Liebessonette ausländischer Dichter und Dichterinnen
(in deutscher Übersetzung)

 



Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)





 




Maria Stuart (1542-1587)

(In der Übersetzung von Ludwig Robert)



Sonette an Bothwell
Aus dem Altfranzösischen

1.
Gerechte Götter, o, erbarmt euch mein!
Lehrt mich ihm eine sichere Probe geben,
Die er nicht wähnet nur ein eitles Streben,
Daß fest und treu ich lieb' ihn ganz allein.

Sind Leib und Herz nicht schon von jeher Sein;
Die aller Müh' und Noth sich überheben
Nicht achten Schande, noch ein schwankend Leben;
Die Blutsverwandten kränken: größte Pein!

Für ihn richt' ich wie Nichts all' meine Freunde,
Und hoffen will ich, bauen auf die Feinde!
Ruf und Gewissen gab ich für ihn hin.

Für ihn entsag' der Weltlust ich mit Freuden;
Für sein Glück will ich gern den Tod erleiden
Was bleibt mir noch, zu zeigen treuen Sinn?


2.
Mein Sohn, mein Leben, meine Ehr' soll liegen
In seiner vollen Macht. In seine Hände
Leg' ich mein Land, mein Volk, die Seele wende
Sich nur zu ihm: sie kann sich ihm nur fügen.

Wie könnt' ich wohl mein Kleinod je betrügen?
Ihm will ich folgen, was auch draus entstände;
Denn, daß er meine Treue recht verstände,
Das ist mein einzig Wollen und Vergnügen!

Es mögen Stürme kommen, Windesstille,
Niemals verändr' ich Wohnung, Ort, noch Wille;
Kurz meine Treue soll sich so erproben,

Daß er mich soll unfehlbar feste meinen,
Durch listiges Gehorchen nicht, durch Weinen,
Wie andre thun. Nein! durch verschiedne Proben.


3.
Du glaubtest Sie* voll Ueberdruß, wohl weiß,
Wohl weiß ich's und so glaubtest du mich eben.
O du mein einzig Gut, mein liebes Leben,
Wie geb' ich dir von meiner Treu' Beweis?

Du achtest mich leichtsinnig, kalt wie Eis,
Und willst durchaus mir gar kein Zutrau'n geben,
Und in Verdacht muß ich ohn' Anschein schweben,
Mißtrautest mir mit Unrecht und mit Fleiß.

Du weißt nicht welche Lieb' ich zu dir hege,
Muthmaßtest, daß ich andre Liebe pflege,
Achtest wie Wind mein Wort und meinen Schwur.

Wie Wachs hast du mein weiches Herz beschrieben,
Glaubst mich ein Weib, das ohn' Entschluß geblieben,
Und alles dies vermehrt mein Feuer nur!
(S. 140-141)

* Bothwells Gemahlin

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Übersetzt von Ludwig Robert (1778-1832)

Aus: Ludwig Robert's Gedichte Erster Theil
Mannheim Verlag von Heinrich Hoff 1838


 

 

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