Liebessonette ausländischer Dichter und Dichterinnen
(in deutscher Übersetzung)

 



Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)





 




Fernando de Herrera (1534-1597)

(In der Übersetzung von Friedrich Wilhelm Hoffmann und Sebastian Mutzl)



Sonett

Weil Finsterniss des Schleiers dunkle Hülle
Hin auf die Erde breitet und die Sterne,
Die schönen, irren Wandler, aus der Ferne
Hernieder blicken auf die öde, stille:

Vernimm, der meine Trauer ich enthülle,
Und die du trüben Seufzern lauschest gerne,
Mein Leid, o Nacht, und meine Klage lerne!
Den weiten Himmel du allein erfülle!

Nicht sei das Licht ein Zeuge des Geweines
Der armen Augen! denn nicht mag dem Tage
Ich so Bedrängter meine Schmerzen zeigen.

Lausch du - dein Mantel hat die Farbe meines
Unseligen Geschickes - meiner Klage,
O heitre Nacht, in deinem kalten Schweigen!

Übersetzt von Friedrich Wilhelm Hoffmann (1785-1869)

Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857 (S. 291)

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Sonett

Der Bäume schönen, grünen Schmuck entführet
Des stürmischen Octobers Nebelbrauen,
Und streng, da freies Spiel gewährt den rauhen
Und kalten Winden, jetzt der Ost regieret.

Den Pflanzen, die sein Todeshauch berühret,
Erneu'n sich Farb' und Glanz, sobald die lauen
Zephyre wehen und Gedüft den Auen
Entsteigt, die schön mit Blumenschmelz gezieret.

Doch meine Hoffnung, wehe mir! darf weiden,
Seit ihre Blüthe vor dem Frost erlegen,
Sich nimmermehr an dem verlornen Glücke.

Grausames Loos der Liebe! mir zum Leiden
So unerschüttert fest, dass siegreich gegen
Des Himmels Wechsel bleibet seine Tücke.

Übersetzt von Friedrich Wilhelm Hoffmann (1785-1869)

Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857 (S. 292)

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"Wohin? wohin? Grausame, hemm', o hemme
Den flücht'gen Schritt! enteile nicht, so lange
Du schaust, wie heißer Schmerz die bleiche Wange
Mit raschen Thränenfluthen überschwemme!"

"O daß Dein Ohr der Seufzer Laut vernähme,
Und, ach, mein Klagelied, leidvoll und bange!
Wohl weiß ich, daß mit meines Schmerzens Drange
Mitleid noch selbst in Dich, du Stolze, käme."

"Laß sonnen mich in Deiner Augen Scheine,
Nicht mehr in Nacht, von Deinem Licht umfunkelt!"
So rief ich träumend und in eitlem Wähnen: -

Da fand ich unter Klippen mich, alleine,
Im Lichte nicht, von grauser Nacht umdunkelt,
Und, ach, verwandelt ganz in heiße Thränen.

Übersetzt von Sebastian Mutzl (1797-1863)

Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann (S. 119)
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