Das Hohe Lied Salomos

In der Übertragung von Vincenz Zapletal (1867-1938)

 



Das Lied der Lieder, von Salomo



Erstes Kapitel


2. (Küsse) mich mit den Küssen (deines) Mundes,
Denn lieblicher als Wein sind deine Liebkosungen.

3. Der Duft deiner Salben ist angenehm,
Aus umgegossenem Öl sind deine (Wohlgerüche).
[Darum haben dich die Jungfrauen lieb.]

4. Zieh mich dir nach, o laß uns eilen!
Führe mich, o König, in (dein) Gemach!
Wir wollen drinnen jubeln und uns freuen,
Wollen uns mehr an deiner Liebe als an Wein (berauschen).
[Mit Recht lieben sie dich.]

5. Schwarz bin ich, aber doch lieblich,
Ihr Töchter Jerusalems,
Wie die Zelte Kedars (bin ich),
Wie die Zeltdecken der Salmäer.

6. Mustert mich nicht, weil ich schwärzlich bin,
Denn die Sonne hat mich verbrannt:
Die Söhne meiner Mutter zürnten auf mich, sie bestellten mich
Zur Hüterin der Weinberge.
[Meinen eigene Weinberg habe ich nicht gehütet.]

7. O sage mir doch, du, den meine Seele liebt:
Wo weidest du?
[Wo lagerst du am Mittag?]
Damit ich nicht sei wie eine Umherirrende
Bei den Herden deiner Genossen.

8. Wenn du es nicht weißt, du Schöne [unter den Frauen],
Folge nur den Spuren der Herde nach
Und weide deine Zicklein
Bei den Hirtenhütten.

9. Den Stuten an Pharaos Wagen
Gleichst du, meine Freundin.

10. (Wie) schön sind deine Wangen in dem Schmuck,
Dein Hals in den Perlen!

11. Gehänge von Gold will ich dir machen
Mit silbernen Kügelchen.

12. Während der König bei mir ist,
Gibt meine Narde ihren Duft.

13. Das Myrrhenbündel ist mir mein Geliebter,
Das zwischen meinen Brüsten ruht,

14. Die Cyprustraube ist mir mein Geliebter,
In den Weinbergen von Engadi.

15. Wie schön bist du, meine Freundin, [wie schön bist du,]
Deine Augen sind wie Tauben.

16. Wie schön bist du [mein Geliebter], ja holdselig.
[Ja] Unser Lager ist grün,

17. Die Balken (unseres Hauses) sind Cedern,
Unsere Wände Cypressen.
 


Zweites Kapitel


1. Eine Krokusblume der Ebene (bist du),
Eine Lilie der Täler;

2. Wie eine Lilie unter Disteln,
So ist meine Freundin unter den Mädchen.

3. Wie ein Apfelbaum unter des Waldes Bäumen,
So ist mein Geliebter unter den Jünglingen;
Nach seinem Schatten sehne ich mich [und sitze ich], und seine Frucht
Ist meinem Gaumen süß.

4. (Führet) mich ins Weinhaus,
Richtet über mir das Panier der Liebe auf,
Stärkt mich mit Traubenkuchen,
Labet mich mit Äpfeln.

Denn krank vor Liebe bin ich.
. . . . .

6. Seine Linke (sei) unter meinem Haupte,
Und seine Rechte herze mich!

7. Ich beschwöre euch, ihr Töchter [Jerusalems]
Bei den Gazellen (und) bei den Hindinnen [der Flur]
O wecket nicht und stört nicht auf
Die Liebe, bis ihr's gefällt!

8. Horch! Mein Geliebter, -
Siehe, da kommt er,
Springt über die Berge,
Hüpft über die Hügel!

9. Es gleicht mein Geliebter
Einer Gazelle oder einem jungen Hirsche:
Siehe, da steht er schon
Hinter unserer Mauer.

Er späht durch das Fenster,
Blickt durch das Gitter;

10. Es hebt an, mein Geliebter,
Und spricht zu mir:

Mach dich auf,
Meine Freundin, meine Schöne,
Komme doch,
(Meine Taube, meine Reine!)

11. "Denn siehe, der Winter ist vorüber,
Der Regen vorbei [vergangen],

12. Die Blumen zeigen sich im Lande,
Die Zeit zum Beschneiden des Weinstocks ist gekommen.
Die Stimme der Turteltaube läßt sich hören
Die Blüten (erschienen) in unserm Land,

13. Der Feigenbaum treibt seine Frühfrüchte,
Und die Reben [in Blüte] verbreiten ihren Duft."

Mache dich auf,
Meine Freundin, meine Schöne,
Komme doch,

14. Meine Taube, (meine Reine)!

In den Felsenklüften,
Im Versteck der Felsenwand
Laß mich doch deinen Anblick genießen,
Laß mich deine Stimme hören!

Denn deine Stimme ist süß,
Und dein Anblick lieblich,
(Meine Schwester, meine Freundin,
Meine Taube, meine Reine!)

15. Fangt uns Füchse
Kleine Füchse,
Die Weinberge verderben,
Da unsere Weinberge (gerade) in Blüte sind.

16. Mein Geliebter ist mein und ich bin sein,
Der da weidet unter den Lilien,

17. Bis der Tag weht,
Und die Schatten fliehen.

Bleibe, mach dich gleich,
Mein Geliebter, der Gazelle
Oder dem Jungen der Hirsche
Auf zerklüfteten Bergen.
 


Drittes Kapitel


1. Auf meinem Lager in den Nächten suchte ich,
Den meine Seele liebt [ich suchte ihn und] fand ihn nicht.

2. So will ich aufstehen und die Stadt durchstreifen,
Auf den Straßen und Märkten will ich suchen.
[Den meine Seele liebt;
Ich suchte ihn und fand ihn nicht.]

3. Es fanden mich [die Wächter], die die Stadt durchstreifen.
"Den meine Seele liebt, habt ihr ihn gesehen?"

4. Kaum daß ich an ihnen vorüber war,
Da fand ich ihn, den meine Seele liebt.

. . . . . . . . . .
Ich faßte ihn und ließ ihn nicht los,
Bis ich ihn brachte in meiner Mutter Haus,
Und in die Kammer derjenigen, die mich empfangen hat.

5. Ich beschwöre euch, ihr Töchter [Jerusalems],
Bei den Gazellen und bei den Hindinnen der Flur:
O wecket nicht und stört nicht auf
Die Liebe, bis ihr's gefällt.

6. Wer ist das, was da heraufsteigt von der Trift her
Wie eine Rauchwolke,
Umduftet von Myrrhe und Weihrauch,
Von allerlei Würzestaub des Krämers?

7. Siehe, es ist die Sänfte des (Königs,
Des Königs Salomo.)
Sechzig Helden sind rings um sie,
Von den Helden Israels.

8. Sie alle sind schwertbewaffnet,
Kriegsgeübt;
Jeder mit dem Schwert an der Hüfte
Ob dem Grauen in den Nächten.

9. Einen Thronsessel hat sich gemacht
Der König Salomo
Vom Holze des Libanon.

10. Seine Säulen macht er silbern,
Seine Lehne golden,
Seinen Sitz von Purpur.
[Seine Mitte ausgelegt.
Geliebte über alle Töchter Jerusalems.]

11. Kommt heraus und schaut an,
Ihr Töchter Sions,
Den König Salomo
Mit der Krone, mit der ihn gekrönt hat
Seine Mutter am Tage seiner Hochzeit,
Am Tage seiner Herzensfreude.
 


Viertes Kapitel


1. Ja, du bist schön, meine Freundin,
[Ja, du bist schön,]
Deine Augen sind wie Tauben
[Hinter deinem Schleier hervor].
Dein Haar gleicht der Ziegenherde,
Die von Gilead herabwallt.

2. Deine Zähne sind wie eine Herde frisch geschorener Schafe,
Die aus der Schwemme steigen,
Die allesamt Zwillinge tragen,
Und deren keines unfruchtbar.

3. Wie ein Scharlachfaden sind deine Lippen,
Und dein Mund ist lieblich;
Wie ein Granatapfelriß ist deine Schläfe
Hinter deinem Schleier hervor.

4. Wie der Turm Davids ist dein Hals,
Gebaut zur Abwehr;
Tausend Schilde hangen daran,
Alle Tartschen der Helden.

5. Deine [zwei] Brüste gleichen zwei Jungen,
Zwillingen einer Gazelle;
[Die in den Lilien weiden.

6. Bis der Tag weht,
Und die Schatten fliehen,
Will ich zum Myrrhenberge gehen
Und zum Weihrauchhügel.]

7. Ganz schön bist du, meine Freundin,
Und kein Makel ist an dir.

8. Mit mir zum Libanon, o Braut,
Mit mir zum Libanon komm,
Ziehe (mit mir) zum Gipfel des Amana,
Zum Gipfel des Senir und Hermon,
Zu den Behausungen der Löwen,
Zu den Bergen der Panther.

9. Du hast mich bezaubert, meine Schwester [Braut],
Mit einem (Blick) deiner Augen,
Mit einer Kette
Deines Halses.

10. Wie schön sind deine Liebkosungen,
Meine Schwester, Braut,
Wie süß sind deine Liebkosungen,
Mehr denn Wein . . . . .

[Und] Der Duft deiner Salben
Ist über alle Wohlgerüche.

11. Honigseim träufeln
Deine Lippen, Braut.

Honig und Milch ist
Unter deiner Zunge,
Und der Duft deiner Kleider
Ist wie der Duft des Libanon.

12. Ein verschlossener Garten bist du,
Meine Schwester, Braut,
Ein verschlossener (Garten),
Ein versiegelter Quell.

13. Deine Schößlinge sind ein Paradies [von Granaten]
Mit köstlichen Früchten,
Cyprusblume und (Granaten)
Samt [Narden]

14. Narde und Saffran;
Gewürzrohr und Zimmt
Samt allerlei Weihrauchgehölzen,
Myrrhe und Aloe
Samt allen besten Balsamen.

15. Ein Quell der Gärten
(Bist du, meine Schwester, Braut),
Ein Bronn lebendigen Wassers
Und vom Libanon rinnende (Bäche).

16. Erwache, Nordwind,
Und komm, Südwind,
Durchwehe meinen Garten,
Damit seine Balsamdüfte strömen.

Es komme mein Geliebter in seinen Garten
Und genieße seine köstlichen Früchte.
 


Fünftes Kapitel


1. Ich komme in meinen Garten, meine Schwester [Braut],
Ich pflücke meine Myrrhe samt meinem Balsam,
Ich esse meine Wabe samt meinem Honig,
Ich trinke meinen Wein samt meiner Milch.

Esset, Freunde, (und) trinket
Und berauschet euch, Geliebte!

2. Ich schlief, doch mein Herz war wach.
Horch! mein Geliebter!
(Mein Geliebter) klopft (an der Tür)
. . . . . . . .

"Tue mir auf, meine Schwester, meine Freundin,
Meine Taube, meine Reine;
Denn mein Haupt ist voll von Tau,
Meine Locken von Tropfen der Nacht".

3. Ich habe mein Kleid ausgezogen,
Wie sollte ich es (wieder) anziehen?
Ich habe meine Füsse gewaschen,
Wie sollte ich sie (wieder) beschmutzen?

4. Mein Geliebter streckte seine Hand
Durch die Luke (in der Tür)
Da wallte mein Inneres in mir auf,
6c. Meine Seele entwich wegen seiner Rede.

5a. Ich stand auf, um aufzutun [meinem Geliebten]
d. (Und faßte) die Griffe des Riegels;
b. Da troffen meine Hände von . . . . . Myrrhe,
Und meine Finger von überfließender Myrrhe.

6. Ich tat meinem Geliebten auf,
Doch mein Geliebter war verschwunden [entwichen];
Ich suchte ihn, aber ich fand ihn nicht,
Ich rief ihn, aber er gab mir keine Antwort.

7. Es fanden mich [die Wächter], die die Stadt durchstreifen,
Sie schlugen mich, verwundeten mich,
Sie nahmen meinen Überwurf mir weg,
Die Wächter der Mauern.

8. Ich beschwöre euch, ihr Töchter [Jerusalems]:
Wenn ihr meinen Geliebten findet,
Was wollt ihr ihm melden?
Daß ich vor Liebe krank bin!

9. "Was ist dein Liebster vor einem (andern) Geliebten,
Du schönste unter den Frauen?
Was ist dein Liebster vor einem (andern) Geliebten,
Daß du uns so beschwörst?"

10. "Mein Geliebter ist blendendweiß und rot,
Hervorragend aus Zehntausend;

11. [Sein Haupt ist das feinste Gold]
Seine Locken sind Palmenrispen,
Schwarz wie der Rabe.

12. Seine Augen sind wie Tauben
An Wasserbächen,
In Milch sich badend,
An der Fülle sitzend.

13. Seine Wangen sind wie Beete [von Balsam],
Welche Gewürzkräuter sprossen lassen;
Seine Lippen sind Lilien,
Träufelnd überfließende Myrrhe.

14. Seine Hände sind goldene Walzen,
Besetzt mit Tarsisstein,
Sein Leib ist eine Platte von Elfenbein,
Bedeckt mit Saphiren.

15. Seine Beine sind Marmorsäulen,
Gestellt auf Füße von Feingold;
Seine Gestalt ist wie der Libanon,
Auserlesen wie der Cedern.

16. Sein Gaumen ist Süßigkeit,
Und er ganz Lieblichkeit.
Das ist mein Geliebter und das mein Freund,
Ihr Töchter Jerusalems".

 

Sechstes Kapitel


1. "Wohin ist dein Geliebter gegangen,
Du schönste unter den Frauen?
Wohin hat sich dein Geliebter gewandt,
Daß wir ihn mit dir suchen"?

2. "Mein Geliebter ist hinab in seinen Garten gegangen,
Zu den Balsambeeten,
Zu weiden in . . . . . .
Und Lilien zu pflücken.

3. Ich gehöre meinem Geliebten und mein Geliebter ist mein,
Der in den Lilien weidet".

4. Schön bist du, meine Freundin, wie Tirsa,
Lieblich wie Jerusalem;
. . . . . . . . .
Furchtbar wie Bannerscharen.

5. Wende deine Augen von mir ab,
Denn sie erschrecken mich.
Dein Haar gleicht der Ziegenherde,
Die von Gilead herabwallt.

6. Deine Zähne sind wie eine Herde von Mutterschafen,
Die aus der Schwemme steigen,
Die allesamt Zwillinge tragen
Und deren keines unfruchtbar.

(Wie ein Scharlachfaden sind deine Lippen,
Und dein Mund ist lieblich;)

7. Wie ein Granatapfelriß ist deine Schläfe
Hinter dem Schleier hervor.

8. Sechzig sind es der Königinnen
Und achtzig der Nebenfrauen
Und Jungfrauen ohne Zahl.

9. Eine nur ist meine Taube, meine Reine,
Einzig ist sie ihrer Mutter,
Auserlesen ihrer Gebärerin.
Es sahen sie die Töchter,
Es lobten sie die Königinnen,
Es rühmten sie die Nebenfrauen.

10. Wer ist es, die da herabblickt wie die Morgenröte,
Schön wie der Mond,
Rein wie die Sonne . . . . .
Furchtbar wie Bannerscharen?

11. Zum Nußgarten will ich hinabgehen,
Um mich zu erfreuen an den Blüten des Tals,
Zu sehen, ob der Weinstock sproßt,
Ob die Granaten blühen.

12. Ich merkte es selbst nicht;
Du hast mich des Verstandes beraubt,
Tochter des edeln Geschlechtes!

 

Siebentes Kapitel


1. Drehe dich, drehe dich, Sulamit,
Drehe dich, [drehe dich,] daß wir dich anschauen!
Was wollt ihr schauen an Sulamit
Als den Kriegstanz?

2. Wie schön sind deine Schritte
In den Schuhen, du Tochter eines Edlen!
Die Wendungen deiner Hüften sind wie Halsgeschmeide,
Das Werk von Künstlerhänden.

3. Dein Schoß ist ein kostbares Becken,
Möge ihm der Mischwein nicht mangeln!
Dein Bauch ist ein Weizenhaufen,
Mit Lilien umzäunt.

4. Deine [zwei] Brüste sind wie zwei Junge,
Zwillinge einer Gazelle.

5. Dein Hals ist wie ein Elfenbeinturm,
. . . . . . . . . .
Deine Augen (sind wie) Teiche in Hesbon,
Am Tore Bath-Rabbim;
Deine Nase (ist) wie der Libanonturm,
Der gen Damaskus schaut.

6. Dein Haupt auf dir ist wie der Karmel,
Und deines Hauptes Fäden sind Purpur;
Ein König (ist) gefesselt durch die Locken,
. . . . . . . . . .

7. Wie schön und wie lieblich bist du,
O Geliebte, (Tochter) der Wonnen!

8. [Dieser] Dein Wuchs gleicht der Palme,
Und deine Brüste den Trauben.

9. Ich denke: Die Palme will ich ersteigen,
Ihre Dattelrispen erfassen.

Möchten doch meine Brüste sein
Wie Trauben der Rebe,
Und der Hauch meiner Nase wie Äpfel,

10. Und mein Gaumen wie [guter] Wein,
Der meinem Geliebten glatt hinunterfließt,
Gleitend über seine Lippen und Zähne.

11. Ich gehöre meinem Geliebten,
Und nach mir ist sein Verlangen.

12. Komm, mein Geliebter,
Laß uns hinausgehn aufs Feld.
Unter den Cyprusblumen weilen,

13. Früh aufbrechen zu den Weinbergen.

. . . . . .  Wir wollen sehen,
Ob die Rebe sproßt,
Die Blüte sich öffnet,
Die Granaten blühen.

Dort will ich dir schenken
Meine Liebe.

14. Die Liebesäpfel verbreiten Duft,
Und an unseren Türen sind allerlei köstliche Früchte;
Frische, auch alte
Habe ich dir, mein Geliebter, aufbewahrt.

 

Achtes Kapitel


1. O wärst du mir [wie] ein Bruder,
Der meiner Mutter Brüste sog,
Daß ich, träfe ich dich draußen, dich küssen könnte,
Ohne daß die Leute mich verachteten.

2. Ich führte dich, ich brächte dich in meiner Mutter Haus,
(In die Kammer derer, die mich empfangen);
Ich tränkte dich mit Würzwein,
Mit [meinem] Granatmost.

3. Seine Linke (sei) unter meinem Haupte,
Und seine Rechte herze mich.

4. Ich beschwöre euch, ihr Töchter [Jerusalems],
. . . . . . . . . . . . .
O beunruhigt nicht und stört nicht auf
Die Liebe, bis ihr's gefällt.

5. Wer ist es, die dort heraufsteigt von der Trift her,
Gestützt auf ihren Geliebten?

Unter dem Apfelbaum habe ich dich "geweckt";
. . . . . . . . . . .
Dort wurdest du "verdorben" wie deine Mutter,
Dort wurde "verdorben", die dich zur Welt gebracht.

6. Lege mich wie einen Siegelring an dein Herz,
Wie einen Siegelring an deinen Arm;
Denn stark wie der Tod ist die Liebe,
Gewaltig wie die Unterwelt.

Die Leidenschaft (der Liebe) - ihre Glut ist Feuergluten,
Eine Flamme Jahs;

7. Viele Wasser vermögen nicht
Die Liebe auszulöschen
[Und Ströme überfluten sie nicht] .

Wenn jemand hingeben würde allen Reichtum seines Herzens
für die Liebe, man würde ihn verachten.

8. Wir haben eine kleine Schwester,
Noch ohne Brüste;
Was machen wir mit unserer Schwester
Am Tage, wo man um sie  freit?

9. Ist sie eine Mauer, so bauen wir
Gegen sie einen silbernen Zaun,
Ist sie aber eine Tür, so berennen wir sie
Mit einem Rammbock aus Cedernholz.

10. Ich bin eine Mauer
Und meine Brüste sind [wie] Türme;
Da ward ich in seinen Augen
Wie eine, die Übergabe "herausträgt".

11. Einen Weinberg hatte Salomo
In Ba'al Hamon;
Er übergab den Weinberg den Hütern
[Ein jeder sollte für seine Frucht geben]
(Für) Tausend Silberlinge.

12. Mein Weinberg, der meine, ist vor mir,
Die Tausend (lasse ich) [dir], Salomo,
Und zweihundert (Silberlinge)
Den Hütern seiner Frucht.

13. Die du in den Gärten wohnst,
Freunde horchen,
Laß mich deine Stimme hören.

14. "Fliehe", mein Geliebter,
Und gleiche der Gazelle
Oder dem jungen Hirsch
Auf den Balsambergen.


Aus: Das Hohelied
Kritisch und metrisch untersucht
von Vincenz Zapletal O. P.
Freiburg (Schweiz)
Universitäts-Buchhandlung (O. Gschwend)
1907




 

 

 

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