Liebessonette ausländischer Dichter und Dichterinnen
(in deutscher Übersetzung)

 



Neroccio de'Landi (1445-1500)
Porträt einer Dame (1480)





 




Juan Melendez Valdes (1754-1817)

(In der Übersetzung von Friedrich Wilhelm Hoffmann und Sebastian Mutzl)



Sonett

Auf, meine Hirtinn, deine Hütte meide!
Enteil' ihr, du, mein Ruhm, mein süsses Leben!
O komm! der Osten sah den Tag sich heben,
Und golden schimmert schon die Bergesweide.

Komm, bring mit deiner Gegenwart die Freude
Dem armen Herzen, innig dir ergeben!
Du säumst? ach, und in Ängsten muss ich schweben;
O Herrinn, komm, und wehre meinem Leide!

Sieh! tausend Blumen, sich zum Kranz verschlingend,
Und eine duft'ge Ros' ich für dich habe;
O, Phyllis eil', den Schritt hieher zu wenden!

Dir schenk' ich, tausend art'ge Liedchen singend,
Dir schenk' ich sie, mein Schatz! Als Gegengabe
Sollst du mir, Kind! ein süsses Küsschen spenden.

Übersetzt von Friedrich Wilhelm Hoffmann (1785-1869)

Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857 (S. 447)
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Sonett

Wie sich auf Blumenbeeten wohl im Kreise
Die munt're Bien' um tausend Rosen schwinget,
Bis ihr's, die schönsten auszuspähn, gelinget,
Und mit dem zarten Rüssel summet leise;

Doch fand sie die, in sanfter Flugesweise
Sogleich sich senkt, die leichten Flügel ringet,
Und in den Kelch der duft'gen Blätter dringet,
Sich labend an der würzig süssen Speise:

So schweift' in sel'ger Unruh durch die Lande,
Um dich, geliebtes Wesen zu erspähen,
Ich, sinnend, noch der Liebe nicht vereidet.

Dich fand ich und erlag. Mein Herz, in Brande
Durch deinen Reiz, fühlt Wonne, dich zu sehen,
Die deiner Augen Himmel ihm beneidet.

Übersetzt von Friedrich Wilhelm Hoffmann (1785-1869)

Aus: Blüthen spanischer Poesie
Metrisch übertragen von Friedrich Wilhelm Hoffmann
Dritte, stark vermehrte Auflage
Magdeburg und Leipzig
Verlag der Gebrüder Baensch 1857 (S. 449)
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Sonett

Zum Licht aufblickend, und nur mehr erblindet,
Stürzt sich Leander in beschäumte Wellen,
Und fleht in Fluthen, die im Sturme schwellen,
Zu Meer und Himmel, gegen ihn verbündet.

Die Woge braus't, die seine Flamm' empfindet:
Da ruft er, fühlend ihr erzürntes Schwellen,
"O duldet mich, der tiefe heil'ge Quellen,
Und tödtet dann, wenn ihr mich kehrend findet!" -

Umsonst! die Fluth löscht seiner Liebe Gluthen;
Des Meeres Zorn begräbt sein hoffend Sehnen;
Den letzten bangen Ruf verweh'n die Winde.

O dreimal glücklich, der ersank in Fluthen!
Unglücklich ich, der nach der Wonne Thränen
Hoffnung und Ruh' verlor und nimmer finde!

Übersetzt von Sebastian Mutzl (1797-1863)

Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann (S. 108)
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Sonett

Unruhig schwebt das Immlein auf und nieder
Den Blumenplan, wo tausend Rosen glühen,
Und summt, zu finden wo die schönsten blühen,
Mit süßem Flötentone hin und wieder:

Nun sah es sie, und schwebet gleich danieder
In sanftem Flug; mit emsigem Bemühen
Schwelgt es, wo Blätter düftevoll erblühen
Im tiefen Kelch und schwingt sein zart Gefieder.

So schweifte mein Gedank' in blum'gen Thalen,
Um, Liebe! Dich zu finden durch die Auen
In sel'ger Unruh, frei von Amors Leiden:

Da fand ich Dich: versengt an Deinen Strahlen
Saugt Wonnen Herz und Will' aus holdem Schauen,
Die sie dem Himmel Deiner Augen neiden.

Übersetzt von Sebastian Mutzl (1797-1863)

Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann (S. 109)
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Sonett

So lebe wohl, gehängt an diese Fichte
Und unbeschirmet vor des Wetters Strenge,
O Cither, die mir klang in Lustgesänge
Von froher Lieb' und ihrem Zauberlichte!

Stamm, schirme sie, des Weges Zier! berichte
Die Treue zweier Hirten, rein und strenge,
Daß, die nur eitle Sitte kennt, die Menge
Ein göttlich Lieben lern' aus der Geschichte.

Weil meiner Herrinn frohe Tage flossen,
Da scholl es hell von ihrer Saiten Golde,
Und wilde Thiere zähmt' ihr Klang voll Minne; -

Doch nun, da unter Göttern weilt die Holde,
Dieß Grab die kalte Asche hält umschlossen,
Schweig' jedes Lied, und Weinen nur beginne!

Übersetzt von Sebastian Mutzl (1797-1863)

Aus: Blumenlese aus spanischen Dichtern
von Sebastian Mutzl
Landshut 1830
Druck und Verlag von Joseph Thomann (S. 110)
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