Marie Leske (1838-1910) - Liebesgedichte

 

 

Marie Leske
(1838-1910)


Gewißheit

Ich weiß es nun, ich kann dich nimmer lassen,
Und bleib' ich elend auch mein Lebenlang;
Mein Herz muß ewig liebend dich umfassen,
Und hört es nie der Liebe Widerklang.

Ich habe viel gekämpft, ich wollt' vergessen,
Ich wollte löschen meiner Gluten Brand,
Doch alle Kräfte, die ich stolz besessen,
Ich sah sie schwinden, eh' die Liebe schwand.

Ob du mich wiederliebst, nicht kann ichs wissen,
Nur manchmal regt ein frohes Ahnen sich,
Als hätte ich nicht ewig dich zu missen,
D'rauf wieder greifts wie banges Fürchten mich:

Vielleicht, daß and're Blicke dir begegnen
Und fesseln dich in ihren Strahlenbann.
Dann grolle ich? O nein, ich muß sie segnen
Die Glückliche, die dich beglücken kann.

Nur Eines würde ich ihr nie vergeben,
Nur Einem folgte meiner Rache Schritt, -
Wenn sie dich darben ließe, du mein Leben,
Wenn sie dich leiden ließe, wie ich litt!
(S. 274)
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Frühlingsbild

Frisches Grün und alte Mauern,
Über beiden Sonnenschein,
Auf den Wiesen bunte Blumen,
Auf den Ästen Vögelein!

Alles voller Lob und Freude,
Alles holde Maienpracht,
Wo das Auge ringsum blicket
Zeugen von des Schöpfers Macht!

Jung und Alt erfüllt mit Wonne,
Grüne Jugend, grauer Stein,
Über allen Gottes Auge! -
Herz, kannst du noch traurig sein?!
(S. 275)
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Gedichte aus: Unsere Frauen in einer Auswahl aus ihren Dichtungen
Poesie-Album zeitgenössischer Dichterinnen
Von Karl Schrattenthal
Mit zwölf Porträts in Lichtdruck
Stuttgart 1888

Biographie:

Witter, Frau Marina, geb. Krebs, Ps. Maria Leske u. Th. Armin, Niesky, O. L. Görlitzerstrasse 24, geboren den 16 August 1838 in Aschaffenburg, entstammt der Brüdergemeine. Sie erhielt ihre Erziehung in Montmirail in der Erziehungsanstalt der Brüdergemeine, verheiratete sich mit dem Buchhändler Witter in St. Louis, U.S. Seit 1867 Witwe, fand sie ihren Trost in der Religion. Sie hat Gedichte und Erzählungen für die Jugend und das Volk geschrieben.

- Illustriertes Spielbuch für Mädchen Leipzig 1897

aus: Lexikon deutscher Frauen der Feder.
Eine Zusammenstellung der seit dem Jahre 1840 erschienene Werke weiblicher Autoren, nebst Biographieen der lebenden und einem Verzeichnis der Pseudonyme. Hrsg. von Sophie Pataky
Berlin 1898

 

 


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