Orientalische Liebeslyrik

(in deutscher Übersetzung)

 


Arabische Liebeslieder aus der Hamasa
(6. - 9. Jh.)

 


450.
Kann aufatmen mir mein Herz
ohne daß ein Traum
Von der Sommertrift Soad's
ihm kommt, vom Weideraum!

Meine Augen täusch ich weg
dort von ihrer Spur;
Denn wo es die Spuren sieht,
weint das Auge nur.

Rehe schleiertragende
hab ich einst dort gesehn,
Und nun weiden Rehe dort,
die ohne Schleier gehn.

Ibn Eldumeina

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 62)
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451.
Gott, wenn ich sterb, und du mit Leila
nicht tränkst mein Schattenbild,
O so wird durstiger als meines
kein Grab sein im Gefild.

Ja, wenn ich jemals mich für Leila
entschlage dieser Glut,
Entschlag ich ihr mich aus Verzweiflung,
und nicht aus Mannesmut.

Und fühlt je, Leila zu entbehren,
dieß Herz sich reich genug,
O Gott, das ist ein Herzensreichtum,
der aus der Armut schlug.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 62-63)
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454.
Ein Mann war ich, ein vester,
da zündeten die Wehn
Mir Kohlen auf der Leber,
die träg sind auszugehn.

Ich hoffte, daß die Torheit
einst ihren Todestag
Erlebte, wenn sie lange
gewaltet Jahr und Tag.

Allein das Korn im Herzen,
vom Frühguß angesprüht,
Vom Spätstrom eingeregnet,
wächst neu in Lust und blüht,

Durch Schöne, schwarz von Locken,
mit rotgefärbter Hand,
Mit braunem Schlüsselbeine
und weißem Wangenrand;

Die dünn sind um die Mitte,
und die ihr Halsgehäng
Mehr schmücken, als sie selber
geschmückt sind vom Gespäng.

Sie schwellen uns mit Wünschen,
bis uns im Glanze stehn
Die Herzen, wie betaute
Violen anzusehn.

Elhuszein Ben Mutair von Eszed

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 64-65)
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457.
Die da gewähnt, daß sie dein Herz verliere,
bleibt deine Liebe, wie du bleibest ihre.

Die zarte, früh ließ Anmut sie gedeihn,
und bildete mit Maß sie rund und fein.

Ich sprach zum Freund, als sie den Gruß verbarg:
o wie freigebig ist sie und wie karg!

Ich scherzt': ich will sie laßen! doch das Herz
bat beim Gemüte vor; o laß den Scherz!

Ein Ungenannter
(nach Abus Rijasch: Ibn Udheina)

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 68)
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459.
Als Späher für das Herz sandt ich aus einen Blick;
von dem, was er geschaut, verwirrt kam er zurück.

Soviel sah ich an dir, daß ich zugleich nicht faßen
das Ganze kann, noch auch davon ein Teilchen lassen.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 69)
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461.
Und was mich betrübt: daß, als sie mir begegnet,
sie sich abwandt und im Aug ihr Tropfen quollen;
Dann als aus der Ferne sie nach mir sich wieder
umsah, ließ vom Schleier sie die Tropfen rollen.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 70)
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462.
Weil ich sah die Neidischen
unsrer Liebe Stricke
Legen, und auf unsrer Spur
schärfen schele Blicke;

Will ich, ohne daß mein Herz
je von dir soll scheiden,
Dich besuchen Einen Tag,
und einen Monat meiden.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 70)
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463.
Als wir bei Elka und bei Balakith ritten,
und die weißen Stuten mit uns abwerts schritten,

Überkam dein Angedenken mit dem Monde
in der Nacht mich so daß ich nicht weiter konnte.

Deinem Liebesrufe gab mein Herz Antwort,
und zum Treiber sprach ich: Treib die Tiere fort!

Ein Dichter von Koreisch

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 71)
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466.
Jedes Ungemach der Zeiten,
außer Liebestrennung,
Fand ich völlig unbedeutend
und nicht wert der Nennung.

So zu meinem Herzen sprach ich,
als mit Liebesplagen
Es mir zusetzt' und mir auflud,
was nicht war zu tragen:

O du Herz, das Liebe meistert,
wirst du dich besinnen?
Welch ein thöricht Herz! nie laße
Gott dich Ruh gewinnen!

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 72-73)
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467.
Welch ein Wunder, wie nach mir sich
alle Köpfe drehen,
Als ob sonst sei kein Verliebter
vor wie nach zu sehen.

Laß die Lieb', und wieder wirst du
den Verstand gewinnen:
Sagen sie. Wenn ich sie ließe,
würd er erst entrinnen.

Welch ein Wunder, daß ich liebe,
was mich bringt in Nöte,
Gleich als ob ichs ihm vergüten
müßte, daß michs töte!

Das ist auch von Lieb' ein Zeichen,
daß mir nun die Deinen
Sind im Herzen und im Auge
lieber als die Meinen.

Elhuszein ben Mutair

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 73-74)
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471.
Annäherung an eine Schöne in der Reisesänfte
unter der Obhut ihres Mannes

Wir kamen zu den Sänften, an deren Seite ritt
ein hagrer, dessen Schulter scharf durch das Hemde schnitt.

Ein Mann, der leicht blinzet, und drein schaut wie der Tod,
wo recht uns ohne Rückhalt sein Grimm entgegentritt.

Da schwenkten wir und grüßten, gezwungen grüßt' er uns,
indes der Grimm ihm würgend hinab die Kehle glitt.

Ich gab auf eine Weil' ihm Geleit, und wollt' es Gott,
solang ers Leben hätte, ritt ich zum Trotz ihm mit.

Und als sie keinen Rat sah, und daß er zwischen uns
ein Vorhang sei der Trennung, der keinen Zugang litt;

Da schoß sie einen Blick mir - würd' ein Gewappneter
gestreift von einem solchen, des Lebens wär er quitt -

Und einen Glanz des Auges, der Wolke Leuchtung gleich,
wenn sie zum Hochland, Regen verheißend, hinüberglitt.

Abdallah ben Eldumeina von Chatham

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 77-78)
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473.
Das heißt Liebesglut, daß wo auf Lanzenschuß
kommt mein Herz zur Kohle, die Kohle brennen muß.

Ist das Recht, daß ich bin ganzer Seele dein,
und für mich du weder Eßig bist noch Wein?

Bin ich so geschaffen, nun so bleib ich so;
und bin ich so gezaubert, nie ende der Zauber, o!

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 78)
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474.
Verliebte klagen Liebesnot. O möge mich Gott verdammen,
allein soviel zu tragen als sie tragen all zusammen;
Daß meine sei die ganze Lust der Lieb', und nie ein andrer
Verliebter vor mir oder nach gelebt in solchen Flammen.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 79)
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480.
Lieb ist ein Land mir, wo Suleima wohnt,
und ob es jahrlang unberegnet blieb.
Ich lieb' in meinem Leben ja nicht Grund
und Boden, sondern wer dort wohnt, ist lieb.

* * *

Ei Tadlerin, wenn du nur mit mir tränkest,
bis es durchwimmelt jede Fingerspitze,
Du würdest mich entschuldgen, und erkennen,
wie gut ich das, was ich verschwende, nütze.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 82)
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481.
Der frische Mund

Kein Frostkorn aus der Wolke Schooß, von welcher sind umfangen
die Firsten des Aldschudi, wann die nächtgen Schleier hangen; -

In einer Bergschlucht hält sie still, bis daß zu wehn begonnen
ein Nord, von dessen Hauch zu Eis ihr Obres ist geronnen: -

Ist frischer, kühler als Ihr Mund: nie hatt' ich zu genießen
den Schmack davon, doch konnt' es wohl mein Blick vom Ansehn schließen.

Abu Satara von Baulan

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 82)
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484.
Der schleichende Gang der Schönen

Die sich laßen wie die Kranken
führen, und im Gange schwanken,
Als besorgten sie, daß brechen
möchten ihrer Seiten Ranken.

Wie ein Schlänglein auf der Aue
schleicht, erstarrt vom Morgenthaue,
das sich langsam regt voran,
wie sichs eben regen kann.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 84)
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486.
Ich sah sie ungesehen, und schönres sah ich nicht;
ich sah des Mondes Aufgang in ihrem Angesicht.

Wie sie mein Auge füllte, so füllt' es immerdar
die Thräne, bis mir völlig erschöpft die Thräne war.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 85)
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489.
Die den Minnesinger beschämende Taube

Gerufen in der Schwebe
der Nacht hat eine Taube,
Indess ich lag im Schlummer,
und sie war wach im Laube.

O wär ich ein Verliebter,
wie ich sooft beschwor,
So kämen nicht mit Seufzen
die Tauben mir zuvor.

Noszaib

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 87)
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491.
Nachdem sein Herze widerspenstig
nicht wollte sich bequemen
Für Leila einen Trost an Leuten
und Gütern anzunehmen;

Wollt er sich selbst an einer andern
zu trösten nun erproben;
Doch sieh, die hat sein Weh um Leila
geschärft, anstatt gehoben.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 89)
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492.
Mich wunderts, wie ich, Assa, von dir genas, da ich
solang gelebt, und immer, o Assa, krank um dich.

Wenn nun mir das Genesen von dir soll Ruhe sein;
nun wohl, ich bin genesen, Gott mag die Ruh verleihn!

Geschwunden ist die Hülle des Hauptes, das erbleicht;
allein des Herzens Hülle sie schwindet nicht so leicht.

Kuthejjir

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 89-90)
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493.
Ein treues Paar, bekümmern
kann Trennung sie allein,
Und nie zu lang im Leben
wird ihnen der Verein.

Sie harren, wo ein Wölkchen
der Lust sich ihnen zeigt;
Und wo die Liebe rufet,
sind sie dem Ruf geneigt.

Sie achten nicht, was sagen
die Menschen dort und hie;
Nur was sie selber sagen
und tun, beachten sie.

Orwa Ben Udheina
des Stammes der Beni Leith von Kenana

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 90-91)
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495.
Immer Lieb' auf Lieb', und immer geizest du,
und dem Geize, sagt man, kommt nicht Liebe zu.

Doch, beim Haus, dem ihren Gruß die Andacht beut,
auch von kleiner Gabe wird die Lieb' erfreut.

Und bei mir, o wiß es, ist nach dir ein Brand,
wie nach Wasser ein verlechzend Tier empfand.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 92)
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499.1
Gegen Morgen kam im Traume
Seinab mir gegangen.
"Gruß dir, Liebchen! ist Versäumtes
wieder zu erlangen."

Doch sie sprach: Du sollst mich meiden,
nicht an mir dich weiden.
"Liebste, bist du nicht mein Leben?
wie soll ich dich meiden!"

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 94)
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499.2
Sie sagen: Nach den dreißigern gibst denn noch eine Lust?
Ich sagte: Gibt es eine Lust denn vor den dreißigern?

Grau werden wäre doch, bei Gott entsetzlich, wenn, sooft
ein graues Härchen käme, dir ausgieng' ein Freudenstern.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 94)
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504.
Frag nur dort die Balsamstaude,
wo sie wächst im Sandelwall,
Frag sie nur, wie oft ich grüßte
deiner Wohnstatt Trümmerfall.

Ob in ihrem Schatten ich
stand beim Abendwehen
Einem Bettler gleich, und lieb
war mirs so zu stehen.

Ob beim Anblick deiner Wohnung
mir das Auge reich
Ward an Thränen, dem gelösten
Perlenstrange gleich.

Alle Leute seh' ich hoffen
Frühlingswaide, Frühlingslust;
Aber meine Frühlingshoffnung
ist wo du dich niedertust.

Alle Leute seh ich fürchten
Jahresmiswachs, Jahresnot;
Aber meine Jahresfurcht ist
nur wo mir dein Wegziehn droht.

Muß es mich verdrießen daß
du mich bös ausmachtest,
Muß es mich doch freun dabei,
daß du mein gedachtest.

Freu es dich, wie ich die Hand
hier muß zum Herzen führen,
Und die Thrän im Auge quillt,
aus Furcht, dich zu verlieren.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 96-97)
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506.
Wenn Leila, die achjalische, mich einst zu grüßen tritt heran,
da wo man einen Erdenwall auf mich und Platten hat getan;

Erwidern will ich ihren Gruß mit Jauchzen, oder geben soll
den Gruß zurück an meiner Statt ein Totenvogel schauervoll.

Man neidet mich um das, was mir von Leila nimmer ward zu Teil:
doch wenn ich nur mein Auge darf an ihr erquicken, ists mein Heil.

Tauba ben Elhomair
Liebhaber der Leila von Achjal

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 98-99)
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507.
Es gleicht mein Herz - wenn es heißt: für Leila
wird man die Reisesänfte morgen bringen -
Der Möw' im Netze, gegen dessen Obmacht
sie ringt die Nacht durch mit bestrickten Schwingen.

Zwei Jungen hat sie auf dem Fels verlaßen,
um deren Nest die Winde sausend klingen.
Sie recken auf das Wehn die Häls', und hoffen
die Mutter, die doch die Geschicke zwingen;
Die in der Nacht nicht findet was sie wünschet,
und nicht am Morgen Freiheit kann erringen.

Noszaib
Liebhaber von Leila vom Amer

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S.99)
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508.
Wehrt nur Leila's Grüße mir,
offne und geheime!
Wehren könnt ihr doch mir nicht
Thränen und die Reime.

Wehrt ihr, wenn ihr ihrem Gruß
wehrt, auch ihrem Bilde,
Das zu mir den nächtgen Weg
findet durchs Gefilde?

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 99-100)
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510.
In Gottes Hut empfehl' ich, o Ummu Malek, dich;
reich ist er dich zu tränken mit Gnaden ewiglich.

Dein denk' ich, wenn es übel, und wenn es wohl mir geht,
bei dem was ich hoff' und fürchte und was bevor mir steht.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 100)
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511.
Gefängnis, Feßelband,
Sehnsucht und fremdes Land,
Und von der Liebe fern:
schwer ist, was ich empfand.

Fürwahr, ein Mann, wenn er,
was ich erfuhr, erfährt,
Und treu dem Bunde bleibt,
der hat sich wohl bewährt.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 100-101)
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512.
Es teilen Ober- und Niederkleid
sich so an ihrem Leibe,
Daß jen's die Schlankheit sich erkor,
und diesem die Fülle bleibe.

Ich weiß bei Gott nicht, ob sie ist
an Schönheit auserkoren
Vor allen Frauen, oder hab
ich den Verstand verloren.

Elhakam von Elchodr

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 101)
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515.
O bist du stets mein letzter
Gedank' in jedem Schlaf,
Und bist du auch der erste,
der mich im Wachen traf!

Was soll ich mehr dir bieten?
Mein Leben und mein Blut
Zu deinem Schutz, und Liebe
wie lauter Wolkenflut.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 102)
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518.
Die schöne Rast

An der Stelle stallten wir,
die vom Thaue glänzte,
Im Baumgarten lieblich, der
sich mit Blüten kränzte.

Von des Ortes Lieblichkeit
war das Herz im Wallen;
Viele Wünsche wünscht' ich da,
und du warst in allen.

Abu Bekr ben Abderrahman von Sehra

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 104)
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525.
Wißet, daß in Dara hier im Bund mein Auge stehet
und die Thräne mit dem Süd, zu weinen wann er wehet.

Hier in Dara wohn ich denen nah, die mich nicht lieben;
aber die ich lieb', ist fern im Hochland mir geblieben.

Wenn der Wind vom Hochland kommt und hier bewegt die Blätter,
stell ich so mich an als sei der Wind meine Herzensvetter.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 106-107)
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526.
Was ist Lieb' als nur ein Seufzer, einem andern Seufzer nach,
und ein Brand im Eingeweide, den nie Kühlung unterbrach!

Ein Erguß der Thrän' im Auge, Majja, wenn vorm Aug' empor
steigt ein Berg von deiner Gegend, den ich nie bemerkt zuvor.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 107)
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528.
Ihr Stammgenoßen Leila's, o mög' euch Gott bescheren
viel Leila's, daß ihr möchtet die eine mir gewähren.

Nie leg ich zum Schlaf mich nieder, daß nicht das Herz mir ruft
nach ihr, und ich an meinem Gewand find ihren Duft.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 108)
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529.
Die Feinde sagen - gebe den Feinden Gott kein Heil! -:
"Er zieht zurück von Leila, es ist gemorscht sein Seil."

Und wenn gebückt am Stabe nun sollte Leila schleichen,
stets würde meine Liebe zu ihr der ersten gleichen.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 109)
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530.
Zu Leila in der Wüste kam ich an einem Ort
nach Jahren, und die Thräne vom Auge floß mir dort.

Der Leila, wo sie gehet, folg ich, und wo sie steht;
was ist ein Leben anders, als daß man kommt und geht!

Es ist alsob ein Zügel gelegt ans Herz mir sei,
und sie, wo sie mag weilen, mich führ' umher dabei.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 109)
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532.
Nichts Unglückseligers als ein Verliebter,
mocht' er auch süßen Schmack der Lieb' erlangen;
Denn weinen siehst du ihn zu allen Zeiten
aus Furcht entweder oder aus Verlangen:
Ihn macht, den Lieben fern, die Sehnsucht weinen,
und weinen, ihnen nah, des Abschieds Bangen:
So ist ihm heiß das Auge bei der Trennung,
und heiß ist ihm das Auge beim Umfangen.


Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 110)
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533.
Da, wo den Schurz sie anlegt, ist die Okailerinn
von Umfang; in der Mitte da ist sie fein und dünn.

Sie sommert auf den Halden Hima's, und Mittagsruh
bei Naman wehn die Schatten des Eraktals ihr zu.

O ist nicht ein Geringes ein Blick, den ich empfing
von dir? o nein, mit nichten, von dir ist nichts gering.

O Freundin meiner Seele, an deren Stelle sich
von treuen Freunden keiner sonst finden mag für mich!

Du, deren Lieb' im Herzen wir bergen ohne Laut,
nicht eingeräumt den Feinden, noch Freunden anvertraut!

O ist bei dir kein Örtchen, um dir der Trennung Wehn
zu klagen? ist vorm Feinde kein Weg zu dir zu gehn?

Mein Leben für das deine! viel sind die Feind', und weit
die Fahrt, und bei dir wenig Vertreter mir bereit.

Sooft ich kam, so kam ich auf einen Vorwand her;
erschöpft hab ich die Vorwänd', und nun was sag ich mehr?

Ich hab an deinem Orte nicht jeden Tag zu tun,
und find an jedem Tage auch keinen Boten nun.

Gefaltet hab ich Blätter mit Klagen von Belang;
einst werden sie entfaltet, dann wird die Klage lang.

O lade dir nicht Schuld auf! du hast dazu nicht Kraft;
denn schwer ist meine Blutschuld am Tag der Rechenschaft.

Ibn Eltathria

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 111-112)
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535.
Mein Herz, es will durchaus nichts lieben
als Ummu Amr allein,
Die Alte, und wer Alte liebet,
der scheint ein Thor zu sein.

Doch sie ist wie ein langgetragnes
jemanisches Gewand;
Am Zeuge findet, was du wünschest,
dein Auge und deine Hand.

Abul Aswad von Dual

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 113)
_____

 

536.
In Dhul Gamr auf Tage hab ich
mich von dir getrennt;
Um die Trennung dieser Tage
o wie Reu mich brennt!

Ich und diese Trennung, laß dir
sagen, was wir sind:
Fern vom Stalle die Kamelin
blökend nach dem Kind.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 114)
_____

 

537.
Trennungsweite konnte nie
mir von dir Befreiung
Bringen, so wie des Vereins
Dauer nicht Entzweiung.

Freunde, wenn ihr nicht mit mir
weinet, muß ich wählen
Einen Freund, der für mich weint,
wenn mir Thränen fehlen.

Trennung war, als war sie nie,
wenn wir neu uns sehen;
Aber solch ein Wiedersehn
wann wird mirs geschehen!

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 114)
_____



538.
Unsre Leute trennt, Botheina,
Feindschaft in zwei Teile,
Daß von dannen einer ziehe,
und der andre weile.

Wenn ich nun ein Weichling wäre,
würde mich die Ferne
Dämpfen, doch von vestem Schaft
bin ich und altem Kerne.

Zwischen uns ist keine Fehde,
ob sie in die Runde
Toben mag, wenn du nur bleibst,
Botheina, treu dem Bunde.

Dschemil
der Minnesinger der Botheina

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 115)
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539.
Die Scheidetage haben die Scheitel mir gebleicht,
und aus dem Sitz gehoben die Seele, die entweicht.

Sanft waren einst und linde die Tage dort im Hag,
nach ihnen war vom Leben mir sanft und lind kein Tag.

Sie sagen: Was verstört dich? der Güter reiches Teil
ist dir gehäuft im Hause, und deine Haut ist heil.

Ich aber sag: Entschuldigt! o seht, wie seine Seel'
ausstöhnet ein gekoppelt heimweherkrankt Kamel.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 115)
_____

 

540.
O du schönste aller Frauen,
aber zum Gewähr
Einer Gunst, die Liebe suchet,
spröd von langem her.

Deren Anmut ist ein Zauber,
Herzen nehmend ein,
Aber deren Herz für Liebes-
Klagen ist ein Stein.

Denkt dir's nicht mehr? und ich hab es
nie vergeßen doch,
Und für alte Liebe bleibt mir
das Gedächtnis noch:

Was ich sprach, als deinem Truppe
jede Mütz' entsank,
als die Reis'ermüdung ihnen
eingoß Schlummertrank:

"Wär ich nur auf einen Monat
deinem Volk verdingt
Als ein Knecht, der sein Gewand
und sein Gerät mitbringt!"

Mohammed ben Beschir der Charedschide

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 116-117)
_____

 

542.
Lang ist der Tag, da ich dich nicht gefunden;
ein Tag, wo ich dich fand, war schnell geschwunden.

Ein Monat Trennung, tut er weh dir nun?
fragt ihr; ich frage: wer kann weher tun?

Ibn Abi Dubakil von Chosaa

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 117)
_____

 

543.
Du spaltetest mein Herz, dann sätest du
drein deine Lieb', und wieder gieng es zu.

Die Lieb hat sich hinabgesenkt so tief;
von außen sah man nicht, was drinnen schlief.

Dahin gesenkt hat sie sich in die Brust,
wohin kein Wein je drang, kein Kummer, keine Lust.

Obeidallah ben Abdal ben Otba ben Maszud

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 117-118)
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551.
Daß ich das Stromtal sähe, daß ich es sähe rinnen!
Ich kann das Stromtal nimmer entschlagen meinen Sinnen.

Zu steigen in das Stromtal verlangt es mich, denn dort
bin ich bekannt im Stromtal als einer, der von Sinnen.

O sagt mir, Knechte Gottes, ists wahr, und soll ich nie
gehn oder kommen, ohne daß es ein Wicht werd innen!

Und soll ich nie besuchen allein und mit Geleit
das Stromtal, ohne Fragen: was ist hier dein Beginnen?

Wer fragt, wenn nach der Stute der edle Hengst sich sehnt,
und sie nach ihm verlanget? wer darfs verdenken ihnen?

Die Einzeldün' am Rande des Waidehages dort,
wenn ich nie hingelange, doch muß ich stets sie minnen.

Mit Gott, ich füge dankbar mich allem, was du fügst,
und preise dich für alles, was du mich läßt gewinnen.

Ich nehme, was du spendest, als Wohltat an, und scheu
wend ich von allem, was dir nicht lieb ist, mich von hinnen.

Laß nicht die Seel' in Funken mir sprühn, in Splitter gehn,
die nah vor Liebeskummer daran ist zu zerrinnen.

Dir heg ich solche Scheue, daß, wo ich immer sei,
mir ist, alsob dein Späher mich säh von hohen Zinnen.

Ibn Eldumeina

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 121-122)
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568.
Wenn die Tage wieder mich und sie zusammen bringen
auf Dhul Athl im Sommer, wo einst Lenz und Sommer gingen;

Will ich um der Trennung Nacken solche Ketten legen,
die sie, wie sie ziehn mag, nicht zu sprengen soll vermögen.

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 130)
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570.3
Mich hat besucht Ruweika, als reisemüd ich kaum
entschlief bei matten Tieren, an denen hing ihr Zaum.

Aufsprang ich dem Besuche, erschreckt, von ihm geweckt,
und rief: Ist sie es, oder ein Traumbild, das mich neckt?;

Weil ich sie darauf kannte, das Schlafgemächlichkeit
sie liebt', und sie beschwerte ein Gang auch minder weit;

Und nur mit Mühe ging sie zu einer Nachbarin Haus
so sachten Schritts als wollte der Fuß ihr nicht voraus:

Die schwarz ist von Gelocke, und weiß von Schlüsselbein,
gewölbt am Ellenbogen, am ganzen Leibe fein.

Ruweika! o bei allem, wozu der Waller wallt,
wozu im Palmentale der Lobgesang erschallt!

Nie hat dein Angedenken, seit ich nicht mehr dich sah,
die Zeit verwischt, die lange, noch was mir Froh's geschah;

Noch hat mit dir geteilt mein Herz und meinen Sinn
ein Weib! bei ihm, dem schuldig ich manche Wohltat bin!

Sijad Ben Hamal

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 133)
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575.
Ein Wunsch, der, wenn er wahr wird,
der Wünsche schönster ist;
Wo nicht, so lebt' ich wonnig
durch ihn doch eine Frist.

Auch Wünsche von Sodâ sind
ein Labsal, o Gesell,
Als ob damit dich tränkte
Sodâ aus kühlem Quell.

Ein Dichter von den Benil Hareth

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 137)
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584.
Was wär es auch, wo du erfuhrst, ich sei ein Pfand des Todes,
wenn du zu mir den Schritt einmal noch zum Besuche lenktest,
Sodann ein kühles Tröpflein auch in einen Becher tätest,
und deine Lippen tauchtest drein, und dann damit mich tränktest!

Ein Ungenannter

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 142)
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585.
Wo man Botheina siehet,
da ist an ihr kein Fehl,
Und sieht man ihren Stammbaum,
so ist daran kein Hehl.

Der erste Blick gebührt ihr
von Männern, der sie ehrt;
Und jeder Blick, der folget,
bestätigt ihren Wert.

Im Hausgewand entstellt sie
des Schmucks Entbehrung nie;
Und schmückt sie sich, so preisen
mit Recht die Kenner sie.

Dschemil der Minnesinger der Botheina

Übersetzt von Friedrich Rückert (1788-1866)

Aus: Hamasa oder die ältesten arabischen Volkslieder
gesammelt von Abu Temmam
übersetzt und erläutert von Friedrich Rückert
Stuttgart 1846 Zweiter Teil (S. 142-143)
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