Das Hohe Lied Salomos

In der Übertragung von Heinrich August Hahn (1821-1861)

 


Wassily Kandinsky (1866-1944)
Improvisation 209




Das Hohe Lied von Salomo


1
1 Das Lied der Lieder, welches von Salomo

2 Möchte er mich küssen mit Küssen seines Mundes!
Denn gut ist deine Minne, mehr als Wein.
3 Von Geruch sind deine Salben gut:
Eine ausgeschüttete Salbe ist dein Name;
Darum haben dich die Frauen lieb.

4 Zieh' mich nach dir: laufen wollen wir!
Führt der König mich in seine Kammern:
Jubeln wollen wir und freuen wollen wir uns über dich,
Preisen wollen wir deine Minne mehr als Wein!
In Wirklichkeit haben sie dich lieb.

5 Schwarz – bin ich doch hübsch,
Töchter Jerusalem's,
Gleich den Zelten Kedar's -
Gleich den Decken Salomo's.
6 Sehet mich nicht an, daß ich schwärzlich bin,
Daß mich versengt hat die Sonne!
Die Söhne meiner Mutter sind entbrannt auf mich:
Sie haben mich gesetzt zur Hüterin der Weinberge,
Meinen Weinberg, der mir worden, hab' ich nicht gehütet.

7 Thu' doch mir kund,
Den meine Seele lieb hat:
Wo weidest du,
Wo lagerst du am Mittag?
Denn warum soll ich werden zu einer, die sich verhüllen muß,
Bei den Heerden deiner Genossen?

8 Weiß'st du's etwa nicht von selbst?
Schöne unter den Weibern?
Geh' du getrost in den Spuren der Heerde
Und weide deine Zicklein
Bei den Lagerstätten der Hirten!

9 Meinem Rossegespanne an den Wagen Pharao's
Vergleiche ich dich, meine Freundin.
10 Hübsch sind deine Wangen in den Schnüren,
Dein Hals in den Ketten.
11 Schnüre von Gold wollen wir dir machen
Mit Punkten von Silber.

12 Bis daß der König in ihrem Bereich war,
Hat meine Narde ihren Geruch gegeben.
13 Der Myrrhenbund ist mein Geliebter mir,
Der zwischen meinen Brüsten ruht.
14 Der Cyperbusch ist mein Geliebter mir
In den Weinbergen Engedi's.

15 Siehe, du bist schön, meine Freundin,
Siehe, du bist schön, deine Augen sind Tauben.

16 Siehe, du bist schön, mein Geliebter, auch lieblich,
Auch unser Lager ist frisch grün.

17 Die Balken unserer Behausung sind Cedern,
Unser Getäfel sind Cypressen.

2 1 Ich bin eine Narcisse Saron's,
Eine Lilie der Thäler.

2 Gleich der Lilie zwischen den Dornen,
So ist meine Freundin zwischen den Töchtern.

3 Gleich einem Apfelbaume unter den Bäumen des Waldes,
So ist mein Geliebter zwischen den Söhnen.
In seinem Schatten habe ich Lust und sitze,
Und seine Frucht ist süß meinem Gaumen.
4 Er hat mich geführt in das Weinhaus,
Und sein Panier über mir ist Liebe.
5 Stärket mich mit den Weinbeeren,
Labet mich mit den Aepfeln,
Denn krank von Liebe bin ich.
6 Seine Linke ist unter meinem Haupte,
Und seine Rechte umfasset mich:
7 Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalem's, bei den Gazellen
Oder bei den Hindinnen des Feldes:
Daß ihr nicht wecket und daß ihr nicht aufwecket die Liebe,
Bis daß es ihr gefällt!

8 Das Geräusch meines Geliebten ertönte:
Siehe, er kam,
Hüpfte über die Berge,
Sprang über die Hügel.
9 Mein Geliebter glich einer Gazelle
Oder einem Jungen der Hirsche:
Siehe, er stand hinter unsrer Mauer,
Schaute hervor aus den Fenstern,
Blickte hervor aus den Gittern.
10 Mein Geliebter hub an und sprach zu mir:
"Stehe du auf, meine Freundin, meine Schöne, und gehe du hervor
11 "Denn, siehe, der Winter ist vorbeigegangen,
"Der Regen ist vorübergegangen, er ist vergangen.
12 "Die Blüthen lassen sich sehen in dem Lande,
"Die Zeit des Schnittes ist herangekommen,
"Und die Stimme der Turtel läßt sich hören in unserm Lande.
13 "Der Feigenbaum knollt seine Härtlinge,
"Und die Weinstöcke in Blüthe geben Geruch.
"Stehe du auf, meine Freundin, meine Schöne, und gehe du hervor
14 "Meine Taube in den Ritzen des Felsen,
"In dem Verstecke der Stiege,
"Laß mich sehen dein Gesicht,
"Laß mich hören deine Stimme,
"Denn deine Stimme ist süß, und dein Gesicht ist hübsch!

15 "Fanget uns die Füchse:
"Die kleinen Füchse verwüsten die Weinberge,
"Und unsere Weinberge sind in Blüthe!"

16 ""Mein Geliebter ist mein, und ich bin sein,
""Der unter den Lilien weidet!
17 ""Bis daß der Tag sich kühlt und die Schatten fliehen,
""Gehe umher, gleiche du, mein Geliebter, einer Gazelle
""Oder einem Jungen der Hirsche
""Auf den klüftigen Bergen!""

3 1 Auf meinem Lager in der Nacht
Suchte ich, den meine Seele lieb hat,
Ich suchte ihn und fand ihn nicht.
2 ""Aufstehen will ich doch und umhergehen will ich in der Stadt,
""Auf den Straßen und auf den Plätzen,
""Suchen will ich, den meine Seele lieb hat!"" -
Ich suchte ihn und fand ihn nicht.
3 Die Wächter fanden mich, die umhergingen in der Stadt:
""Habt ihr, den meine Seele lieb hat, gesehen?"" -
4 Ein Weniges war es, das ich weiter ging von ihnen,
Bis daß ich fand,
Den meine Seele lieb hat:
Ich faßte ihn und ließ ihn nicht,
Bis daß ich ihn gebracht in das Haus meiner Mutter
Und in die Kammer deren die mich getragen.
5 Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalem's, bei den Gazellen
Oder bei den Hindinnen des Feldes:
Daß ihr nicht weckt und daß ich nicht aufweckt die Liebe,
Bis daß es ihr gefällt!

6 Wer kommt da herauf aus der Wüste
Gleich Säulen Rauches,
Umräuchert mit Myrrhe und Weihrauch,
Von allem Pulver des Krämers?

7 Siehe, es ist sein Bett, das Salomo's!
Sechzig Helden sind um dasselbe
Von den Helden Israel's.
8 Alle sind befaßt mit dem Schwerte,
Geübt im Kriege,
Ein jeder hat sein Schwert an seiner Hüfte
Vor dem Schrecknisse in der Nacht.
9 Die Trage hat sich der König Salomo gemacht
Aus den Bäumen des Libanon.
10 Ihre Säulen hat er von Silber gemacht,
Ihre Lehne von Gold,
Ihren Sitz von Purpur;
Ihre Mitte ist gepolstert mit der Liebe
Von den Töchtern Jerusalem's.
11 Gehet heraus und besehet, Töchter Zion's, den König Salomo
In der Krone,
Mit welcher ihn gekrönt seine Mutter an dem Tage seiner Vermählung
Und an dem Tage der Freude seines Herzens!

4 1 Siehe, du bist schön, meine Freundin, siehe, du bist schön!
Deine Augen sind Tauben
Hinter deinem Schleier.
Dein Haar ist gleich einer Heerde der Ziegen,
Welche niederklimmen von dem Gebirge Gilead.
2 Deine Zähne sind gleich einer Heerde der Geschorenen,
Welche aufsteigen von der Wäsche,
Welche alle Zwillinge gebracht,
Und ein kinderloses ist nicht unter ihnen.
3 Gleich einem Faden von Karmesin sind deine Lippen,
Und dein sprechender Mund ist hübsch.
4 Gleich dem Thurme David's ist dein Hals,
Gebaut aus Alabasterstücken;
Die tausend Tartschen sind an ihn gehängt,
Alle Schilde der Helden.
5 Deine zwei Brüste sind gleich zwei Jungen, Zwillingen einer Gazelle,
Welche unter den Lilien weiden.
6 Bis daß der Tag sich kühlt
Und die Schatten fliehen,
Will ich gehen zu dem Berge der Myrrhe
Und zu dem Hügel des Weihrauchs.
7 Ganz bist du schön, meine Freundin,
Und kein Tadel ist an dir:
8 Mit mir von dem Libanon, Braut,
Mit mir von dem Libanon kommst du,
Schreitest du hernieder von dem Gipfel des Amana,
Von dem Gipfel des Senir und des Hermon,
Von den Wohnungen der Löwen,
Von den Bergen der Panther.
9 Du hast mich entherzt, meine Schwester Braut,
Du hast mich entherzt mit einem von deinen Augen,
Mit einem Schmuckstücke von deinen Halsgeschmeiden.

10 Wie schön ist deine Minne, meine Schwester Braut,
Wie gut ist deine Minne, mehr als Wein,
Und der Geruch deiner Salben, mehr als alle Gewürze!
11 Seim träufeln deine Lippen, Braut,
Honig und Milch ist unter deiner Zunge,
Und der Geruch deiner Kleider ist gleich dem Geruche des Libanon.
12 Ein verschlossener Garten ist meine Schwester Braut,
Ein verschlossener Quell, ein versiegelter Born.
13 Deine Sprossen sind ein Park von Granaten
Mit köstlicher Frucht,
Cypern mit Narden,
14 Narde und Safran,
Kalmus und Zimmt
Mit allerlei Bäumen von Weihrauch,
Myrrhe und Aloe
Mit allen Hauptstücken von Gewürzen.
15 Der Born der Gärten
Ist ein Brunnen lebendigen Wassers
Und Ströme von dem Libanon.
16 Erwache, Nord, und komme, Süd,
Durchwehe meinen Garten: es mögen strömen seine Gewürze,
Kommen möge mein Geliebter nach seinem Garten,
Und essen möge er seine köstliche Frucht!

5 1 Ich komme nach meinem Garten, meine Schwester Braut,
Ich pflücke meine Myrrhe mit meinem Gewürze,
Ich esse meinen Seim mit meinem Honig,
Ich trinke meinen Wein mit meiner Milch:
Esset, Freunde,
Trinket und berauschet euch, Geliebte!

2 Ich schlief, und mein Herz wachte:
Da ertönte das Geräusch meines Geliebten, welcher klopfte:
"Oeffne mir, meine Schwester, meine Freundin, meine Taube, meine Fromme,
"Denn mein Haupt ist voll Thau,
"Meine Locken von den Tropfen der Nacht!"
3 ""Ich habe meinen Rock ausgezogen,
""Wie sollte ich ihn anziehen?
"Ich habe meine Füße gewaschen,
""Wie sollte ich sie beschmutzen?""
4 Mein Geliebter streckte seine Hand hervor aus der Luke,
Und mein Inneres brausete über ihn.
5 Ich stand auf, zu öffnen meinem Geliebten, -
Und meine Hände troffen von Myrrhe
Und meine Finger von fließender Myrrhe
An den Griffen des Schlosses.
6 Ich öffnete meinem Geliebten,
Und mein Geliebter – wendete sich, ging weiter.
Meine Seele verging über seinem Reden.
Ich suchte ihn und fand ihn nicht,
Ich rief ihn, und er antwortete mir nicht.
7 Die Wächter fanden mich, die umhergingen in der Stadt:
Sie schlugen mich, sie hieben mich,
Meinen Mantel nahmen mir ab
Die Wächter der Mauern.
8 ""Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalem's:
""Wenn ihr meinen Geliebten findet,
""Was sollt ihr ihm sagen?
""Daß ich krank bin von Liebe!""

9 """Was hat dein Geliebter vor einem andern Geliebten,
"""Schöne unter den Weibern,
"""Was ist dein Geliebter vor andern Geliebten,
"""Daß du uns also beschwörst?"""
10 ""Mein Geliebter ist hell und roth,
""Ausgezeichnet unter Zehntausenden.
11""Sein Haupt ist lauteres Gold.
""Seine Locken sind Furchenhügel,
""Schwarz gleich dem Raben.
12 ""Seine Augen sind Tauben an Bächen von Wasser,
""Baden in Milch,
""Ruhen auf Einfassung.
13 ""Seine Wangen sind gleich einem Beete von Balsam,
""Thürme von Salben.
""Seine Lippen sind Lilien,
""Träufeln von fließender Myrrhe.
14 ""Seine Hände sind Kreise von Gold,
""Besetzt mit Tarschischsteinen.
""Sein Leib ist ein Kunstwerk von Elfenbein,
""Bedeckt mit Saphiren.
15 ""Seine Schenkel sind Säulen von Marmor,
""Gegründet auf Sockeln von Gold.
""Sein Aussehen ist gleich dem Libanon,
""Auserkoren gleich den Cedern.
16 ""Sein Gaumen ist Süßigkeiten,
""Und er ist ganz Lieblichkeiten.
""Das ist mein Geliebter, und das ist mein Freund,
""Töchter Jerusalem's.""

6 1 """Wohin ist dein Geliebter gegangen,
"""Schöne unter den Weibern,
"""Wohin hat dein Geliebter sich gewendet?
"""Und wir wollen ihn mit dir suchen."""

2 ""Mein Geliebter ging hinab nach seinem Garten,
""Nach den Beeten von Balsam,
""Um in den Gärten zu weiden
""Und um die Lilien zu sammeln."" -

3 ""Ich bin meines Geliebten, und mein Geliebter ist mein,
""Der unter den Lilien weidet!"" -

4 "Du bist schön, meine Freundin, gleich Thirza,
"Hübsch gleich Jerusalem,
"Schrecklich gleich Bannerschaarten.
5 "Wende deine Augen von mir weg,
"Denn sie erschrecken mich!
"Dein Haar ist gleich einer Heerde der Ziegen,
"Welche niederklimmen vom Gilead.
6 "Deine Zähne sind gleich einer Heerde der Mutterschafe,
"Welche aufsteigen von der Wäsche,
"Welche alle Zwillinge gebracht,
"Und ein kinderloses ist nicht unter ihnen.
7 "Gleich einem Stücke der Granate ist deine Schläfe
"Hinter deinem Schleier.
8 "Sechzig sind Königinnen
"Und achtzig Beifrauen,
"Und Mädchen sind ohne Zahl.
9 "Eine ist meine Taube, meine Fromme,
"Die eine von ihrer Mutter,
"Die reine von ihrer Gebärerin:
"Die Töchter sehen sie und preisen sie glücklich,
"Die Königinnen und Beifrauen und rühmen sie herrlich."

10 Wer ist, die da sich blicken läßt gleich der Morgenröthe,
Schön gleich dem Monde,
Hell gleich der Sonne,
Schrecklich gleich Bannerschaarten?

11 In den Nußgarten war ich hinabgegangen,
Zu besehen das Gewächs des Thalgrundes,
Zu sehen, ob der Weinstock treibt,
Die Granaten blühen.
12 Ich wußte es nicht,
Meine Seele setzte mich
Auf die Wagen meines Volkes als Fürsten.

7 1 """Kehre um, kehre um, Sulammith,
"""Kehre um, kehre um, und wir wollen dich beschauen!"""
""Was wollt ihr Sulammith beschauen
""Gleich dem Reigen zweier Heere?""

2 """Wie schön sind deine Schritte in den Schuhen, Fürstentochter!
"""Die Wölbungen deiner Hüften
"""Sind gleich Schmuckgeschmeiden,
"""Dem Werke der Hände eines Meisters.
3 """Dein Schoos ist ein gerundetes Becken,
"""Nicht fehlen soll das Gemisch.
"""Dein Leib ist ein Bund Weizen,
"""Umsteckt mit Lilien.
4 """Deine zwei Brüste sind gleich zwei Jungen, Zwillingen einer Gazelle.
5 """Dein Hals ist gleich dem Thurme von Elfenbein.
"""Deine Augen sind die Teiche in Hesbon
"""An dem Thore der Volkreichen.
"""Deine Nase ist gleich dem Thurme des Libanon,
"""Welcher nach Damaskus spähet.
6 """Dein Haupt auf dir ist gleich dem Karmel,
"""Und das herabwallende Haar deines Hauptes ist gleich dem Purpur.
"""Der König ist gefesselt in den Locken."""

7 "Wie schön und wie lieblich bist du,
"Liebe, unter den Wonnen!
8 "Dieser dein Wuchs gleicht der Palme,
"Und deine Brüste den Trauben.
9 "Ich sprach: ich will die Palme ersteigen,
"Ich will ihre Blätter erfassen,
"Und deine Brüste sollen mir gleich den Trauben des
Weinstocks sein,
"Und der Geruch deiner Nase gleich den Aepfeln,
10 "Und dein Gaumen gleich dem besten Weine," -
""Der meinem Geliebten gerade hinabgeht,
""Der über die Lippen der Schlafenden gleitet.
11 ""Ich bin meines Geliebten,
""Und auf mich geht sein Verlangen.
12 ""Komm, mein Geliebter, wir wollen auf das Feld hinausgehen,
""Wir wollen nächtigen in den Dörfern,
13 ""Wir wollen frühe nach den Weinbergen,
""Wir wollen sehen, ob der Weinstock treibt, die Knospe öffnet,
""Die Granaten blühen:
""Dort will ich meine Minne dir geben.
14 ""Die Körbe geben Geruch,
""Und an unseren Thüren ist alles Köstliche,
""Neues, auch Altes,
""Mein Geliebter, habe ich dir aufgehoben.

8 1 ""Wärest du mir doch zum Bruder geworden,
""Welcher die Brüste meiner Mutter gesogen:
""Ich hätte draußen dich gefunden, dich geküßt,
""Auch hätten sie mir es nicht verargen können.
2 ""Ich hätte dich geleitet,
""Ich hätte dich geführt in das Haus meiner Mutter, daß du mich lehrtest,
""Ich hätte dich getränkt mit Würzwein,
""Mit meinem Granatenmoste. -

3 ""Seine Linke ist unter meinem Haupte,
""Und seine Rechte umfasset mich:
4 ""Ich beschwöre euch, Töchter Jerusalem's:
""Was wollt ihr wecken und was wollt ihr aufwecken die Liebe,
bis daß es ihr gefällt?""

5 Wer kommt da herauf aus der Wüste,
Sich lehnend auf ihren Geliebten?

Unter dem Apfelbaume habe ich dich gerührt,
Dort, wo deine Mutter dich gekreißt,
Dort, wo sie kreißend dich geboren.
Lege mich gleich dem Siegler auf dein Herz,
Gleich dem Siegler auf deinen Arm!
Denn stark gleich dem Tode ist die Liebe,
Hart gleich der Hölle ist die Eifergluth,
Ihre Flammen sind Feuerflammen, Gotteslohe.
7 Viele Wasser
Vermögen nicht, die Liebe zu verlöschen,
Und Ströme überfluthen sie nicht.
Wenn ein Mann alle Habe seines Hauses für die Liebe gäbe,
Sie würden ihn nur verachten.

8 Wir haben eine kleine Schwester,
Und Brüste hat sie nicht;
Was wollen wir mit unserer Schwester machen,
Zur Zeit, wenn von ihr wird die Rede sein?

9 Wenn sie eine Mauer ist,
Wollen wir auf ihr eine Warte von Silber bauen;
Und wenn sie eine Thüre ist,
Wollen wir vor sie ein Brett von Cedern sperren.

10 Ich war eine Mauer,
Und meine Brüste waren gleich den Thürmen:
Da ward ich in seinen Augen zu einer, welche Frieden findet.
11 Ein Weinberg gehörte dem Salomo in Baal-Hamon,
Er übergab den Weinberg den Hütern,
Ein jeder sollte in seiner Frucht tausend Silberlinge bringen.
12 Mein Weinberg, der mir worden, ist vor mir:
Die tausend hast du, Salomo,
Und zweihundert haben die Hüter seiner Frucht.

13 Die du wohntest in den Gärten,
Die Genossen horchen auf deine Stimme, laß mich sie hören!

14 Fliehe, mein Geliebter,
Und gleiche du einer Gazelle oder einem Jungen der Hirsche
Auf den würzigen Bergen!

 

Aus: Das Hohe Lied von Salomo
Übersetzt und erklärt von
Heinrich August Hahn
Breslau 1852
 

 

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