Das Hohe Lied Salomos

In der Übertragung von Friedrich Wilhelm Carl Umbreit (1795-1860)

 


Wassily Kandinsky (1866-1944)
Improvisation 209




Lied der Lieder


Das Mädchen

I. 2. O küßte er mich doch mit Küssen seines Mundes!
denn lieblicher als Wein ist deine Liebe!

3. Lieblich duften deine Salben,
Ausgegoßne Salbe ist dein Name,
darum lieben dich die Mädchen.

4. Zieh' mich dir nach! - o laß uns eilen!
- in sein Gemach hat mich entführt der König -
Da wollen wir frohlocken und uns deiner freu'n,
preisen deine Liebe, mehr als Wein,
o Liebling aller Tugenden!

5. Schwarz bin ich, aber lieblich, ihr Töchter von Jerusalem,
den Zelten Kedars gleich, den Teppichen des Salomo.

6. Seht mich nicht an, weil ich bin schwarz gebrannt,
weil mich die Sonne angeblickt.
Es zürnten mir die Brüder,
setzten mich zur Weinbergshütherin -
meinen eignen Weinberg hab' ich nicht gehüthet.

7. Sage mir, o du, den meine Seele liebt,
wo weidest du,
wo lagerst du am Mittag?
denn warum sollte ich verschämt bei deiner Freunde Heerden irre geh'n?
 

Der Jüngling

8. Wenn du's nicht weißt, o du der Frauen schönste!
so folge nur der Schaafe Spuren,
und weide deine Zicklein an den Hirtenzelten!

9. Dem Rosse an den Wagen Pharao's
vergleich ich, meine Freundin, dich.

10. Schön sind in Schnüren deine Wangen,
schön ist dein Hals in Ketten.

11. Wir wollen goldne Schnüre dir bereiten
mit eingefügten Silberpuncten.

12. Bis zum König selbst auf seinem Polster
gab meine Narde ihren Wohlduft von sich.
 

Das Mädchen

13. Ein Myrrhenstrauß ist mein Geliebter,
der mir am Busen ruht,

14. eine Cypertraube mein Geliebter,
in den Weingebirgen Engedis.
 

Der Jüngling

15. Ja, meine Freundin, schön bist du,
ja schön bist du,
deine Augen - Tauben!
 

Das Mädchen

16. Ja, schön bist du und lieblich, mein Geliebter,
und - unser Bett ist grün! -

17. Cedern sind die Balken unsrer Häuser,
und Cypressen unsre Latten.

II.1. Eine Narcisse bin ich von Saron,
eine Lilie bin ich der Tiefen!
 

Der Jüngling

2. Wie eine Lilie unter den Dornen,
so meine Freundin unter den Töchtern.
 

Das Mädchen

3. Wie ein Apfelbaum unter den Bäumen des Waldes,
so mein Freund unter den Söhnen.
In seinem Schatten säß' ich gern,
und seine Frucht wär' meinem Gaumen süß! -

4. O führt in's Weinhaus mich
und deckt mich zu mit Liebe!

5. Erquickt mich mit Traubenzucker,
mit Äpfeln labet mich!
Denn ich bin krank vor Liebe.

6. Wär' seine Linke unter meinem Haupt,
und seine Rechte herzte mich!

7. Ich beschwöre euch, ihr Töchter von Jerusalem,
bei den Gazellen oder bei den Hindinnen der Flur,
weckt die Geliebte nicht,
regt sie nicht auf,
bis es ihr selbst gefällt.

8. Stimme meines Freundes! -
Sieh da! er ist gekommen,
springend über Berge,
hüpfend über Hügel.

9. Es gleicht mein Freund der Gaselle,
oder dem Jungen der Hirsche. -
Sieh! da steht er hinter unsrer Mauer,
schaut durch die Fenster,
blickt durch die Gitter!

10. Es fängt mein Freund zu reden an und spricht zu mir:
Erheb' dich, meine Freundin, meine Schöne, komm!

11. Denn sieh! der Winter ist vergangen,
der Regen ist vorbei, davongezogen.

12. Es zeigen sich die Blumen auf der Erde,
die Zeit des Sanges ist erschienen,
der Turteltaube Ruf auf unsren Fluren läßt sich hören.

13. Der Feigenbaum würzt seine Früchte schon,
die Rebenblüthen duften.
Erheb' dich, meine Freundin, meine Schöne, komm!

14. Mein Täubchen, in des Felsen Zuflucht,
in dem Schutz der Klippenhöhe,
o zeige mir dein Angesicht,
laß deine Stimme hören!
denn deine Stimm' ist süß
und schön dein Angesicht.

15. Fangt uns die Füchse weg,
die kleinen Füchse,
die dem Weinberg schaden:
denn unser Weinberg steht in Blüthe.

16. Mein Freund ist mein
und ich bin sein,
der unter Lilien weidet.

17. Wenn Kühlung weht der Tag
und wenn die Schatten fliehen,
so kehre wieder,
gleich einer Gaselle, mein Freund,
oder dem Jungen der Hirsche,
über die Berge der Trennung.

III. 1. Auf meinem Lager, in der Nacht, hab' ich gesuchet den,
welchen meine Seele liebt.

2. Ich suchte ihn - und fand ihn nicht.
Auf! - sprach ich - ich will mich erheben,
umhergehn in der Stadt,
auf Straßen und auf Plätzen suchen den,
welchen meine Seele liebt.
Ich suchte ihn - und fand ihn nicht.

3. Da fanden mich die Wächter,
die umhergehn in der Stadt.
"Den, welchen meine Seele liebt, -
o habt ihr ihn gesehn?"

4. Und kaum war ich vorbei vor ihnen,
so fand ich den, den meine Seele liebt.
Ich faßte ihn und wollte ihn nicht lassen,
bis daß ich ihn geführt
in meiner Mutter Haus,
in meiner Mutter Kammer.

5. "Ich beschwöre euch, ihr Töchter von Jerusalem,
bei den Gasellen oder bei den Hindinnen der Flur,
weckt die Geliebte nicht,
regt sie nicht auf,
bis er ihr selbst gefällt."
 

Der Dichter

6. Wer ist die, die heraufsteigt aus der Trift,
des Rauches Säulen gleich,
nach Myrrhe und nach Weihrauch stärker duftend
als eines Händlers Würzstaub allzusammen?

7. Sieh' das Lager Salomo's!
Sechzig Starke ringsherum
von den Starken Israels.

8. Sie alle Schwerterhaltend, Streiteskundig,
Mann für Mann, sein Schwert an seiner Seite,
aus Schrecken in der Nacht.

9. Ein Brautbett ließ der König Salomo sich machen,
von dem Holz des Libanon.

10. Seine Füße ließ er silbern machen,
seinen Boden golden,
purpurn seinen Polster;
sein inn'rer Raum war zierlich ausgelegt -
und alles dieß aus Liebe zu den Töchtern von Jerusalem.

11. Kommt her und schaut, ihr Zions Töchter,
den König Salomo im Kranz,
womit ihn seine Mutter hat bekränzt
am Tage seiner Hochzeit, seiner Herzensfreude.
 

Salomo

IV. 1. Ja, meine Freundin, schön bist du!
ja, schön bist du - deine Augen Tauben,
zwischen deinen Locken vor.
Dein Haar gleicht einer Heerde Ziegen,
die vom Berge Gilead herab sich lagern.

2. Deine Zähne wie die Heerde der Geschorenen,
die aus der Wäsche kommen -
alle Zwillinge gebährend,
und keines unter ihnen kinderlos. -

3. Wie eine Purpurschnur sind deine Lippen
und lieblich ist dein Mund.
Gleich des Granatapfels Hälfte deine Wange
zwischen deinen Locken vor.

4. Wie Davids Thurm dein Hals,
zur Waffenburg erbaut:
tausend Schilde sind d'ran aufgehangen,
lauter Waffen starker Männer.

5. Deine beiden Brüste wie zwei junge Rehe,
wie Gasellenzwillinge, die unter Lilien weiden.
 

Das Mädchen

6. Wenn Kühlung weht der Tag
und wenn die Schatten fliehen,
möcht' ich zum Myrrhenberge gehen
und zum Weihrauchhügel.
 

Salomo

7. Vollkommen schön bist du, o meine Freundin,
kein Flecken ist an dir!

8. Komm mit mir vom Libanon,
o meine Braut!
komm mit mir vom Libanon,
schau mit mir vom Gipfel Amanas,
von Senirs und von Hermons Höhe,
von den Höhlen der Löwen,
von den Bergen der Parther!

9. Du entmuthigst mich,
o meine Schwester, meine Braut!
Du entmuthigst mich
mit einem deiner Blicke,
mit einer Kette deines Halsschmucks.

10. Wie schön ist deine Liebe,
o meine Schwester, meine Braut!
um wie viel köstlicher als Wein ist deine Liebe!
weit duftender als all' Gewürz sind deine Salben!

11. Honigseim träufeln deine Lippen, Braut!
Milch und Honig fließt unter deiner Zunge!
und deines Kleides Duft ist wie der Duft des Libanon.

12. Ein verschloßner Garten bist du,
meine Schwester, Braut!
ein Quell, verschlossen,
ein Born, versiegelt!

13. dein Gewächs - ein Paradies
voll Granatäpfel
nebst Früchten edler Art:
Cypern und Narden,

14. Narde und Carcum,
Calmus und Zimmt,
mit allem Weihrauchholz,
Myrrhen und Aloe
mit allen trefflichsten Gewürzen.

15. Ein Quell der Gärten!
Ein Born lebendiger Gewässer,
die vom Libanon herunterrieseln!

16. Nordwind auf!
Südwind komm!
Durchwehe meinen Garten,
daß seine Wohlgerüche strömen!
 

Das Mädchen

Es geh' mein Freund in seinen Garten
und esse seine edlen Früchte.
 

Salomo

V.1. Ja, ich komm' in meinen Garten,
meine Schwester, meine Braut:
ich pflück' mit meinem Balsam meine Myrrhe,
ich ess' mit meinem Honig meine Scheibe,
ich trinke meinen Wein mit meiner Milch! -
Esset, meine Lieben, und trinket,
und werdet trunken von Liebe! -
 

Das Mädchen

2. Ich schlief; doch meine Seele wachte;
da rief die Stimme meines Freunds,
der an der Thüre klopfte:
"o mach' mir auf,
o meine Schwester, meine Freundin, meine Taube, meine Reine!
Mein Haupt ist voll von Thau
und meine Locken träufeln von dem Reif der Nacht."

3. ""Ich hab' mein Unterkleid schon abgelegt,
wie soll ich's wieder anziehen?
Gewaschen hab' ich meine Füße schon,
wie sollt' ich sie wieder beschmutzen? -""

4. Da streckte mein Freund seine Hand zur Öffnung herein,
und es erbebte darüber mein Inneres.

5. D'rauf stand ich auf, zu öffnen meinem Freund,
und meine Hände träufelten von Myrrhe
und meine Finger von Myrrhe,
fließend über den Handgriff des Riegels.

6. Aufthat ich meinem Freund,
doch mein Freund war heimlich fortgegangen.
Ich ging heraus, ihm nachzufolgen,
ich suchte ihn,
und fand ihn nicht!
ich rief nach ihm,
und er antwortete mir nicht.

7. Da fanden mich die Wächter,
die umhergehn in der Stadt;
sie schlugen Wunden mir,
es nahmen meinen Schleier mir der Mauern Wächter.

8. Ich beschwöre Euch, ihr Töchter von Jerusalem,
wenn ihr ihn findet meinen Freund -
was wollt ihr ihm verkünden? -
daß ich krank vor Liebe bin!
 

Töchter von Jerusalem

9. Was ist dein Freund vor einem andern Freund,
o du der Frauen Schönste?
was ist dein Freund vor einem andern Freund,
daß du uns so beschwörst?
 

Das Mädchen

10. Mein Freund ist weiß und roth,
aus Myriaden auserkoren.

11. Sein Haupt - das reinste Gold;
seine Locken - Palmenzweige, rabenschwarz;

12. seine Augen - Tauben gleich an Wasserbächen,
in Milch gewaschen, in der Fülle ruhend;

13. seine Wangen - Balsambeetengleich, wie Würzenhöhen;
seine Lippen - Lilien, die von flüss'ger Myrrhe triefen;

14. seine Hände - goldne Walzen angefüllt mit Tarschischsteinen;
sein Leib - Kunstwerk von Elfenbein, mit Saphirstein bedeckt;

15. seine Schenkel - Marmorsäulen,
gestützt auf einen Grund von Gold;
sein Antlitz - wie der Libanon,
auserlesen, gleich den Cedern;

16. seine Kehle - Lieblichkeit;
sein ganzes Wesen - süß' Verlangen!
Der ist mein Freund,
der mein Geliebter,
ihr Töchter von Jerusalem!
 

Töchter von Jerusalem

VI. 1. Wo wandelt denn dein Freund,
o du der Frauen Schönste?
Wo hat sich hingewandt dein Freund,
daß wir ihn mit dir suchen?
 

Das Mädchen

2. Mein Freund - er stieg hinab in seinen Garten,
zu den Balsambeeten,
zu weiden in den Gärten
und Lilien zu pflücken. -

3. Ich meinem Freund
und mein Freund mir,
der unter Lilien weidet.
 

Salomo

4. Schön bist du, meine Freundin,
Thirza gleich,
lieblich, wie Jerusalem,
furchtbar wie Heeresspitzen.

5. Wend' deine Augen weg von mir:
denn sie erschrecken mich!
Dein Haar gleicht einer Heerde Ziegen,
die vom Berge Gilead herab sich lagern.

6. Deine Zähne sind wie eine Heerde Schaafe,
die aus der Wäsche kommen -
alle Zwillinge gebärend,
und keines unter ihnen kinderlos.

7. Gleich des Granatapfels Hälfte deine Wange
zwischen deinen Locken vor.

8. Sechzig sind Königinnen,
achtzig Beischläferinnen,
und Mädchen ohne Zahl,

9. doch eine nur ist meine Taube, meine Reine,
sie, ihrer Mutter einzig Liebste,
ihrer Mutter Auserwählte!
Es sahen sie die Töchter, und priesen sie,
die Königinnen und Beischläferinnen, und lobten sie.
 

Der Dichter

10. Wer ist die, die herabschaut wie die Morgenröthe,
schön, wie der Mond,
rein, wie die Sonne,
furchtbar, wie Heeresspitzen?
 

Das Mädchen

11. Zum Nußgarten hinab bin ich gestiegen,
mich zu ergötzen an des Baches Grün,
zu schauen, ob der Weinstock Knospen,
ob Blüthen die Granaten treiben.

12. Vergessen hab' ich, daß ich mich erhoben
zum Wagen meines edlen Volks!
 

Salomo

VII. 1. Kehre wieder,
kehre wieder,
Sulamit!
Kehre wieder,
kehre wieder,
daß wir dich schauen! -
Wie schauet ihr nach Sulamit,
wie nach dem Reigen zweier Heere!

2. Wie schön sind deine Tritte in den Sohlen,
edle Tochter!
Die Wölbung deiner Hüften gleicht dem Halsgeschmeide,
verfertigt von des Künstlers Hand;

3. dein Schooß - ein runder Becher,
dem nie der Mischwein fehlt;
dein Leib - ein Weizenhaufen,
mit Lilien umsteckt;

4. deine beiden Brüste - wie ein junges Zwillingspaar von der Gaselle;

5. dein Hals - gleich einem Thurm von Elfenbein;
deine Augen - Hesbons Teiche am Thore Bat Rabbim;
deine Nase - gleich dem Thurm des Libanon,
der nach Damaskus schaut;

6. dein Haupt auf dir - dem Karmel gleich,
der Haarschmuck deines Haupts - dem königlichen Purpur gleich,
in Ringeln festgebunden.

7. Wie schön und lieblich bist du nicht,
o Liebe in der Lust! -

8. Sieh! dein Wuchs gleicht einer Palme
und deine Brüste Trauben.

9. Ich dachte: steigen möcht' ich auf die Palme,
ergreifen ihre Zweige!
O möchten deine Brüste doch des Weinstocks Trauben gleichen,
und deines Angesichtes Wohlduft Äpfeln!

10. Dein Gaumen - möchte er mir seyn, wie guter Wein,
der meinem Lieben angenehm hinuntergleitet,
sanft fließend über der Schlummernden Lippen!
 

Das Mädchen

11. Ich meinem Freund'
und zu mir steht sein Sehnen.

12. O komm, mein Freund,
wir wollen gehen auf das Feld,
wir wollen übernachten auf den Dörfern!

13. wir wollen früh aufbrechen nach den Weingebirgen,
wir wollen sehen, ob der Weinstock sprosset,
ob sich die Blüthe öffnet, die Granaten blühen.
Da will ich dir ganz meine Liebe weih'n.

14. Die Liebesäpfel duften
und an unsren Thüren
kostbare Früchte aller Art,
neue und alte, mein Freund, bewahr' ich dir.

VIII. 1 O daß du mir wie Bruder wärest,
der an meiner Mutter Brust getrunken!
Fänd' ich dann auf der Straße dich,
dürft' ich dich küssen und man verachtete mich nicht,

2. Führen, bringen könnt' ich dich in meiner Mutter Haus:
da solltest du mich unterrichten,
ich aber wollte dich mit Würzwein,
mit dem Moste der Granaten tränken! -

3. Wär' seine Linke unter meinem Haupt
und seine Rechte herzte mich!

4. "Ich beschwöre Euch, ihr Töchter von Jerusalem,
weckt die Geliebte nicht,
regt sie nicht auf,
bis es ihr selbst gefällt."
 

Der Dichter

5. Wer ist die, die heraufsteigt aus der Trift,
gelehnt an ihren Freund?
 

Das Mädchen

Unter diesem Apfelbaum weckt' ich dich auf,
da empfand die Wehen deine Mutter.

6. Leg mich wie einen Siegelring an deine Brust,
wie einen Siegelring an deinen Arm!
 

Der Dichter

Ja! stark dem Tode gleich ist die Liebe,
Fest wie das Todtenreich - ihr Eifer!
Ihre Flammen - Feuerflammen!
Feuergluth des Herrn!

7. Viele Wasser können nicht die Liebe löschen,
Ströme können sie nicht überfluthen.
Und wollt' ein Mann auch alle Habe seines Hauses
um die Liebe geben -
Spott und Verhöhnung würde ihm!
-
 

Anhang

Die altklugen Brüder und die spöttisch-naive Schwester,
oder
Jeder hüthe sein Eigenthum selbst.

Der eine Bruder

VIII. 8. Wir haben eine kleine Schwester,
der noch die Brüste fehlen.
Was machen wir mit unsrer Schwester,
am Tage, wo man um sie wirbt?
 

Der andere Bruder

9. Wenn sie eine Mauer wäre,
würden wir ein silbern Bollwerk auf sie bauen,
und wär' sie eine Thür,
würden wir sie durch ein Thor von Cedernholz verschließen.
 

Die Schwester

10. Ich selbst bin eine Mauer,
und meine Brüste sind wie Thürme.
Dann bin ich in den Augen des Bestürmers
wie eine, die da Frieden findet.

11. - Einen Weinberg hatte Salomo zu Baal-Hamon.
Er übergab den Weinberg Wächtern,
deren jeder ihm für seine Frucht tausend Silberlinge bringen sollte.

12. Mein Weinberg liegt vor meinen eignen Augen:
die tausend waren dir zwar, Salomo,
zweihundert aber waren den Hüthern seiner Frucht.

 

Der verunglückte Besuch auf dem Lande

Ein Fragment

13. O du, die du wohnst in den Gärten,
Freunde lauschen deiner Stimme,
laß sie mich hören!

14. Flieh, o mein Freund, gleich der Gaselle
oder dem Jungen der Hirsche,
über die Balsamgebirge.


Aus: Lied der Liebe
das älteste und schönste aus dem Morgenlande
Übersetzt und ästhetisch erklärt von
Friedrich Wilhelm Carl Umbreit
Zweite verbesserte und vermehrte Ausgabe
Heidelberg in der akademischen Buchhandlung
von J. C. B. Mohr 1828


 

 

 

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