Christian Hölmann (1677-1744) - Liebesgedichte


 

Christian Hölmann
(1677-1744)

 

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 




Abbildungen der Augen

Wir Sonnen-Tempel sind das heiligthum der liebe /
Wo unausleschlich feur auff den Altären brennt;
Ein Himmelreich / das ist: ein Ursprung süsser triebe /
Das seinem werthe nach nicht Nebenhimmel kennt.
Zwey Sterne / deren krafft auff krancke herzen fliesset;
Zwey Lichter / so die Nacht der liebenden zerstreun;
Ein offnes Paradies / doch das sich selbst verschliesset
Wenn die begierde will sein reines Feld entweihn;
Ein Brunn / aus dem bald zorn / bald lieb u. hoffnung qvillet;
Ein schönes wetter-glaß / das hitz und kälte fühlt;
Ein Köcher / der mit zorn und lust ist angefüllet;
Ein bogen / der niemals wohin vergebens zielt;
Ein Zeughauß / wo Geschoß und Siegeswaffen liegen;
Ein Schloß / das in der höh ist in ein thal gebaut;
Ein thurm / an welchem sich die Schiffenden vergnügen /
Wenn ihre Sehnsucht hier die liebes-ampel schaut;
Zwo kerzen / die der GOtt der lieb' in händen träget /
Wenn seiner Mutter wird ein Opffer abgeschlacht;
Ein bild / das alle Welt fast anzubeten pfleget /
Und das die Schönheit hat mit eigner hand gemacht;
Wir sind ein kostbahr Schiff / das reiche Ladung führet;
Ein Wechseltisch / auff dem ein blick dem Golde gleicht;
Ein Buch / das niemand noch hat gänzlich ausstudieret /
Weil jede Sylb da nach grosser Klugheit reucht;
Die Schule / wo man lernt / die Schrifft der liebe kennen;
Das thor / bey welchem selbst ein Engel wache hält;
Zwey Schöpffer dieser glutt / in der viel tausend brennen;
Zwey redner / deren Spruch der Männer vorsatz fällt;
Zwey Jäger / welche frey in allen Wäldern jagen;
Zwey Schützen / denen nicht so leicht ein Wild entgeht;
Zwo Schwestern / welche stets nur eine Mode tragen /
Die immer neu verbleibt und täglich netter steht;
Zwo bräute die ein herz und einen liebsten küssen /
Und doch um dessen gunst nicht eifersüchtig sind;
Zwey spiegel / die doch nur ein bild zu zeigen wissen;
Ein spiel / bey dem man kaufft / verkaufft / verliehrt / gewinnt;
Zwo Kugeln / welche klein an grösse / groß an stärcke;
Zwo Uhren / welche doch nur ein gewichte zieht;
Zwey Künstler / deren thun berühmte wunderwercke;
Zwo Muscheln / die man offt voll Wasser-perlen sieht;
Zwey Mahler / die ein bild am ähnlichsten entwerffen;
Zwey helden / die zwar viel / doch einerley / gethan;
Ein Stahl den stumpffen Muth der liebenden zu schärffen;
Ein Dittrich der die brust geschwind' eröffnen kan;
Wir sind ein See-Compaß / dem der veliebten Menge /
Als ihrem Führer folgt; doch dieses schlechte blat
Ja diese Welt ist viel vor unsern ruhm zu enge /
Die Welt / die ihren glanz bloß uns zu dancken hat.
Dem Himmel fehlte licht / der erde geist und leben /
Dem tage selbst der tag / den blumen blumen-schein:
Wenn wir den ausschlag nicht von allem könten geben /
So würde dieser bau ein nachtgebäude seyn.
Die nächte würden nicht bey tag' in Gräbern liegen /
Sie schlügen ihr gezelt nun bey den Menschen auff /
Und würden den verstand in ihrem schatten wiegen /
Der wüste weder zeit / noch stund- und sternen-lauff.
Die liebe wäre tod / ihr feuer unentzündet /
Wenn unsre Strahlen nicht die Herzen angebrandt;
Die Erde / die man itzt voll liebes-früchte findet /
Die wär' ohn uns / wie vor / ein ungebautes Land;
Die Schönheit würde nicht die Seelen lüstern machen /
Der glieder blumen-schmuck erregte nicht begier /
Es wäre ganz umbsonst der lippen holdes lachen /
Kein Auge trüge dies dem innern Geiste für.
Es hat auch unser ruhm den himmel eingenommen /
Die Gottheit wolte selbst durch uns seyn abgemahlt;
Da haben wir das hefft des regiments bekommen /
Daß jeder den Tribut uns itzt gehorsam zahlt.
Wie Diener folgen uns des leibes andre Glieder /
Doch still' / es ist genung. Dies soll das Siegel seyn:
Läst Sonn' und Himmel sich einmahl zur Erde nieder /
So kehren sie gewiß bey unsern Sternen ein.
(Theil 4 S. 15-17)
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Abbildungen der Lippen

Ihr Augen habt euch wohl mit farben angestrichen /
Nun aber unser Schloß sich gleichfals aufgethan /
So mögt ihr Praler euch bey zeiten nur verkriechen
Weil euer ruhm doch uns nicht gleiche werden kan.
Wenn unsre zunge redt / so must ihr stille stehen /
Die blicke gelten nichts / wo man die Wörter hört /
Ein blumen-west wird itzt aus unserm thale gehen
Der deutlich sagen soll wie uns die Welt verehrt:
Den himmel heist sie uns / der das vergnügen zeiget /
Und der vom süssen thau der lebens-säffte trifft;
Das land / an dem zu erst die lieb' ans Ufer steiget /
Wenn sie das schwarze Meer der zagheit durchgeschifft.
Das blumen-Feld / darauff die bienen gerne fliegen /
Und aus den blättern schon gemachten honig ziehn;
Den garten / dessen schmuck die herzen kan vergnügen /
Weil hier die rosen-püsch' und nelcken-sträuche blühn;
Das Sommerhauß die glut des blutes abzukühlen;
Den stul auff dem der Arzt vor krancke Seelen sitzt;
Das Meer / auf welchemnur die Frühlings-Winde spielen /
Und wo sich offt die Flutt selbst an der Flutt erhitzt;
Den Brunn / der Götter-tranck vor schlechtes Wasser reichet;
Die Quelle / wo offt zorn / doch meistens lust entsteht;
Die Wohnung / wo der West / wenn er dem Herbste weichet/
Mit sambt dem Frühlinge sich einzulagern geht;
Das bette / wo ein paar der Seelen hochzeit machen;
Den Ehstand dessen zucht gewünschte küsse seyn;
Die wiege / die man wigt mit sehnsucht-vollem lachen;
Und wo so alt als jung offt nach der Amme schrein;
Dies alles sind wir auch: allein auff unsern Klippen /
Liegt noch von schmuck und ruhm ein grösser überfluß /
Wer ist es der nicht kennt den Richterstul der lippen.
Vor dem ein jeder selbst allein erscheinen muß?
Wir können über tod und leben urtheil fällen /
Drumb nehmet euch vor uns ihr augen wohl inacht /
Die netze / welche wir mit grosser klugheit stellen
Die haben Könige zu Sklaven offt gemacht.
Von unserm throne hört die Erde die gesetze /
Hier henget der befehl / der küsse zollen heist /
Doch so / daß nicht ein biß das siegel dran verletze /
Wenn sich der Unterthan gar zu gehorsam weist /
Von uns zwo Müttern sind zwey zwillinge gebohren /
Das lachen und der kuß / das schweigen und das wort /
Und haben diese Welt zu ihrem sitz erkohren
Was wieder sie hier ist muß alles über bort.
Doch auf den rechten weg itzt wiederum zu kommen:
Wir sind zwo Muscheln / wo man theuren purpur find;
Ein fluß / auff dem die kost der Seelen kombt geschwommen;
Ein tranck / von welchem sie nicht selten truncken sind;
Ein faß / aus welchem thau und milch und ambra fliessen;
Ein becher von der hand der wollust eingeschenckt /
Aus dem ein jeder mensch will gerne was geniessen;
Zwey wälle / deren Creiß so gärt als Feld umschrenckt;
Zwo pforten / die bald zu bald wieder offen stehen;
Sie sollen auch itzund gar bald geschlossen seyn /
Wir können doch den ruhm nach würden nicht erhöhen
Drum soll uns die Welt die sieges-palmen weihn
Und unser hohes lob in diamanten graben /
Denn andre steine sind nicht unsres nahmens wehrt /
Sie melde noch daß wir die Welt regieret haben /
So weit der sonnen licht mit seinen strahlen fährt
Und noch beherrscher seyn: die Säulen könnens sagen
Die unsrer klugheit sind zu ehren auffgebaut /
Was unser thron der welt vor früchte hat getragen /
Und wie man öffters uns verwundernd angeschaut /
Wenn wir Athen und Rom mit reden überwunden /
Die tugenden erhöht die laster abgeschafft;
Der friedenstörer arm durch einen spruch gebunden;
Ja offters auch wohl gar zum tode hingerafft;
Uns hindert keine nacht mit ihrem schwarzen zügel /
Die blicke hemmt er zwar doch unsre stimme nicht /
Die hat in ihr vielmehr noch weit geschwinde flügel
Weil kein geräusche nicht derselben kräffte bricht.
Es wil die Mißgunst hier zwar unsern scharlach schwärzen /
Als wären wir ein sitz der geilen buhlerey /
Und liessen uns / so gar ohn alles weigern / herzen /
Da doch ein kuß vielmehr der keuschheit schandfleck sey.
Wir lachen nur hierzu / und wissen dieses besser /
Wozu der rosen-stock umb unsre gegend wächst
Wozu der athem weht / und daß nach dem gewässer
Das unsre Quelle führt / ein geist mit rechte lescht.
Doch wenn die geilheit hier wil unsre blumen brechen /
So fehlts an waffen nicht / und kommt sie nur zu nah /
So wissen wir sie schon aus eifer so zu stechen /
Als stünden nesselsträuch' und dörnerpüsche da.
Ein tugendhaffter kuß bleibt dennoch unser leben /
Wann aber dieser wird auff seiner bahre stehn
So werden wir uns auch bald von der erde heben
Zun hügeln / wo erst recht das küssen an wird gehn.
(Theil 4 S. 17-19)
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Abbildungen der Brüste

An unsern felsen wetzt Cupido seine pfeile;
Wenn sie der steiffe sinn der Männer stumpf gemacht;
Dadurch wird uns ein ruhm / der ewig grünt / zu theile /
Und der das eigen-lob der vorigen verlacht.
Ist jener ankunfft hoch / so sind wir gleich geschätzet /
Der himmel ist es ja / wo man den Marmel gräbt
Aus welchem die natur hat unser bild gemetzet /
Das sich aus eigner macht bald auff bald nieder hebt.
Wir sind ein Paradieß / wo liebes-äpffel reiffen /
Die süsser noch als die so Abels Mutter aß;
Die Adams-Söhne sind hier meister in dem greiffen /
Und thuns dem Vater nach / da ers verboth vergaß.
Wir sind der schönste brunn / wo kost und nahrung qvillet /
Wo milch mit honigseim nach wunsche fliest.
Womit der jungen welt der hunger wird gestillet /
Wenn ihr noch zarter mund desselben öffnung küst;
Wir sind ein blumen-hauß / wo in den winter-stunden
Narciß' und lilje blühn als wie zur frühlings-zeit;
Ein felß wo Chrysolith und Demant wird gefunden;
Ein fruchtbar sommer-feld mit hagel überstreut;
Ein berg / auf dem der schnee sich selbst in ballen rollet;
Zwo kugeln / die ein bild des weltgebäudes seyn;
Ein bergschloß / wo man vor gelinde griffe zollet /
Eh' uns die freundligkeit läst in die thäler ein;
Ein atlaß / den kein griff so leichtlich nicht beflecket;
Ein kleinod / das den leib des Frauenzimmers ziert;
Ein thurm / auff dessen höh' ein feuer-zeichen stecket;
Ein briff der allezeit ein rothes siegel führt;
Zwey schilde / deren feld mit lilien beleget;
Ein amboß / wo die macht / so alle lieben heist /
Die pfeil' in grosser zahl geschickt zu schmieden pfleget;
Mit denen sie hernach auch riesen niederschmeist;
Die wolle / draus ihr garn die liebesgöttin spinnet;
Ein netze von der hand der wollust auffgestellt;
Ein Cittadell / das leicht ein lieber feind gewinnet;
Ein schnee der lebend ist und feuer in sich hält;
Die burg die von begier und anmuth auffgebauet /
Und deren wände sind mit marmel überlegt;
Ein stein / den man der milch an farbe gleichen schauet /
Und der dem strahle nach des mondes nahmen trägt;
Ein beete / welches offt mit küssen wird begossen;
Ein bette / wo die lieb auff schwanen federn ligt;
Ein ziel / nach welchem auch mit seufftzen wird geschossen;
Ein bollwerck / dem kein sturm hat schaden zugefügt;
Ein wachhauß / wo nur stets zwo schöne schwestern wachen;
Ein wall / durch den das thal der keuschheit wird beschützt;
Ein heerd / wo lieb und lust nicht selten feuer machen;
Ein doppeltes altan auff zeit und schmuck gestützt;
Ein tisch mit teppichten von atlas überleget;
Ein schönes helffenbein / das alles gold beschämt;
Ein wagen dessen sitz den überwinder träget;
Ein sieger / der die thier' und wilde völcker zähmt;
Ein liebs-gerüst' auff dem man auch zum thale steiget;
Zwo platten die an werth des silbers mächtig sind;
Zwo taffeln welche man nicht leichtlich jedem zeiget;
Zwo trauben / welche man auff keinen stöcken findt;
Die liebe brauchet uns manchmahl zu handgranaten /
Wenn die eroberung durch pfeile mißgelingt /
Und giebt den nahmen uns des werckzeugs ihrer thaten /
Durch die sie alle welt zur übergabe zwingt;
Doch unser ruhm ist schon in Marmel eingegraben /
Und wird durch so ein blat / wie dieses / nur entweiht;
Kein glied des leibes kan vor uns den vorzug haben
Weil keines so wie wir die ganze welt erfreut.
Wie würde deren Creiß noch voller Menschen leben /
Wenn wir als amme nicht dieselbigen getränckt /
Und täglich müssen wir noch diese nahrung geben /
Damit ihr bau sich nicht zum untergange senckt.
Wir sind ein wunderwerck der schönsten liebs-palläste /
Drum geben sich bey uns auch hohe häupter an /
Und bald sind Könige bald Käyser unsre Gäste /
Bald komt ein kluger Kopf bald gar ein unterthan;
Doch dessen dürffen wir uns ebenfals nicht schämen /
Wir thuns dem himmel nach und machens wie die Welt /
Die zwar die niedrigen in ihre gränze nehmen /
Und doch auch Königen zur wohnung sind bestellt.
Wie sind dem herzen nicht vergebens beygefüget /
Es hieß uns die natur desselben schilder seyn;
Die brustwehr / wo der zeug zu dem beschützen lieget;
Drum gab sie uns so nah dabey die wohnung ein.
Wir führen wie die welt zwo kugeln in dem Schilde /
Und dieses ists wodurch der mensch das lob erreicht /
Daß er / die kleine welt / der grossen in dem bilde /
Als wie ein Ey dem Ey und in dem wesen gleicht.
Eh nun die grosse welt nach ungewissen Jahren
Mit ihren kugeln wird zerfallen und vergehn /
So wird die liebe vor auff uns zum himmel fahren
Und unsern glanz vielmehr als auff der erd' erhöhn.
(Theil 4 S. 20-22)
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Abbildungen der Schooß

Der geist des alterthums schrieb den beschaumten wellen
Die künstliche Geburth der liebes-Göttin zu /
Und daß ein muschelhaus auf den gesalznen stellen
So wohl zur überfuhr als ihrer ersten ruh
An statt der wiege sey damals bestimmt gewesen;
Allein so wurde da die wahrheit eingehüllt /
Wer ihre Perlen nun wolt' aus dem schlamme lesen
Der fand sie endlich zwar / doch frembde vorgebildt.
Zieht jenen vorhang weg und last die fabeln schweigen;
Was gilts die wahrheit wird / ja selbst der augen-schein
Euch den verdeckten grund der Sache besser zeigen /
Daß ich so Muschel / Meer als Welle müsse seyn.
In meinen gründen ist die liebe ja gebohren /
Ich bin ihr erster Sitz / ihr Stammhauß / Vaterland /
Mich hat zu dieser See selbst die natur erkohren /
An deren ufern sich das schöne Mädgen fand.
Ihr glieder möget nun vor mir die seegel streichen /
Weil ich die Götter selbst durch mich hervor gebracht /
Ihr selber müstet auch im Mutterleib' erbleichen /
Wenn nicht durch mich das Thor wär' in die welt gemacht.
Es füllet meine frucht den Himmel und die Erde /
Ich mache daß der bau der wundergrossen welt /
Nicht vor der letzten zeit zu einer wüsten werde /
Die nichts als distel-sträuch und dörner in sich hält.
Ich bin das paradieß / vor dem die keuschheit wachet /
In dessen gegenden die lebens-früchte blühn /
Wo unser leben wird / wie feuer angefachet /
Dabey die Söhne sich / wie Adam / gerne mühn;
Ein Tempel / wo die glutt der liebe stündlich brennet;
Ein Opffertisch / wo milch zum opffer wird gebraucht;
Ein heiligthum / daß die vor Priester nur erkennet /
In deren keuscher brust ein reiner weyrauch raucht;
Ein gutes feld / das nur gerathne früchte bringet;
Ein garten / den der thau der wollust überfliest;
Ja der die anmuth hat die alle welt bezwinget /
Und dessen blumenfeld sein eigner fluß begiest.
Ein Meer wo Ebb' und Flutt dem Monden-lauffe gleichet;
Ein spiegel-glattes eiß / wo auch ein Riese fält;
Ein hafen / den vergnügt die Zuckerflott' erreichet;
Die Schule / die man nur vor junge Männer hält;
Der liebe musterplatz die mannschafft auszuüben;
Ein zwinger / welcher zu doch nicht verschlossen ist;
Die wahlstadt / wo auch wol ein Simson ist geblieben;
Das schützenhauß in dem ein jeder gerne schiest;
Ein Marck / wo regungen durch blicke zu erlangen;
Ein wechseltisch der uns vor Jungfern / Frauen zahlt;
Ein laden / wo noch nie gebrauchte wahren hangen;
Ein thal / in welches nie das licht der Sonnen strahlt;
Ein bergwerck welches gold und silber-adern heget;
(Die wünschelrutte schlägt offt allzu hefftig an )
Ein land / das unbesät auch keine früchte träget;
Ein abgrund / wo die welt die perlen fischen kan;
Der männer gröster schatz liegt offt in meinem fache /
Denn das behältnüß bin ich eigentlich dazu /
Drum hält die eifersucht bey mir so scharffe wache /
Damit demselbigen kein frembder eingriff thu.
Hier ist der bienenstock / wo aus der keuschen blume
Der lebens-honig wird zur rechten zeit gemacht;
Der himmel und die welt trägt den zum eigenthume
Wenn ich ihn an das licht / sein ziel davon gebracht.
Der liebe ruhestadt die liegt auff meinem grunde /
Ihr forst / in welchem sie die schönsten zobel jagt /
Die männer sind dabey die besten jäger-hunde /
Denn ihr verwegner geist ist immer unverzagt.
Wenn ich verschlossen bin / so geht die lust im leibe /
Offt werden gar darum die länder ruinirt /
Und spinnen trauerflor an statt der weissen seide /
Weil meine muschel nicht den thron mit perlen ziehrt.
So kan der wohlstand sich auff meine pfeiler gründen /
Wer führt nun einen ruhm der meinen lorbern gleicht?
Bey euch / ihr brüste wird man diesen schwerlich finden /
Die ohnmacht hat euch nicht vergebens so gebleicht.
Nur eines ärgert mich daß auch die kinder wissen
Was die erwachsenen in meinem garten thun /
Wie sie durch ihren thau mein blumenfeld begiessen /
Und mit der grösten lust auff diesem beete ruhn.
Ach könt' ich dieser brutt unnütze reden stillen!
Ein vorschlag fält mir bey: ich wil auf's ehst' einmal
Ihr ungewachsnes maul mit meinem wasser füllen /
Wer weiß? befrei' ich mich dadurch nicht dieser qual.
Doch meine blösse heist itzund mich stille schweigen /
Drumb hüll' ich wieder mich in meine decken ein /
Und wil nur noch mein thun dadurch gebilligt zeigen:
Wo blumen sollen blühn muß tau und regen seyn.
(Theil 4 S. 22-25)
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Er vergleicht Sie mit Rom

Weistu auch Clelie wem deine stellung gleicht?
Was vor ein wunder-bau dir sieges-palmen reicht?
Weistu'ß? so sag es mir: wo nicht? so laß die sinnen
Sich eine zeit bemühn ob sie's errathen können.
Du hast den treffer ja sonst allemahl bey dir
Und brächt' auch mein verstand ich weiß nicht was? herfür.
Den finger stämmestu zwar itzt an deine stirne /
Siehst mit den augen steiff / und plagest das gehirne
Allein / ich seh‘ es dir schon an den augen an
Daß dein entzückter geist das ziel nicht treffen kan;
Drum qväle dich nur nicht erst lange mit gedancken /
Es ist kein wunder nicht wenn sie zu weilen wancken
Und nicht zum zwecke sehn / gib / schönste / dich nur drein/
Du siehst's / es kann alhier doch schon nicht anders seyn:
Es kostet einen kuß / so kanstu alles wissen
Worüber du dich hast so sehr zermattern müssen
Er wird dich nicht gereun / verweile dich nur nicht
Je langsamer der kuß ie später der bericht.
Hier siehstu meinen mund und neben an die wangen /
Im augenblicke kanst du selbe ja umfangen
Nun ach! - - - - nun bin ich recht vergnügt
Da deine seele sich auff meinen lippen wigt
Und meine gleichfals liegt auf deinem schönen munde.
Nun warte / liebste / nur noch eine viertel-stunde /
Biß meine seele sich giebt wiederum zur ruh /
Itzt weiß ich ohnedem nicht was ich selber thu /
Dann will ich dir hernach das gantze thun erklähren /
Doch / darff ich / Clelie / noch was von dir begehren /
So bitt ich / daß dein aug' und mund nicht eher lacht /
Biß dir der reime schluß dazu den anfang macht.
Ihr wörter schickt euch nun / ich muß es dennoch wagen /
Und meiner Clelien euch vor die ohren tragen:
Du gleichst-wie daß mir hier die zunge bleibet stehn?
Wil irgend nicht der mund die sylben lassen gehn!
Ich glaube / daß sie sich vor deinen augen schämen /
Doch wart' ich wil sie schon hierzu alsbald bequemen /
Und aus dem Kercker ziehn: du gleichest jener Stadt /
Die in Italien nicht ihres gleichen hat;
In der der Römer wohnt / der nur von seinen sachen /
Nebst grosser pralerey viel schreibens weiß zu machen /
Du gleichst dem grossen Rom: verwunderstu dich viel /
Daß ich mit einer Stadt dich itzt vergleichen wil?
Halt ein und lache nicht / es wird sich denn schon weisen /
Ob ich mit fabeln dich gesucht blos abzuspeisen /
Was gilts? du stimmest mir im ende selber bey /
Daß die vergleichung dir in allem ähnlich sey.
Ein schmeichler nennt zwar Rom die Königin der erden /
Der alle herzen fast fußfällig müssen werden;
Ich aber lach' ihn aus / der nahm' ist mehr vor dich /
Die du der schönheit reich beherrschest königlich.
Rom nahm ihm diesen selbst / durch degen / mord und tücke;
Du hast dir ihn verdient durch deine Fürsten-blicke /
Zu dem / was sind nicht dir vor herzen unterthan
Ich wette / daß man sie kaum alle zehlen kan.
Die Engelsburg in Rom / die rühmt man zwar vor allen /
Und hat sie mir auch selbst vor andern wohlgefallen /
Doch sind die Engel da aus steinen nur gehaun;
Da ich bey Clelien sie kan lebendig schaun:
Was sind die tugenden denn anders als wie Engel?
Und ist ein schönes kind / daß sich durch grobe mängel
Niemahls beflecket hat / nicht gleichfals engel-rein?
Es lagern ja bey ihm sich selbst die Engel ein.
Es ist auch jene burg ein ältliches gemäuer /
Wie bald zerschmettert es die zeit / ein feind / das feuer /
Hier aber scheinet noch der jugend schönes licht /
Die liebes-glutt verzehrt auch dieses herze nicht.
Die haubt-burg wil ich nicht einmal itzund berühren /
Sie müste den triumph der schönsten gleichfals zieren /
Weil ihres haubtes burg so am verstande reich /
Daß ihr der ganze Rath in jener kaum ist gleich.
Nun aber siehe Rom auff diese schlechte blätter.
Die Tempel bring' ich jetzt / das eigenthum der Götter /
Die machen meinen Sinn in etwas zweiffelhafft /
Ob auch bey Clelien dergleichen wunderkrafft
Als wie bey ihnen ist / es hält den reime-lauff
Allhier der grosse Schatz der heiligthümer auff /
Ich weiß nicht ob ich wohl von diesen hier soll schreiben /
Die liebe heist es mich / die andacht laß es bleiben /
Doch die bescheidenheit befiedert meinen kiel /
Und saget: halte nur im dichten maaß und ziel.
Die lippen Cleliens die thun auch wunderwercke /
Küss' ich dieselbigen / so fühl ich neue stärcke /
Zumahl wenn ich darnach recht kranck gewesen bin
So geht durch einen kuß die ganze kranckheit hin.
Sie ist ein heiligthum / das zu gewissen Stunden
Sich willig küssen läst / ist diese zeit verschwunden /
So schliesset sie sich zu / dann geht die fasten an /
Da ich den süssen kuß nicht mehr geniessen kan.
Sie ist mein rauch-altar / mein aller-götter tempel /
Der Liebes-Götter und Göttinnen wahr Exempel /
Mein Sonnen-Tempel auch / in den der Römer rennt /
Wenn er vom Capitol zur lincken hand sich wendt.
Vor hab ich Clelie zu meinem Ungelücke
An deinen kuß gedacht / hilff mir doch von dem Stricke
Der Sehnsucht wieder loß / denn wil ich gerne gehn /
Und nicht bey dir / mein Rom / mehr bleiben betteln stehn.
Lästu mich ohne trost der Sehnsucht fieber fühlen /
So müssen nur die glut schon jene flüsse kühlen /
Die mir das grosse Rom itzt zu gesichte bringt /
Und schon sein Sieges-fahn / noch vor dem kampffe / schwingt.
Zu wasser wird dein sieg / die hoffnung gleich den flüssen /
Die von begierden / die tämme durchgerissen /
Hier kommstu trefflich kahl / sehr abgeschmackt und blind /
Betrachte nur einmal was deine flüsse sind /
Sie sind ja anders nichts als schleimichte gewässer /
Bey meiner Clelien sind sie wohl zehnmal besser /
Sieht nicht die weisse flutt / die aus dem munde fliest /
Der milch am ähnlichsten? ist / was sie da vergiest
Wo es mit lispelndem und lieblichem gezische
Durchrauschet einen thal und dessen liebs-gepüsche
Nicht den Citronen gleich an farbe? Stelle mir
Du auffgeblasnes Rom dergleichen flüsse für!
Springbrunnen / Wasser-gäng' und fälle / bäch und flüsse /
Die sind auch lange nicht so lieblich / schön und süsse
Wie meiner Clelien; die zweygetheilte Spur
Der flüsse / besser noch / der brunnen der natur /
Die an der schönen brust wie wasser-künste stehen
Die müssen jenen noch zur rechten seite gehen /
Ich tauschte nicht einmal / und wenn die ganze welt
Mit allen flüssen noch zu ihnen wär gestellt.
Hier hab' ich süsse milch; in jenen trüben fluthen
Fand ich wol ehemals / und wieder mein vermuthen
Erstickte bestien: hier hat es keine Noth
Hier fällt kein wurm hinein / hier liegt auch keiner tod /
Es wäre meiner denn / der pflegt hierum zu kriechen /
Wenn sich die Clelie mit freundlich seyn bestrichen /
Sonst muß er wegen ihr behutsam für sich sehn /
Daß sie auff ihn nicht läst den sturm des zornes wehn,
Hier hält die reinligkeit die allerschärffste wache /
Damit kein moder sich an dieses silber mache /
Ich glaube / daß der fluß / der so um schilff als mooß
In viergetheilter Flutt im Paradiese floß
An liebligkeit und zier vor diesem müsse weichen.
Nun schwinge dich mein kiel / du must die berg' erreichen /
Auff welche Rom / als wie ein andrer berg gebaut /
Allein mein auge hat von weitem schon geschaut
Daß Rom auch hier verliehrt / es ist's ja nicht alleine
Daß so aus berg und thal aus gold und marmelsteine
In seiner pracht besteht: Hier! hier: ist berg und thal!
Hier ist der marmelstein! betracht' ihn nur einmal /
Allein verbrenne dir nicht irgend das gesichte /
Was gilts? die Sieben wird von dieser Zwey zu nichte.
Ins thal da lässet man dich und auch mich nicht ein
Sie müste denn / wie nechst / vom schlaffe truncken seyn.
Meinstu / ich plaudre nur? so frage deine helden
Die werdens dir als ich viel besser können melden
Was dieses thal vermag. Was that nicht einst Tarquin
Als er in selbiges als König wolte ziehn?
Das thal Lucretiens macht' ihn zu einem Zwergen /
Sein königliches hauß zerfiel auff deinen bergen /
Doch weistu dies wol vor / du stellest dich nur so
Und fürchst: es würde sonst dein Sieg auch hier zu stroh
Da du doch blumen hoffst: Nun denck' ich an die Gärte /
In deren Circkeln sich die wollust einst ernährte /
Die sind zwar lobenswerth / doch / wo mir ist erlaubt
Zu sagen was mein Sinn im ganzen erste glaubt
So acht' ich sie wie nichts vor denen die hier blühen /
Und meine Clelie zu zieren sich bemühen:
Ließ diese mich einmal in ihren garten ein
Des Römers seiner möcht' im Pfefferlande seyn.
Die blumen halten sie selbst vor die schönste blume /
Und rechnen ihnen dies zum allergrösten Ruhme /
Wenn sie auff ihrer brust und auff dem haubte sind /
Ob gleich ihr schmuck dadurch mehr schand als lob gewinnt.
Was du noch ferner hast / O Rom / an überschrifften /
Die deiner Majestät ein angedencken stifften /
Die hat hier die natur noch schöner angelegt /
Kein Glied des leibes ist / das nicht auch eine trägt.
Um ihre lippen steht: das zeughaus aller küsse.
Um ihre brust: Das meer / wo milch wie silberflüsse
Aus dessen schooß entspringt. Das auge führt den spruch:
Hier ist der liebenden und der geliebten buch.
Des leibes mitteltheil: Hier werden die Colossen
Und Pfeiler vor den bau der unterwelt gegossen /
Hier ist der platz / auff dem die liebe triumphiert /
Und in den fesseln selbst den Uberwinder führt.
Hier wird sie selber matt / hier findt sie neue kräffte
Und labt sich wiederum durch die unschätzbarn säffte /
Wär dieser garten nicht / die gross' und kleine welt
Die wäre schon vorlängst in eine grufft gefällt.
Die füsse zeigen sich / da / wo sie sich zertheilen /
Wie zugespitzte thürm' und weisse marmel-säulen.
Ich weiß / daß weder Rom noch sonsten eine stadt
Dergleichen wunderzeug in ihren mauren hat.
Rom ist an gräbern reich; Hier ist vor eitle lüste /
Vor traurigkeit und gram auch eine todten wüste /
Was nicht vom himmel stammt / und wie die tugend rein /
Das muß hier in ein grab auff ewiglich hinein.
Wird dir / beschämtes Rom / das warten auch zu lange?
Macht dir die Clelie mit ihrem ruhme bange?
Bleib einen augenblick nur noch im kampffe stehn /
Hernach so wollen wir / als freunde / weiter gehn.
In deiner gegend wirfft die Sonne heisse strahlen;
Die aber diesen ort der Clelien bemahlen /
Und ihre augen sind / die sind so warm / so heiß /
Daß ich dieselben offt nicht zu vertragen weiß.
Ziert der Citronen baum gleich deine gärt' und felder;
Hier sind sie auch zu sehn / und zwar wie ganze wälder /
Sie sind noch lieblicher / die säure sticht hier nicht /
Als wären sie schon vor mit zucker zugericht.
Die wallfart / die man thut zu deinen andachts höhen /
Die heisset mich allhier im zweiffel wieder stehen /
Wo da das gleichnüß liegt: Doch itzt besinn' ich mich /
Weil Sie mein Rom denn ist / so bin der pilger ich;
Es scheint / als wär' ich selbst zur pilgerschafft gebohren /
Denn meine haut die gleicht vorher den braunen Mohren /
Und darff des kittels nicht / stab / tasche hab ich auch /
Es fehlt mir sonsten nichts mehr als der gebrauch.
Ihr alten Könige! vor deren purpur-blicken /
Die Tyber sich gemust wie eine Sklavin bücken /
Und die ihr ihre Stadt durch einen winck regirt /
Ihr werdet nun durch mich aus eurer grufft geführt /
Denn euer Scepter soll allhier den reihen schliessen
Ich hab' es auff geheiß mit euch so machen müssen /
Damit nicht irgend Rom bey eurer pracht gedenckt /
Ich sey durch diese nun ins bockshorn eingezwängt.
Doch wie es überall des sieges hat verfehlet /
So hat es auch allhier den falschen weg erwehlet /
Ich weiß ja gantz gewiß daß Clelie dies hat /
Nachdem so mancher held verwegen sprünge that /
Den purpur mein' ich hier; es sind gewisse zeiten /
Da legt sie selben aus und läst ihn abwerts gleiten /
Indem er fliessend ist / und wird offt jenes pracht
Durch diesen hohen glanz wol gar beschämbt gemacht.
Gieb meiner Clelien / O Rom / nun deinen tittel /
Und kleide deine pracht in einen schlechtern kittel /
Du hast denselbigen noch glücklich eingebüst.
Weil diese / die ihn erbt / mehr dessen würdig ist.
Geh nun zur Tyber hin / was ich bey dir gefunden /
Das zeigt mein neues Rom mir eben alle stunden /
Ja noch vortrefflicher. Hier ist kein alter graus:
Hier bebt die erde nicht: hier ist kein krancken hauß:
Liegt meine Seele gleich manchmal in diesem spittel /
So gibt mir Clelie bald den gesundheits-tittel
Auf Jungfern wachs gedrückt / und macht mich wieder frey /
Damit das Fieber mir nicht irgend tödlich sey.
Hier leget euch nun hin ihr Siegerischen waffen /
Denn meine Clelie die sehnt sich nach dem schlaffen /
Es ist schon hohe zeit / drum hört mit siegen auff /
Verfolgt ein andermal den vorgesetzten lauff /
Schaut / schaut da lieget schon die schlummernde darnieder/
Drum auf! und fanget an schlaff-träum- und abend-lieder.
(Theil 4 S. 28-35)
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Als Sie ihn zu ihrem leib-arzte machte

Wilstu mir deinen leib auff meine seele binden?
Soll ein Recept von mir dein lebens-balsam seyn?
Wilstu in meiner hand die süsse kühlung finden?
Soll meine gegenwart dein zartes herz erfreun?
So sag' ich: Fahret hin ihr andern patienten /
Lebt / sterbt / thut was ihr wolt / und was der himmel will
Ich sehne mich nicht mehr nach euren kargen renten
Ihr gebt ohndem offten zu wenig / als zu viel.
Was muß man nicht um euch vor kummer in sich fressen /
Weib / Kinder / schreien da die ohren offt so voll /
Daß man darüber kan der besten kunst vergessen /
Daß einem dies entfält / was man doch brauchen soll.
Seht euch nach andern um / ich bin itzt schon vergnüget /
Die eine hab ich mehr als eurer tausend lieb /
Das glücke hat es wohl durch seinen zug gefüget /
Da dies die schöne brust zu meiner neigung trieb.
Doch mag ich mich mit euch nicht lange hier verweilen /
Genung: ich laß euch loß: nehmt einen andern an:
Und last ins künfftig durch dessen kunst euch heilen /
So werdet ihr gewahr / was auch ein andrer kan.
Dir aber netter leib / euch wolgewachsnen gliedern /
Euch lippen / brüsten / Schoß / euch adern / herz' und blutt
Will zu gefallen ich die pfeile gerne fiedern /
Und zeigen / was ein Arzt vor süsse dienste thut.
Nun laß' ich / schönste / mich bey deinem bette nieder /
(Du weist es / daß ein Arzt da am geschicksten sitzt)
Entdecke mir genau den zufall deiner glieder /
Ob sie erkältet sind / ob sie ein feuer hitzt.
Die hitze kan ich schon aus deinem pulse schliessen /
Die adern sind voll blutt / das angesichte roth /
Ich werde dir wol bald zur ader lassen müssen /
Und denn durch kühlungen zerstreuen diese noth.
Doch wenn ich dir die glutt im blutte soll curiren
So muß dein finstrer mann mir nicht im lichten stehn /
Sonst möcht' ich gar den safft verschütten und verliehren /
Drum soll ihn Opium zu bette heissen gehn.
Den durst stillt mandelmilch: (ich hät mich bald verschrieben
Und statt der mandelmilch die mannes-milch gesetzt)
So wird des fiebers-macht ohnfehlbar auffgerieben /
Und dein gekränckter geist durch dessen schluß ergötzt.
Wenn nun dein netter leib das fieber überstanden
Und meine cur geschmeckt / so nimm dich ja in acht
Auff daß dein leibes-schiff nicht wieder möge stranden /
Und dich ein neuer sturm / wie neulich / mürbe macht.
Damit du nun den weg nicht irgend mögst verfehlen
Der zur gesundheit führt / so höre was mein mund
In dreyen worten will zu deiner ruh erzehlen /
Nimm meinen handgriff an / so lebest du gesund.
Entschlage dich zu erst / mein Engel / frembder lüffte
Und kühl' in selbigen nicht deine brust und glut
Sie sind offt angemacht mit einem schlauen giffte /
Daß unserm leib' und auch dem ruhme schaden thut.
Allein du magst dich wohl in meinem garten kühlen /
Da ist die lufft gesund / da weht kein rauher wind /
Da kanstu den geruch von reinen blumen fühlen /
Die doch bey weitem nicht wie deine blumen sind.
Doch / nicht gelüste dich / ins grüne hier zu legen /
Ich wäre denn dabey und wolte wächter sein /
Sonst könte leichtlich dir ein wurm gefahr erregen /
Und den so schönen leib mit geister überstreun.
Gewehne dich auch nicht bey leib' an andre speisen /
Als die dir meine hand nechst vorgeschrieben hat
Der ausgang pflegt es denn gemeiniglich zu weisen
Was vor geblüme bringt der ungeachte rath.
Will dir mein zucker-werck der liebe nicht recht schmecken?
So faste kurze zeit / ich wette / die begier
Wird ihren appetit durch hunger bald entdecken /
Dann kommt dir meine kost dest angenehmer für.
Bistu des zuckers satt? so nimm vom perlen-trancke!
Verachtstu diesen auch? so ist ein Julep da /
Und was man sonsten hat vor solche liebes krancke /
Von welchen dir beliebt zu diesem sage: ja;
Gelüstet deinen mund nach glatten männer-zungen?
So nihm ein solch recept von meinen lippen an!
Es ist mir ehemals bey dir ja schon gelungen /
Wer weiß? ob ich itzt auch den durst nicht stillen kan.
Doch wo verfall' ich hin? ich habe mich vergangen /
Wer bleibt im Paradieß von allem irrthum frey?
Doch wil ich meinen weg durch diesen satz erlangen:
Die kleider tragen auch was zur gesundheit bey.
Biß / wo die brust sich zeigt / magstu dich wol entblössen /
Doch wenn ein rauher wind umb unsre schläffe streicht /
Der flecken in die haut durch seine Wutt kan flössen /
So deck' auch dieses zu / daß er zurücke weicht.
Damit auch diese wohl nach dir / als blume / riechen /
So fülle deren schranck mit lorbeerblättern aus /
Mit Majoran / dem noch nicht der geruch entwichen /
Mit Calmus / Nägeln und mit einem rosen-strauß.
Weil auch dein frauen-Haar nicht mehr geblüme träget /
So stecke dies dahin / wo deine brust sich theilt /
Und wo selbst die natur den garten angeleget /
Der solches blumenwerck bringt / das männer-herzen heilt.
Hingegen pudre dir die kohlpech schwarzen haare /
(Der puder ist das Saltz / das unser haar erhält)
Und ziere sie mit der den frauen eignen waare /
Weil dich die liebe doch in deren Zunfft gestellt.
Verbring auch nicht die zeit mit sehnlichen gedancken /
So plagstu dich nur selbst / weils offtermals geschieht /
Daß auch darüber muß der zarte leib erkrancken /
Wenn er ihm was davon zu sehr zu herzen zieht.
Wird dir die zeit zu lang / so ließ in helden-büchern /
Da lieget ein Confect vor deinen zarten geist /
Ich kan dich / Clelie / dabey gewiß versichern /
Daß ein verliebter sich allda am besten speist.
Mich deucht ich höre wen die treppen auffwerts steigen /
Es komt gewiß dein mann / der dich besuchen wil /
Drum muß ich nur itzund auch wider willen schweigen /
Denn hört' er was / so traut' er uns hernach nicht viel.
Ich werde mich itzund ganz wiedersinnisch stellen /
Du kehre gleichfals dich von mir zu jener wand /
Damit wir nicht in ihm das gutte blut vergällen /
Dies wäre denn vor mich und dich ein harter stand.
Ich werde mich bey ihm' auch lange nicht verweilen /
Denn seine Gegenwart die schätz' ich nicht so hoch /
Und wüntsch' offt; wär' er nur von hier zehnhundert Meilen/
So drückte dich nicht so sein eifersüchtig joch.
Nun lebe / Clelie / und denck' auff mein vergnügen /
Erhalte deinen leib / an dem mein leben hängt /
Du magst im bette wohl / doch nicht als krancke / liegen /
Sonst würd' auch meine brust / durch deine noth / bedrängt.
Ich schliess' er ist schon nah / den schluß soll dieses machen /
Da nechst dein mund den arzt des leibes Engel hieß /
Und sage: Meine kunst soll dich so wohl bewachen /
Als wie ein Cherubin das offne Paradieß.
(Theil 4 S. 35-39)
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Auff ihre häuffige thränen

Wo hat dich / Clelie / die wehmuth hingerissen /
Daß du der Seelen blutt / der thränen perlen-fluß
Läst so verschwenderisch um dein gesichte fliessen /
Und nicht einmahl gedenckst zu endern diesen schluß.
Will deiner augen licht um andre sich verzehren?
Wer nicht die thränen sieht der achtet sie auch nicht /
Und wird dier schlechten danck vor so ein thun gewehren /
Das deine schönheit zwar / nicht deinen Jammer / bricht.
Die trauer-wolcke schwärzt den himmel des gesichtes /
Aus duncklen höhlen hebt sich diese trauer nacht /
Die den gebrochnen strahl des allerschönsten lichtes
In ihren abgrund senckt / und zum gefangnen macht.
Der wangen blumen feld ist durch den thau gebleichet /
Die todten farbe hengt bey dir ihr bildnüß aus /
Der seuffzer heisser wind / der um die lippen streichet /
Verkehrt des schmuckes rest in einen leichten grauß.
Die herzen weistu ja sonst meisterlich zu binden /
Ach! lege / Clelie / dir auch itzt fessel an /
Und schade dir nicht selbst mit so viel nassen sünden /
Sonst ists um deine brust und meine lust gethan.
Es brennet und verzehrt das schlaue gifft der thränen /
Wenn nicht ein gegengifft bey zeite wird gebraucht /
Wenn wir das auge nicht von selben abgewehnen /
Eh noch/ des herzens krafft / wie flüchtig saltz / verraucht.
Der himmel weinet auch aus liebe zu der erden /
Doch trocknet er ihm bald die augen wieder ab /
Wilstu / sein engel / denn zum mammelucken werden?
Er pflanzt dir blumen ein / und du bestellst dein grab?
Dein auge schicket sich ja nicht zur todten-bahre /
Wie wilstu denn darauff zur grufft getragen seyn?
Dem tode geben wir nicht gerne graue haare /
Und du willst ihm den schmuck der schönen jugend weihn?
Begrabe deine noth / wenn du ja must begraben /
Ich will mit dir beym sarg im ersten paare gehen /
Den boy um meinen leib / im auge thränen haben /
Und bey der grufft verblast wie ein betrübter stehn.
Verstopffte qvell und brunn dem brennenden gewässer /
Das meine liebe mehr / als deine Freud‘ entzündt /
Und glaub es ist vor dich und tausend seelen besser /
Wenn man dich selber alß dein grab voll blumen sind.
(Theil 4 S. 39-40)
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Als sie ihn einen Mohr geheissen

Verschlagene Clelie! weistus? ich habe noch
Mit dir von neulich her ein hünchen abzupflucken
Gedenckstu noch daran? veränderstu dich doch
Und meinst ich woll‘ auff dich / ohn dein verschulden / hucken.
Nein / schönster engel nein / ich denck itzund daran
Da mich dein lichter mund nechst einen schwarzen nannte /
Dergleichen Mohren-Land alleine zeigen kann /
Und mir dasselbige zur heymath zuerkannte.
Dies hab ich / als dus wohl am wenigsten vermeint /
Mir deutsch und leserlich hier hinters ohr geschrieben /
Und find es itzt nun da; doch muß ich / wie es scheint /
Die ganze sache dir wohl ins gewissen schieben.
Denn du gestehst mir nichts / und lachst noch über mich:
Trieb ich dein augenpaar / die lippen und die brüste
Auch gleich auff einen eyd / so schreckt‘ ich doch nicht dich
Indem dein schlauer geist schon einen anschlag wüste
Wie diesem zu entgehn / drum geb ich mich nur drein
Und will dir Clelie die ganze schuld vergeben /
Wenn dus nicht mehr willst thun / und künfftig frömmer seyn
Auch / wie mein herze will / mit mir im lieben leben.
Was du auff mich gesagt / das tadl' ich zwar auch nicht /
Ich will es selbst gestehn: ich muß den Mohren gleichen /
Denn welcher kan dem strahl' und auch dem sonnenlicht
Und deren würckungen so wie man wündscht entweichen.
Die Mohren beten noch / die / so sie schwärzet / an
Ich habe / Clelie / dich auch von ganzen herzen
Wie Göttlich fast verehrt / da ich doch schweren kan
Dein strahl sey schuld / daß sich an mir die glieder schwärzen
Ist meine haut so schwarz / wie wirds ums herze stehn?
Mein blut ist auch verbrannt von deinen sonnen-blicken /
Ich muß in kurzem gar zu meinen vätern gehn.
Wo du / o sonne / mich nicht wieder wirst erqvicken.
Der Mohren eignes thun ist sonst der Perlen-fang /
Den nahmen gabstu mir / laß mich auchs Ambt verwalten /
Dann werd ich nimmer mehr von deinen strahlen kranck /
Wenn du die muschel zeigst und ihre perlen-falten.
Hat mich dein aug' und mund den mohren gleich gemacht /
So wirstu ja ein werck von deinen augenstrahlen
Und die an mir itzund so kohl-pech-schwarze nacht
Auch suchen durch dein licht der gunst zu übermahlen.
Dein lieben bringstu so nicht etwan übel an:
Was schwarz ist / weiß zur lieb' am besten sich zu schicken /
Weil nichts beständiger das feuer halten kan
Als dieses / was das bild der nacht weiß abzudrücken.
In schwarzen augen liegt die allerstärckste glutt /
Nach schwarzen kirschen pflegt man oftmals hoch zu steigen
Und was vor wunder offt der tinte schwärze thut /
Kan ein verliebter brieff am allerbesten zeigen.
Wie klebt nicht schwarzes pech! wie lange brennt es nicht!
Wie ist die glutt so starck von den geschwärzten kohlen!
Doch darff ich den beweiß / und meiner rede licht /
Nicht erst (du lachest schon) vom feuer-heerde hohlen.
Geh / schönste in dich / und sag' ob nicht dein haar /
Das schwärzer als die nacht / der liebe fessel trage /
Was gilts? dein herze sagt: Ja freylich / ist es wahr /
Ob ich zum scheine mich derselben gleich entschlage.
Und liebet nicht die welt am meisten in der nacht /
Weil deren schwarzer flor sich wohl zum lieben schicket?
Bey tage fängt man's an / bey nachte wird's vollbracht /
Dies / was die liebenden so ungemein erqvicket.
Und schwärzt / ihr schönsten / nicht auch selbst der glieder schein?
Sind nicht die plästrigen deßwegen auff den wangen /
Daß ihre schwärze soll mehr flammen von sich streun /
Und durch das bild der nacht das bild der schönheit prangen?
So habt ihr kinder ja die schwarze farbe lieb:
Was wilstu / Clelie / dieselbe dann verachten /
Hastu mit ihnen sonst im lieben einen trieb /
So wirstu auch wie sie nach einer farbe trachten.
Doch giebstu dieser noch nicht den erlangten preiß /
So stimm' ich endlich bey / nur thu mir den gefallen /
Und bleiche mich davor durch deine küsse weiß /
Denn soll durch mich ein lob der weissen farb' erschallen.
(Theil 4 S. 40-42)
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An ihr kranckes Hündgen

Du meiner Clelien sehr angenehmes thier!
Du meiner Clelien getreuer schlaffgeselle!
Ihr hauß-tisch-genoß / wie stehts: wie geht es dir?
Empfängstu mich denn nicht mit einigem gebelle?
Und zeigst wie sonst / die lust ob meiner ankunfft an?
Was fehlt dir? bistu kranck? kanst du nicht nachricht geben?
Hastu vielleichte dir im springen wehgethan?
Als du dich auff den schooß der schönen wollen heben /
Und fehlgesprungen bist? hastu dir was verstaucht?
(Gar leicht kan ihm' ein hund den hinterfuß verrencken)
Hat dich vielleicht jemand ins wasser eingetaucht /
Und deine freundligkeit dadurch gesucht zu kräncken /
Daß du deßwegen noch voll zorn und galle bist /
Wer sagt es endlich mir? sinds auch wol liebes-schläge /
Worüber du dich hast so ungemein entrüst /
Die ich bey Clelien dir brachte nechst zu wege?
Es ist ja irgend auch nicht gar die eyfersucht?
Die meinetwegen will in dir itzt galle kochen /
Weil ich bey Clelien / der lippen süsse frucht
In deiner gegenwart so offtmahls abgebrochen.
Auff daß man aber recht des traurens grund erfährt /
So laß mich deine Füß' und deine beyde klauen /
Den bauch (den Clelie vor andern hält so werth) /
Den kopf / und was an dir / itzund haarklein beschauen.
Was gilts / so find ich bald den dir verhasten gast /
Doch aber mustu mich bey leibe ja nicht beissen /
(Zumahl wo du auff mich ein häckgen irgend hast)
Noch auch vielweniger zum possen gar be- - -
Nun gib die pfoten her! die sind ja ganz gesund:
Laß auch den bauch beschaun / den nabel und die sachen /
Die dessen nachbarn sind! doch hier ist auch nichts wund /
Als dieß / das die natur hat selbst so wollen machen.
Wie stehts denn um das maul? hastu die Zähne noch?
Sind auch die ohren ganz? hastu noch alle haare?
Auch diese stehn noch wol: woher kombts aber doch
Daß du den kopf so hengst? sags! daß ichs erfahre.
Itzt fallen allererst mir auch die augen ein /
(Ich hätte büßlich sie im augenblick vergessen)
Mich deucht! mich deucht! allhier wirds rechte fleckgen seyn /
Darum dich / mein L'Amour, der kummer auf wil fressen.
Ich hab' auch nicht gefehlt. Ach allerliebstes thier!
Wie bistu immermehr zu diesem schaden kommen?
Wie ists um dich mir leid: ich fühle schon in mir
Daß auch dein schmerz bereits mein herz' hat eingenommen.
Das aug' ist ja so groß als wie auch sonsten zwey /
Du winselst / und ich kan es leichtlich auch gedencken /
Daß dir nicht allzuwohl dabey zu muthe sey /
Und daß du dich fast gar zu tode möchtest kräncken.
Es scheint / als marterte dich ein gesalzner fluß:
Wo hastu denn so viel gesalznes auffgelecket:
Daß dein gesichte nun davor so büssen muß /
Daß dir die wollust-kost dergleichen pein erwecket.
Was aber fochte dich / du armes hündgen / an?
Da du die speise magst von schönen lippen hohlen /
Daß du dich anderwerts darnach hast umgethan /
Und etwas weg geleckt / das dir niemand befohlen.
Du bist ja Cleliens ihr Schatz und zeitvertreib /
Ihr allergröste lust / ihr possenspiel / ihr leben /
Ihr mann und bester trost / und freygelaßner leib /
Die wird dir schon die kost / die auch nicht schadet / geben.
Ach! wär ich so beglückt / wie du / geliebtes thier!
Wie gerne wolt ich doch den liebes-schlag erleiden /
Wie blieb ich allezeit in ihrem lust-revier /
Und wolte niemahls nicht aus ihren augen scheiden.
Ich wolte so wie du zu ihren füssen ruhn /
Ich wolt' auch ihren mund fast unauffhörlich küssen /
Ich lernt' in kurzer zeit / mit ihr / wie du / zu thun /
Daß mich ihr mund fast selbst auch würde loben müssen.
O nehme dich / L'Amour / doch diese kranckheit hin!
Ich weiß es ganz gewiß / ich erbte deine stelle /
Und da ich nur itzund dein neben-buhler bin /
So würd' ich denn der herr in dieser liebes-zelle.
Aus danck so sollte denn ein warmer leichenstein /
Auff deiner hundes-grufft zum angedencken rauchen /
Vor dich / als hund / wird der auch gut genung schon seyn;
Weil deines gleichen sonst dergleichen gar nicht brauchen.
So stirb nun immerhin / es schickt ohn dem sich nicht /
Daß hunde glücklicher als menschen sollen lieben /
Und schade! daß das volck der jungfern dieses bricht /
Was die natur so fest in ihre brust geschrieben.
(Theil 4 S. 42-45)
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Als ihm eine Freundin schrieb:
Seine erste Liebste hätte ihm ein ander weggenommen

Citrone / flor und boy und trauer-mantel her!
Ich will und muß mich itzt als einen wittwer kleiden /
Mein liebes-tempel wird an seiner Göttin lehr /
Wer wolte diesen raub wol ohn' empfindung leiden?
Ich habe sie zwar noch mit augen nicht gesehn;
Doch aber abgemacht in einer freundin schreiben /
Es hieß: soll deiner brust und liebe wol geschehn /
So komm' und säume nicht dich glücklich zu beweiben.
Ich habe sie auch noch mit opffern nicht verehrt;
Doch brannte lichterloh der weyrauch in gedancken;
Ich fieng / ob hätte man von grössrer glut gehört /
Auch mit den liebenden aus eyfer an zu zancken.
Die küsse zehlt ich schon jedweder stunde zu /
Wie viel der nachmittag / der abend und das bette /
Wie viel die morgen-zeit nach hingelegter ruh /
An statt des aqvavits' und frühstücks nöthig hätte.
Es machte täglich mehr als hundert tausend aus /
(Wer rechnet sie wie viel auff eine stunde kommen?)
Doch kamen ihrer noch vor mich zu wenig raus /
Ich dachte / hab ich sie nur in den arm genommen /
So steigt die nasse zahl wol zehnmal höher an /
Und solte gleich der mund dabey zu drümern gehen /
Denn sonst zerleschte ja der liebe schöner kahn /
Wenn er bey dieser glutt im trocknen solte stehen.
Die süsse sehnsucht nahm mir alle glieder ein:
Die augen fiederten sich mit verliebten pfeilen;
Ihr köcher war so voll / so überhäufft sein schein;
Daß sich vor selbigem die lüffte musten theilen.
Die wangen zeigten auch die regung durch ein bild /
Und wolten treue-seyn auf ihren schildern führen /
Ein bild / das trefflich viel bey den verliebten gilt /
Und sie weit besser kan als gold und scharlach zieren
Das herze stellte sich ganz ungestüm hierbey /
Sein uhrwerck schien' als wär' es unrecht aufgezogen /
Es schlug sehr starck / und mir das brustbein fast entzwey /
So hatt' es der verzug zur ungedult bewogen.
Die adern schwollen auff von lieb' als auch von blut;
Es ward der Auffenthalt / die angewiesnen Gänge /
Der von dem liebes-feur so rothgefärbten flutt /
Und ihren wendungen itzt nach und nach zu enge.
Die hände griffen offt im schlaffe hin und her /
Und wusten nicht wo doch ihr spiel so lange bliebe /
Und ob nicht nur ein traum mit ihnen ohngefehr /
Durch falsche bildungen sein' affenwercke triebe.
Da kam / ich weiß nicht was vor einer mutter kind /
Und überschattete das mahlwerck meiner lüste;
Das blumen-feld / worauff ich vor mein wol gegründet /
Streut dörner in mein herz' und wird zur trauer-wüste.
Jedoch was hilfft mich itzt mein ungereimtes klagen?
Ach freundin hätte mich dein brieff nicht aufgebracht!
Wer weiß / wo sonsten man ein hochzeit-hembde macht /
Daß noch ein mädgen auff / ich um den leib / soll tragen.
Ihr patienten schlagt dies vorspiel nicht in wind!
Mein' erste liebste nimmt ein frembder bey dem zopfe /
Wo meine curen nun wie meine liebe sind /
So kriegt gewiß der tod den ersten bey dem kopffe.
(Theil 4 S. 59-61)
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Aus demselben
[Aus dem Amynta des Torquato Tasso]

Ach: fühlte doch einmahl deine brust /
Den kleinsten theil der allersüssten lust /
So die verliebten durch die gegengunst geniessen /
Du würdest seuffzende mit reue sagen müssen:
Verlohren ist dieselbe zeit /
Die nicht dem lieben wird geweiht /
Wie schade vor die stunden!
Die so in einsamkeit verschwunden /
Wie manchen schönen tag! wie manche liebe nacht!
Hab ich so liederlich und müßig hingebracht /
Ich hätte nützlicher zu dem sie angewandt /
Das öffters wiederhohlt stets süsser wird erkandt.
Drum lege nun den eisen-harten sinn /
Und auch zugleich das tyger-herze hin /
Und mache deinen schmuck nicht vor der zeit zu nichte;
Denn glaub' es: späte reu bringt ungerathne früchte.
(Theil 4 S. 64)
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Aus desselben erster abhandlung anderm aufftritte
Die von einer biene gebißne Fillis wird von der Sylvia geheilet

Die Fillis und die Sylvia /
Das schöne paar vertrauter herzen /
Gewähnt zum lieben und zum scherzen /
Das legte neulich seinen schmuck der blumenreichen glieder /
Aus wollust und zum zeitvertreib im schatten einer buche nieder /
Ich selbsten war auch gleich damals bey ihnen da /
Als unversehens die klügste von den bienen /
Um der gelegenheit sich artig zu bedienen /
Und / als wenn sie sich verirrte / ihren flug so nah' uns  nahm/
Daß sie statt der nahen wiesen auff der Fillis wange kam
Es hatte sie vielleicht die ähnligkeit verführet /
Weil dieses wangen-feld mit rosen ausgezieret /
Daß sie hieher sich schwang / in dem gefasten wahn /
Als träffe sie allhier so wies' als wahre blumen an;
Drum biß sie auch so embsig zu / und wiederholte stets die  bisse /
Um recht den safft herauszuziehn / der wie die küsse so  süsse;
Gleich fieng die Fillis an aus aller macht zu schreyn /
Und wolte fast vor schmerz und angst des todes seyn /
Denn dergleichen scharffe plagen /
War ihr zartes wangen-feld /
So zum küssen zwar bestelt /
Nicht gewohnet zu ertragen.
Doch meine schöne Sylvia
War bald mit ihrem troste da /
Sie sprach: mein liebstes kind / hör auf / hör auf / zu schreyn/
Ich weiß etwas / wovon dir bald soll besser seyn /
Ich darff die wunde nur beschweren /
So muß sich gleich der schmerz verzehren /
Du kennst Aresien, die eine von den klugen frauen /
So unser wald deßwegen ehrt /
Die hat es mich / doch nicht umsonst / gelehrt /
Denn solche stückgen pflegt man nicht so leichtlich zu vertrauen;
Zum lohne gab ich ihr mein horn von helffenbein /
Du kennst ja das / an dem die goldne ringe seyn.
Drauff machte sie sich küssende mit ihrem schönen munde /
Zum krancken wang' und dessen kleiner wunde /
Und murmelte was her / ich kans noch nicht erfahren /
Was dies doch immermehr vor kräfft'ge reime waren.
Sie waren kaum gesagt /
So muste das / was sie geplagt /
Im azgenblick entweichen;
Wie's aber zugegangen sey /
Das kan ich noch / ich sag es frey /
Mit meinen sinnen nicht erreichen.
Obs durch der Wörter macht
Zuwege sey gebracht?
Ob ihrem schönen munde /
Der / was er nur berührt /
Gleich zur gesundheit führt /
Vielmehr die heilung dieser wunde
Zu dancken sey? das weiß ich nicht /
Und hoffe nur auff gründlichern bericht.
O wundervolle krafft!
Die den verwundeten so eilends lindrung schafft.
(Theil 4 S. 65-66)
_____



Amintas verliebt sich bey dieser Gelegenheit in die Sylvia

Ich / der ich nun bißher auf sonsten nicht gedacht /
Als was die Sylvia vor schöne blicke macht /
Als was ihr schöner mund vor süsse reden führt /
Die mit der lufft und bach geschwindem rauschen /
Wenn jene mit den leichten ästen spricht /
Wenn die an ihre steingen stöst / und gleichsam ihren lauff zerbricht /
An liebligkeit nicht zu vertrauschen;
Ich / sage / wurde nun auch von begier gerührt /
Den meinigen an ihren mund zu drücken;
Doch wust ich nicht / wie sichs am besten würde schicken.
Hierauff erdacht ich eine list /
Darzu mein geist sonst nicht gewohnet ist /
Doch kan die lieb' uns bald zu was gewähnen /
Mir solte folgender betrug dazu die wege bähnen;
Ich stellte mich /
Al wenn durch einen bienen-stich /
Mein' unterlippe wär getroffen /
Und daß ich also hier /
Nur bloß allein von ihr /
Die beste lindrung könte hoffen /
Ich nennte zwar die arzney nicht /
Doch gab mein auge den bericht /
Was ich vor eine haben wolte.
Der noch unschuldigen und lieben Sylvia /
Gieng meine noth und mein betrübnüß trefflich nah /
Sie sagte mir vor mein' ertichte wunde /
Gewisse hülffe zu;
Als aber sie mit ihrem schönen munde /
Hier diesen lippen näher kam /
So spürt ich gleich / wie meine ruh /
Von mir nun gänzlich abschied nahm /
Und fühlte nun warhaffte wunden /
Die vor ich nur aus list zu meiner lust erfunden.
Ach! keine biene kan /
In allen blumen gründen /
Dergleichen süßigkeiten finden /
Als die / womit ihr mund war gänzlich angethan /
Wenn nur so scham als furcht / die zwey bekandten sachen /
Die alle liebes-lust ganz unvollkommen machen /
Nicht ihrer lippen heisses küssen /
Von mir zu zeitlich abgerissen:
Doch als die süßigkeit /
Worunter heimlich gifft gestreut /
Griff meine sinnen an /
So hatt' ich bald ein solch gefallen dran /
Daß ich ihr liebliches beschweren /
Es kost' auch immer was es wolte /
Und wenn ich selbst dabey vergehen solte /
Gedachte weiter zu begehren;
Ich stellte mich als wär mein schmerz noch gänzlich nicht vergangen /
Wodurch sie wiederum bewegt / die cur von neuem angefangen.
(Theil 4 S. 66-68)
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Amintas entdeckt der Sylvia in dem spiele seine zu ihr
tragende liebe. Aus demselben

Die liebe nahm bey mir von tag zu tage zu /
Ich hatte keinen augenblick vor ihrem anlauff ruh /
Sie hatt' auch kaum /
In meiner brust beqvemen raum /
Drum must ich mich bemühn /
Sie an das tagelicht zu ziehn' /
Es schien als wolt es mir in diesen liebes-dingen /
Was die gelegenheit / noch zimlich wol gelingen.
Denn als ich es am wenigsten gedacht /
So fand ich unsre Schäfferinnen /
Wie unter sich sie einen Creiß gemacht /
(Die schäffer waren auch mit drinnen /)
Man spielte dies / worinn der schluß /
Daß jeder seinem nachbar muß /
Was heimliches ins ohre sagen;
Da dacht' ich nun mein elend vorzutragen /
Und sagte nur dies wenige zu ihr:
Ach Sylvia! ich bin in dich verliebt /
Und wo dein blick mir nicht vertröstung giebt /
So glaub es mir /
Ich sterb' im augenblicke hier.
Als ich nun so gewagt /
Und meine noth ihr vorgesagt /
So senkte sich zur erd ihr himmlisches gesichte /
Die röthe machte dies auff allen seiten lichte /
Die röthe / so von ihrer scham /
Als auch von grossem zorne kam:
Sie schwieg / als eine die sich über was entrüst /
Und voller dreuungen und sehr verwirret ist.
Worauff sie mehr und mehr entbrannte /
Und augenblicklich von mir rannte /
Und will / (das muß die pein vermehren)
Mich noch biß dato weder sehn noch hören.
Der nackte schnitter hat dreymahl die ähren abgehauen;
Der frühling hat auch schon so offt den wald verjünget lassen schauen:
Daß sie mich nicht hat abgesehn.
Mich wundert / daß sie es noch nicht vergessen kan /
Da zur besänfftigung ich alles fast gethan;
Nur eines ist noch nicht geschehn /
Daß ich nicht auffgehört zu leben /
Doch wolt' ich mich um ihre gunst dem tode gerne geben /
Wenn ich vorher nur wüste /
Ob sie darnach gelüste /
Weil ich unmöglich ihr was kan zu wieder thun:
Und glaub' / ich könte sonst nicht wohl im grabe ruhn.
(Theil 4 S. 68-69)
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Aus der Mirtilla der Isabella Andreini
Gorgo verachtet die Liebe / und erhebet das wolleben

Du Damon bleib derweil hier bey der heerde stehn /
Ich will nur bloß dorthin zu meiner hütte gehn /
Nach einem stücke brodt nach käs' und andern sachen /
Und mir einmal damit das leben lustig machen.
Nichts ist doch auff der welt was mich so sehr ergötzt /
Als wenn es wo was gutes vor mich zu fressen setzt.
Dieselben / welche sich der tollen lieb' ergeben /
Die sagen zwar: es sey auff erden /
Kein angenehmer leben /
Als lieben und geliebet werden;
Und machen täglich mir damit den kopf so heiß /
Daß ich es länger fast nicht mehr zu dulden weiß;
Sie sagen / daß die gütige natur /
Von allen sinnen einen nur /
Als nehmlich den geschmack / mir hätte sollen schencken
Weil ich sonst pflegt' an nichts / als schmausen / zu gedencken:
Wir hätten auch nicht bloß deswegen das Gesichte /
Daß sichs zum himmel nur und zu der erde richte /
Nein / sondern auch den schmuck der liebsten zu erwegen /
Und durch den blick vor ihr das herze niederlegen.
Ja das gehöre hätten wir /
Um bloß der liebsten stimme zier /
Vor der die harmonie des himmels sich muß schämen /
Auffmercksam / mit verstand und deutlich zu vernehmen /
Die nase stünde nicht nur bloß deßwegen da /
Sich in dem frühlinge mit blumen zu vergnügen /
Sie wär' auch / daß durch sie uns dieses käme nah /
Was so ihr haar als schooß / vor rauchwerck liesse fliegen;
Das fühlen sey / die zart' und weiche schooß /
Durch die die zahl der menschen noch bleibt groß /
Aus lieb' und wollust zu befühlen /
Und unsre glut so abzukühlen.
Doch dencken sie niemals daran /
Daß ich der sinnen schatz weit besser brauchen kan /
Den mir der himmel hat und die natur gegeben /
Und daß ich besser weiß damit / als sie / zu leben;
Ich fluch auch niemals meinen sinnen /
Wie sie zu weilen es beginnen:
Geschieht es / wie es denn gar offtermahls geschieht /
Daß er sein liebstes kind auff sich erzürnet sieht /
So sind die augen schuld auff die wird er entrüst /
Und weinet / daß er doch nicht blind gebohren ist /
Denn also hätt' er nicht die schönheit angeschaut /
Und seiner liebe-werck auff ihren grund gebaut;
Jagt sie ihn weg von ihr / so flucht er / daß ihm nicht
(Daß ers nicht hörete) gehör und ohr gebricht;
Riecht er nicht den geruch / der immer / wie ihn daucht /
Aus ihrer schönen schooß und goldnen haare raucht;
So möcht er / lieber ihm die nase fast zerstücken /
Als sich nicht / wie er wüntscht / mit dem geruch' erqvicken;
Kan er nicht ihre hand und ihren mund berühren /
So will er bald gefühl und auch geschmack verliehren.
Daß diese leute doch sich lassen so verführen!
Mein auge pflegt vielmehr sich da zu freun /
Wo überaus viel lebens-mittel seyn /
Mein ohre wird auch trefflich da vergnügt /
Wo's vom geschmack nur was zu hören kriegt /
Ja krieg' ich auch was vom geruch zu wissen /
So möcht ich fast vor süßigkeit zerfliessen.
Das Fühlen bringt mir auch nicht wenig anmuth ein;
Begreiff ich denn mit leichter müh' /
Die kälber und das fette lämmer vieh /
So denck' ich; ach was wird das vor ein bissen seyn!
Was aber soll ich wohl von dem geschmacke sagen?
Ich weiß die süßigkeit nicht gnugsam vorzutragen
Die ich von speiß und tranck in mir empfinden kan.
Drum seht / wie jene mir hier nun zu viel gethan /
Da ich die sinnen doch / als der natur geschencke /
Auf solche nützliche und gute sachen lencke.
Sie solten mir vielmehr ein gutes zeugnüß geben /
Weil ich durch speiß und tranck nur such' ein langes leben /
Sie aber zehren sich bey ihren menschen ab /
Und kommen auch wohl gar durch ihren zorn ins grab.
Doch weil mir die natur hat mehr verstand
Als ihnen zugewandt /
So seh ich lustig hin zu meiner freien hütten /
Mit speise füll ich diese tasche /
Mit weine füll ich diese flasche /
Mit weine / der mich kan mit freuden überschütten /
Der mein geblüt erfrischt / die wangen röther macht /
Der meine brust erquickt / zertreibt der augen nacht /
Der meinem leibe neue krafft /
Und tausendfach vergnügen schafft.
So folge wer nur will der liebe falschen stricken /
Mich soll ein guter trunck und bissen mehr erquicken.
(Theil 4 S. 70-72)
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Die schönen augen
Aus des Guarini Madrigalen

Ihr ird'schen sterne dieser augen /
Aus denen ich muß lautern jammer saugen /
Ihr zeigt mir auch durch euer schlaffen /
Daß ihr mich wolt ums leben straffen /
Kan ich an euch geschloßnen diß schon sehen /
Hilff himmel! was wird erst / wenn ihr erwacht / geschehen.
(Theil 4 S. 72)
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An dieselbe [Amaranthe] / als ihr Spiegel zubrochen

Ein zufall bricht itzund dein spiegelglaß entzwey /
Es scheint / als wolle der dich in die schule führen /
Daß deiner schönheit schmuck dem spiegel ähnlich sey /
Und daß ihr beyde leicht könt die gestalt verliehren.
Sein glattpoliertes feld laufft von dem hauchen an:
Dein Angesicht bestreut die rauhe lufft mit flecken /
Und was nur dessen strahl der bildung schänden kan /
Das kan auch deinen glanz der wangen überdecken.
Die hitze sprengt dies glaß: ein fieber deine pracht:
Wer liebt alsdenn die sonst so hochgeachten stücke?
Das auge / so vorhin sich nah herzu gemacht /
Das sparet itzt die müh und schonet seiner blicke.
Was nutzt ein spiegelglaß / das stets im finstern liegt?
Was trägt der schönheit feld vor angenehme früchte /
Wenn dies so einsamkeit als eigen sinn besiegt?
Es macht so seinen ruhm ja vor der zeit zu nichte.
Ach Amaranthe! laß dir dies gesaget seyn /
Und ändre bey der grufft des spiegels deine sinnen /
Die schönheit pflanzet dir die schönsten strahlen ein /
Und will / du solst damit viel herzen dir gewinnen /
Das meine hastu schon: vergiß des spiegels nun!
Dein bildnüß ist so tieff demselben eingepräget /
Daß dies dir bessern dienst als jenes glaß wird thun /
So lange / biß der tod es endlich auch zerleget.
(Theil 4 S. 74)
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aus: Benjamin Neukirchs Anthologie
Herrn von Hoffmannswaldau und andrer
Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte Theile 1-7
Tübingen Niemeyer 1961-1991
(Neudrucke deutscher Literaturwerke)



siehe auch Teil 1 und Teil 3


 

 


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