren.

In Erdennacht darf solch' ein Trieb nicht wehren.
Komm, Helfer Tod; - die jungen Engel schweben
Umarmt empor. - Dort nur ist Lieben, Leben.
(S. 173)

* Aus Shakespears Romeo und Julie

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VII.
Laura*

O Wunsch in Wunsch und Gluth in Gluth Zerrinnen!
O Seligkeit der wehmuthsvollen Thränen!
O Sehnsucht süß durch unerreichbar Sehnen,
Wie mächtig herrscht ihr in geweihten Sinnen!

Wohl fliehen mag das Licht, und neu beginnen.
Gleich füllt die Brust ein dämmerhelles Wähnen,
Ein Wünschen, ohn' an Hoffnung sich zu lehnen,
Ein halb verwirklicht, - halb erdichtet Minnen.

Kann auch Besitz solch' hohen Geist beglücken?
Wenn irdisch Bild dem Ideal geliehen
Den stillen Reitz, lockt jen's nur zum Entzücken?

Nein, - diese Lieb' ist nur ein Aufwärtsfliehen.
Ob wallend hier, ob in des Lichtes Reichen,
Des Freundes Lied ist Laurens Siegeszeichen.
(S. 174)

* Petrarkas Muse

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VIII.
Beatrice*

Die du gekränzt mit ew'ger Sternenkrone
Des hohen Dichters hohes Lied entzündet,
Daß es durch Abgrund sich und Flammen windet,
Damit entzückt im Paradies es wohne.

Du bist kein Wahn, o Beatrice! - lohne
Den Ringer stets, der Glaub' und Lieb' verbündet,
Frey glänzt die Bahn, laut ist der Sieg verkündet,
Durch Kampf und Nacht hebt sich der Pfad zum Throne.

O Königin der Wahrheit, blick' hernieder,
Die Seele senkt ihr wundermatt Gefieder,
Schick' Ahndung ihr im milden Sängerbilde.

Die führ' sie tröstend durch des Kummers Grauen,
Durch Läut'rungsgluth in deine sonnig blauen
Von ew'ger Lieb' geheiligten Gefilde.
(S. 174-175)

* Aus der divina Commedia des Dante Alighieri. -
Dieser große Dichter stellt sich selbst dar in seinem Gedichte
als verirrt in einem finstern Thale. So sieht ihn aus den
Reichen des Lichtes eine Heilige, die er, nach den ersten
Neigungen seiner schuldlosen Kindheit, Beatrice, nennt.
Sie schickt ihm den Geist seines liebsten Vorbildes, des Virgil,
damit dieser ihn, noch in der Last seines irdischen Körpers,
belehrend führe durch die Schrecken der Hölle, und die
Flamme des Fegefeuers. So geschieht es; und an der
äußersten Grenze des letztern verläßt der Führer den muthigen
Pilger, welcher, hinlänglich erleuchtet, seiner Leitung nicht
mehr bedarf. Dieser wird darauf gewürdigt Beatrice, das
verklärte Urbild seiner Liebe, zu sehen. Sie führt ihn
durch die heiligen Regionen des Paradieses, ihn
unterweisend, und seine Zweifel lösend, bis zum
Anschauen der allerhöchsten Herrlichkeit. -
Dieses genügt zur Verständniß des Sonettes.

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Stimme aus der Hütte

Wild durch den Forst
Heulet der Sturm.
Nieder von bebenden Felsen, geschwollen,
Donnert der Waldstrom ins zitternde Thal.
Als er sich naht,
Wanken die Eichen.
"Nieder mit euch,
Fort mit euch fort!"
Tobt des Gewaltigen zürnende Stimme.

Wie die Hütte zu schwanken scheint, - Schmiege,
Liebliches Weib,
Fest dich an mich,
An den dich stützenden leitenden Gatten.
Fürchtest so sehr?
Fürchte dich nicht, -
Einer ist Oben der liebend beschützet.
Reich' von der Wand mir die Harfe,
Daß ich dich singe zur seligen Ruh.

Bebet ihr Saiten in jubelnden Tönen,
Laßt mir mein Lieb'
Wieder erstarken,
Wieder erwarmen zu Scherz und Gesang.
Besseres Land
Warmerer Sonnen
Giebt es als dieß, deren Nebel uns düstert.
Palmen beschatten
Silberne Ströme,
Wo die reizenden Göttinnen baden.

Ueber den Blumen
Gaukeln und spielen,
Schwärmen und lieben
Luftige Silphen und Schmetterlingsbrüder,
Und ein ewiges Glühen vergoldet
Her von Osten dies fröhliche Thal.

Was die Sonne, die Mutter der Welt,
Reifen kann, reifet auf duftigen Beeten
Silberne Heerden
Ruh'n in der Kühle,
Und in der Grotte
Küsset die Hirtin
Hüllenlos, schuldlos,
Schmeichelnd den hüllenlos schuldlosen Hirten,
Halb versteckt von Mirthen und Rosen,
Wie sie versinken;
Seliger Taumel!
Nachtigallen in Lorbeergebüschen
Flöten das Brautlied dem seligen Paar.

Stürme dort rasen nicht;
Stolze Gebirge
Halten ihr Toben
Mächtig zurück.
Donner dort rollen nicht;
Leichteren Athem
Hauchen die Spiegel
Silberner Seen
In des Aethers azurnen Dom.
Wie er sich trübt,
Rosenfarb flockicht,
Daß ihn die sinkende Sonne durchlod're
Zu der Bereitung des lindernden Thaus.
Leiser verklinge
Golden besaitete
Tönende Harfe,
Denn mir im Arme
Ruht meine Süße,
Ruht ohn' zu zagen, und lächelt mich an.

"Sag' mir, Geliebter,
Wo dieses Landes
Wonniger Zauber? -
Warum umdüstern uns traurige Nebel?
Warum suchen wir nicht jene Thäler,
Nicht jene Schatten,
Nicht jenes Morgens verklärendes Licht?" -

Wo dieses Land?
In uns, Geliebte,
Um uns, Geliebte!
Wenn wir in heiliger Klarheit umfassen
Uns'res beschränkten Daseyns Bestimmung;
Und uns genügsam,
Fromm und vertrauend,
Wenden an unser Gefühl, wenn der Zwiespalt
Tritt in die fremde gehaltlose Welt.
Soll ich es suchen?
Dir in den Armen,
Dir an dem liebend erbebenden Busen,
Dir an der rosigen glühenden Lippe,
Find' ich's gewiß!! -

"Aber der Formen
Seliger Reiz,
Wie dein Lied ihn gesungen, o Theurer! -
Könnt' ich ihn fassen,
Könnt' ich ihn halten,
Halten zur Freude, zur kindlichen Lust!"

Willst du denn fesseln
Ziehende Wolken?
Möchtest du halten
Buhlenden West?
Laß sie verzeih'n,
Laß ihn verschweben:
Aber am Herde, dem gastlichen Herde,
Laß uns den Fey'n
Gütigste pflegen,
Die mit den goldenen Schwingen, die holde
Wechselnde, formende Fee Phantasie.

Horch, der Sturm ist verhallt, und es blicket
Vollmond begrüßend hinab in das Thal.
Still ist die Welt,
Lau weht die Luft.
Nachtigall schlägt in den flüsternden Birken.
Mir an den Mund
Liebliches Weib.
Mir an das Herz
Wonne des Lebens.
Schlummer du nahst mit den duftigen Flügeln.
Oeffnet die glänzenden Pforten, ihr Träume:
Kommt! denn wir geben uns
Hin euerm Zauber.
Wonniger Augenblick, - seliger Bund!
(S. 177-182)
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Knabenkeckheit

Alle sagen mir, das Lieben
Sey des Lebens Silberblick.
Mich hat's drüber weg getrieben,
Ob zum Klaren, ob zum Trüben,
Schau' nicht eben drum zurück.

Holde Mädchen steh'n ein Garten
Voll von Blumen um mich her.
Gerne will ich all' die zarten
Wundersüßen Blümlein warten,
Doch ich will nicht eben mehr.

Mein Bestreben ist so lose,
Mag mit allen freundlich seyn,
Schmeichelnd lustig mit Gekose
Um die Nelken, um die Rose, -
Aber keine bleibe mein.

Sollt' ich einst mich ehrbar fügen,
Blümlein suchen nur für mich;
Will vom bunten Beet dann fliegen,
Wo die Farben stolz besiegen,
Wechselnd überstrahlen sich.

Zieh' hinaus nach grünen Matten,
Zieh' hinaus zum frischen Hain.
Wo sich Licht und Dämmrung gatten,
Wird wohl unbemerkt im Schatten
Irgendwo ein Veilchen seyn.

Und da will ich denn umschweben
Das verborg'ne kleine Ding;
Will mein Hoffen, will mein Streben,
In sein stilles Seyn verweben,
Ein getreuer Schmetterling.

Will sein duftig Hauchen schmecken,
Denn dieß ist allein für mich.
Wills mit Liebestand umnecken,
Und im Sturm mein Blümlein decken
Mit den Flügeln wonniglich.

Muß es endlich denn geschehen,
Daß mein Veilchen welket; - ey! -
Dann will ich mit ihm vergehen,
Falb soll man's am Boden sehen, -
Tod den Schmetterling dabey.
(S. 190-191)
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Knabenträume

Wo grünst du, Flur, auf der einst meine Hütte
Bey Silberquellen steht?
Im Kranz von Rosenbüschen, in der Mitte,
Von Birkengrün umweht.

Keimt Blumen ihr schon in dem holden Thale,
Das einst mein Tempel wird?
Mein künft'ger Baum, sucht schon beym Mittagsstrahle
Dein Schattendach der Hirt?

Und wo weilt Sie jetzt, die mir Feld und Wiese,
Des Haines grüne Pracht,
Das Hüttendach dereinst zum Paradiese,
Mich dort zum Gotte macht?

Schweift sie wohl noch mit jubelnden Gespielen
Durch Au'n in Kinderlust?
Wie? - bebt vielleicht in ahnenden Gefühlen
Ihr schon die zarte Brust?

Reiht sie wohl Blumen schon zum vollen Kranze,
Fragt: - "wem?" - mit tiefem Sinn?
Und giebt sie wehmuthsvoll dem Wogentanze
Des Silberbaches hin.

O süßer Traum! - da doch die Nacht schon dunkelt,
Doch Schlaf mich bald umhüllt,
So zeige mir, von allem Reiz umfunkelt,
Der einst Geliebten Bild.

Setz' sie zu mir in Duft der Blüthenschatten,
Vom leichten West gekühlt,
Wo murmelnd ihr der Quell der grünen Matten
Die zarten Füße spühlt.

Führ' mich, - o Traum! - an ihre warmen Lippen
Wo Pästums Rose sprießt,
Rings rausch' der Hain, den, nebst bemoosten Klippen,
Der Mond mit Licht umgießt.

Zwar, - weiß ich wohl, du werdest bald entfliehen;
Doch sey's. - Wenn Engel mich
Einst in den Zauberkreis der Holden ziehen,
Dann halt' und bind' ich dich.
(S. 192-193)
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Gedichte nach Torquato Tasso


Dichterische Begeisterung
Sonett

Zu deinem Aug', das Amors Macht durchglühet,
Wo Phöbus glänzt, ja beyde sich verbinden
Zum Doppelstrahl, der lehrt den Himmel finden,
Hatt' ich den Blick gekehrt, mein Herz, das sprühet.

Begeisterung hofft ich, die sonst nur ziehet
Empor, in Dichtung hohen Ruhm zu künden,
Doch zwiefach kam sie, so das Herz zu zünden,
Daß sie Verstand nennt, was als Wahnsinn glühet.

Ich Armer! wohl eröffnen sich die Quellen
Der Redekunst in mir, doch auch der Thränen
Zu herber Born, der Süßes gern durchdränge.

Sollt' diese Fluth mehr als jene schwellen,
Veracht' es nicht, du Ziel von meinem Sehnen.
Verehrt durch Weinen, so wie durch Gesänge.
(S. 209)
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Das liebende Meer
Sonett

Die Wogen sammelten Rubinen, Gold, Corallen,
Der Beute Pracht aus dunkelm Meeresgrunde,
Erkämpft von ihnen, mit dem Sturm im Bunde,
Aus Flotten, scheiternd in der Fluth zerfallen;

Für die, der Jupiter gewiß vor allen
Als Stier, den Fuß geküßt, nach alter Kunde,
Und wehrend spühlt die Fluth' aus tiefem Schlunde,
Scheint murmelnd sie von diesem Ruf zu schallen.

"O Nymphe, Göttinn, nicht aus dunkeln Wellen
Entschwebet, nein, aus Himmels; - die mein Toben
Du stillst, liegt Nacht des Sturms auf Felsenriefen.

Sieh, - statt des Mond's lenkst du mein Weichen, Schwellen
Der Ebb' und Fluth, - flieh nicht; - ich rausch' nach Oben,
Laß mein Geschenk, - und kehr' zu meinen Tiefen.
(S. 210)
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An zwey schöne Flechten
Sonett

Im schönen Busch, wo Nacht und Licht sich gatten,
Im Schoos der Kühlung in den heißen Tagen,
Stellt Amor, welcher Herzen ging zu jagen,
Ein Netz aus gold'nen Flechten auf den Matten. -

So ward auch meins, das schöne Augen hatten
Auf ihre Spur gelockt, - o Grund der Klagen! -
Gefangen, wie man Thiere fängt verschlagen,
In schöner Schling' verborgen in den Schatten.

O süße Bande! holdes Netz! - ihr kleinen
Gesträuche, Jäger, welcher es gefangen,
Das Herz, - wo habt ihr grausam es geborgen.

Ich kehre häufig wieder um zu weinen,
Zu suchen unter Blumen, voll Verlangen
Es aufzufinden, ach! - es bleibt verborgen.
(S. 211)
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Der gewünschte Fächer
Sonett

Kühlung zu wehn den Wangen, und dem Schwellen
Der schönen Brust, Gebieterin, verbreiten
Der Federn Glanz die Schwäne, welche gleiten
Auf des Meandres, des Cephissus Wellen,

Und der, dem auf der Farbenpracht, - der hellen,
Sich jenes Wächters hundert Augen breiten.
Selbst Amor giebt, dir Frische zu bereiten,
Die Flügel her, die unerreichbar schnellen.

Und gnügt dieß nicht, so wird des Zephirs Schweben
Bey Rosen Lilien streuend, sanft dir wehen,
Im Wellenschlag von deinen Locken weben:

Doch welch ein Hauch läßt wohl den Brand vergehen,
Mit dem du mich verzehrst bey Nacht, am Tage,
Wenn hoch in Flammen aufgeht meine Klage?
(S. 212)
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Das Herz, ein Nest der Liebesgötter
Sonett

Du Schwalbe weichst, und eilst zurückzufliegen
So Jahr auf Jahr, im Lenz dein Nest zu bauen,
Doch suchst du Memphis Nyl-durchströmte Gauen,
Um nicht dem Zorn des Winters zu erliegen.

Ich, - mag der Frost, mag Gluth des Sommers siegen,
Muß stets mein Herz als Nest des Amors schauen,
Als machten ihm nun Paphos, Gnidos, Grauen,
Der Mutter Tempel, seiner Gottheit Wiegen.

Hier formt er sich, als Vogel, mit Gefieder,
Kommt aus, durchbricht des Eyes zarte Schaalen,
Ja, brütet selbst sich Liebesgötter wieder.

Die zählt kein Lied, - so groß ist ihre Menge,
Beherbergt doch von eines Herzens Enge,
- Unselig Nest voll banger Liebesqualen!
(S. 213)
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Strenge der Geliebten
Sonett

Zu finden wähnt' ich unter leichten Schleyern
Ein wehrlos Kind in schwacher Jugend Banden,
Den Bitten mild, in Locken und Gewanden,
So wie sie war, - Frost an der Sonne Feuern.

Doch, lang verhehlt wollt' ich den Brand entschleyern
Des mächt'gen Trieb's, dess' Zauber mich umwanden,
Da ward sie Stein, wie Säulen, Klippen standen,
Trotz bietend des Gewitters Ungeheuern.

Als Jaspisbild schaut' ich sie vor mir ragend,
Von der Meduse Wehr und Antlitz tragend.
Ich stand als Eis, stumm vor ihr, ohne Leben.

Kein Wort gelang, zurück nicht konnt' ich fliehen;
Mein Aeuß'res Stein, mein Inn'res zehrend Glühen.
Erst lös' mich, Herrin, dann mir Tod zu geben.
(S. 214)
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An eine schöne Dame
Madrigal

Hoch in den grünen Zweigen
Von diesem Lorbeer hör' den bunten Reigen
Der Vögelein, sie singen
Von Ast zum Ast durchflammt von süßen Trieben
Das holde Wort: - "Wir lieben!"
Und Antwort mögen geben,
- Denn also will es scheinen, -
Die Zweig' mit sanftem Beben:
"Ja, ja, - wir auch, - ihr Kleinen!"
Und and're wieder klingen:
"Hier hier, -" als wär's ein Sprechen, -
"Hier hier", - an diesen Bächen,
An diesen klaren Lymphen,
Da freu'n sich dein die Nymphen.
(S. 215)
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Entschuldigung
Sonett

Die freudig oft, - oft Liebeskranken Lieder
An die Gebieterin, die bittern Klagen,
Sind Amors Ruf, nicht mein, dieß laß dir sagen,
Ihm gieb die Schuld, hörst du zuviel sie wieder.

Im Leben stürmt er wechselnd auf und nieder,
Hat zwischen ihrem Aug', hell aufgeschlagen,
Und meinem trüben, Mischungen getragen,
Von Furcht und Hoffnung, von des Zornes Hyder.

Der Hauch, den meines Busens Seufzer regen,
Scheint Wolken dann um ihren Blick zu legen,
Wie Dünste sonst der Sonne Licht verschleyern.

Sie nenn' ich unbeständig, selbst verwandelt,
Glaub' mich von ihr mit hartem Stolz behandelt,
Wenn ihre stille Demuth and're feyern.
(S. 216)
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An die Prinzessin Leonore von Este
Sonett

Obgleich mir Amor zeigt in Euern Zügen,
O königliche Frau, der Hoheit Prangen,
Nicht läßt er mich vergessen mein Verlangen,
Und die verlor'ne Müh' in Liebesflügen.

Mein Herz, - dem erst konnt Euer Ruhm genügen,
Das lang darauf Euch wärmer angehangen,
Auch höh're Formen hält es noch umfangen,
Gleich Perlen, Gemmen, welche falsch nicht trügen,

Dieß möcht' es wohl im Seufzerlaut verkünden,
Daß sich darob in Liebesbrand entzünden
Die Busen sollten, selbst der rohsten Horden.

Doch, wider Brauch, ist nun es geitzig worden
Mit Euerm Werth, der solchen Schatz ihm zeiget;
Daß in sich selbst es d'ran sich freut, - und schweiget.
(S. 217)
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Ueberflüssige Wunden
Sonett

Was giebst du Qual dem schon gequälten Herzen?
Durchbohrst es, schon durchbohrt vom Flammentriebe?
Was wächst die Noth stets mit den Nöthen? Liebe!
Was wächst der Schmerz durch Leidenschaft der Schmerzen?

Was häufst du Wund' auf Wund' in wilden Scherzen,
Und Gluth auf Gluth, daß nichts verschonet bliebe?
Verdoppelst Schlag, und Zorn? - o sag' es Liebe,
Soll meinen Fall noch die Beschämung schwärzen?

Sey nicht so karg an Mitleid, wilder Knabe;
Dem neuen Pfeil fehlt Raum mich zu durchdringen,
Und unwerth ists Gebund'ne zu bezwingen.

Dir folgen wir, sind Deine sich're Habe.
Nach anderm Ziel laß die Geschosse walten,
Denn rühmlich bleibt es Unschuld zu erhalten.
(S. 218)
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Des Schiffes Fahrt
Sonett

Gut hat den Weg das Schifflein angefangen
Auf welchem fährt mein Herz, - die Sterne scheinen,
Meer will und Wind zur sichern Fahrt sich einen,
Und Amor lenkt des Steuers feste Stangen.

An jedem Ruder steht ein Ruhmverlangen,
Und fürchtet von des Schicksals Streichen keinen.
Das Segel schwellt, - der Wonne Lust im reinen
Geflüster kühlt ein glühend Bangen.

Kein Nebel läßt des Tauwerks Spannung schlaffen,
Das meines Lenkers wohlerfahr'nes Schaffen
Durch Treu gestärkt und Hoffnung hat. - Erreichen.

Kann ohnedieß mein Blick zwey helle Zeichen,
Die, - lebt Vernunft, zeigt Kunst sich nach Gebühren,
Mich sicher in erwünschten Hafen führen.
(S. 219)
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Hain des Amor
Sonett

Dieß' kleinen Buschwerks anmuthsvolle Schatten,
Von zarten Mirthen, gold'nen Lorbeerbäumen,
Da, wo nicht Hirt, noch rauhe Heerden säumen,
Nur Blüthen holde Göttinnen beschatten;

Dem in dem Schoos der Bach auf silberglatten
Cristallen rauscht, um welchen Blumen keimen,
Wo Cloris kommt, im Zephirsweh'n zu träumen,
Wenn Phöbus Flamme dörrt die grünen Matten;

Weiht Thirsis Dir, - Gott mit dem Pfeil und Bogen;
Damit Du magst, ermüdet von den Siegen,
Um auszuruhn, am Murmelbache liegen.

Dagegen mach' die Strenge mir gewogen,
Die mich verschmäht; - flieg' bald sie zu bezwingen,
Soll tödtend nicht die Pein mein Herz durchdringen.
(S. 231)
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An Phillis
Sonett

O hör' den Donner, Phillis, - sieh, gefroren
Die Düfte nieder zu der Erde schneyen:
Doch kümmerts uns, was Jovis Hände streuen,
Wir wollen froh seyn, hat er Zorn erkoren.

Wir wollen liebend froh seyn, lustgeboren
Der Wonnenacht geheimes Spiel erneuen,
Das dunk'le Volk mag Jovis Donner scheuen,
Sie lenk der Zufall nach dem Haupt des Thoren.

Denn der ist Thor, - und kämpft sich selbst entgegen,
Der ewig fürchtet, und erwartend Schmerzen,
Entgegen geht, daß Schmerzen ihn erlesen.

Geh' unter Welt, in Sturm und Donnerschlägen,
Mich kümmert nichts mehr, außer meinem Herzen,
Denn werd' ich Erde seyn, bin ichs gewesen.
(S. 232)
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Verwegene Liebe
Sonett

O hör' den Donner, Phillis; - sieh vom Feuer
Den weiten Umkreis schwarzer Lüfte sprühen;
Zeus tobt am Firmament, - nur Thoren ziehen
Zum Spott die Götter, und des Weltalls Steuer.

Dort oben, die Gewißheit sey Dir theuer,
Lenkt Weisheit, - nie vergebens siehst Du glühen
Den Blitz, bergtreffend: - dieß erfuhr nach Mühen
Des Himmelsteigens manch' ein Ungeheuer.

So stieg auch Briareus, - und der verwegen
Berührt geweihter Jungfrau Leib, - drum fielen
Sie von den Klippen, im Orcan zu bluten.

Doch kühne Liebe bebt nicht Donnerschlägen
Im süßen Trug. - Gönn' Amor noch bey vielen
Den Schwur ihr ungestraft in deinen Gluthen.
(S. 233)
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Glücklicher Zufall
Madrigal

Auf dem Altar fand ich Madonna stehen.
An ihren Arm ich legte
Den meinigen. - Verzeihung wollt' ich flehen,
Wenn ihr der Druck Beleidigung erregte.
Süß sprach sie diese Worte:
"Nicht hat gekränkt mich Eures Armes Drücken,
Doch sein Zurückzieh'n hat mich kränken müssen."
O Rede der Entzückten!
Ihr rührend holden vielgeliebten Worte!
Wenn Wahrheit ist in dieses Ausspruchs Grüßen,
Schwer will ich dann solch' neue Kränkung büßen.
Daher, mein süßes Leben! -
Deß stete Näh' mein Sehnen möcht' erstreben,
Wo Kränkung fehlt laß keine Strafe sehen.
(S. 234)
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An Prinzessin Leonore von Este
Sonett

Du kühn zum Krieg, - doch schwach zum Widerstreben,
Wie führst, Vernunft, du wehrlos mich ins Feld,
Wo gold'nen Pfeil Cupido singend schnellt,
Den Himmelsbrand die zarten Hände heben!

Dein Schild zerbricht; - schon fühl' ich es mit Beben;
Dein Eis schmilzt wie des Gottes Flügel schwellt.
Wie wird's, wenn zündend sein Geschoß erst fällt?
Verwegene, komm still Dich hinzugeben.

Ich rufe Frieden! - reich' die Hand entgegen,
Beug' fromm das Knie, ganz sey die Brust enthüllt.
Soll Kampf denn seyn, so mag nur Mitleid kriegen.

Dieß bringe Ruhm, bring' Tod auf meinen Wegen,
Wenn meiner Fürstin Aug' die Thräne füllt,
Ist Blut Triumph! - ist Tod das schönste Siegen!
(S. 235)
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An ein erlegtes Wild
Madrigal

Du flüchtig Thier, und stets voll Furcht und Bangen,
Du bist erlegt, wo stolz auf reichem Wagen
Der Fürstin Reize ragen.
Was thut's! - an solchem schönen Ort zu fallen,
Wem würd' es nicht gefallen!
Da, wo sie jagt, möcht' ich, - ohn' daß mich's reute,
Mit Lust der Räuber seyn, so wie die Beute.
(S. 236)
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Glücklicher Traum
Sonett

Zur Tröstung mir, im Schmerz, dem brennend wilden,
Komm süßer Traum, erbittlich meinen Klagen.
Nie will ich mich so holdem Wahn versagen.
Umringt von wonnevollen Truggebilden.

Wo raubtest Du, - von welchen Lichtgefilden,
Den Schmuck, den Duft, und Deinen Strahlenwagen?
Um Lust zurück in meinen Gram zu tragen,
Willst Du zur Huldin Dich, zu Amor bilden.

Entwendest Du Dein Licht dem Himmel? - segnen
In Dir mich bess're Sterne? - Lilien regnen
Aus Deinem Schoos, und Veilchen, auf mich nieder?

Gleich Flammen hebt mich zu den Wolken wieder
Die schöne Hand. - Wie frischen Nebels Wehen
Muß Hauch und Wort mir durch die Seele gehen.
(S. 237)
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Des Hasses Flamme
Madrigal

Ich brannt Euch zu gefallen,
Und Euerm zarten Triebe
Zahlt' ich Tribut mit Seufzern treuer Liebe.
Doch als ich mußt' erkennen
Der alten Gunst Verwehen,
Da mußt' mein Brand, so rein er war, vergehen.
Doch kam ein neues Brennen,
Des Hasses wildes Walten,
Weil Ihr für unwerth meinen Trieb gehalten;
Dieß dörrt das grüne Leben
Des Lorbeers nun mit dem ich Euch umgeben.
(S. 239)
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Des Liebenden Zorn
Sonett

Nicht mehr gelocktes Gold, und Ambrawogen
Nenn' ich die Haare, die mir Bande schlangen,
Nichts mehr auf ihrer Brust, und auf den Wangen,
Als Schatten nur von Reizen, bald verflogen.

Frost ward aus Gluth; Nacht hat das Licht umzogen,
Und Anmuth ist dem Augenkreis entgangen.
Wer flößte mir ins Herz all' jen' Verlangen,
Wer zwang Vernunft, und wer hat sie betrogen?

Grausame Täuschung! - den Betrug zu schmücken
Schuf ich der Dichtung zierliches Gewebe,
Für Dich, Du Harte mit den Zauberblicken.

Jetzt nehm' ich die gelog'nen Larven, gebe
Der Welt Dich hin mit Deinen wahren Mienen,
So mag sie Dich bewundern, so Dir dienen.
(S. 240)
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Des Verzweifelnden Klage
Sonett

Du Schicksal siegst: - solch' großer Sorge Bangen,
Mich überkommt es, - und ich muß erliegen;
So sey'n denn jetzt Trophäen vom Besiegen
All' meines Glücks Dir schimpflich aufgehangen.

Dein Scepter winkt, und Reiche sind vergangen
Wie nied'rer Sand den leichte Winde wiegen;
So brüste Dich, daß Deiner Pfeile Fliegen,
Daß Deine Tücken nun auch mich bezwangen.

Soll ändern ich Natur und Lied, weil Wonnen
In Elend sich verwandeln? - Hell're Bronnen
Der Prophezeiung soll mein Schmerz noch finden?

Fließt Thränen fließt! - mag eure Fluth sich winden,
Daß bitter sie zum düstern Fluß sich eine
Der dann Cocyt von meiner Hölle scheine.
(S. 241)
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Aus: Dichtungen von Friedrich von Heyden
Königsberg bei August Wilhelm Unzer 1820

 


Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_von_Heyden_(Schriftsteller)



 

 


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