Das Liebes-Poetische Manuskript N° 41

Das Süße in der Liebe

in Gedichten deutscher Dichterinnen
 

Mondstrahlen zittern in den Wellen,
So wie mein Herz, wenn ich dich kommen sehe,
Denn wie der Morgen süß ist deine Nähe,
Nach schwerem Traum.


Carmen Sylva (1843-1916)    

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Das ganze Gedicht:


Mondstrahlen zittern in den Wellen,
So wie mein Herz, wenn ich dich kommen sehe,
Denn wie der Morgen süß ist deine Nähe,
Nach schwerem Traum. Nach hast'gem, hellem,

Mühvollem Tag die Nacht. Voll Kränken
Erzittern so die Strahlen, weil sie zagen,
Die Wogen werden sie von hinnen tragen,
Die Wasser werden sie ertränken.

Komm' mit zum Strand, den Mond zu bitten,
So ängstlich nicht zu sein. Soll ich in Scherzen
Geschichten ihm erzählen uns'rer Herzen,
Dein Haar ihm zeigen, golddurchglitten?

Du hast die Mutter nie gesehen,
An deren Busen gern ich weinend schliefe,
Phtais, und zu der ich schmerzvoll riefe:
Was ließt du ohne Schiff mich gehen?

Zum Meere trüge mich die Jolle,
Der Ocean wär' mir die tiefe Schale,
In die mein Herz ich ungezählte Male
Seufzend geleert, das übervolle.

Sie hätte gut das weiße Haus verstanden,
Das Häuschen in Olivensatten
Wie Milch, zu klein den großen, satten,
Von dir erfüllten Herzenslanden.

aus: Meerlieder von Carmen Sylva
Bonn 1891

 


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