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      Friedrich Konrad 
      Müller von der Werra  
      (1823-1881) 
       
       
      Inhaltsverzeichnis der Gedichte: 
  
        - 
      
      
      Horcht, die Versperglocken 
      schallen (Ave Maria)  
        - 
      
      
      Liebe durchbebt das Herz (Lied 
      der Liebe)  
        - 
      
      
      Leb' wohl mein Liebchen 
      (Scheidegruß)  
        - 
      
      
      Drüben an dem Horizont 
      (Abendlied)  
        - 
      
      
      Unter ist gegangen 
      (Dämmerungsgesang)  
        - 
      
      
      Schneeglöcklein läutet wieder 
      (Schneeglöckleins Trauergeläute)  
        - 
      
      
      Du bist mir hold erschienen 
      (Deingedenken)  
        - 
      
      
      Ich denke dein mit Milde 
      (Bitte)  
        - 
      
      
      Mich grüßte vor Zeiten ein 
      liebliches Bild (Das Mädchen vom Rhein)  
        - 
      
      
      Habe gestern Nachts im 
      Dunkeln (Am Morgen)  
        - 
      
      
      Mit deinen schwarzbraunen 
      Augen (Die schwarzbraunen Augen)  
        - 
      
      
      Keine Stund' ist je vergangen 
      (Ich liebe dich!)  
        - 
      
      
      Es ist ein süßes Wähnen (Mein 
      Verlangen)  
        - 
      
      
      Im weißen Kreuz da kehr' ich 
      ein (Im weißen Kreuz)  
        - 
      
      
      Zu Pfingsten vor drei Jahren 
      (Untreue)  
        - 
      
      
      Nun laßt uns wieder singen 
      (Der erste Liebeskuß)  
        - 
      
      
      Du schönes Aug' so wundermild 
      (Du schönes Aug'!)  
        - 
      
      
      Madonna, wunderholdes Bild 
      (Madonna)  
        - 
      
      
      Wenn linde Lüfte fächeln (Sei 
      still, mein Herz!)  
        - 
      
      
      Der Frühling bracht uns 
      Seligkeit (Die Eine!)  
        - 
      
      
      Vom Bergwald rauscht so 
      munter (Sehnsucht)  
        - 
      
      
      Du Jüngling hold mit frohem 
      Sinn (Des Mädchens Klage)  
        - 
      
      
      Im Wald, im Wald, im grünen 
      Wald (Im Wald)  
        - 
      
      
      Ich weiß es gar nicht zu 
      sagen (Schönkäthchen zu Noris)  
        - 
      
      
      Wenn ich die Glocke wäre 
      (Still vorüber!)  
        - 
      
      
      Ueberall bei Tag und Nacht 
      (Ueberall!)  
        - 
      
      
      Es rauschen die Bäume im 
      Walde (Halloh!)  
        - 
      
      
      Mein Herz, o sei nun 
      wohlgemuth (Vöglein und das Reh)  
        - 
      
      
      Sei willkommen liebe Sonne 
      (Lenzfrage)  
        - 
      
      
      Es klingen meine Lieder 
      (Liedergruß)  
        - 
      
      
      Nur du bist mein, und ewig 
      mein! (Nur du bist mein!)  
        - 
      
      
      Herz, freue dich des Lebens 
      (Aufmunterung)  
        - 
      
      
      Schöner Mai, dein Glück und 
      Glanz zerstiebet (Juniuslied)  
        - 
      
      
      Das Leiden will das Herze 
      (Sappho's Trauer)  
        - 
      
      
      Der Winter kann's nicht 
      länger wehren (Nur du!)  
        - 
      
      
      Schneeglöckchen läutet wieder 
      (Der Liebe Preis)  
        - 
      
      
      Ein Ringlein seh' ich blinken 
      (In der Frühsonne)  
        - 
      
      
      Wohl in der Stadt im 
      Steinweglein (Im Steinweglein)  
        - 
      
      
      Schätzchen, frag' mich nicht 
      (Dorfliedchen)  
        - 
      
      
      Trag' einen Kranz 
      (Kirmeßliedchen)  
        - 
      
      
      War hold und jung wie Röslein 
      zart (Am Brünnelein)  
        - 
      
      
      Wer recht in Frieden wandern 
      will (Wanderlied)  
        - 
      
      
      Der Frühling schmücket Wald 
      und Wiesen (Dahin!)  
        - 
      
      
      Wohl weint und klagt das arme 
      Herze (Trostlied)  
        - 
      
      
      Ach Gott, wie weh thut 
      Scheiden (Ach Gott, wie weh thut Scheiden!)  
        - 
      
      
      Die Abendglocke tönet ins 
      stille Thal hinein (Die letzte Fahrt)  
        - 
      
      
      Getrost, mein Sinn! (Getrost, 
      mein Sinn!)  
        - 
      
      
      Die Jugendzeit möcht ich 
      vergessen (Traumerinnerung)  
        - 
      
      
      Ach, wem ein recht Gedenken 
      blüht (Des Menschen Trost)  
        - 
      
      
      Gerne denk' ich jener Stunden 
      (Jugenderinnerung)  
        - 
      
      
      Das fernste Abendroth 
      verglüht (Abendlied)  
       
      
       
       
      
       
       
      Ave Maria 
      Heidelberg, 1847. 
      Tonsatz von R. Rittmeyer; Ed. Köllner 
       
      Horcht, die Versperglocken schallen, 
      Zur Kapelle wallt sie hin, 
      Und andächtig in den Hallen 
      Betet sie mit frommen Sinn: 
      Ave Maria! 
       
      Welche Anmuth, Hoheit, Liebe, 
      Strahlt aus ihrem Blick so mild, 
      Und ein Weh geheimer Triebe 
      Ueberschleicht mich bei dem Bild: 
      Ave Maria! 
       
      Bleib' mir frommes Angedenken, 
      Zauberhafte Lichtgestalt, 
      Sanftes Augenlidersenken, 
      Bis mein Grabgeläute schallt: 
      Ave Maria! (S. 199) 
      _____ 
       
      
       
       
      Lied der Liebe 
      Heidelberg, 1847. 
      Tonsatz von Andreas Zöllner 
       
      Liebe durchbebt das Herz 
      Leise mit bangem Schmerz, 
      Füllet die stille Brust 
      Wonnig mit Lust! 
      Wo sie nur immer weilt, 
      Selig die Freude theilt, 
      Dort ist um mich herum 
      Elysium! 
       
      Wenn dein Blick auf mir ruht, 
      Bin ich stets wohlgemuth, 
      Bin ich zur Fröhlichkeit 
      Immer bereit! 
      Ewig bei dir, bei dir, 
      Ist ja mein Wunsch nur hier; 
      Wie das Geschick auch sei, 
      Bleib' dir stets treu! 
       
      Sehnsucht und süße Qual 
      Durchzieht mich allzumal, 
      Bist du, mein treuer Stern, 
      Bist du mir fern! 
      Traurig ist mein Gemüth, 
      Wenn dich mein Aug' nicht sieht, 
      Wo du weilst ist mein Sinn, 
      Flieht nur dorthin! 
       
      Droben im Sternenkreis 
      Strahlt auch mein Lieben heiß, 
      Blicke nur himmelwärts, 
      Quält dich ein Schmerz! 
      Holde, verzage nicht, 
      Wann einst mein Auge bricht, 
      Drüben ist Wiedersehn, 
      Ach, wie so schön! 
      (S. 200-201) 
      _____ 
       
      
       
       
      Scheidegruß 
      Heidelberg, 1847. 
      Tonsatz von Schnyder von Wartensee 
       
      Leb' wohl mein Liebchen, 
      Da ich nun scheiden muß! 
      O winke freundlich 
      Mir zu noch süßen Gruß! 
      Lebe wohl, lebe wohl! 
      Noch einen Kuß! 
       
      Leb' wohl, mein Liebchen, 
      Dein denk' ich innig gern! 
      Sei drum nicht traurig, 
      Bin ich von dir auch fern! 
      Lebe wohl, lebe wohl! 
      Mein treuer Stern! 
       
      Leb' wohl, mein Liebchen, 
      Quält dich einst süße Pein, 
      Denk' ich bin ewig 
      Voll treuer Liebe dein! 
      Lebe wohl, lebe wohl! 
      Gedenke mein! 
       
      Leb' wohl, mein Liebchen, 
      Du Engelsangesicht! 
      Blühst mir im Herzen, 
      Bis mir das Auge bricht! 
      Lebe wohl, lebe wohl! 
      Vergiß mein nicht! 
      (S. 201-202) 
      _____ 
       
      
       
       
      Abendlied 
      Zürich, 1849. 
      Tonsatz von Moritz Nabich 
       
      Drüben an dem Horizont 
      Geht die Abendsonne scheiden 
      Und die Sterne und der Mond 
      Schimmern auf die Trauerweiden. 
       
      Wie im Lenz der stolze Schwan 
      Stille durch die Flut gezogen, 
      Treibt ein linder West den Kahn 
      Auf dem Weiher durch die Wogen. 
       
      Leise bebt das Schilf und Rohr, 
      Und ich möcht' mein Leid versenken, 
      Ach, im Herzen quillt hervor 
      Mir ein süßes Deingedenken! 
      (S. 203) 
      _____ 
       
      
       
       
      Dämmerungsgesang 
      Zürich, 1849. 
      Tonsatz von Theodor Eisfeld 
       
      Unter ist gegangen 
      Letzter Sonnenschein. 
      Still die Weiden hangen 
      In den Teich hinein. 
       
      Auf geheimen Pfade 
      Wandle ich daher, 
      Doch am Schilfgestade 
      Find' ich sie nicht mehr! 
       
      Ach! mein Herz erfüllet 
      Süß Erinnerung 
      Und den Hain umhüllet 
      Milde Dämmerung. 
       
      Meine Seele weinet, 
      Wär' bei ihr so gern! 
      Still! am Himmel scheinet 
      Noch manch' Hoffnungsstern! 
      (S. 204) 
      _____ 
       
      
       
       
      Schneeglöckleins Trauergeläute 
      Zürich, 1849. 
      Tonsatz von Franz Lachner; A. Zöllner 
       
      Schneeglöcklein läutet wieder, 
      Doch nicht wie's früher klang! 
      Und seine Frühlingslieder 
      Sind nur ein Trauersang. 
      Kling, klang, klung! 
      Was soll das doch bedeuten, 
      Schneeglöckleins traurig Läuten? 
      Kling, klang, klung! 
      Wie süß ist doch Erinnerung! 
       
      Schneeglöckleins Lenzverkünden 
      Macht traurig mein Gemüth! 
      In Auen, Waldesgründen 
      Für mich kein Frühling blüht. 
      Kling, klang, klung! 
      Was soll das doch bedeuten, 
      Schneeglöckleins traurig Läuten? 
      Kling, klang, klung! 
      Wie süß ist doch Erinnerung! 
       
      Schneeglöcklein, ach! dein Tönen 
      Klingt trauermild und hehr! 
      Die Schönste aller Schönen 
      Fand ja dein Gruß nicht mehr! 
      Kling, klang, klung! 
      Was soll das doch bedeuten, 
      Schneeglöckleins traurig Läuten? 
      Kling, klang, klung! 
      Wie süß ist doch Erinnerung! 
       
      Schneeglöcklein wirst auch sagen 
      Dem Lenz im süßen Lied, 
      Er soll mich nicht beklagen, 
      Wenn ich auch bald schon schied! 
      Kling, klang, klung! 
      Was soll das doch bedeuten, 
      Schneeglöckleins traurig Läuten? 
      Kling, klang, klung! 
      Wie süß ist doch Erinnerung! 
      (S. 205-206) 
      _____ 
       
      
       
       
      Deingedenken 
      Neuschatel, 1850. 
      Tonsatz von Ernst Mascheck 
       
      Du bist mir hold erschienen, 
      Als wie im Maientraum, 
      Der, erst dahin geschwunden, 
      Sich läßt vergessen kaum! 
       
      Du schwebst vor meiner Seele 
      Stets anmuthsvoll und mild, 
      So wie ein Herz mit Liebe 
      Erfüllt ein Gnadenbild! 
       
      Dir blüht ein Deingedenken 
      In mir zu aller Zeit, 
      Bis du ein Engel grüßen 
      Mich wirst in Ewigkeit! 
      (S. 207) 
      ____ 
       
      
       
       
      Bitte 
      St. Gallen, 1855. 
      Tonsatz von F. B. Hamma 
       
      Ich denke dein mit Milde, 
      Was tief mein Herz erwärmt! 
      Hab' mich mit deinem Bilde 
      Im Traum oft abgehärmt! 
       
      Hab' dir mein Herz erschlossen, 
      Weiß nicht, was deines spricht! 
      Und hat es dich verdrossen, 
      So zürn' mir länger nicht! 
       
      Träumst du von mir im Leben, 
      So träum' wie man vergibt, 
      Dann wirst du mir vergeben, 
      Daß ich dich je geliebt! 
      (S. 208) 
      _____ 
       
      
       
       
      Das Mädchen vom Rhein 
      Biel bei Bern, 
      1850 
       
      Mich grüßte vor Zeiten ein liebliches Bild, 
      Es zog mir vorüber holdselig und mild; 
      Da war mir's im Herzen gar wonnig zu Muth, 
      Doch sollten wir liebend uns näher nicht sein, 
      Ich weiß nur, die Schöne mit rosiger Gluth 
      Erblühte am Rhein! 
       
      Ich möchte wohl fröhlich sein, wie ich es war, 
      Und singen wie Lerchen so hell und so klar; 
      Doch weiß ich nicht, warum die Freude mir schied, 
      Jetzt blick' ich so ernst in das Leben hinein 
      Und denke, so oft ich beginne ein Lied, 
      Ans Mädchen vom Rhein! 
       
      Ich möchte vertrinken den inneren Gram 
      Die heimliche Wehmuth, so über mich kam! 
      Doch weiß ich schier selber nicht, wie es geschah, 
      Daß nimmer mir mundet der goldene Wein, 
      Seit wandern ins Weite verdüstert ich sah 
      Das Mädchen vom Rhein! 
       
      Was macht mich so traurig, was macht mich so trüb, 
      Das ist wohl das Heimweh, das ist wohl die Lieb'? 
      Ich kann's nicht ermessen und kann's nicht verstehn, 
      Es fühlt sich mein Herze auf Erden allein 
      Und denket, o könntest du wieder einst sehn 
      Das Mädchen vom Rhein! 
      (S. 209) 
      _____ 
       
      
       
       
      Am Morgen 
      Aarau, 1851. 
      Tonsatz von J. C. Lobe 
       
      Habe gestern Nachts im Dunkeln 
      In die Augen dir geschaut, 
      Sah zwei Sterne drinnen funkeln, 
      Denen ich mein Glück vertraut! 
      Um mich her ein leises Wehen, 
      Als ob es im Lenze früht, 
      Und ich mußt' mir still gestehen, 
      Daß mir eine Rose blüht! 
       
      Und ich habe dann geträumet 
      Wunderlieblich dies und das, 
      Wie der Liebe Becher schäumet 
      Wie so klinget Glas an Glas! 
      Und ich fühlte, daß es lenzet 
      Wieder neu mir im Gemüth, 
      Sah beim Wein, der mir kredenzet, 
      Daß mir eine Rose blüht! 
       
      Wie beim Sang der Frühlingschöre 
      Bin ich heitern Sinns erwacht, 
      Hab', ob ich mich wohl bethöre, 
      Froh des süßen Traums gedacht; 
      Und ich hab' es tief empfunden, 
      Wie das Herz so liebend glüht, 
      Denkend in den Morgenstunden, 
      Daß mir eine Rose blüht! 
       
      Und es treibt in meinem Innern 
      Etwas mir die Brust so weit, 
      Welch' ein liebliches Erinnern 
      Bringt mir diese Seligkeit! 
      Ueber Nacht ist mir's gekommen, 
      Daß es Lieder in mir sprüht, 
      Denn ich hab' es still vernommen, 
      Daß mir eine Rose blüht! 
      (S. 210-211) 
      _____ 
       
      
       
       
      Die schwarzbraunen Augen 
      Aarau, 1851. 
      Tonsatz von H. Sczadrowsky; A. Billeter; W. Popp 
       
      Mit deinen schwarzbraunen Augen 
      Hast du mir das Herze bewegt; 
      Ich weiß nicht, ist's Wehmuth, ist's Freude, 
      Was drinnen süßleise sich regt! 
       
      Für deine schwarzbraunen Augen 
      Gäb' Mancher die Güter wohl sein! 
      Doch läßt sich die Liebe nicht kaufen 
      Um Gold und Edelgestein! 
       
      Und deine schwarzbraunen Augen 
      Durchglühen gar wonnevoll mich, 
      Daß ewig im Liede ich werbe 
      Um dich, du Schöne, um dich! 
      (S. 211) 
      _____ 
       
      
       
       
      Ich liebe dich! 
      Richterswyl bei 
      Zürich, 1851. Tonsatz von W. Popp; G. Böttger 
       
      Keine Stund' ist je vergangen, 
      Wo ich deiner nicht gedacht! 
      Ach, es treibt mich ein Verlangen 
      Durch des Lebens düstre Nacht! 
      Doch es mahnet leise mich: 
      Süßes Herz, ich liebe dich! 
       
      Wenn ich dich, du meine Süße, 
      Unvermuthet wandeln seh! 
      Und dich dann im Stillen grüße, 
      Fühl' ich ein geheimes Weh! 
      Und es spricht so inniglich: 
      Süßes Herz, ich liebe dich! 
       
      Mag das Schicksal mich verschlagen 
      Ferne in die Welt hinein, 
      Wird mein Geist doch nicht verzagen, 
      Wird voll steter Hoffnung sein 
      Und mit Treue schmücken sich: 
      Süßes Herz, ich liebe dich! 
       
      Ewig will dein Lob ich singen, 
      Bis ich von dem Leben schied; 
      Zu den Engeln soll es dringen, 
      Was ich preis' im hohen Lied: 
      Nichts gibt's, was dir, Mädchen, glich: 
      Süßes Herz, ich liebe dich! 
      (S. 212) 
      _____ 
       
      
       
       
      Mein Verlangen 
      Richterswyl bei 
      Zürich, 1851. Tonsatz von Louis Spohr 
       
      Es ist ein süßes Wähnen 
      In Trauern und in Thränen. 
      Nach dir strebt voller Bangen, 
      Du Holde, mein Verlangen! 
      Du liebest mich, 
      Ich liebe dich, 
      Still hat's der Blick gestanden, 
      Als wir uns fanden. 
       
      Nah wären wir uns gerne, 
      Und doch sind wir uns ferne; 
      Ich such' dich oft vergebens, 
      Du Wonne meines Lebens! 
      Wärst du bei mir, 
      Wär' ich bei dir, 
      Das Herz wär' nicht betroffen 
      Von leerem Hoffen! 
       
      Ach, wärst du mir zur Seite, 
      Treu ständ ich zum Geleite; 
      Die Liebe will ja leben 
      In Lust und Leid ergeben! 
      O wärst du mein, 
      O wär' ich dein! 
      Dann würde all mein Leiden 
      Erblühn in Freuden! 
      (S. 213) 
      _____ 
       
      
       
       
      Im weißen Kreuz 
      Hütten bei 
      Zürich, 1851. Tonsatz von C. Kuntze 
       
      Im weißen Kreuz da kehr' ich ein, 
      Das hat wohl seinen Grund! 
      Schön Anna schenkt mir dort den Wein 
      Mit rosenrothem Mund. 
      Sie ist so wonnig, nett und flink 
      Und stets voll frohem Muth, 
      Behend dazu bei jedem Wink, 
      Das liebe junge Blut! 
       
      Der Wein von ihr, der mundet mir, 
      Als wär's ein Göttertrank! 
      Es hat gewundert oft mich schier, 
      Daß ich vom Stuhl nicht sank! 
      Sie hat der Augensterne zwei, 
      Wie sie kein Mensch gesehn, 
      Man möcht', wie vor der Loreley, 
      In Liebe untergehn! 
       
      Gar süß ist ihrer Stimme Klang, 
      Voll Zauber ist ihr Wort, 
      Das Jedem noch zum Herzen drang, 
      Der froh gezechet dort! 
      Drum zürnet mir so sehr doch nicht, 
      Komm' ich zu spät nach Haus; 
      Ich leiste ja so gern Verzicht 
      Auf euren Abendschmaus! 
       
      Ich fühl' mich im Elysium 
      Und trink in süßer Ruh'; 
      Dreh', gute Welt, dich nur herum, 
      Ich sing' mein Lied dazu: 
      Im weißen Kreuz da kehr' ich ein, 
      Das hat wohl seinen Grund! 
      Schön Anna schenkt mir dort den Wein 
      Mit rosenrothem Mund! 
      (S. 214-215) 
      _____ 
       
      
       
       
      Untreue 
      Richterswyl bei 
      Zürich, 1851. Tonsatz von G. Rabe 
       
      Zu Pfingsten vor drei Jahren 
      War ich, mein Schatz, bei dir! 
      Du wolltest treu bewahren 
      Mir, deine Liebe, mir! 
       
      Was jenesmal versprochen 
      Du mir mit Hand und Mund, 
      Das hat nach wenig Wochen 
      Gemacht das Herz mir wund! 
       
      Du ließest von der Treue, 
      Und von der Liebe mein, 
      Daß ich in bittrer Reue 
      Nun traurig steh' allein! 
       
      Drei Jahre sind vergangen, 
      Drei Jahr' gar ernst und schwer, - 
      Es glüht auf meinen Wangen 
      Das Jugendroth nicht mehr! 
      (S. 215-216) 
      _____ 
       
      
       
       
      Der erste Liebeskuß 
      Richterswyl bei 
      Zürich, 1851. Tonsatz von C. Kuntze 
       
      Nun laßt uns wieder singen 
      Ein neues Liebeslied! 
      Laßt hell die Gläser klingen, 
      Da uns die Sorge mied! 
      Vom Rebengrün umlaubet, 
      Denk' ich, welch' Hochgenuß, 
      Wenn insgeheim man raubet 
      Den ersten Liebeskuß. 
       
      Nichts Süßres kann es geben 
      Auf dieser weiten Welt, 
      Als wenn ein junges Leben 
      In Lieb' sich uns gesellt! 
      Wenn wir von Rosenlippen 
      In Wonneüberfluß 
      So ganz verstohlen nippen 
      Den ersten Liebeskuß. 
       
      Der goldne Wein, der mundet, 
      Uns dünkt im Traum dabei, 
      Daß just mehr abgerundet 
      Die Welt, die gute, sei! 
      Doch Süßres kann ich sagen, 
      Noch seligern Erguß, 
      Das ist, darf man ihn wagen, 
      Der erste Liebeskuß! 
       
      Da singen wir und singen 
      Ein altes Liebeslied! 
      Nichts kann uns wiederbringen 
      Den Frühling, der uns schied! 
      Es ist ein schmerzlich Müssen, 
      Was ich gestehn noch muß: 
      Noch einmal möcht' ich küssen 
      Den ersten Liebeskuß! 
      (S. 216-217) 
      _____ 
       
      
       
       
      Du schönes Aug'! 
      Ruti bei 
      Rapperswyl, 1853. Tonsatz von Ernst Mascheck 
       
      Du schönes Aug' so wundermild, 
      Wie lieb' ich dich so sehr! 
      Auf Erden gibt's kein schönres Bild, 
      Kein süßres Lächeln mehr! 
       
      Es fesselt mich dein Wonneblick, 
      So oft du bist mir nah; 
      Mir ward durch dich ein Liebesblick, 
      Weiß nicht, wie mir geschah! 
       
      Ich habe dich im Traum geküßt, 
      Von Liebe angefacht, 
      Und denk', da es verträumet ist, 
      O wär' ich nie erwacht! 
      (S. 218) 
      _____ 
       
      
       
       
      Madonna 
       
      Wald im Canton Zürich, 1853. Tonsatz von A. Billeter 
      
      
       
      Madonna, wunderholdes Bild, 
      So lieb und traut! 
      Wie hast du doch so frühlingsmild 
      In's Auge mir geschaut, 
      Daß mir es durch die Seele drang 
      Wehmüthig, wonniglich! 
      Mein Herz schlug da so hoffnungsbang, - 
      Madonna, ich begrüße dich! 
       
      Madonna, ach! wo zogst du hin, 
      Wer weiß wie weit! 
      Ach, ohne dich ist trüb mein Sinn, 
      Versenkt in tiefste Einsamkeit! 
      Du bist mir fern und doch nicht fern, 
      Ich träume dich um mich, 
      Du bist in dunkler Nacht mein Stern, 
      Madonna, ach! ich liebe dich! 
       
      Madonna, wunderholdes Bild, 
      Auf Wiedersehn! 
      Der Himmel sei dein Schutz und Schild, 
      Dies ist mein heißes Flehn! 
      Es ist ja deiner Liebe Macht, 
      Die süß mein Herz beschlich; 
      Leb' wohl, die treuste Liebe wacht, - 
      Madonna, Gott behüte dich! 
      (S. 219) 
      _____ 
       
      
       
       
      Sei still, mein Herz! 
      Zürich, 1863 
       
      Wenn linde Lüfte fächeln 
      Und hold die Blumen lächeln, 
      Dann gehen wir 
      Durch Wälder und durch Wiesen, 
      Die Wonne zu genießen; - 
      Sei still mein Herz, du bist bei ihr! 
       
      Wenn Abends spät im Dunkeln 
      Die Sternlein helle funkeln, 
      Dann sehen wir, 
      Zum Himmel oft mit Thränen, 
      Das Herz voll Weh und Sehnen; - 
      Sei still, mein Herz, du bist bei ihr! 
       
      Wenn ob vergangnen Tagen 
      Die Nachtigallen klagen, 
      Dann flehen wir: 
      Süßliebchen, laß dich küssen, 
      Eh' wir auch scheiden müssen; - 
      Sei still, mein Herz, du bist bei ihr! 
       
      Wenn wir voll Hochentzücken 
      In Liebchens Augen blicken, 
      Dann stehen wir 
      Von Lenz und Liebe trunken 
      In Thränen tief versunken; - 
      Sei still, mein Herz, du bist bei ihr! 
      (S. 220) 
      _____ 
       
      
       
       
      Die Eine! 
      St. Gallen, 1853. 
      Tonsatz von H. Sczadrowsky 
       
      Der Frühling bracht uns Seligkeit, 
      Nun möcht' ich gern die goldne Zeit 
      Verkosen! 
      Es glühn und sprühn in bunter Art, 
      So wonnevoll und mild und zart 
      Die Rosen, ja Rosen! 
       
      Hervorgelockt vom Maienlicht 
      Erblüht auch das Vergißmeinnicht 
      Auf's Neue! 
      Es spricht sein wunderlieblich Blau, 
      Beperlt von Sehnsuchtsthränenthau, 
      Von Treue, ja Treue! 
       
      Ich geh' an ihrem Haus vorbei, 
      Dort grüßen Blumen mancherlei 
      Im Golde! 
      Da denk' ich in der stillen Qual, 
      Ach! grüßte dort nur noch einmal 
      Die Holde, ja Holde! 
       
      Doch sieh, kein Fenster thut sich auf, 
      Drum lenk' ich fort im stillen Lauf 
      Alleine! 
      Doch wo ich wandre fern auch hin, 
      So kommt mir nie wohl aus dem Sinn 
      Die Eine, ja Eine! 
      (S. 221) 
      _____ 
       
      
       
       
      Sehnsucht 
      Wald im Canton 
      Zürich, 1849. Tonsatz von J. H. Cornell 
       
      Vom Bergwald rauscht so munter 
      Der Bach ins Thal hinunter, 
      Wo fern mein Liebchen weilt. 
      O könnt ich fort auch wallen, 
      Mit diesen Wellen allen, 
      So schnell als jede eilt! 
       
      Möcht' weilen, wo Gekose 
      Der zarten Frühlingsrose 
      Des Liebchens Grüße theilt. 
      Dort wär' dann all' mein Sehnen 
      Gelöst in Wonnethränen, 
      Das Herz vom Weh geheilt! 
      (S. 222) 
      _____ 
       
      
       
       
      Des Mädchens Klage 
      St. Gallen, 1853 
       
      Du Jüngling hold mit frohem Sinn, 
      Du weißt nicht, wie ich traurig bin, 
      Seit grüßend du vor meinem Haus 
      Zogst in die weite Welt hinaus! 
      O Jüngling mein, 
      Nicht länger trag' ich all' die Pein, 
      Die mir die Sehnsucht gab schon lang 
      Und mir das Herze macht so bang! 
       
      Kein Liebesgruß wird mir zu Theil 
      Aus ferner Welt zu meinem Heil! 
      Mein Aug' ist trüb, die Wange bleich, 
      Bin freudearm und leidenreich! 
      O Jüngling mein, 
      Wohin magst du gezogen sein! 
      Ich muß mit Thränen mir gestehn, 
      Für uns gibt's wohl kein Wiedersehn? 
       
      Im Garten blühn zu meiner Qual 
      Die Rosen nun zum dritten Mal, 
      Seit stille schlug dir zu mein Herz, 
      Seit stille trug ich meinen Schmerz! 
      O Jüngling mein, 
      Bald legt man mich in's Grab hinein, 
      Dann träum' ich, von dem Schmerz befreit, 
      Von dir die ganze Ewigkeit! 
      (S. 223) 
      _____ 
       
      
       
       
      Im Wald 
      Richterswyl bei 
      Zürich, 1851. Tonsatz von Ernst Mascheck 
       
      Im Wald, im Wald, im grünen Wald, 
      Wo tausend Bäume rauschend wehn 
      Und tausend Büsche lauschend stehn, 
      Da denk' ich dein, 
      Bin ich so einsam und allein! 
      Im Wald! 
       
      Im Wald, im Wald, im grünen Wald, 
      Wo sich die Vöglein grüßen traut, 
      Der Friede Gottes niederthaut, 
      Da denk' ich dein, 
      Durchzieht ein Weh die Seele mein! 
      Im Wald! 
       
      Im Wald, im Wald, im grünen Wald, 
      Wo sich's im Moose wonnig ruht, 
      Wo stille winkt der Rose Gluth, 
      Da denk' ich dein, 
      Oft spät noch Nachts beim Sternenschein! 
      Im Wald! 
       
      Im Wald, im Wald, im grünen Wald, 
      Wo nichts das fromme Herze stört, 
      Wo nur sein Leid der Himmel hört, 
      Da denk' ich dein, 
      Und möcht' dort einst begraben sein! 
      Im Wald! (S. 224) 
      _____ 
       
      
       
       
      Schönkäthchen zu Noris 
      Nürnberg, 1859. 
      Tonsatz von J. H. Cornell 
       
      Ich weiß es gar nicht zu sagen, 
      Was jedesmal mich beschleicht, 
      Wenn ich, Schönkäthchen, dich sehe, 
      Weil nichts auf Erden dir gleicht! 
       
      Du wandelst voll Maienwonne 
      Vorüber ein Engelbild, 
      Und grüßest in stiller Anmuth, 
      Wie Lilien zart und mild. 
       
      Aus deinen Augen leuchtet 
      Das schönste himmlische Blau; 
      Lichtblonde Krone des Hauptes 
      Trägst du als Schmuck zur Schau! 
       
      Und deine Lippen umspielet 
      Holdselig ein lächelndes Glück. 
      Schönkäthchen, du nahmst mir den Frieden, - 
      O gib mir die Ruhe zurück! 
      (S. 225) 
      _____ 
       
      
       
       
      Still vorüber! 
      Gotha, 1859. 
      Tonsatz von Robert Franz 
       
      Wenn ich die Glocke wäre, 
      Ich rief dich zum Altare; 
      Wenn ich die Myrthe wäre, 
      Ich schmückte dir die Haare! 
       
      Wenn ich ein Engel wäre, 
      Ich käm' zu dir im Traume, 
      Ich wollt' dein Kleid berühren 
      Nur an dem fernsten Saume! 
       
      Doch da ich bin ein Sünder, 
      Mein Lieb, dir gegenüber, 
      So magst du für mich beten, - 
      Ich gehe still vorüber! 
      (S. 226) 
      _____ 
       
      
       
       
      Ueberall! 
      Gotha, 1860. 
      Tonsatz von Franz Abt 
       
      Ueberall bei Tag und Nacht, 
      Wo ich weile, denk' ich dein! 
      Mich ergreift der Sehnsucht Macht, 
      Denn ich fühle mich allein. 
       
      Wenn das erste Morgenroth 
      An dem Horizont verglüht, 
      Klingt auch schon die Liebesnoth 
      Leise mir durch das Gemüth! 
       
      Und so bleibt's ob auch der Tag 
      In der Dämmerung erblich; 
      Was ich thun und treiben mag, 
      Alles mahnt mich nur an dich! 
       
      Ueberall, ja überall 
      Denk' ich dein im Weltenraum, 
      Und ich grüß' viel tausendmal 
      Dich im Wachen, wie im Traum! 
      (S. 227) 
      _____ 
       
      
       
       
      Halloh! 
      Leipzig, 1863. 
      Tonsatz von Franz Abt 
       
      Es rauschen die Bäume im Walde 
      Vom Winde leise durchbebt, 
      Sie haben sich vieles zu sagen 
      Sie haben vieles erlebt! 
      Im Walde, im Walde 
      An sonniger Halde! 
      Halloh! 
       
      Es rauschen die Bäume im Walde, 
      Das ist des Waidmanns Genuß. 
      Sie haben noch immer am Morgen 
      Gebracht ihm wonnigen Gruß! 
      Im Walde, im Walde 
      An sonniger Halde! 
      Halloh! 
       
      Es rauschen die Bäume im Walde, 
      Es rauscht bald her und bald hin, 
      Wohl über die Hütte die alte, 
      Wie märchenhafter Beginn! 
      Im Walde, im Walde 
      An sonniger Halde! 
      Halloh! 
       
      Es rauschen die Bäume im Walde, 
      Da wohnt sich's friedlich und lieb; 
      Im einsamen, schöne Reviere 
      Mein Herz in Liebe verblieb! 
      Im Walde, im Walde 
      An sonniger Halde! 
      Halloh! (S. 228-229) 
      _____ 
       
      
       
       
      Vöglein und das Reh 
      Richterswyl bei 
      Zürich, 1851 
       
      Mein Herz, o sei nun wohlgemuth, 
      Dein ewig Trauern ist nicht gut! 
       
      Die Fluren werden wieder grün, 
      Wer weiß, ob nicht schon Veilchen blühn? 
       
      Drum will ich ziehen frisch hinaus, 
      Im Wald bin ich ja gern zu Haus. 
       
      Ein Vöglein wirbt so süß, so laut, 
      Sag' an, wirbst du um deine Braut? 
       
      Wer weiß, wie lange du noch wirbst 
      Und dann in deiner Hoffnung stirbst! 
       
      Dort hüpft vorbei ein junges Reh, 
      Das fühlt kein Leid, das fühlt kein Weh. 
       
      Wer weiß, ob nicht in nächster Stund' 
      Dem Rehlein brennt die Todeswund! 
       
      Doch wie dies Vöglein, wie dies Reh, 
      Verträume, Herz, dein Liebesweh! 
      (S. 229-230) 
      _____ 
       
      
       
       
      Lenzfrage 
      Turbenthal bei 
      Zürich, 1852. Tonsatz von Franz Weber 
       
      Sei willkommen liebe Sonne, 
      Mild und warm! 
      Kommt der Lenz mit seiner Wonne 
      Nach so langem Winterharm? 
      Bringt er mir ein froh Geschick? 
      Rosenmund, 
      Thu' mir's kund! 
      Deute mir's mit süßem Blick! 
       
      Kommt der Lenz mit jungem Leben? 
      Weiß es nicht! 
      Wird er mir auch Freude geben, 
      Wenn die Liebe Kränze flicht? 
      Grüßt mich wohl ein zärtlich Du? 
      Rosenmund, 
      Thu' mir's kund! 
      Flüstre mir's doch lächelnd zu! 
       
      Kommt der Lenz mit seinen Liedern 
      Süßer Lust? 
      Wird ein Herz die Lieb' erwiedern, 
      Die mir glühet in der Brust? 
      O, daß ich noch fragen muß! 
      Rosenmund, 
      Thu' mir's kund! 
      Sage mir's mit einem Kuß! 
      (S. 230-231) 
      _____ 
       
      
       
       
      Liedesgruß 
      Camburg, 1856. 
      Tonsatz von Hermann Langer 
       
      Es klingen meine Lieder 
      Zum Himmel froh hinein, 
      Da freuen sich glückselig 
      Die lieben Engelein! 
       
      Sie schwingen lind und leise 
      Zu meinem Lieb sich hin 
      Und weben ihr die Lieder 
      Nachts träumend in den Sinn. 
       
      Da bringen ihr die Klänge 
      Den Frieden in's Gemüth, 
      Daß ihr's wie Liebesgrüße 
      Tief durch die Seele zieht. 
      (S. 231) 
      _____ 
       
      
       
       
      Nur du bist mein! 
      St. Gallen, 1855. 
      Tonsatz von Peter von Lindpaintner; H. Sczadrowsky 
       
      Nur du bist mein, und ewig mein! 
      Nur du bist mir von Gott allein 
      Beschieden! 
      Dein holder Blick, dein süßes Wort 
      Gibt mir im Herzeleid hinfort 
      Den Frieden, ja den Frieden! 
       
      Der Himmel bring' dir frohen Sinn, 
      Treuliebste, wenn ich ferne bin, 
      Dir ferne! 
      Es winken meinen Gruß dir still 
      Des Nachts, wenn's Herz verzagen will, 
      Die Sterne, ja die Sterne! 
       
      Sollst, wenn mein Todesstündlein ruft, 
      Die Aeuglein nicht an meiner Gruft 
      Roth weinen! 
      Denn Gott wird in der Ewigkeit 
      Dereinst uns fest für alle Zeit 
      Vereinen, ja vereinen! 
       
      Dann sing' ich in der Engel Chor, 
      Wie ich mein Lied einst sang empor 
      Hienieden! 
      Nur du bist mein, und ewig mein! 
      Nur du bist mir von Gott allein 
      Beschieden, ja beschieden! 
      (S. 232) 
      _____ 
       
      
       
       
      Aufmunterung 
      St. Gallen, 1854. 
      Tonsatz von Ludwig Erk 
       
      Herz, freue dich des Lebens, 
      Der Mai blüht nicht vergebens! 
      Du sollst die Lust nicht meiden 
      Und nicht in deinem Leiden 
      Und Schmerz vergehn! 
      Laß fahren Grill' und Gram dahin 
      Und denke still in deinem Sinn: 
      Es gibt ein Wiedersehn! 
       
      Herz, wollen uns erkühnen 
      Und suchen Trost im Grünen, 
      So lang noch Lüfte kosen 
      Und nicht im Sturm die Rosen 
      Wie Staub verwehn! 
      Laß fahren Grill' und Gram dahin 
      Und denke still in deinem Sinn: 
      Es gibt ein Wiedersehn! 
       
      Herz, laß von deinem Harme, 
      Sei fröhlich und erwarme, 
      Daß wir bei Blust und Blüthe 
      Uns Gottes Lieb' und Güte 
      Zum Trost erflehn! 
      Laß fahren Grill' und Gram dahin 
      Und denke still in deinem Sinn: 
      Es gibt ein Wiedersehn! 
       
      Herz, sei nur ganz zufrieden, 
      Einst wird dir Ruh' beschieden! 
      Ob wir auch dann zerstieben, 
      Wird ewig unser Lieben 
      Doch fortbestehn! 
      Laß fahren Grill' und Gram dahin 
      Und denke still in deinem Sinn: 
      Es gibt ein Wiedersehn! 
      (S. 233-234) 
      _____ 
       
      
       
       
      Juniuslied 
      St. Gallen, 1854. 
      Tonsatz von Bernhard Brähmig 
       
      Schöner Mai, dein Glück und Glanz zerstiebet, 
      Wie im Sonnenbrand der rothe Klee, 
      Und mir wird die Traurigkeit! 
      Holdes Mädchen, daß ich heiß geliebet, 
      Ich versteh' den Ernst der Zeit, 
      Und das Herze thut mir weh, 
      Ach! so weh, 
      Wenn ich jetzt dich seh'! 
       
      Daß dein Blick mein junges Herz vernichte, 
      Ja, dein Blick, du süße Fee, 
      Glaubt' ich nicht vor kurzer Frist! 
      Doch ich seh' in deinem Angesichte, 
      Daß du kalt mir worden bist! 
      Und das Herze thut mir weh, 
      Ach! so weh, - 
      Drum, mein Schatz, ade! 
      (S. 234-235) 
      _____ 
       
      
       
       
      Sappho's Trauer 
      St. Gallen, 1854 
       
      Das Leiden will das Herze 
      Tief quälen Tag und Nacht; 
      Es wird in seinem Schmerze 
      Kein Trost ihm dargebracht! 
      Gemieden, 
      Geschieden 
      Bin ich nun ganz vom Frühling mein, 
      Hin ist mein Frieden, 
      Vom Liebsten muß getrennt ich sein! 
       
      Es lauscht das Herz, das arme, 
      Ihm wird kein froher Klang; 
      Es schlägt in seinem Harme 
      Gar unaussprechlich bang! 
      Versungen, 
      Verklungen 
      Ist all' die Lust und Liebe mein, 
      Die kaum errungen, 
      Bin jetzt so einsam und allein! 
       
      Mir ist auf Gottes Erden 
      Nun alles öd und leer; 
      Mir kann nicht Freude werden, 
      Mein Herz ist voll und schwer! 
      Verdorben, 
      Gestorben 
      Ist auch die letzte Hoffnung mein, 
      Nichts ist erworben, - 
      O sänk' ich doch ins Grab hinein! 
      (S. 235-236) 
      _____ 
       
      
       
       
      Nur du! 
      Weimar, 1858. 
      Tonsatz von C. Kuntze 
       
      Der Winter kann's nicht länger wehren, 
      Daß neue Lebenslust erwacht; 
      Der Frühling will ja wiederkehren 
      Und kommt vielleicht schon über Nacht! 
       
      Du Mädchen, dessen Lieb' und Treue 
      Wie Sterne leuchten mir in's Herz, 
      Wie klingt ein Lied, daß ich mich freue, 
      Hellfroh durch meinen Sehnsuchtsschmerz. 
       
      Ich preise dich und sing' und sende 
      Dir tausend Liebesgrüße zu, - 
      Du bist mein Anfang und mein Ende, 
      Du bist mein Alles, ja nur du! 
      (S. 236) 
      _____ 
       
      
       
       
      Der Liebe Preis 
      Gotha, 1881. 
      Tonsatz von Friedrich Lux 
       
      Schneeglöckchen läutet wieder 
      Die nahen Ostern ein! 
      Da klingen frohe Lieder 
      Empor im Herzen mein. 
      Der Winter kam zum Falle, 
      Es grünt das junge Reis; - 
      Die Vöglein singen alle 
      Wie ich der Liebe Preis! 
       
      Es guckt aus grünem Moose 
      Hervor das Veilchen scheu 
      Und träumet von der Rose, 
      Die bald erblühet neu. 
      Auch schmückt als Blätterhalle 
      Sich frisch der Wald mit Fleiß; - 
      Die Vöglein singen alle 
      Wie ich der Liebe Preis! 
       
      Dem Lenz zum höchstem Ruhme, 
      Zu seiner Herrlichkeit, 
      Blüht die Marienblume, 
      Die sich der Liebe weiht! 
      Mit lautem Jubelschalle 
      Wird sie begrüßt im Kreis; - 
      Die Vöglein singen alle 
      Wie ich der Liebe Preis! 
      (S. 237) 
      _____ 
       
      
       
       
      In der Frühsonne 
      Coburg, 1861 
       
      Ein Ringlein seh' ich blinken 
      Im goldnen Sonnenglanz; 
      Die Liebe seh' ich winken 
      Mit einem Myrthenkranz. 
       
      Das Ringlein steckt am Finger 
      Mir just so fest und stark: 
      Es wuchs mir deine Liebe 
      Tief in das Lebensmark. 
       
      Das Ringlein wird wohl halten 
      Für längste Lebenszeit, - 
      Noch länger unsre Liebe, 
      Bis in die Ewigkeit! 
      (S. 238) 
      _____ 
       
      
       
       
      Im Steinweglein 
      Coburg, 1861. 
      Tonsatz von Richard Krell; A. Wandersleb; B. C. Becker 
       
      Wohl in der Stadt im Steinweglein 
      Schaut man ein Schieferhaus, 
      Dort guckt und grüßt gar hold und fein 
      Mein Herzensschatz heraus. 
      Und fragt ihr mich, ei fragt nur gleich, 
      Wer ist dein Lieb? so sag' ich euch: 
      Mein Schatz ist rosenroth, 
      Sein Vater längst schon todt, 
      Seine Mutter lebt ohne Noth, 
      Helf ihm und mir der liebe Gott! 
       
      Wohl in der Stadt Steinweglein 
      Ist's still und einsam schier; 
      Doch lacht wie milder Frührothschein 
      Alldort ein Bräutlein mir! 
      Und fragt ihr mich, ei fragt nur gleich, 
      Wer ist dein Lieb? so sag' ich euch: 
      Mein Schatz ist rosenroth, 
      Sein Vater längst schon todt, 
      Seine Mutter lebt ohne Noth, 
      Helf ihm und mir der liebe Gott! 
       
      Wohl in der Stadt im Steinweglein 
      Dort blühet all mein Glück, 
      Dorthin nur, zu der Liebsten mein, 
      Zieht's mich allein zurück! 
      Und fragt ihr mich, ei fragt nur gleich, 
      Wer ist dein Lieb? so sag' ich euch: 
      Mein Schatz ist rosenroth, 
      Sein Vater längst schon todt, 
      Seine Mutter lebt ohne Noth, 
      Helf ihm und mir der liebe Gott! 
      (S. 239-240) 
      _____ 
       
      
       
       
      Dorfliedchen 
      Genf, 1848. 
      Tonsatz von Friedrich Nohr 
       
      Schätzchen, frag' mich nicht, 
      Ob ich gern dich hab', 
      Ja gern dich hab'! 
      Weil das Herz mir bricht, 
      Weil mir wird das Grab! 
       
      Hab' dir tausendmal 
      Schon mein Leid geklagt, 
      Ja Leid geklagt! 
      Wenn zu meiner Qual 
      Zweifelnd du gefragt! 
       
      Wenn wir übers Jahr 
      Schneiden Träubelein, 
      Ja Träubelein! 
      Wirst du sehn wie wahr 
      Blieb die Liebe mein! 
       
      Uebers Jahr, mein Schatz, 
      Bau' ich mir ein Haus, 
      Ja mir ein Haus! 
      Haben Beide Platz 
      Drin zum Kindtaufschmaus! 
      (S. 240-241) 
      _____ 
       
      
       
       
      Kirmeßliedchen 
      Zürich, 1849. 
      Tonsatz von Carl Eberwein 
       
      Trag' einen Kranz 
      Zum Kirmeßtanz 
      Von Rosmarin 
      Weil ich noch frei und ledig bin. 
       
      Mein Schatz ist auch 
      Nach altem Brauch 
      Geputzt mit Band 
      Und mit Levkoyen allerhand. 
       
      Und auf dem Plan 
      Führt er mich an 
      Und tanzt die Rund 
      Dreimal mit seiner Kunigund. 
       
      Dann geht's geschwind, 
      Wie Wirbelwind, 
      Im Ringelreihn, - 
      O könnt' das meine Hochzeit sein! 
      (S. 241-242) 
      _____ 
       
      
       
       
      Am Brünnelein 
      Weimar, 1858. 
      Tonsatz von A. Methfessel; B. Hamma; C. Ecker 
       
      War hold und jung wie Röslein zart, 
      War froh und wohlgemuth; 
      Sang Lieder auch ganz andrer Art, 
      Mein Schatz war mir noch gut! 
      Am Brünnelein, 
      Am Brünnelein 
      Da standen wir beisammen 
      Wie Feuer und wie Flammen, 
      Am Brünnelein! 
       
      Weiß nit, was mir so wurmt und brennt 
      Im Herzen Tag und Nacht; 
      Weiß nit, wohin ich mich noch wend', 
      Wenn's fort und fort so macht! 
      Am Brünnelein, 
      Am Brünnelein 
      Da hat es angefangen, 
      Mein Schatz ist fortgegangen 
      Vom Brünnelein! 
       
      Das Brünnelein ist nun schon lang 
      Vom Sommer ausgedorrt, 
      Es tröpfelt nit, mir wird so bang, 
      Es red't mit mir kein Wort! 
      Am Brünnelein, 
      Am Brünnelein 
      Da steh' ich ganz alleine 
      Und weine, ach! und weine, 
      Am Brünnelein! 
       
      Wer weiß, wird's anders übers Jahr, 
      Wenn sich erholt der Born, 
      Wenn wiederkehrt mein Schwalbenpaar, 
      Wenn Rosen treibt der Dorn! 
      Am Brünnelein, 
      Am Brünnelein 
      Will ich nicht länger weilen, 
      Damit mein Herz kann heilen! 
      O Brünnelein! (S. 
      242-243) 
      _____ 
       
      
       
       
      Wanderlied 
      Gotha, 1861. 
      Tonsatz von C. Bloß; Julius Stern 
       
      Wer recht in Frieden wandern will, 
      Der halt's mit Gott auf Erden! 
      Es wird gewiß dann Gram und Grill' 
      Zum frohen Liede werden! 
      Der Frühling blüht auf seinem Lauf 
      Viel schöner auf, ja schöner auf, 
      Wo fromme Liebe waltet 
      Und wonnig sich gestaltet. 
       
      Wenn Sturm und Wetter tobt und tost, 
      Das kann das Herz nicht schrecken; 
      Es blickt ja selbst empor getrost 
      Zu Riesen und zu Recken! 
      Es fühlt sich, wo es immer sei, 
      Gar leicht und frei, ja leicht und frei, 
      Als wär' fortan dem Leben 
      Nur Seligkeit gegeben. 
       
      O Wandern, welche hohe Lust, 
      Mit Gott und Lieb' im Bunde! 
      Weit wird das Herz, weit wird die Brust, 
      Beglückt ist jede Stunde! 
      Die ganze Welt scheint ohne Noth, 
      Ist rosenroth, ja rosenroth, 
      Und fröhlich geht das Wandern 
      Von einem Land zum andern! 
       
      Holdfreundlich winket Gruß um Gruß 
      Auf Wegen und auf Stegen! 
      Auch findet der wohl einen Kuß, 
      Dem was an ihm gelegen! 
      Und nimmst ein Lieb du an den Arm, 
      So halt' es warm, ja halt' es warm, 
      Bis Gott den Tod dir sendet 
      Und still dein Wandern endet! 
      (S. 244-245) 
      _____ 
       
      
       
       
      Dahin! 
      Camburg, 1855. 
      Tonsatz von J. H. Cornell 
       
      Der Frühling schmücket Wald und Wiesen, 
      Schneeglöcklein und die Veilchen spriesen, 
      Weiß nicht, warum ich traurig bin? 
      Es wacht in mir das Lied der Lieder, 
      Der alte Klang der Liebe wieder, 
      Ich träume mich zur Freude hin, - 
      Dahin, dahin! 
      Nichts nützt es, Herz, schlag's aus dem Sinn! 
       
      Die Nachtigall wirbt mit Verlangen, 
      Wildröslein an dem Wege hangen, 
      Weiß nicht, warum ich traurig bin? 
      Wie sich der Lenz auch hold entfalte, 
      Tief quillt in mir das Leid, das alte, 
      Ich träume mich zur Rose hin, - 
      Dahin, dahin! 
      Nichts nützt es, Herz, schlag's aus dem Sinn! 
       
      Die goldnen Sterne seh' ich blinken, 
      Am Himmel grüßen sie und winken, 
      Weiß nicht, warum ich traurig bin? 
      In's Auge kommen mir die Thränen, 
      Durch meine Seele zieht ein Sehnen, 
      Ich träume mich zur Liebsten hin, - 
      Dahin, dahin! 
      Nichts nützt es, Herz, schlag's aus dem Sinn! 
       
      Ich denke still ans frühre Lieben, 
      Mein Schatten ist nur treu mir blieben, 
      Weiß nun, warum ich traurig bin! 
      Ich denk' ans Grab und möcht' wohl scheiden, 
      Zög' nicht in's Jenseits mit das Leiden, 
      Ich träume mich zum Himmel hin, - 
      Dahin, dahin! 
      Nichts nützt es, Herz, schlag's aus dem Sinn! 
      (S. 245-246) 
      _____ 
       
      
       
       
      Trostlied 
      Camburg, 1855. 
      Tonsatz von A. Wandersleb; Ernst Mascheck 
       
      Wohl weint und klagt das arme Herze, 
      Wenn Gott sein Liebstes von ihm nimmt; 
      Es ist als wäre ihm im Schmerze 
      Kein Mitleid und kein Trost bestimmt! 
      Die Welt ist ihm so öd' und leer. 
      Als fänd' er keine Freude mehr, 
      Und Ruh' und Frieden will im Leiden 
      Voll Wehmuth und in Thränen scheiden. 
       
      Wohl ist es schön auf Gottes Erden 
      Und weh thut uns der frühe Tod; 
      Doch Lenz soll's nach dem Winter werden, 
      Es folgt der Nacht das Morgenroth! 
      Die Blume welkt im Sonnenbrand, 
      Verdorret und verweht im Sand, 
      Doch kaum verglühet und versprühet, 
      Schon eine andre neu erblühet! 
       
      Du sollst nicht weinen, sollst nicht klagen, 
      Wenn Gott dein Liebstes von dir nimmt, 
      Sollst nicht in deiner Noth verzagen, 
      Auch wir sind für das Grab bestimmt! 
      Drum denke nur zu aller Zeit, 
      An's Wiedersehn in Ewigkeit, 
      Dann wird, trotz allem Weh' und Leiden, 
      Der Frieden nimmer von dir scheiden! 
      (S. 247) 
      _____ 
       
      
       
       
      Ach Gott, wie weh thut Scheiden! 
      Leipzig, 1865, 
      Nach einem alten Volkslied. Tonsatz von Graben-Hoffmann 
       
      Ach Gott, wie weh thut Scheiden, 
      Hat mir mein Herz verwund't, 
      Nun zieh' ich über Haiden 
      Und traur' zu jeder Stund'. 
      Der Stunden, der sind all zu viel, 
      Mein Herz trägt heimlich Leiden, 
      Wie wohl ich oft fröhlich bin. 
       
      Hatt' mir ein Gärtlein koren 
      Von Veil und grünen Klee, 
      Ist mir zu früh erfroren, 
      Thut meinem Herzen weh; 
      Ist mir erfror'n beim Sonnenschein 
      Ein Kraut: Jelängerjelieber, 
      Ein Blümlein: Vergißnichtmein. 
       
      Das Blümlein holder Minne, 
      Das ist von edler Art. 
      Es ist ein' Kaiserinne 
      Gar wunderlieb und zart: 
      Hat mir mein junges Herz erfreut! 
      Wenn ich an sie gedenke, 
      Verschwunden ist all' mein Leid. 
      (S. 248) 
      _____ 
       
      
       
       
      Die letzte Fahrt 
      Steckborn im 
      Thurgau, 1849. Tonsatz von J. Bott; A. Billeter 
       
      Die Abendglocke tönet ins stille Thal hinein, 
      Den weiten See versilbert der blasse Mondenschein. 
       
      Am Horizont verglühet gar mild das Abendroth, 
      Und durch die Wellen ziehet ein Schiffer mit dem Boot. 
       
      In traurig schöner Weise singt er beim Ruderschlag, 
      Er sang das Lied, das leise, dort schon an manchem Tag. 
       
      Er singt aus tiefstem Herzen ein namenloses Weh, 
      Das klingt als Echo wieder: "Mein holdes Lieb, ade!" ... 
       
      Er fuhr noch jeden Abend betrübt den See hinab, 
      Als ob er lebensmüde sich suchte dort ein Grab. 
       
      Dort hat er einst verloren sein Liebstes auf der Fahrt, 
      Und hat bis jetzt ihm treulich die Liebe schön bewahrt! 
       
      Dort fährt er heute wieder in düstrer Träumerei, 
      Das Boot treibt an die Felsen, und ach! es schellt entzwei! 
       
      Er hat den Tod gefunden, wo er gesucht ihn lang, 
      Mit seiner Braut getrauet ward er bei Sang und Klang. 
       
      Leis ist im See verklungen der Abendglocke Laut, 
      Längst hält sich wohl umschlungen still Bräutigam und Braut! 
       
      So hat die Flut verschlungen den Schiffer und das Boot, 
      Am Horizont verglühet das letzte Abendroth! 
      (S. 249) 
      _____ 
       
      
       
       
      Getrost mein Sinn! 
      Heidelberg, 1848. 
      Tonsatz von E. Streben 
       
      Getrost, mein Sinn! 
      Der Gottes Allmacht preist! 
      Du schaust den Farbenbogen 
      Am Firmament gezogen, 
      Der Frieden uns verheißt, - 
      Drum, ob es stürmt und tost, 
      Getrost! 
       
      Getrost, mein Sinn! 
      Die wahre Liebe lebt, 
      So lange noch auf Erden 
      Uns frische Lenze werden 
      Und Alles aufwärts strebt, - 
      Drum, ob es stürmt und tost, 
      Getrost! 
       
      Getrost, mein Sinn! 
      Wie auch die Wetter drohn 
      Und sich die Wolken thürmen, 
      Es zieht nach langem Stürmen 
      In's Herz des Dulders Lohn, - 
      Drum, ob es stürmt und tost, 
      Getrost! (S. 250) 
      _____ 
       
      
       
       
      Traumerinnerung 
      Zürich, 1849. 
      Tonsatz von A. Zöllner 
       
      Die Jugendzeit möcht ich vergessen, 
      Die mir von Fernen zu noch spricht, 
      Möcht' des verlornen Glücks nicht denken, 
      Ach! wär' nur die Erinnrung nicht! 
       
      Dein Bild, du Holde, wollt' ich bannen 
      Aus meinem Herzen immerdar, 
      Wehmüthig macht mich ja das Schauen 
      In deine Augen hell und klar! 
       
      Doch sieh! es kommt die Nacht, im Traume 
      Grüßt mich dein mildes Angesicht, 
      Und wachend denk' ich liebetrauernd: 
      Ach, wären doch die Träume nicht! 
      (S. 251) 
      _____ 
       
      
       
       
      Des Menschen Trost 
      Zürich, 1851. 
      Tonsatz von L. Spohr; Franz Mücke 
       
      Ach, wem ein recht Gedenken blüht, 
      Den schmerzet die Vergänglichkeit; 
      Das Herz, das ganz in Liebe glüht, 
      Das träumt zurück die goldne Zeit! 
      Und will es drinnen werden Nacht, 
      Wenn es ein Lebenssturm umtost, 
      So quillt ein Sehnen noch mit Macht, - 
      Die Hoffnung ist des Menschen Trost! 
       
      Und wenn der Lenz mit seiner Lust 
      Von uns im Herbst will scheiden gehn, 
      So ist die Seele sich bewußt, 
      Daß nichts auf Erden kann bestehn! 
      Und ist dahin die Maienpracht 
      Und süß die schöne Zeit verkost, 
      So quillt ein Sehnen noch mit Macht, - 
      Die Hoffnung ist des Menschen Trost! 
       
      Ach, wem ein recht Gedenken blüht, 
      Den schmerzet die Vergänglichkeit; 
      Das Herze, hoffend abgemüht, 
      Ist von dem Ziel entfernt so weit; 
      Und wenn es endlich nun erwacht, 
      Getäuscht am Grab im Winterfrost, 
      So quillt ein Sehnen noch mit Macht, 
      Die Hoffnung ist des Menschen Trost! 
      (S. 252) 
      _____ 
       
      
       
       
      Jugenderinnerung 
      St. Gallen, 1854 
       
      Gerne denk' ich jener Stunden, 
      Wo ich keinen Harm gefühlt, 
      Wo ich nicht den Schmerz empfunden, 
      Der mir jetzt im Herzen wühlt; 
      Hinter mir, wie eine Sage 
      Liegen sie mit allem Glück, - 
      Ach, wer bringt die schönen Tage, 
      Jene holde Zeit zurück! 
       
      Als ich einst im Kinderschwarme 
      Nur gekannt das Du und Du, 
      Schlug das Mutterherz, das warme, 
      Mir noch voller Liebe zu! 
      Damals kannt' ich nicht die Klage 
      Und noch nicht das Mißgeschick, - 
      Ach, wer bringt die schönen Tage, 
      Jene holde Zeit zurück! 
       
      Gerne denk' ich jener Stunden, 
      Wo die erste Liebe mein, 
      Als ich kosend sie umwunden, 
      Flüsternd sprach: auf ewig dein! 
      Nun sie liegt im Sarkophage, 
      Heitert nichts mehr meinen Blick, - 
      Ach, wer bringt die schönen Tage, 
      Jene holde Zeit zurück! 
      (S. 253) 
      _____ 
       
      
       
       
      Abendlied 
      Camburg, 1857. 
      Tonsatz von W. Speidel; A. Wandersleb 
       
      Das fernste Abendroth verglüht 
      Und leis' das letzte Vöglein singt, 
      So wie mit Wehmuth im Gemüth 
      Ein stilles Scheidelied verklingt. 
      Die Raben ziehn im stillen Flug 
      Dem düstern Tannenwalde zu; 
      Heimkehrt der Landmann mit dem Pflug 
      Und Alles geht zu seiner Ruh'! 
       
      Das Abendglöcklein klinget laut 
      Und Jung und Alt eilt zum Gebet; 
      Die Sterne blicken fromm und traut 
      Auf Alles, was in Andacht steht. 
      Die Blumen, die der Tag geküßt, 
      Die schließen sich im Traume zu; 
      Die Nacht allein ist's, die nun grüßt, 
      Denn Alles geht zu seiner Ruh'! 
       
      Mein Herz mit seinem ernsten Weh 
      Allein bewegt noch mit sich spricht; 
      Ein Sehnen, das ich gut versteh', 
      Will Rast und Ruh ihm geben nicht! 
      Mein Herz, ach! du bist selber schuld, 
      Daß noch nicht schließt dein Aug' sich zu; 
      Sei still in deiner Ungeduld, 
      Bald geht dein Leid mit dir zur Ruh'! 
      (S. 254) 
      _____ 
       
       
      Aus: Das Buch der 
      Lieder 
      von Müller von der Werra 
      Leipzig Ludwig Denicke 1866 
      
       
        
      
       
      Biographie: 
       
      
      http://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Konrad_Müller 
       
       
   
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