Das Liebes-Poetische Manuskript N° 46


O süße Liebe ...

Spanische Dichter des 16. - 19. Jh.s - Frauen-Porträts
 


 Henrietta Rae (1859-1928)
 Lied auf den Morgen


Jose de Espronceda
(1808-1842)


Der Fischer


Komm, holdes Fischermädchen,
Komm ans Gestad hernieder
Und höre meine Lieder
Der Liebe freundlich an;
Dein Fischer sitzt im Nachen
Und singt dir seine Schmerzen,
Er liebt dich so von Herzen,
Daß kaum er's sagen kann.

Die Nacht umhüllt den Himmel,
Der Wind ist fortgeflogen,
Auch hat das Meer die Wogen
Zur Ruhe schon gebracht;
Komm, Liebe, Süße, Holde,
Und lindre meine Qualen,
Vor deiner Anmut Strahlen
Wird weichen bald die Nacht.

Zu zweien nur, geschieden
Vom lauten Fischerschwarme,
Will ich in deinem Arme
Mich, Liebchen, dein erfreun;
Und will von deinen Lippen,
Die Nelken gleich und Rosen,
Den süßen Honig kosen,
Den sie mir duftend streun.

Dann fahren wir selbander
Ins Meer hinaus und singen
Zum Klang der Windesschwingen,
Allein von Gott gesehn;
Ich locke bunter Fischlein
Soviel du magst verlangen,
Die thöricht, reizbefangen
Dir all zu Netze gehn.

Aus Muscheln und Korallen
Werd' ich ein Kränzlein binden
Und dir das helle winden
Ins dunkle Lockenhaar,
Und unter tausend Schwüren
Gelobend ew'ge Treue,
Bring' ich dir, Lieb, aufs neue
Mein Herz zum Pfande dar.

Ob wild der Sturm auch wüte
Und hoch die Wellen fliegen,
Wird doch ihr Groll sich schmiegen
Vor deiner Schönheit Strahl;
Als Königin der Meere
Wird huldigend mit süßen
Gesängen dich begrüßen
Der Nymphen Schwarm zumal.

Du meines Glückes Krone,
O Liebchen, säume nimmer!
Schon blinkt mit goldnem Schimmer
Das Mondlicht auf der Flut,
Und sanfte Wellen hebet
Der Lüfte mildes Beben -
Komm, komm, mein süßes Leben,
Ach, mich verzehrt die Glut!

übersetzt von Otto Braun (1824-1900)



 

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Gedicht aus: Aus allerlei Tonarten von Otto Braun
Zweite vermehrte Auflage Stuttgart 1898 (S. 20-22)


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