Christoph Kuffner (1780-1846) - Liebesgedichte

 


Christoph Kuffner
(1780-1846)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 





Andenken und Vergessen
An Selma

Wenn mich das goldne Glück umfächelt,
Und jeder Stern mir Wonne lächelt,
O Mädchen, dann gedenke mein!
Doch wenn kein Gott mir Freude gibt,
Und Bosheit meinen Himmel trübt,
Laß mich von dir vergessen seyn!

Wenn Ruh' und Frohsinn mich umwallen,
Aus Fels und Quell mir Blumen strahlen,
O Mädchen, dann gedenke mein!
Doch wenn in banger Lebensnacht
Die Sorge mir zur Seite wacht,
Laß mich von dir vergessen seyn!

Wenn Frevler kühn die Liebe schwören,
Arglose Reinheit zu bethören,
O Mädchen, dann gedenke mein!
Doch wenn mein einst willkommnes Bild
Dich je mit Schmerz und Haß erfüllt,
Laß mich von dir vergessen seyn!

Wenn mich des Ruhmes Lorbeer kränzen
Und Huldigungen mich umglänzen,
O Mädchen, dann gedenke mein!
Doch wenn des Strebens schönstes Ziel
Kein guter Gott mir gönnen will,
Laß mich von dir vergessen seyn!

Wenn deine Tag' im Maylicht blühen,
Dir alle Herzen Liebe glühen,
Gedenke dann noch einmal mein!
Doch bricht das Schicksal mir den Stab,
Sink' ich verzweifelnd hin auf's Grab,
Laß ewig mich vergessen seyn!

Ein Morgenroth sey dir das Leben;
Mir wird noch Trost die Hoffnung geben:
Auch hochbeglückt gedenkst du mein!
Nur dir gab ich mich ganz dahin;
Doch - bringt es deinem Glück Gewinn -
Will ich von dir vergessen seyn!

Ja wandle du auf Tugendwegen
Des Lebens schönstem Glück entgegen -
Gedenke nur voll Ruhe mein!
Lohnt uns ein himmelsreines Herz
Für unsrer Liebe schönen Schmerz -
Dann ist's auch schön, vergessen seyn!

Aus: Gedichte von Christ. Kuffner
Pesth Bei Konrad Adolph Hartleben 1817 (S. 49-51)

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Der Nachtwandel des Liebenden

Umleuchtet vom freundlichen Mond,
Von Sternen überblinkt,
Von Lüftchen leis umspielt,
Führen holde Phantasieen
Mich den Pfad der Liebe hin.
Still und lieblich schläft die Erde,
Nur der Himmel lebt und glüht,
Und mit leisem Silberfuße
Gleiten Duft und Thau herab.
Leitet mich, ihr holden Sterne,
Durch das Reich der Mitternacht!
Nein, ihr Guten,
Nein, ihr Milden,
Waltet sanft in eurer Ferne
Ewigruhigen Gefilden,
Da die Sehnsucht in mir wacht,
Und der Liebe süße Gluthen
Mir zu hellen Flammen facht! -
Holde Stille rings umher,
Süßer Friede in mir selbst!
Holde Stille! süßer Friede!
Zieht dahin mit meinem Liede
In der Theuern schönes Herz!
Umschwebet, umwallet, wie Genien, leise
Die liebliche Holde mit himmlischer Weise! -
Immer tiefbewegte wird mein Geist,
Wie die Sehnsucht ihrem Ziele naht.
Sieh! in holdem Zauberglanze
Steht der Liebsten Haus vor mir,
Und in leichtem Elfentanze
Scherzen Weste im Revier.
Glühend beug' ich meine Wangen
An des Pförtchens Eisenring;
Aber kalt wird das Verlangen,
Kalt und liebeleer empfangen,
Und ein Schauder faßt mich an.
Ach, Lenette! wirst auch du,
Wenn dir Lieb' und Sehnsucht nah'n,
So erwiedern meine Gluth,
Daß erstarren Herz und Blut,
Daß mich fliehen Glück und Ruh?
Fort von dir, du feindliches Schloß,
Das kalt des Herzens Gluth erwiedert!
Dir war kein Hauch je warm verbrüdert;
Dich meide Sonn' und Mondenschein!
Sturm und Hagel geißle dich!
Ein Blitz zerstöre dich! - - -
Doch nein, o nein!
Vergib! gesegnet sey dein frost'ges Band!
Dich drückte ja Lenettens Hand.
Willkommen mir, willkommen!
Du öffnest mir das Pförtchen,
Und niemand hat's vernommen.
Des Hofes Wächter regt sich nicht,
Sanft wedelnd nur an seiner Kette;
Und aus des Hofes letzter Ferne
Strahlt, gleich der Liebe holdem Sterne,
An meines Mädchens keuschem Bette
Des kleinen Lämpchens mattes Licht.
Und sieh! beim säuselnden Gewinde
Der Reben, rauscht die Linde
Am offnen Gitterfenster duftigkühl:
Traget mich, ihr Zweige,
Daß ich aufwärts steige
Zu dem süßen Aufenthalt,
Wo der Liebsten Odem wallt!
Wie leicht ich mich schwinge!
Wie munter ich dringe
Durch dichtes Laubwerk bis zum Wipfel,
Auch meiner Wonne Gipfel!
In den Blüthenzweigen,
Die sich wiegend neigen,
Ruh' ich sanft und weich,
Einem Vogel gleich.
Doch ach! des kühnen Spähers schönes Ziel,
Das holde Götterbild
In des Gemaches innerm Raum,
Wird mit zu strengem Ernst verhüllt
Von des grausamen Vorhangs Spiel,
Das keinen Blick mir gönnen will!
So schlummre süß, du Theure!
Schlaf süß und ungestört!
Hier auf dem liebeholden Baum
Schweb' ich, so friedlich wie dein Traum,
Rein wie dein Genius,
Sanft wie dein Kuß,
Froh wie dein Blick, und feyre,
Du Liebliche, du Theure,
Der Geisternähe seliges Fest!
Ihr ewigen Sterne, höret,
Was meine Seele schwöret:
So wie ich hier erhaben schwebe
Hoch über der Sinne glühendem Raum
Und nichtiger Freuden vergänglichem Schaum:
So kühn und muthig leb' und strebe,
So hehr und rein erhebe
Sich meiner Liebe Göttertraum! -
Du Liebliche, du Theure!
Dürft' ich dir mit Mondesstrahlen,
Dürft' ich dir mit Rosendüften,
Dürft' ich dir mit Lautenklängen
Huldgefühle, die mich drängen,
Liebewarm und glühend mahlen,
Leise wie in Frühlingslüften
Wonnelispelnd Quellen wallen:
O so würden jede Stunde
Mondesstrahlen, Rosendüfte,
Lautenklänge, dich umwallen,
Und bei leisen Harmonieen
Dir Elysiums Zauber blühen! -
Doch - welche Himmelstöne klingen mir
In's wonnetrunkne Ohr?
O schweigt, ihr Lüfte! regt euch nicht, ihr Blätter!
Ach, fasse dich, zu Glücklicher!
Vergehe nicht! - - Lenettens Stimme!
Bin ich im Traum der Lieblichen erschienen?
Mein Name floß von ihren holden Lippen!
Die Treue preßt' ihn aus dem tiefsten Herzen,
Und immer zärtlicher und inniger
Ergießt die ganze volle Seele
Sich in den weichen Flötenton!
Entzückungsschauer durchbeben
Das Herz und des Blutes beschleunigten Lauf;
Und namenlose Wonnen heben
Mich immer höher und höher hinauf.

Schon wall' ich, ein reiner Geist, empor,
Und schaue näher der Sterne Chor,
Die lieblich des Liebenden Scheitel umschweben.
Dem freudeentkörperten Seligen
Erscheinen die himmlischen Götter, die Fröhlichen.
Hat Amor, hat Hebe mich ihrem Olymp geraubt?
Die Nacht entflieht,
Der Himmel erglüht,
Aurora umleuchtet des Glücklichen Haupt!
Ha, welches Gewimmel
Im erwachenden Himmel!
Wie immer gedrängter
Die Götter wallen,
Und tausend Stimmen
Lautjubelnd erschallen!
Doch weh mir! aus flammendem Wolkenkranz
Strahlt Phöbus verrätherisch blendenden Glanz.
Herab, herab von der himmlischen Höh',
Daß mich des Neides Auge nicht seh'!
Herab! denn nur im Stillen
Darf uns des Glückes Wonne füllen.
Meine Näh' verkünde
Ihr, du holde Linde!
Zum Liebesmale beug'
Ich diesen Blüthenzweig,
Umschlingend seine Rinde
Mit ihrem Busenband,
Deß mystisches Gewinde
Verrathe meine Hand,
Wenn durch des Gitters Stäbe
Ein Zephyr sein Gewebe,
Von leisem Hauch bewegt,
Zum seidnen Vorhang trägt.

Aus: Gedichte von Christ. Kuffner
Pesth Bei Konrad Adolph Hartleben 1817 (S. 79-86)

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Glaube, Hoffnung und Liebe

Glaube, hoffe, liebe!
Hältst du treu an diesen Dreyen,
Wirst du dich nie selbst entzweyen,
Wird dein Himmel nimmer trübe.

Glaube fest an Gott und Herz!
Glaube schwebet himmelwärts.
Mehr noch als im Sternrevier
Lebt der Gott im Busen dir.
Wenn auch Welt und Menschen lügen,
Kann das Herz doch nimmer trügen.

Hoffe dir Unsterblichkeit
Und hienieden bess're Zeit!
Hoffnung ist ein schönes Licht,
Und erhellt den Weg der Pflicht.
Hoffe, aber fordre nimmer!
Tag wird mählig, was erst Schimmer.

Edel liebe, fest und rein!
Ohne Liebe bist du Stein.
Liebe läutre dein Gefühl,
Liebe leite dich an's Ziel!
Soll das Leben glücklich blühen,
Muß der Liebe Sonne glühen.

Willst du dich nie selbst entzweyen,
Halte treu an diesen Dreyen!
Daß nichts deinen Himmel trübe,
Glaube, hoffe, liebe!

Aus: Gedichte von Christ. Kuffner
Pesth Bei Konrad Adolph Hartleben 1817 (S. 87-88)

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Melancholie der Liebe

O Götterglück der Liebe! kaum
Vermag ich ganz dich zu ertragen;
Oft scheinst du mir ein kühner Traum,
Den Frevler nur zu träumen wagen;
Oft beben Herz und Sinn,
Weil ich zu glücklich bin.

Nicht währen kann zu großes Glück;
Beschränkt sind ja des Lebens Freuden;
Zum Himmel kehrt es schnell zurück,
Sobald die Götter uns beneiden:
Drum sendet mir auch Schmerz
Für das zu bange Herz!

Ach, wenn die Lieb' vergehen muß,
Wenn Sie sich treulos von mir wendet -
Dann sey willkommen, Tod, dein Gruß,
Der mit der Qual das Leben endet!
O schließe meinen Blick
Noch vor entflohnem Glück!

Halb sey mir nimmer ein Genuß,
Gleich blödzufriednem Weltgewimmel!
Erstreben will ich Hebens Kuß,
Erringen Hölle oder Himmel.
Glück oder Tod für mich -
Doch keines ohne Dich!


Aus: Gedichte von Christ. Kuffner
Pesth Bei Konrad Adolph Hartleben 1817 (S. 97-98)

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Amor, der Gast

Speisen dufteten auf, vom prächtig erleuchteten Tische,
Und es setzten sich froh Herren und Damen hinzu.
Aber bescheiden stand und sinnig der liebende Sänger,
Ferne von Maja's Stuhl, näher im Geiste dabei.
Neben dem Mädchen ließ zwey Stühle nur leer
noch das Schicksal,
Und ich wählte bestürzt endlich den ferneren Sitz,
Daß ein Stuhl nun zwischen uns beiden
noch herrenlos klagte.
Ueberlistiger Schalk! einzig gesehen von uns,
Nahte sich Amor sogleich, des leeren Stuhls in der Mitte
Schnell sich bemächtigend, ach!
Schrecken ergriff uns zugleich.
Aber der Gott, als säh' er's nicht,
ließ sich in ein Gespräch ein,
Und es kam in's Gespräch Leben und Feuer sogleich.
Was zu verschweigen wir uns bemühten,
das sagte der Gott schnell,
Half uns Stotternden nach, lächelnd
mit freundlichem Blick.
Endlich ergriff er im Eifer der Rede
mir leitend die Rechte,
Legte auf Maja's Hand eilig die zitternde hin,
Beugte schnell mein Haupt, sich
wegzuwenden bemühet,
Beugte die Lippen zur Hand,
selbst kaum gewahrend die That,
Und es entblühte um uns, vom
Entzücken erleuchtet, ein Tempe;
Himmelsgesang erscholl, Freuden erfüllte den Saal!
Aber plötzlich verschwand,
von ausbrechendem lauten Gelächter
Schnell verscheuchet, der Gott,
Freuden und Tempe mit ihm,
Und, wie erwachend vom Traum, bedecktest du,
Maja, das Antlitz,
Denn der Gäste Blick haftete scherzend auf uns!
In der Wangen Gluth den Verräther strafgierig entdeckend,
Zürnt' ich, da bath er, und ich -
küßte verzeihend den Schalk!

Aus: Gedichte von Christ. Kuffner
Pesth Bei Konrad Adolph Hartleben 1817 (S. 99-101)

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Nah und ferne
An Selma

Wie schmerzlich ist mir deine Nähe,
Da ich dann fühl' und deutlich sehe,
Daß du mir ewig fern mußt seyn!
Wie schmerzlich ist mir deine Ferne,
Da ich dann fühl' und schmerzlich lerne,
Daß du mir ewig nah wirst seyn!
Ach ewig nah und ewig ferne,
Ach ewig fern und ewig nah!
So schwinden mir, die kaum ich sah,
Des Himmels und des Glückes Sterne!

Wenn einst im schönsten Herzensbunde
Der Glücklichste an deinem Munde,
Wie ich an meinem Schmerze, hängt,
Wenn deiner Liebe Zauberrosen
Mit seinem Glücke freundlich kosen,
Und Gram mein Leben bang umfängt:
Dann leb' ich dir nur lebensferne -
Doch du gedenke nimmer mein!
Denn strahlend müssen dich erfreu'n,
Des Himmels und des Glückes Sterne!

Aus: Gedichte von Christ. Kuffner
Pesth Bei Konrad Adolph Hartleben 1817 (S. 202-203)

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Gedenke mein!
An Nina

Hörst du das Lied der Nachtigallen
Aus blü'nden Frühlingsbusch erschallen,
O Nina, dann gedenke mein,
Der bei dem Liede ruht allein,
Der glühend einst an's Herz dich drückte,
Als deine Liebe ihn beglückte,
Dem, als der schöne Bund erblühte,
Ein neuer Lebensfrühling glühte!
Gedenke mein,
Der unterm Hügel ruht allein!

Siehst du des Sommers Rosen glühen,
Die auch auf deinen Wangen blühen,
O Nina, dann gedenke mein,
Der unter Blumen ruht allein,
Der in der Liebe schönsten Stunden,
Die Blumenkränze hat gewunden,
Der, wenn die Rose ihn entzückte
In dir verschönert sie erblickte!
Gedenk mein,
Der unterm Hügel ruht allein!

Siehst du des Herbstes Blätter fallen,
Den Nebelflor stilldüster wallen,
O Nina, dann gedenke mein,
Der unter Blättern ruht allein,
Der in des Lebens trübsten Stunden
In dir sein Himmelslicht gefunden,
Dem in des Kummers Nebelschleier
Die Liebe glomm als Sternenfeuer!
Gedenke mein,
Der unterm Hügel ruht allein!

Wenn durch des Winters Trauerhallen
Die wilden Stürme heulend schallen,
O Nina, dann gedenke mein,
Der unterm Schneebett ruht allein,
Der für des Lebens Todeswunden
Durch dich den Balsam hat gefunden,
Den in des Lebens Eisgefilde,
Die Lieb' erwärmte hold und milde!
Gedenke mein,
Der unterm Hügel ruht allein!


Aus: Neuer Gedichte von Chr. Kuffner
Wien 1840
Verlag und Druck von Anton Mausberger (S. 11-12)

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Frühlingsklage

Der Winter flieht;
Die Erde zieht
Ihr silbernes Geschmeid
Und ihr schneeweißes Kleid
Holdlächelnd aus.
Die Vögelein im neubelaubten Haus
Begrüßen fröhlich all
Den Mai mit ihrem Jubelschall.
Gefild und Wald entlang
Drängt sich hervor.
Ein Blumenchor
Zum festlichen Empfang,
Und Alles lächelt hocherfreut
Der langersehnten Frühlingszeit.
Nur Sie, nur Sie allein
Bleibt stets noch ernst und kalt,
Indeß ein holder Purpurschein
Den klaren Himmel malt,
Und, alle Wesen zu erfreu'n,
Der Liebe Hauch bezaubernd wallt.
Die Sonne glühendheiß
Zerschmolz ringsum das Eis;
Dieß, dünkt mich, ist mit kalten Wogen,
In ihre Brust nun eingezogen.
Nun glänzt ihr im Gesicht,
Wo Ros' und Lilie sich paart,
Mild und licht
Die Frühlingslust.
Doch ach! Der Winter starrt
In ihrer Brust.

Aus: Neuer Gedichte von Chr. Kuffner
Wien 1840
Verlag und Druck von Anton Mausberger (S. 22-23)

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Rose und Rosmarin
An Melanie

Wenn der Liebe Knospe blüht,
Gegenliebe noch nicht glüht,
Hält in ihrem düstern Schooße
Furcht der Bangen
Gluth umfangen,
Wie der Rosmarin die Rose.
Als Furcht und Liebe nimm sie hin
Die Rose und den Rosmarin!

Ist, von Hoffnung angefacht,
Freud'ger Liebe Muth erwacht,
Wird in ihres Glückes Schooße
Sehnsucht-Leben
Sie umweben
Wie der Rosmarin die Rose.
Als Lieb' und Sehnsucht nimm sie hin
Die Rose und den Rosmarin!

Trübt ein feindliches Geschick,
Liebe, dir dein stilles Glück,
Lächelst doch im dunkeln Schooße,
Selbst im Schauer
Deiner Trauer,
Wie im Rosmarin die Rose.
Als Lieb' und Trauer nimm sie hin
Die Rose und den Rosmarin!

Trennen mit feindsel'ger Hand
Macht und List das schöne Band,
Dann versinken in dem Schooße
Wilder Schmerzen
Edle Herzen,
Wie im Rosmarin die Rose.
Als Schmerz und Liebe nimm sie hin
Die Rose und den Rosmarin!

Drückend ist des Lebens Nacht,
Wo die Sorg' in Thränen wacht;
Liebe läßt vom dunkeln Schooße
Ihr Entzücken
Glühend blicken,
Wie der Rosmarin die Rose.
Als Lieb' und Leben nimm sie hin
Die Rose und den Rosmarin!

Sinkt der Leib in's kühle Grab,
Liebe sinket nicht hinab;
Sie glüht aus dem Grabesschooße,
Lichtauflebend
Sich erhebend
Wie vom Rosmarin die Rose.
Zum ew'gen Leben nimm sie hin
Die Rose und den Rosmarin!


Aus: Neuer Gedichte von Chr. Kuffner
Wien 1840
Verlag und Druck von Anton Mausberger (S. 26-28)

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Als Sidonia einen Liebesbrief verbrannte

Sie gönnte keinem fremden Blick
Das Ihr allein beschiedne Glück,
Auf diesen Zeilen
Schauend zu verweilen.
Vor ihr spielt der Lampe Schein;
Sie hält den Brief hinein.
Die Flamm' ergreift ihn schnell;
Die Flamme lodert hell.
Sie sieht es, und ihr Herz
Erbebt vor Lust und Schmerz.
Der Brief wird, ach! des Feuers Raub;
Das Blatt, noch kaum so glühend hell,
Erlischt, und wird ein dunkler Staub.
Nacht folgt dem kurzen Flammenlichte;
Seht hier der Liebe Lust- und Wehgeschichte!


Aus: Neuer Gedichte von Chr. Kuffner
Wien 1840
Verlag und Druck von Anton Mausberger (S. 29)

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Das letzte Lied am Grabe der Geliebten

O läg ich doch, wo Anna liegt,
Im Schooß der Erde eingewiegt!
Ich bin so lebensmüde;
Komm süßer, stiller Friede!
Dankbare Liebe ruft mir zu, -
Mit ihr zu theilen Grab und Ruh!

O könnt' ich's doch! Seit sie entfloh,
Ward ich nie mehr des Lebens froh.
Mit ihr, die ich erkoren,
Ging Alles mir verloren.
Das Daseyn und die Erde ist
Seit ihrem Scheiden öd' und wüst.

Wer aber wird, sink' ich hinab,
Besuchen dann der Holden Grab,
Am Abend und am Morgen
Die Liebespflicht besorgen,
Und, wo still ruhet ihr Gebein
Der Liebe treuer Gärtner seyn?

Wer wird ihr dann mit frommer Hand
Hinpflanzen an des Hügels Rand
Zum Bettchen kühl und enge
Der Lieblingsblumen Menge,
Die Rose und das Veilchen bunt,
Zu schmücken den geweihten Grund?

Wer wird, von Lieb' erfüllt das Herz,
Mit immerzu erneutem Schmerz
Vergießen bittre Thränen,
Vergehn in bangem Sehnen,
Der Theuren Namen rufen laut,
Ihr huldigen wie einer Braut?

Ich that's und würde fort und fort
Ihr huldigen mit That und Wort;
Doch ach! mir sind entschwunden
In kummervollen Stunden
Gesundheit, Kraft und Lebenslicht,
Und weh mir! weinen kann ich nicht!

So nimm denn hin dieß letzte Lied,
Das Dir aus treuem Herzen glüht!
Ist es, jetzt heiß gesungen,
An Deinem Grab verklungen,
Dann wird kein Kranz es mehr umwinden,
Es wird Dein Schmuck, Dein Name schwinden.

Hinschwinden? Kann die Sternenpracht
Der Augen je vergeh'n in Nacht?
Kann Deiner Stimme Leben
Je spurlos mir entschweben?
Kann ich der Mienen Zauberspiel
Vergessen und Dein Huldgefühl?

Dein heitrer Geist, Dein warmes Herz,
Gleich liebenswerth in Lust und Schmerz,
Dein Ernst so wie Dein Kosen
Gleich Zephirn mit den Rosen,
Dein himmelreiner heitrer Sinn,
Sie könnten schwinden je dahin?

Nur in der letzten Stunde Grau'n! -
O Grab, das ich nicht mehr soll schau'n,
O Name, den zu nennen
Der Tod nicht mehr will gönnen,
Nehmt hin der Liebe letzten Zoll,
Den letzten Hauch zum Lebewohl!

Aus: Neuer Gedichte von Chr. Kuffner
Wien 1840
Verlag und Druck von Anton Mausberger (S. 38-40)

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Zauber der Liebe

Er, dem erlosch der Liebe Schein,
Hört auf sein eigner Freund zu seyn.
Er haßt die Freude, liebt den Schmerz,
Und nährt mit Qual das kranke Herz.

Ich saß im stillen Lindengang,
Das Herz so schwer, die Brust so bang;
Weil mir die Vielgeliebte fehlt,
Schien liebeleer mir alle Welt.

Und allen Blumen rief ich zu:
"Gebt Todtenkranz! gebt Grabesruh!
Aus meiner Asche blühe Ihr
Ein Freudenkranz, Vergessen mir!"

Und zu mir tröstend schaut empor
Der Blumen freundlich bunter Chor.
Sie nicken, blicken, duften, glühn,
Als wollte jede für mich blühn.

Und eine Geisterstimme scholl
Mir in das wunde Herz so wohl:
"Du suchest Sie? Sie ist bei Dir,
All die Natur ein Bild von Ihr!

Wo Flöten schmachten, hold und weich,
Tönt Ihre Stimme Dir zugleich,
Das Frühlingslüftchen ist ihr Hauch,
Der Rose Antlitz Ihres auch.

Die Abendgluth im klaren Quell
Zeigt Ihre Lieb', Ihr Wesen hell,
Wo Gutes lebt und Schönes webt,
Da siehst Du, wie Sie webt und lebt.

Und aller Reiz der Blumenflur
Ist Ihrer Reize Abbild nur.
In Bildern schwelge Dein Gefühl,
Den Schmerz verhauch im Saitenspiel!" -

Und von den schönsten Blumen wand
Ich einen schönen Kranz und band
Der Lieb' und Wehmuth holde Zier
Um Saitenspiel und Stirne mir.

Und alle Blumen im Gefild
Sie drängten sich, sie horchten mild;
Sie nickten, blickten, froh und bang,
Indem ertönte mein Gesang:

Einst ging eine schöne Sonne
Mir am Morgenhimmel auf;
Mit des Hirsches Flug und Wonne
Schwärmt durch Grün und Blau mein Lauf.

Rose meiner Jugend! blühe,
Blühe mir nur einmal noch!
Sey es, daß der Frühling fliehe,
Glühst du mir nur einmal noch!

Erste Liebe! laß mich fühlen
Deine Gluth noch einmal nur!
Einmal nur noch laß mich spielen
Engeln gleich auf Edens Flur!

Phantasie, web' deine Träume
Einmal nur noch um mein Herz!
Einmal nur noch, Blumen, Bäume,
Seyd mir Freund' und Lust und Schmerz!

Aber ach! - vergebens Streben!
Neu kann wohl die Blume blühn,
Des erloschnen Sternes Leben
Sah kein Auge wieder glühn.

Augenstern! es wird dein Schimmer,
Einmal Nacht, nie wieder Licht!
So, einmal dahin, glänzt nimmer,
Liebesstern, dein Himmelslicht!

Und so soll ich Sie nicht lieben,
Sie mit Ihrer Zaubermacht?
Ruhelos umhergetrieben
Aechzen durch die Trauernacht?

Seinen Schmerz selbst liebt der Kranke,
Wenn ihm neu der Morgen lacht
Und mit ihm auch der Gedanke,
Daß er lebe, neu erwacht.

So auch gleichest du, o Liebe,
Einer Wolke klein und grau;
Einsam schwebt sie hin, die trübe,
Durch das stolze Aetherblau:

Aber von den Morgengluthen
Trifft ein Strahl die Trauernde,
Und - sie glüht, und aus ihr fluthen
Purpurblick' auf Thal und Höh!

So, mein dunkles Herz, durchdrungen
Von der Liebe reinstem Strahl,
Sey dein Glück von dir errungen
In dem weiten Schöpfungs-All!

Dein sey alles Gute, Schöne,
Dein, was Gott und Ihr gefällt!
Daß Sie deine Liebe kröne,
Malt und hallt Ihr Bild die Welt.

Wie die Blumen dir auf Erden,
Wie die Stern' am Himmel blühn,
Dir durch Liebe eigen werden
Und in deine Seele glühn:

Füll' auch deiner Liebe Walten
Ihres Wesens Harmonie,
Und in aller Huldgestalten
Wechsel finde stets - nur Sie!

Aus: Neuer Gedichte von Chr. Kuffner
Wien 1840
Verlag und Druck von Anton Mausberger (S. 62-66)

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Der Liebe Herzensfülle
An die Jugendfreundin

Schöne Gewalt, die verborgen ruht in der
Tiefe des Herzens
Wie des Rubins ungesehene Gluth
im Dunkel des Bergschachts,
Wie der Morgenstern, wenn Gewölk im Osten
Des Tages Pforte schließt;

Schöne Gewalt, die hervorbringt aus der
Fülle des Herzens,
Wie aus der Knospe gewölbeten Brust
die glühende Blume:
Laß die längst verglommene Morgenröthe
Noch einmal leuchten mir!

Fremdlingin bist du mir nun, und doch
so heimisch bequemend
Und so herrisch verlangend.
Ich fühl' es, du wohnst in mir noch,
Aber feindlich hält dich ein düstres Schicksal
In schwerer Fesseln Last.
Spring' und rausche hervor,
der Jugend spiegelnde Quelle!
Sprudle blinkend hervor durch der
Gegenwart starrende Felswand!
Baum des Lebens, säusle, wie einst, hellgrünend
In Bläue des Aethers hin!

Du, an deren Hand ich in glücklichen
Tagen der Jugend
Stille Maeyn durchflog, Du gutes
Mädchen voll Seele!
Da, in Liebe dämmernd, Gesang und Freude
Mein Leben flügelten;

Sey mir, o Mädchen, dreimal gegrüßt,
da drückender Ernst nun
Feindlich und kalt mein Herz umfaßt!
O sey mir willkommen!
Deinen Freund, Du Engel des Lichts, o schütz' ihn
Vor Trotz und Menschenhaß!

Wie ein scheuer, bleicher Verbannter kehrt der Getäuschte
Bebend nochmal zurück in die
milden Tage der Liebe;
Fremd den Fremden, sucht er nach
alten Freunden,
Und sieht - den Leichenstein!

Da bricht blutend auf die
leichtvernarbete Wunde;
Mit hochmüthigem Hohn sieht sie
der gefühllose Neuling -
Und mir sinkt die Thräne auf bleiche Blumen
Verdorrter Lebenslust!

Mädchen! was soll der Verstoßene?
Frohsinn, hofft' er, und Freundschaft
Würden, von Sehnsucht entflammen,
voll Lieb' entgegen ihm schweben
Mit beschwingter Eile - und sieh! ihm starren
Nur Stolz und Eigennutz!

O so laß mich denn, Du gutes Mädchen voll Seele,
Laß mich versenken das Herz
in jene beglückenden Tage,
Wie in nachtdurchheulendem
Sturm ein Schiffer
Sein Leben Göttern weiht!


Aus: Neuer Gedichte von Chr. Kuffner
Wien 1840
Verlag und Druck von Anton Mausberger (S. 67-69)

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Theon und Ida
Wechselgesang der Liebe

Theon
Du mein Alles, Du mein Leben!
Ewig bleib' ich Dir ergeben.
Heiß wie meines Herzens Blut
Lodre meiner Liebe Gluth!

Ida
Du mein Freund, o Du mein Leben!
Wer kann Glück wie Du mir geben!
Nur mit meines Herzens Blut
Ende meiner Liebe Gluth!

Theon
Läg' ich krank, aus Deinen Augen
Würd' ich mir Genesung saugen;
Drückte Kummer mich und Schmerz,
Himmel wäre mir Dein Herz.

Ida
Ohne Dich fänd' ich hienieden
Keine Freude, keinen Frieden.
Auserwählter! nur in Dir
Lächelt Tod und Leben mir.

Theon
Dich zu lieben, zu besitzen,
Dich zu fesseln, zu beschützen
Biet' ich meine Kräfte auf;
Dein Glück sey mein Heldenlauf!

Ida
Dir folg' ich auf weiter Erde,
Mit dir trag' ich gern Beschwerde
All mein Glück bau' ich auf Dich,
Denn Du bist die Welt für mich.

Theon
Wenn einst dieser Mund erbleichet,
Der Dir jetzt noch Küsse reichet,
Werd' ich Dir aus dieser Welt
Noch als Schutzgeist zugesellt.

Ida
Zwäng' das Schicksal mich zu leben,
Wenn sie schon Dein Grab erheben,
Lebt' ich doch mir selbst nicht mehr,
Von Dir träumend bang und schwer.

Beide
Gönn', o Himmel, stets uns Beiden
Gleiche Schmerzen, gleiche Freuden!
Ein Herz, Ein Ziel, Ein Glück, Ein Gott,
Wie im Leben so im Tod!

Aus: Neuer Gedichte von Chr. Kuffner
Wien 1840
Verlag und Druck von Anton Mausberger (S. 79-80)

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Biographie:

https://de.wikipedia.org/wiki/Christoph_Kuffner

 


 

 


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