Christoph Köler (1602-1658) - Liebesgedichte



Christoph Köler
(1602-1658)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 



Lied

Jtzt ist der April vorbey
Und erscheint der güldne May,
Süd und West und Nord und Ost
Wehet volle frewd und lust.

Andre Knaben gehen hin
Mit den Menschen in das grün.
Alle welt spazieret aus,
Ich mus bleiben nur zu haus.

Alles, was ein bein hat, springt,
Von der schönen liebsten singt.
Ich mich nicht bewegen kan,
Meine Zunge klebt mir an.

Blümlein der der liebsten giebt,
Sie auch ihrem, den sie liebt.
Keine blum mir niemand bricht,
Und ich acht derselben nicht.

Nur du Schatz, mein schönste blum,
Hast vor allen preiß und ruhm.
Deines leibes zierligkeit
Alle sinnen mir erfrewt.

Ob die blumen fallen hin,
Bleibest du doch immer grün.
Wanns gefroren ist und schneit,
Bist du mir die lenzeszeit.
(S. 93)
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An meine liebste Chrysia

Du edles Rosenbild, wer wolte dich so malen,
Und wann schon einer ist gezogen durch die welt,
So findet er doch nicht ein solches bild gestellt.
Wer wolte doch dazu die farben wol bezalen.

Und legen die gestalt mit andern auf die schalen!
Die haare sein wie gold und thewrer noch als das;
Die stirn ist lichter noch und heller alß ein glas;
Die augen uns als wie zwo sonnen überstralen.

Der wangen schöner platz fein gleich zusammen wigt,
Da weis und rott sich wol vermengt zusammen fügt.
Der runde purpurmund Violen darf beschämen,

Die zeene helffenbein; der nacken ist wie schnee.
Du bist, zu sagen kurtz, der schönheit tieffe See,
Die nicht wird überschifft, darumb ihr wol sich grämen.
(S. 100)
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Ein Anders

Ihr wisen, felder, gärt', ihr wälder und ihr quellen,
O heiliges geräusch, und du o süßer schall,
Das geußt das waßer her durch ein begrüntes thal,
Darbey ich offtermals mich pflegen zugesellen,

Wann mich ist kommen an ein liedlein anzustellen
Und meinen sinn und muth gesetzt in not und qual.
Als sie das fieber plagt und lag in todes qual,
Da zogt ihr trawrig auf und woltet euch vergällen

Und goßet thränen aus. Ihr mögt muth wider faßen
Und wiederhellen aus: eß hat mein lieb verlassen
Die heiße kalte sucht. Hört nur zu trawren auf!

Sie ist nun wie vorhin; eß haben wol empfangen
Die schönheit haar, gesicht, die stirne, mund und wangen;
Was mehr, ich habe nun erst recht den liebeskauf.
(S. 100-101)
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Auff der Chrysia Krantz

Gleichwie an diesem krantz die blumen alle sterben,
Wie hübsch ist ihre blüt,
Also wird mit der Zeit die schönheit dir verterben,
Wie hurtig sie aussieht.
(S. 101)
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Auf den Ring von der liebsten hand

Ich neme willig an den ring von ewer hand,
Der zeug ist unser trew und rechter liebe pfand.
Mein wunsch ist: wie der ring ist rund und ohne ende,
Daß ewer hertz und sinn von mir sich auch nicht wende.
(S. 101)
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Mureti

Wann ich Mein lieb wil auf dem munde küßen,
So müßen nicht davon die augen wißen.
Denn sehen sie nur einen schlechten kus,
So scheelen sie, daß ich sie küßen mus.

Wil freundlich ich die augen dann anblicken,
So können sich die letzten nicht drein schicken.
Eß beißet auch der Zähne helffenbein
Die purpurfarb zu beiden seiten ein.

Wie ein Magnet sich in das eisen dringet,
So ihre Zier mein hertz und sinnen zwinget,
Die selber mich so übermannen kan,
Daß ich mir gram, noch seh mich selber an.
(S. 101)
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Ejusdem

Ach, schöne Chrysis, laß uns schertzen
Und haben einen guten muth,
Laß alle trawrigkeit und schmertzen,
Die bey uns selten machen gut.

Was nun die schöne purpursonne
Bringt oder führet ab den tag,
Mag sehen unser lust und wonne
Und mercken unsern liebes schlag.

Alsdann wil ich mein lieb dich nennen,
Meins hertzen liebes täubelein;
Du wirst mich aber auch bekennen,
Daß ich soll ewig deine sein.

Dann würd ich von der hitze plagen,
O täublein, sagen, gieb dich mir,
Wiltu ein Küßchen mir versagen,
Nur eins, wie du versprochen mir.
(S. 101-102)
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Ejusdem

O liebe Chrysis, mein Zier,
Wiltu mit mir, ich wil mit dir,
Kurtzweilen, lustig sein und schertzen?
Ey laß uns haben guten muth;
Man helt uns alles wol zu gut,
Was pflegen sonst zwey liebe hertzen.

Wann aus des meeresstrande bricht
Und führet auf das purpurlicht
Mit ihrem vier die Purpursonne,
Wann sie dann wider geht zur ruh,
Daß sie uns beyden sehe zu,
Wie abgeht unser lust und wonne.
(S. 102)
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Auff die gesundheit der Allerliebsten
Venatoris Carmen

Ach du werdes gut,
Ach du frewd und mut
Aller die da leben,
Du gesundheit du,
Wollest wieder ruh
Meiner liebsten geben!

Daß die trewe seel,
Die ich mir befehl
Auf der gantzen erden,
Von dem großen last,
Welcher nimmer rast,
Mag erledigt werden!

Dann ich mit verdruß
Also sehen mus,
Wann der schmertz zugegen,
Daß die wangen sie
Thut auß großer müh
In die hände legen.

Oder aber wolt,
Daß ich vor sie solt
Alles dieß ertragen.
O der großen ehr,
Wolte nimmermehr
Nach gesundheit fragen!

Oder käme mir
Eilend ein Curier,
Der mir thät verjähen,
Daß er sie itzund
Wiederumb gesund
Selbsten hab gesehen!
(S. 102-103)
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Theokriti Cupido honigdieb

Als sich macht zum stocke hin
Amor, stach ihn eine bien.
Vor den süßen honigseim
Bringt er gar viel stiche heim.

Alle finger warn verwundt,
Daß er sie kaum fülen kunt.
Er läufft umb, bläßt in die hand,
Hüpfft und springet ohne schand.

Läufft und sagts der Mutter an,
Daß er dieß nicht leiden kan,
Weiset seine stiche hier,
Die ihm gab das kleine thier.

Venus lachte dieses spiel:
Du bist eben auch so viel;
Dann du bist zwar selber klein
Und hawst unbarmhertzig ein.
(S. 105)
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Lied

Du, o liebste, wiltu wißen,
Wie viel du mich einen tag
Und ich wider dich mus küßen,
Keins dem andern sagen mag.
Küßen hat bey uns kein ziel,
Küßen wir uns noch so viel.

Welcher wil doch auf den feldern
Zehlen blumen, graß und kraut,
Welcher in den dicken wäldern,
Wie viel grünen laubes schawt!
Küßen hat bey uns kein ziel,
Küßen wir uns noch so viel.

Welcher hat iemals gemeßen,
Wie viel tropffen hat die see,
Welcher hat iemals geseßen
Und gezehlt die flocken schnee!
Küßen hat bei uns kein ziel,
Küßen wir uns noch so viel.

Wer kann doch im früling sagen,
Wie viel regen fängt das land,
Wer hat einen berg abtragen
Und gerechnet allen sand!
Küßen hat bei uns kein ziel,
Küßen wir uns noch so viel.

Wie viel an dem himmel sternen
Glänzen bey der schönen nacht!
Doch die gläntzenden lucernen
Sehen, was ein buler macht.
Küßen hat bei uns kein ziel,
Küßen wir uns noch so viel.

Diese, wann wir freundlich lieben,
Sehn mit tausend augen zu;
Wann das Kußwerck wird getrieben,
Lachen sie der Lust und ruh.
Küßen hat bei uns kein ziel,
Küßen wir uns noch so viel.

So viel, liebste, gieb mir Küße,
So viel wil ich geben dir,
Daß kein fremder nur nicht wiße,
Wie viel eß war mir und dir!
Küßen hat bei uns kein ziel,
Küßen wir uns noch so viel.

Dann wird seinen Kopff zerbrechen
Mancher sawer hanß und greiß,
Und ein böses maul mag sprechen,
Unsern handel niemand weis.
Küßen hat bei uns kein ziel,
Küßen wir uns noch so viel.
(S. 107-108)
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De puella

Gegrüßet seystu lieb, mein hofnung und mein leben,
In der ich meinen geist und seele sehe schweben!
Wann wird der sonnen licht uns bringen diesen tag,
Daß eines widerumb das andre sehen mag?

Der himmel hats gehört, wie ich so wehgeklaget,
Die wälder wißen wol, was ich so oft gesaget,
Geschrien über laut, daß berg und tieffes thal,
Die bäume hin und her und frische waßer schall.

Ich laße dann herab die zehren häuffig fließen,
Ich kann zu zeiten nicht von meinen sinnen wißen.
Ich weiß nicht, wo ich bin; ich bin verloren gar
Und suche da, daß ich kan werden, was ich war.

Und ist doch alles nichts, da ich kan nirgends finden,
Daß such ich embsiglich; was ich nicht kann ergründen,
Dem geh' ich immer nach. O edles Rosenbild,
Wann ich dich sehen könt, so würde mir gestillt

Mein ernster hertzenswunsch! Was ists, daß sich verjünget
Der gantze erdenkreiß und alles hüpft und springet!
Was hilfts, daß uns so hübsch die erde malt der may,
Weil ich nicht sehen kan dein edles conterfey!

Was hilfts, das sich der west mit seiner Flor vermälet,
Weil eß am meisten nur an deinem Athem fehlet!
Was hilft eß, daß itzund hell glänzt der sonnenlicht,
Weil mir der schöne schein der Äugelein gebricht!

Was ists, daß aus der erd die blumen herfür sprießen,
Weil ich nicht kan den platz der wängelein genießen!
Was hilft es, daß mit lust in lüften herspatzirt
Der vögel companie und frölich musicirt!

Und dich, o schönes lieb, kan ich nicht hören singen,
Die oftmals vor der zeit ein liedlein thät erklingen!
Der Bober weiß es wol und du, o silberquell,
Du wirdt der Najaden, des Helicons gesell,

Ihr könnet zeugen mir. Ihr habet oft gehöret,
Wie sie mit einem lied die Venus hat verehret
Und Amorn aufgespielt, mir meinen geist und sinn
Und mich mir selbst geraubt. Das war nur dein beginn.

Ich komme nicht von dir, mein hertze, muth und sinnen,
Der ich vor dieser zeit ohn dich nicht leben können.
Ob ich gleich ferne weg muß reisen itzt von dir,
So bleib ich allzeit auch, der ich bin für und für.

Da hastu meinen eyd. Ich schwere bey dem bogen,
Den Amor hat auf mich, der kleine Dieb, gezogen,
Und drückt ihn schelmisch ab, - bey deiner Venusbrunst
Die uns entzünden thut und saget alle kunst

Und hohe wißenschafft, - ich schwere bey den Küßen,
Damit wir manche zeit genugsam pflagen büßen,
Und was des wesens mehr: Du bist geschloßen ein
In meinen geist und sinn, in tieffen hertzensschrein.

Man wird viel eher sehn, daß berge fortgerücket,
Daß unsre große Rein zu grunde sey getrücket,
Ey daß ich ewer lieb vergeßen kan noch wiel,
Die zwar den anfang hat, doch wird sein ohne ziel.

Man wird auch mit der zeit von uns an beumen lesen,
Wie wir eß wolgemeint, wann wir schon sein verwesen
Und wieder worden staub. Wer also glücklich stirbt,
Des name, lob und ehr nicht wie der leib vertirbt.

Er lebet ewiglich. Eß bleibe bey der trewen,
Die wir gepflogen längst, so wirds uns wol nicht rewen.
Thue du das deine nur, ich thue auch, was ich sol.
Sey mein und ich bin dein. Adieu, gehab dich wol!
(S. 113-115)
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An eine taube

Du taube, mit der sonst ihr lust pflegt zu vertreiben
Die Venus und ihr kind, wollst du nicht dieses schreiben
Zur liebsten tragen fort (doch im vertrawen hin),
Darein geschloßen ist mein leben, seel und sinn?

Ich trawe dir gar wol, weil du vor auch getragen
Geheime brieffe hast, du werdest auch dich schlagen
Zu Abend in ihr haus und von mir überdieß
Ihr schencken in den mund viel hundert tausend Küß'.
(S. 116)
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Liedt. Ex Mureto

Sol ich mich von dir begeben,
Ich wol nirgends bleiben mag.
Wann ich bey dir nicht sol leben,
Wird ein stündlein mir ein tag.

Solt ich aber dein genießen
Und stets sehn den augenschein,
Würde mir die Zeit verfließen
Und ein jahr ein tag kaum sein.

Wann auch gehet in der wage
Das erlängte sonnenlicht,
Sein eß mir doch wintertage;
Eilends mir die Sonn entbricht.

Wann gefroren alles stehet
Und die felder sein verschneit,
Dünkt mich doch, der westwind gehet,
Und bey dir sey frülingszeit.

Wann ich bey dir nicht kan leben,
Ist im hellen tage nacht;
Wann schon nacht mich hat umbgeben,
Tag dein augenlicht mir macht.
(S. 119)
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Lied. An den Abendstern

O du Abendstern,
Der du kompst von fern,
Die nacht anzukünden,
Eile doch herauf
Mit der sternen hauff,
Thue dich zu mir finden.

Weil du reisest fort,
An denselben ort,
Wo da ist mein leben,
Wollstu kehren ein
Mit dem güldnen schein,
Ihr dieß brieflein geben.

Bring ihr diesen Gruß
Neben einem Kuß;
Daß ihr mag gelingen
Alles für und für,
Wünsch ich ewig ihr
Glück in allen dingen.

Wann dein schönes Licht
Durch die fenster bricht,
Wirstu sie bald sehen,
Da sie dann darzu,
Wann sie liegt zur ruh,
Weiß nicht, wie's geschehen.

Sieh, ihr äugelein
Gleichen deinem schein,
Der zuerst thut blincken;
Dann sie nicken wol,
Doch nicht schlaffes voll,
Und halb offen zwincken.

Sag ihr dieses an,
Daß ich ihrer kan
Nimmermehr vergeßen.
Wann ich nicht bey ihr,
Alßdann schmecket mir
Weder tranck noch eßen.

Die Zeit ist mir lang,
Und mir wird so bang,
Nirgends kann ich bleiben.
Gar nichts mir gefelt,
Kein ding auf der welt
Kan mir weil vertreiben.

Diese frühlingszeit
Wenig mich erfrewt,
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .

Ob schon silberhell
Alle brunnenquell
In den wäldern fließen,
Geben sie doch nach
Meiner thränen bach
Und den augenflüssen.

Wann die Nachtigall
Über grünem thal
Morgends früh erklinget,
Mein ermattet geist
Sich in stücken reist
Und ein leidlied singet.

Ja die vögelein,
Welche singen rein,
Kan ich nicht anhören.
Nur in dem gepüsch
Muß mich das gezisch
Der Nachteulen lehren.

O du nachtlucern,
Schöner Abendstern.
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
. . . . . . . . . . . . .
 . . . . . 
(S. 121-123)
_____



Lied

Ach, der schöne tag
Noch nicht kommen mag,
Nachdem ich verlange,
Daß ich dich, mein Hertz,
Nach so langem Schmertz
Endlich noch umbfange.

Lentz ist schon vielmal,
Warm der sonnenstral,
Küle weste wehen.
Noch kann ich dich nicht,
O mein Augenlicht,
Nach genügen sehen.

Manche Jungfraw saß,
Ihrem liebsten laß
Purpurfarb Violen,
Lebte, klang und sang,
In die lüften sprang
Wie die Capreolen.

Vorbott warmer Zeit,
Storch, von anderweit
Kömpst herbey geflogen.
Sagst du mir nicht an,
Daß auch auf der Bahn
Sey mein Schatz gezogen?

Kömpt er oder nicht,
Mich vorher bericht.
Mein gemüth erwecke,
Daß ich nimmermehr,
Wie vorhin so sehr,
Hoffe, noch erschrecke.

Westwind, diesen Kuß
Neben einem Gruß
Ihm, wo er, gewehre.
Und ein Küßichen
Vor mein Mündichen,
Wiederumb begehre.

Wil nicht dieses sein,
Bring ein stäubelein
Von des liebsten füßen;
Das wil ich wie gold,
Zeugnis seiner hold,
In den Kasten schließen.

Das best' aber ist,
Das ich mir erkiest,
Du wollst ihn herwehen,
Daß ich unverwendt
Und ohn alles end
Ihn, mein licht, mag sehen.
(S. 123-124)
_____



Ex Blinburgio

Ach, gute nacht, mein leben,
Pein hat mich hingebracht.
Ich mus im elend schweben,
So geb' ich gute nacht.

Ach, gute nacht, mein leben,
Was krencket dich so das?
Thue dich darein ergeben,
Nicht augen machen naß.

Auß deinen augen dringet
Mein blut, mein eigen safft.
Was seuftzer dir auszwinget,
Ist meines geistes krafft.

Lieb, halte inn die thränen
Und seuftze nicht so sehr,
Du mußt dich nicht so sehnen,
Wo ich sol leben mehr.
(S. 126)
_____



Lied

Mein guldnes hertz,
Ich kann ja nicht verschweigen,
Den großen schmertz,
Eh daß du wirst mein eigen,
Mir süßen schertz
Der Liebe wirst gezweigen.

Sey du nicht fern,
O Sonne der Jungfrawen,
O güldner stern,
Dir wil ich mich vertrawen,
O hertzlucern,
Laß dich mich stets anschawen!

Leucht ab hieher,
Wie vormals dir gefallen.
Ich mus im Meer
Der wilden liebe wallen,
Da mir ist schwer,
Sein ohn compaß vor allen.

Dein augenlicht,
Alß ich eß angesehen,
So weis ich nicht,
Wie mir damal geschehen.
Mein hertz mir bricht;
Ich kann mich nicht verstehen.

Daß Sonnenklar
Hat abwegs mich verschlieret;
Das sternenpaar
Hat mich in grund verführet;
Das fligend haar
Hat mich so gar verschnüret.

Der gleiche schein
Der gilgen-rosen-wangen,
Das mündelein,
Die haben mich gefangen;
Das helffenbein,
Die zähn sein liebeszangen.

Wann du den mund
Dann pflagest aufzumachen
Und artig rund
Ein süßes mich anlachen,
Bald ich verstund,
Wie weren meine sachen.

Dein süßes wort
Von deiner honigzungen,
Ist in die pfort
Des hertzens mir gedrungen;
An diesen Port
Ist mein gemüt geschwungen.

Dein freundlich gruß
Hat frewden geist mir geben;
Dein süßer kuß
Macht alle sinnen beben.
Mich deucht, mein fuß
Könt in dem Himmel schweben.

Wie ist die Zeit
So geling hin verschwunden,
Wo hat die frewd
Und lust sich vor befunden!
Allein groß leid
Und pein mein hertz verwunden.

Wo sol ich hin
Auf dieser welt hinieden?
Mein hertz und sinn
Im unglückshafen sieden.
Wo ich auch bin,
Furcht, hoffnung in mir schmiden.

Weil ich die gunst
Nicht wider kan erwerben,
Wil ich aus brunst
Vor deinen augen sterben;
Doch nicht umbsunst,
Du must auch mit verterben.

Umb diese that
Sol dich mein geist verklagen;
Mein seelen-schatt
Wird dich im schlaffe plagen;
Dein böser rath,
Dein hertze wird dirs sagen.

Auf meinen stein
Wird dieses eingeschrieben:
Vor großer Pein
Und unhold seiner lieben
Mus der todt sein,
Der ewig ihr trew blieben.
(S. 126-129)
_____



Sonnet

Wer wil nicht fröhlich sein, daß man nach stetem regen
Nach kälte, schnee und Nord wird luft und erde new,
Da eines dann mit pflicht dem andern wonet bey,
Damit sich blumen, kraut und saate können hegen!

Ich auch, mein schatz, bin froh, daß sich die winde legen
Der untrew, mußgunst, neids, so bließen alzu frey
In unsre gegenlieb. Sie fliegen hin wie sprew,
Nun ewer gunsten west und liebe meiner pflegen.

Der Buler ungunst, zorn, haß, mißtrew, mißverstandt
Wird plötzlich unverwandt sich wenden umb die hand.
Die liebe dringet durch, alß durch gewülck die sonne.

Nun wider gegen mir sich ewer gunstwest findt,
Mag blasen, waß er wil, der läster mäuler windt:
Ihr seit mein augenlust, mein trost und hertzenswonne.
(S. 140-141)
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Auff Einen Krantz

Kom, o kom, lieber krantz, du schöne lentzen gabe,
Den ich zum liebespfand von meiner liebsten habe
An meinem Namensfest! Eß ist dir wol erlaubt,
Zu krönen umb und umb mein unbedecktes haupt.

Ob gleich der krantz nur ist von Rosmarin gewunden,
So sein doch mit hinein ihr hertz und sinn gebunden.
Obgleich der grüne krantz von heißer sonn verdirbt,
Doch nimmer ich in ihr, noch sie in mir erstirbt.
(S. 141)
_____



Liebesliedt

Was ist süsser als der most,
Als der klee undt binen kost,
Julep, Malvesier undt meth,
Feigen, Zucker undt Claret?

Hundert mal ist süsser diß,
Wen ich meine liebste küß.
Wan ich ihren mundt erreich,
Kom ich gleich ins himmelreich.

Tausendtmal mich mehr gelüst,
Biß mich wieder sie geküst
Undt ihr purpurmündichen
Flöst mir in mein seelichen.

Weil ich dan itz selbst nicht kan
Ihre lippen rühren an,
Ei, so liefre du papier
Ihr diß kissichen von mihr.

Seliger bistu, brief, den ich,
Wan vor mich sie küßet dich.
Ach, daß ich der brief nicht bin
Undt mich brächte selbsten hin!

Alsdan wehre niemandt nicht,
Der mein kissen übel richt.
Da müst meine lust undt freudt
Lassen ungehast der neidt.
(S. 144-145)
_____



Sonnet auf ein newjahrsgeschenck

Das große sonnen licht, des Himmels seel undt leben,
Durchmesser des becircks, der fürst der sternen schar,
Der brunquel aller Zeit undt meßer aller jahr,
Der thut uns diesen tag ein newes wider geben.

Nun lieb, du wollest es nach deinem wunsch anheben,
Undt, da ich dir nicht sendt nach wirden tehwre wahr,
Die man bringt uber mehr mit kosten und gefahr,
Weil auch kein edelstein undt goldt dier gleichen eben,

Nim hin ein kissichen von mihr so pur undt rein,
Als von dem stocke kompt ein gutter junger wein,
Zu wahrer lieb undt trew undt stettem angedäncken.

Wo iemandt unterwegs fing auf das kissichen,
So nim es wol verwahrt von mir ins mündichen.
Wilt Du mihr wiederthun, magstu dergleichen schenken!
(S. 147-148)
_____



Auf die Hochzeit des Johann Friedrich Kast
mit Catharina Stedelin. 1627

STEDELINE
Die Buchstaben versetzt:
EDELSTEIN

Bild, du bist ein Edelstein,
Welcher fünckelt hell und rein,
Von der Tugend außpoliert
Und der schönheit außgeziert,
Der du sollst geleget seyn
In des Liebsten Hertzens schrein.
Schaw, die müde Sonne sinckt,
Und der Silber-monde blinkt.
Der gezierten Sternen hauff
An dem Firmament zeucht auff.
Hesperus zu morgen rennt
Und kompt Lucifer genennt.
Eh Aurora wird daher
Reifen zu der Sonn ins Meer,
Muß der thewrest Edelstein
Von Lieb-glut zersprungen seyn.

Epigramma
Nicht werther ist ein thewrer Edelstein,
Als wann er wird in schönes Goldt versetzet:
So wird auch hier die Perle werthgeschätzet,
Wann sie bey euch, Herr Bräutigam, wird seyn.
(S. 150-151)
_____



An D. Johann Etscher und Maria Scholtz
Hochzeit-Lied (2. Dezbr. 1631)

O Göttin Venus aus den Wellen,
Wie groß ist deine krafft und Macht!
Wie kanst du deine Netze stellen,
Daß alle Welt wird unterbracht!
Wie muß durch deine Starcke flammen,
Was sonst unbeugig ist, zusammen!

So hast du auch zur Welt getragen
Ein Kind, ein Wunder-mächtig Kind,
Das dir gleich schlechtig nachgeschlagen;
Es sieht scharff und sol doch sein blind.
Es weiß sich in der Mutter Tücken
Nach aller lust und art zu schicken.

Wann nun der Bube pflegt zu schertzen,
So zielt er gar gerade zu
Und trifft die augen durch zum hertzen.
Er läßt den Wundten auch nicht Ruh,
Hemmt ihnen Muth, Geist, Witz und sinnen,
Daß sie bedächtig nichts beginnen.

Diß Göttchen alle Götter zwinget;
Den Himmel leget es zu fuß,
Den Erdkreiß unter sein Joch bringet,
Das Meer gehorsam leisten muß.
Was schwingt im Lufft, in Wälden gehet,
Was schwimmt, jhm zu gebotte stehet.

Kein festes Hertz ist so verschloßen,
Das nicht der kleine schütze trifft.
Wir jungen Männer sein geschoßen,
Die Mägdlein fühlen liebes gifft.
Bei Alten sich der küßel reget,
Wann er sich albereit geleget.

Herr Doctor, jhr habt recht empfunden
Der grimmen Venus macht und krafft,
Und ewer Lieb fühlt auch die wunden
Und ist in Amors schwerer hafft.
Jhr beyde wißt kein Rath zu finden,
Euch von den stricken aus zu winden.

Wolt jhr mit den Tyrannen rechten?
Die flamm' und Bogen ist jhr Recht.
Wolt jhr mit solchen feinden fechten,
Vor die der Kriegs Gott selbst zu schlecht?
Wolt jhr erst aus der freyheit tretten,
Nun jhr gefäßelt seit an Ketten?

Wie klüglich handelt jhr zwey Lieben,
Daß jhr euch auff genad' ergebt
Und allem, was euch fürgeschrieben,
Nicht eigensinnig wiederstrebt!
Weil jhr euch könnet so bequemen,
So müßen sie in schutz euch nemen.

Ob Venus und jhr Sohn gleich schaden
Und führen ungerechten Krieg,
So sein sie doch von milder gnaden
Und suchen weiterß nichts als sieg.
Die flammen sampt den scharffen pfeilen
Verwunden zwar, doch wieder heilen.

Was wolten wol wir menschen machen,
Was were guttes in der Welt,
Wann keine Wollust, liebes sachen
Und frewden würden angestelt!
Wann wir nicht hetten solche wonne,
So weren wir wie ohne Sonne.

Doch neben trewem, festem dienen
Begehren Venus und jhr Sohn,
Daß jhr euch willig solt versünen,
Und wollen haben jhren lohn:
Jhr müßet etwas sein geschätzet,
Weil jhr die Majestät verletzet.

Die Götter allsampt nemen gaben,
Ein Lämblein, farren oder Kuh.
Die Beide wollen das nicht haben
Und laßen keinen Rast noch Ruh.
Biß sie nach sehnlichem verlangen
Die thewre Jungfrawschafft empfangen.
(S. 163-165)
_____


Aus: Christoph Köler
ein schlesischer Dichter des siebzehntes Jahrhunderts
Sein Leben und eine Auswahl seiner deutschen Gedichte
von Max Hippe Breslau 1902
 E. Morgensterns Verlagsbuchhandlung
(Mittheilungen aus dem Stadtarchiv
und der Stadtbibliothek zu Breslau Fünftes Heft)
 


Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Köler


 

 


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