Alfred Walter Heymel (1878-1914) - Liebesgedichte

Alfred Walter Heymel



Alfred Walter Heymel
(1878-1914)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 





Name

Als dein Name plötzlich fiel, war ich so bewegt
wie ein Schiff vom Seitenwind; alles war erregt,
der Erinnerung dunkeles Meer auch der Horizont,
Hoffnung war die Wolkenflucht halb und schräg durchsonnt.
Wurde da der Wind zum Sturm, riß mich wilder fort,
warf mich hart an deinen Strand mit zerbrochenem Bord.
Wie ein Schiff auf Klippen rennt, so mein Herz zu dir.
Felsen du und ich ein Boot. Ruhe du, ich Gier,
Unrast, Willkür, Wut und Leid, Wanderstrom und Wind,
heimatloser Sturm auf See. Mutter du und Kind,
ein gelobtes Land bist du, ein Kometenlicht.
Bist mir Leuchten, Weg und Ziel, Urteil und Gericht.
(S. 11)
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Bildnis

Nun dein Bildnis vor mir stand, wußt ich keinen Rat.
Träne brach durchs Augenlid, es zerbrach die Tat.
Wieder irrt ich nur durchs Holz, ich erklomm die Wand
des Geklüftes trotz der Sucht nach dem ebenen Land.
Du mein frohes Weideland, goldenes Ährenfeld,
Augenausruh unbegrenzt, weite runde Welt.
Rote, helle Heide du, wie dein Reiz mich rief:
satte Luft von Feuchte schwer, Schatten dunkel, tief,
tief wie blaues Augenrund unter hellem Haar,
wie Kanal und Wasserlauf spiegelblank und klar.
Seelenausruh. Ach, im Schilf lag ich Nacht um Nacht,
habe sie dir, nur dir gelebt; habe sie dir durchwacht.
(S. 12)
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Traum

Auf einmal standst du vor mir, standst und sahst mich an,
ließest schweigen mich durch nichts als der Augen Bann.
Tatest deine Kleider ab mit der weißen Hand,
bis du groß dich, Königin, hast zu mir gewandt;
führtest mich zum Lager hin, daß ich bei dir schlief,
kühl warst du und stumm, bis ich deinen Namen rief.
Da erschloß sich mir das Heil, daß ich wüßte nun,
welch Geheimnis mich betraf, daß ich durfte ruhn,
ausruhn von so langem Leid, dir entzweit zu sein.
Sieh, gekommen schien die Zeit, da wir Zwei zu Zwein.
Heimat, Herrin, Holdeste, bliebst du doch bei mir.
Bliebst du doch; ach wär ich doch endlich ganz bei dir!
(S. 13)
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Verstoßung

Kamst du, eine Jägerin, Traum- und Herzensbild?
Sollt ich stehen oder fliehen, ein gescheuchtes Wild?
Sieh, ich stand und harrt auf dich, auf den Gnadenstoß.
Da ich einmal dich verließ, ward ich heimatlos.
Nun ein Traum dich zu mir trug, war ich wie zu Haus.
Ließ mich tief auf meine Knie, denn die Not war aus.
Ja, ich grüßte, Liebste, dich und dein Letzt-Gebot;
wartete auf deinen Spruch, auf den Liebestod.
Ungerührt und gradaus sahest du auf mich herab.
Immer küßt ich deine Hand, die mir Alles gab,
Glück und Rausch von Anbeginn, Sinn und Schwergewicht;
doch du wandtest dich und gingst; du erschlugst mich nicht.
(S. 14)
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Klage

Als mir solch Gesicht geschah, war ich völlig fassungslos,
lag am Boden herzentblößt, aller Hoffnung bloß.
Trotzlust peitschte hart mich auf, schalt mich rüttelnd schwach und zag,
lockte in die Weite mich vorwärts Tag für Tag.
Gerne siedelte ich wo, doch du treibst mich hin und fort,
denn du wanderst immer mit, du versagst den Port.
Strand lädt ein und Hügel winkt; Handel, Acker, Jagdrevier,
Lust und Mühsal, Reichtum, Ruhm - die verblassen dir;
denn du wanderst immer mit, jagst mich weg und bleibst zurück.
Will dich jagen: du jagst mich sterbenswundes Stück.
Leg ich mich zum Tod ins Holz, heilt die alte Wunde mir,
daß sie neu geschlagen wird, daß ich leb in dir.
(S. 15)
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Beichte

Dient ein kriegsgefangener Prinz dem Eroberer beim Mahl,
ist doch sein verbissenes Weh klein zu meiner Qual;
eines Abgesetzten Gram, eines Sultans, der verarmt,
klein zu meiner Not, der sich keine Seel erbarmt.
Beide wichen der Gewalt, doch sie nahmen Hoffnung mit,
Haß und Rache, wie ein Stab, folgen ihrem Schritt.
Kamen heute sie in Not, hofft auf morgen die Geduld,
doch ich bleibe im Verrat, bleib in deiner Schuld.
So verlor ich Herz und Herd, wies mich aus dem Paradies,
trieb auf Seen, auf denen nie guter Wind mir blies.
Ja, ich treibe kompaßlos, Recht und Hoffnung sind verwirkt,
doch Gedanken und Gefühl sind durch dich bezirkt.
(S. 16)
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Flucht

Neues Glänzen schien mich an, Lichte brachen in mich ein;
sie erleuchten nicht mein Herz, wie dein Licht und Schein.
Blutrot sank die Sonne oft. Morgens stieg sie golden hoch.
Strahlte mittags weißer Glut: dein gedacht ich doch.
Steppe brannte und der Busch, Feuer zuckten gelb ums Zelt,
Südens Sterne flammten hell: ich blieb unerhellt.
Strömt vom Ofen des Metalls Goldfluß gleißend mir am Fuß,
geb ich dies und den Demant dir für einen Gruß.
Sieh, ich irre dumpf rundum, irrgeführt vom fremden Licht,
das von dir nicht kommt und nie in mein Dunkel bricht.
Flackern hier und Funkeln da; brennt der runde Himmelsrand?
Deiner Lichte kleinstes Licht facht mir Herzensbrand.
(S. 17)
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Betäubung

Neue Klänge wurden laut, Stimmen drangen in mein Ohr,
Herz wird schwer, daß es so ganz deinen Klang verlor.
Sturmchoral auf hoher See, Kanon in der Erde Schoß,
Dynamit und Felsensturz: dein gedacht ich bloß.
Trommeln, Pfeifen, Hörner, Tanz, Stampfen, Litanei und Wut,
Frauen sangen dunkle Brunst: nichts drang in mein Blut.
Feuerte sich Arbeitvolk psalmodierend an zum Fron,
löste aus dem Singsang sich dein verwandter Ton.
Schrecken, Pfauchen, Klage, Pfiff, Schrill und Schrei im alten Wald,
Affenschwatz und Raubtierzank: dir verstummt es bald.
Deine Stimme wellt sich her, das Getös wird Symphonie,
Lärm und Chaos ordnet sich deiner Melodie.
(S. 18)
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Trost

Herzenstakt und Melodie strömst du aus,
ordnest gültig, was in mir wirr und kraus.
Bin ich fern dir, wie verbannt, du bist nah,
sinn ich, streite, wache, träume, du bist da.
Darf ich auch nicht bei dir sein, abgesprengt,
sieh, wie dringlich dies mein Herz dir zu drängt.
Daß es seiner Hoheit dient, nie vergiß;
daß du seine Helferin bist, sei gewiß!
Dunkel, Dickicht, Dornen drohn, doch es bricht
durch Gezweig und durch Gewölk mir dein Licht.
Du mein hochgelobter Stern, halte Wacht.
Tröste mich und führe mich durch die Nacht!
(S. 19)
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Sühne

Bin ich jetzt wie ein Pirat, beutewild;
was ich kapere, bring ich dir, die mir gilt.
Fahre über Wolken ich oder Seen,
sieh den Heimatwimpel mein dir zu wehn.
Lad ich in mein Fahrzeug Gold und Kleinod,
ist es, daß mir dein Befehl so gebot.
Überall bin ich Vasall, gar nichts mehr,
nur, daß ich die Ehren will dir zur Ehr,
bis ich zahlte Sühnesold für die Schuld,
bis ich wieder mir gewann deine Huld.
Alles dient als Lösegeld, Tat und Wort,
zur Gewinnung dieses Horts jeder Ort.
(S. 20)
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Erlösung

Als mir solches ward bewußt, ward ich frei.
Schuld fiel ab, als ich erfuhr, was sie sei:
Stachel ist sie, Ruf zum Werk dir zulieb,
wenn ich auch für alle Zeit einsam blieb.
Du bist in mir, ich in dir; so durch dich
bin gefeit ich gegen Schuß, Hieb und Stich.
Meeresaufruhr glättet sich, Schlachtlärm schweigt,
weil sich deines Sternes Wink günstig zeigt.
Die Verschwörer sind versprengt, wir vereint.
Dein Planet verjagte mir meinen Feind.
Meine Teufel lassen ab wie gelähmt.
Sieh: dein starker Dämon hat sie gezähmt.
(S. 21)
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Heimkehr

Gram und Schmerz ist Heil und Glück, Weg liegt frei,
Herrin, mach, daß Eines mir Prüfung sei.
Hocherhobener Stirne geh ich voran,
sicheren Schrittes wie erlöst, als ein Mann,
der Verlust und Tod nicht kennt, nur Gewinn;
taktbewegt durch Herzmusik, von Beginn
bis zum Tode, tänzergleich, so getreu
deinen Rhythmus, der mich schafft stark und neu.
Er gibt Kraft dies durchzustehn. Deine Hand
führt durch Wildnis einmal doch dir ins Land.
Weit in weiter Ferne blinkt Licht und sie,
deine Küste ... O, mir bricht Knie und Knie.
(S. 22)
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An eine Erscheinung

I.
O, daß du kamst! Ach, daß du gingest
und ließest uns zurück,
die du in Netzen fingest
aus hellen Haaren und aus Blicken,
mit denen du an jedem von uns hingest
und ihn bezaubertest.

O, daß du gingst! Ach, daß du ließest
uns Beute, uns Gefesselte,
uns, denen du verhießest
Rausch, Kampf und Sieg und Opferglück.
Ach, daß du gingst und nicht genießest,
was du erbeutetest.

Wie Sonne kamst du und verschwandest
zur Nacht; doch blieb ein Feuerband,
mit dem du uns umwandest.
Du bandest uns, so daß wir folgen,
wohin du willst, du landest oder strandest,
die du erobertest.

Du hast verführt, entzweit und doch vereinigt,
uns Sklaven gleich und Süchtigen
von Eifersucht gereinigt,
geblendet uns mit gleichem Licht;
du hast mit Sehnsucht uns gepeinigt,
die du entzündetest.


II.
Doch, du tratest wieder in den Kreis,
du berücktest uns,
standest beim Wettstreit als der Preis,
wartend, stolz und kühl,
alle unsere Sinne wurden heiß,
wir sind aufgewühlt.

Nie vergißt die Gunst, bei dem du schliefst.
Deine Süße bleibt im Blut.
Jener Ton, mit dem du riefst,
klingt im Ohr uns fort.
Deine Wollust, die du neu und neu vertiefst,
dauert bis zum Tod.

Wie du weitergehst von Hand zu Hand,
dem zu, den du wählst,
sei verflucht und sei verbrannt
als ein Zauberweib,
Scheiterhaufen werde zuerkannt
deiner Hexerei.

Komm, Geliebte, sei bereit
für den Flammenstoß,
dem du selber dich geweiht,
daß dein Leib verbrennt
sehnsuchtstoll, daß einmal er gefreit
werde von seinem Herrn.


III.
Einer Schar verzückter Falter gleich,
die dem Gott im Lichte dienen müssen,
eine Nacht lebendig, eine reich,
Tänzer, Beter vor der Flamme,
sind wir Männer, hast uns du gefunden.

Alle reizt dein Schein und lockt dein Licht,
keiner fliegt zurück mit heilem Flügel,
rührst dich nicht und riefst uns nicht,
Teufelin und Gnadenflamme,
du versengst uns in den Opferstunden.

Alle, alle, die an dir entzückt,
tragen Brandmal durch ihr Leben weiter,
sind gemeiner Lust entrückt,
sind gezeichnet von der Zauberflamme,
bis zum Tod im Blut gebunden.

Spenderin und Bettlerin zugleich,
wirst du selber niemals brennen?
Du bleibst arm und machst uns reich,
frierst in deiner eigenen Flamme;
Feuer brennt in unseren Wunden.
(S. 24-26)
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Herr Anger
Nach dem Mittelhochdeutschen
des Herrn Christian von Hamle

Ich wollte, daß der Anger sprechen sollte
wie der Sittich in dem Gelaß,
und er mir dann in Treuen sagen wollte,
wie innig wohl ihm heute was,
da meine Fraue Blumen las
von ihm und ihre minniglichen Füße
rührten an sein grünes Gras.

Herr Anger, was mochtet ihr wohl Freude leiden,
da meine Fraue kam gegan,
und sie mit ihren weißen Händen beiden
hingriff nach euren Blumen wohlgetan.
Erlaubet mir, Herr Grüner Plan,
daß ich setzen dürfe meine Füße,
da meine Fraue ist gegan.

Herr Anger, laßt in Liebe schwer mir büßen
ein Weib, nach dem mein Herz mir stand von je,
so wünsch ich, daß mit bloßen Füßen
sie heute wiederum auf euch geh,
so schadt euch nimmer Eis noch Schnee;
wird mir von ihr ein lieblich Grüßen,
so grünt mein Herz wie euer Klee.
(S. 47)
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Das Liebesschloß

Der Gott der Liebesraserei,
der hat ein schönes Schloß.
Drin sind von Spiegeln Säle drei:
Komm! Sei mein Tanzgenoß.

Wir sitzen in dem ersten Saal
an einem goldenen Tisch.
Drauf steht ein ganzes Liebesmahl,
Wein, Früchte, Fleisch und Fisch.

Wir drehn uns durch den zweiten Saal,
der strahlt in rotem Glanz.
Wir sehn uns tanzen tausendmal
den heißen Liebestanz.

Wir küssen uns im letzten Saal,
der ist so kissenweich.
Dort thront die süße Liebesqual,
den Göttern sind wir gleich.

Der Gott der Liebesraserei,
der hat ein schönes Schloß.
Drin sind von Spiegeln Säle drei:
Komm! Sei mein Tanzgenoß.
(S. 73)
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Pagenlied

Ein Verliebter bin ich wieder,
darum, liebes Herzchen, sing
tausend leichte Liebeslieder:
Liebe ist ein leichtes Ding.
Ein Verliebter bin ich wieder.

Liebe ist ein leichtes Ding,
kommt in veilchenblauem Wagen.
Glockenspiele, klinglingling,
ich will ihre Schleppe tragen.
Liebe ist ein leichtes Ding.

Ich will ihre Schleppe tragen.
War ich Page, zärtlich, fein,
darf ich in dem Liebeswagen
ihr für heute nahe sein.
Ich will ihre Schleppe tragen.

Ihr für heute nahe sein!
Wie soll ich dem Glücke danken!
War sie nur für heute mein,
werden morgen die Gedanken,
werden immer bei ihr sein.
(S. 74)
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Gelöbnis

Mir soll die Freundschaft heilig sein,
die Liebe ein Gebet.
Euch süßen Frauen will ich ein
getreuer Knecht und Liebling sein,
solang mein Atem geht.

Ich trete in den Tempel ein,
hoch, stolz und leicht erbaut.
Dir, Aphrodite, ganz allein
will ich ein frommer Priester sein,
bis schwarzes Haar ergraut.

Muß endlich dann gestorben sein,
bringt mir das letzte Mahl,
bringt Lichter, Rosen, klaren Wein,
mein Leben soll genommen sein
von Lippen fein und schmal.
(S. 75)
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Pucks Lieblingslied

Ein Liedersänger will ich sein
mit Federhut und Degen;
das Auge hell und schnell das Bein,
in alle holden Jungfräulein
verschossen allerwegen.

Der Degen soll zum Raufen sein,
das Pack soll sich entsetzen.
Mein Auge liebt den Sonnenschein,
und auf mein schlankes linkes Bein
soll sich mein Mädel setzen.

Ich schwenk den Hut und zieh allein,
süß sing ich für die Spatzen.
Man lädt mich ein, man schenkt mir ein,
so will ich auf der Fiedel fein
den Feinen greulich kratzen.
(S. 76)
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Unentschlossen

Kerzenglanz und weiße Lilien
machen meine Tafel hell.
Perlt der Wein in den Kristallen,
kreisen meine Augen schnell.

Meine schönen Mädchen schälen
Obst mit schlanker, weißer Hand.
Ihre jungen Augen leuchten;
jeder sei ein Blick gesandt.

Möcht dem Sommervogel gleichen,
der um alle Blüten spielt,
möchte gar zu gerne wissen,
woher Amor Pfeile zielt.
(S. 77)
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Stammbuchvers

Drei schöne Nächte
habe ich an dich gedacht,
hätt am Morgen meine Lieder
gerne vor dich hingebracht.

Drei schöne Nächte
reiht ich zärtlich Lied an Lied;
meine Kerzen brannten nieder,
da mich wach der Morgen sieht.

Drei schöne Nächte
hab ich Blatt für Blatt verbrannt,
da der Morgen meine Lieder
nicht so sanft wie dich erfand.
(S. 78)
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Ständchen

Rosenbüsche leuchten durch die Nacht.
Nur ein Mondschein und der Trost der Sterne.
Fern der Silberfluß. - Ich hör nicht gerne,
wie es aus dem Landhaus leise lacht.

Freundin scherzt dort. Und ich Tor, ich bebe,
von dem Frost der Einsamkeit gepeinigt.
Nur noch, wenn die süße Näh uns einigt,
glaube ich, Geliebte, daß ich lebe.

Laube find ich und den Hügel leer,
unsere hellen Wege unbetreten.
Komm, mich an den Liebesstrand zu retten,
Süße, aus erinnerungslauem Meer!

Rosenbüsche leuchten durch die Nacht.
Sanfte Lieder sing ich meinem Sterne.
Warum kamst du nicht? - In grauer Ferne
dämmert es, und dein Verliebter wacht.
(S. 79)
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Das Lied der Nachtigall

Geliebte, sieh,
die Sonne ließ allein uns wach zurück,
nun kommt zu uns
mit silberhellem Flügelschlag das Glück.

O höre doch,
wie sanft und süß von fernher ein Gesang
uns innerst stärkt,
vom Monde her ein wundervoller Klang.

O dies Gefühl,
das wie ein Licht uns kühl und hell durchdringt.
Du träume süß,
bis uns der Tag die goldenen Stunden bringt.
(S. 80)
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Lied eines verliebten Prinzen

Wenige Stunden mit dir zu plaudern,
ritt ich sieben Monde lang.
Meine Pferde kannten kein Zaudern,
meinen Dienern ward nicht bang,
wenn wir auch durch Wald und Nacht
mühsam uns hindurch gerungen.
Ehe noch Licht und Lerche wacht,
haben wir von dir gesungen,
die Pferde wieherten dir zu,
ich sang mein sehnsüchtiges Lied,
die Diener stimmten alle ein,
wir weckten die Sonne auf im Nu,
die Sonne, die nun mit uns zieht,
zu dir, du Sonne, du mein Sonnenschein.

Nun habe ich endlich dich erreicht,
ich küß und küsse dir die Hand,
wie fliegt mein Herz so leicht, so leicht
wie ein Pfeil, der ohne Ziel entsandt!
Heut darf ich dein Lieblingsritter sein,
des bin ich froh für alle Zeit.
Gegen Abend schon stehen die Pferde bereit.
Ein flüchtiger Gruß, wir reiten dahin,
wir müssen sieben Monde zurück;
dann liegst du immer ferner, Glück;
doch ich trage dich im Herzen drin,
weil ich ein gar so Verliebter bin.
(S. 81)
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Rot und weiße Rosen

Wundervolle rote Rosen glühten
gestern noch an hochgewachsenem Stocke.
Kommt ein kecker Wind zur Nacht geflogen,
nimmt sie sich zu eigen und fliegt weiter. -
Als heut morgen helles Sonnenlachen
durch die leichtverhängten Fenster tönte,
ließ ich träumend dich auf deinen Kissen,
legte weiche, linde Seidenkleider
nach dem Bade um die kühlen Glieder.
Stieg hinab die breiten Marmorstufen
durch die Lorbeerhecken, drin die frohen
Vögel Morgenlieder jubelnd sangen,
hin zum perlenfeuchten Rosengarten,
um die jüngste, volle rote Rose
dir zu brechen, daß du - eben wach erst,
halb vom morgendlichen Traum noch trunken -
küßtest deine süße, rote Schwester
und dann gleich auch mich auf Mund und Augen,
du, die schönste meiner weißen Rosen.
Doch der kecke Nachtwind, weh, zerzauste
meine Rosen alle. Ihre Blätter -
schmählich hingestreut zum feuchten Boden -
machten, Liebchen, mich so traurig, daß ich
leidergriffen an dich, Weiße, dachte,
die der Liebe heißer Nachtwind tötet.
(S. 82)
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Glück

Fackelglanz und Zimbelschlag.
Laue Nacht auf schwülen Tag.

Jauchzen, Jagen, hui vorbei
bunter Liebesraserei.

Liebesgöttchen, süße Schar,
wehend aus dem langen Haar.

Küßt ihr rosenschöner Mund
mir die jungen Lippen wund.

Wie ich alles träumend schau,
neigt sich mir die schöne Frau.

Bin umströmt von weicher Flut,
bin umflackt von wilder Glut.

Gierig junger Küsse Tausch,
grausam junger Wollust Rausch.

Weiter fliegt die Raserei -
Glück rollt kugelschnell vorbei.
(S. 87)
_____


Aus: Alfred Walter Heymel
Gesammelte Gedichte 1895-1914
Leipzig im Insel Verlag 1914

 

Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Alfred_Walter_Heymel



 

 


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