Orientalische Liebeslyrik

(in deutscher Übersetzung)

 


Liebes-Verse
aus den arabischen Erzählungen
von Tausend und Einer Nacht


Aus der Geschichte der drei Kalender und Königssöhne
und der fünf Frauen zu Bagdad (Nacht 32-40)

O mein Geliebter, du mein einziges Verlangen,
meine einzige Sehnsucht,
in deiner Nähe nur ist ewige Seligkeit,
in deiner Ferne ist die brennende Hölle.
Alle meine Gedanken und Gefühle
sind dir zugewandt.
Es ist gewiß kein Verbrechen, dich zu lieben;
der Gram hat mit dem Gewande
der Abzehrung mich umhüllt,
darum ist auch meine Schuld
kein Geheimniß geblieben.
Mein Herz hat dich vor Allen auserkohren,
und nun fließen Thränen
über meine Wangen und diese
verrätherischen Thränen
haben mein Geheimniß enthüllt.
O heile doch meine gefährliche Krankheit,
du bist zugleich Gift und Gegengift!
Wie lange kann Der leiden,
der von dir seine Genesung
erwarten muß
Das Licht deiner Augen
hat mich aufgezehrt,
durch die Rosen deiner Wangen
bin ich gebleicht.
Die Nacht deiner Haare
hat mein Leben verdüstert,
meine sichtbare Pein zeugt gegen mich.
Nun gibt's kein Ende mehr
für meinen Gram,
mir bleibt nichts mehr zu wählen übrig;
ich suche gar keinen Trost mehr,
denn der Liebe will ich mein
ganzes Leben opfern.
(Band 1 S. 173-174)
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Aus der Geschichte des zweiten Kalenders
und Königssohns (Nacht 44-49)

Statt meiner Zunge spricht
mein Auge zu dir
und gesteht dir die Liebe,
die ich verbergen wollte.
Thränen flossen, als wir
uns begegneten,
ich schwieg, doch die Augen
hatten Alles gesagt.
Du winkst mir zu
und ich verstehe dich schon,
ich verändre nur meinen Blick
und schon weißt du, was ich will.
Unsere Augenlieder verrichten alle
Angelegenheiten zwischen uns,
wir schweigen,
aber die Liebe spricht.
(Band 1 S. 203)
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Aus der Geschichte des Neiders
und des Beneideten (Nacht 50-52)

Wie mancher Liebende spricht zu seiner
Geliebten mit den Augenliedern
von dem, was sein Herz verbirgt.
Mit einem Blicke zeigt sie ihm dann an,
daß sie ihn wohl verstanden.
Wie schön steht dem Gesichte
ein bedeutungsvoller Blick,
wie reizend ist ein Auge,
das jeden Wink versteht.
Es ist, als lese der Eine
mit den Augen,
was der Andere
mit den Augenliedern geschrieben.
(Band 1 S. 205)
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Aus der Geschichte des dritten Kalenders
und Königssohnes (Nacht 52-56)

Sie ist schmiegsam,
wie die Zweige des Ban,
den der Zephyr bewegt;
wie reizend und anziehend ist sie,
wenn sie geht!
Bei ihrem Lächeln glänzen ihre Zähne,
so daß wir sie für einen
Blitzstrahl halten können,
der neben Sternen leuchtet.
Von ihren kohlschwarzen
Haaren hängen Locken herunter,
die den hellen Mittag
in die Wolken der Nacht hüllen;
zeigt sie aber ihr
Angesicht in der Finsterniß,
so beleuchtet sie Alles
von Osten bis Westen.
Aus Irrthum vergleicht man
ihren Wuchs mit dem
schönsten Zweige
und mit Unrecht
ihre Augen mit denen
einer Gazelle.
Wo sollte eine Gazelle
ihren schönen Ausdruck hernehmen;
ihre liebenswürdige Natur ist einzig.
Ihre weiten Augen,
die in der Liebe so
gefährlich sind,
fesseln plötzlich den
von ihr Verwundeten;
ich fühlte eine heidnische
Liebe zu ihr;
kann man aber über
einen kranken Liebenden
sich wundern,
der seinen Glauben vergißt?
(Band 1 S. 249)
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Aus der Geschichte
des ersten Mädchens (Nacht 67-70)

Ich schwöre bei der
Trunkenheit seiner Augen,
bei seinem Wuchse,
bei den Pfeilen die seine Reize
versenden,
bei seiner weißen Stirne
und seinen schwarzen Haaren,
bei den Augenbrauen,
die mir den Schlaf geraubt,
die mir Vermittler seiner
Gebote und Verbote sind,
bei der Gefahr,
die seine Haarlocken verbreiten,
die den Liebenden durch seine
Trennung mit Tod bedrohen,
bei den Rosen seiner Wangen
und den Myrten seiner Schläfe,
bei dem Carniol seines Mundes
und den Perlen seiner Zähne,
bei dem Wohlgeruch seines Athems
und dem süßen Wasser seines Speichels,
wo Honig mit klarem Weine gepaart,
bei seinem Halse und schönem Bau
der Granatäpfel auf seiner Brust,
bei seinen Schenkeln,
welche zittern, wenn er sich bewegt und ruht,
und bei der Feinheit seiner Hüften,
bei der Seide seiner Haut
und der Zartheit seines Geistes
und bei Allem, was er von Schönheit umschließt,
bei seiner freigebigen Hand
und aufrichtigen Zunge,
bei seinem edlen Stamm
und erhabnem Range.
Der Moschusgeruch ist nichts
anders als seine Ausdünstung,
und der Ambraduft ist
von ihm entnommen.
Auch die leuchtende Sonne steht so tief
unter ihm wie einer seiner
abgeschnittenen Nägel.
(Band 1 S. 267-268)
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Aus der Geschichte des Vesirs Ali aus Kahira
und Bedruddin Hassans aus Basra (Nacht 78-107)

Sein schlanker Wuchs gleicht
einem kräftigen Baumstamme,
der Mond scheint von seiner
leuchtenden Stirne aufzugehen,
die Sonne geht in den Rosen
seiner Wangen unter;
er ist der König der Schönheit,
und die Schönheit alles Geschaffenen
ist von ihm entlehnt.
(Band 1 S. 308)
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Aus der Geschichte des Vesirs Ali aus Kahira
und Bedruddin Hassans aus Basra (Nacht 78-107)

Sie erscheint wie der Vollmond
in einer freundlichen Nacht,
mit zarten Hüften,
und schlankem Wuchse,
ihr Auge fesselt die Menschen
durch ihre Schönheit,
die Röthe ihrer Wangen
gleicht dem Rubin,
schwarze Haare hängen ihr
bis zu den Füßen herunter;
hüte dich wohl
vor diesem dichten Haare!
Schmiegsam sind ihre Seiten,
doch ihr Herz ist
härter als Felsen.
Aus ihren Augenbrauen
schleudert sie Pfeile,
die immer richtig treffen
und nie fehlen,
so fern sie auch seyn mögen.
(Band 1 S. 331)
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Aus der Geschichte des Vesirs Ali aus Kahira
und Bedruddin Hassans aus Basra (Nacht 78-107)

Komm in meine Arme,
dann bin ich mit dem Schicksale
zufrieden,
wiederhole mir deine süßen Worte,
denn meine Ohren
lieben dein Gespräch,
wie ich dich selbst liebe;
o möchte nur meine Rechte
dich immerfort umarmen!
(Band 1 S. 335)
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Aus der Geschichte des Vesirs Ali aus Kahira
und Bedruddin Hassans aus Basra (Nacht 78-107)

Geh' zu deiner Geliebten
und frage nichts
nach dem Gerede mißgünstiger
Leute, die nie der Liebe
Hülfe gewähren.
Keinen schönern Anblick
hat der Barmherzige geschaffen,
als den zweier Liebenden,
die sich fest umschlungen halten.
Hat einmal ein Herz der Liebe
sich geweiht,
so vermögen die Leute
eben so wenig gegen dasselbe,
als gegen kaltes Eisen.
Schenkt dir das Schicksal
einen schönern Tag,
so kannst du zufrieden seyn:
doch wo ist dieser Tag?
O ihr, die ihr die Liebenden tadelt,
könnt ihr denn so leicht
ein verdorbenes Herz bessern?
(Band 1 S. 336)
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Aus der Geschichte des Vesirs Ali aus Kahira
und Bedruddin Hassans aus Basra (Nacht 78-107)

Ich sehnte mich nach dem,
den ich liebe,
und als ich ihn fand,
verstummte ich und war nicht mehr
Herr meiner Zunge
und meiner Augen;
aus Ehrfurcht schlug ich die Augen
vor ihm nieder, und suchte,
was ich empfand,
ihm zu verbergen,
doch es blieb nicht verborgen;
viele Worte hatte ich
in meinem Herzen,
und als ich beim Geliebten war,
brachte ich kein Wort heraus.
(Band 1 S. 367)
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Aus der Geschichte des Vesirs Ali aus Kahira
und Bedruddin Hassans aus Basra (Nacht 78-107)

Für dich hat jedes Herz
einen geheimen Gedanken
und einen verborgenen Sinn,
den Niemand ausspricht.
O du, der du den leuchtenden Mond
durch deine Schönheit zu Schande machst,
dessen Reize dem anbrechenden
Morgen gleichen,
das Licht deines Angesichts
kann man nie und nirgends entbehren,
man wird mit immer neuer
Sehnsucht wieder hingezogen.
Ich zerschmelze vor Liebesglut,
und doch ist dein Gesicht
mein grünes Paradies;
ich sterbe vor Durst,
und doch ist dein Speichel
wie der Fluß Kautar.
(Band 1 S. 369)
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Aus der Geschichte Ali's des Sohns Bekars
und der Schems Unnahar (Nacht 175-204)

Der Geliebte neigte sich zur Geliebten hin,
und die Liebe macht
aus beiden Herzen ein Einziges.
Sie stehen am Meer der Liebe,
es war aber ein süßes Meer,
darum machen sie reichen Vorrath.
Als sie da standen
und Thränen über ihre Wangen flossen,
sagten sie: die Schuld
liegt am Geschick,
nicht an dem, der dieses Meer befährt.

Wegen der großen Entfernung, o Geliebte!
haben meine Augen nur Thränen geerbt.
O Freude und Glück meiner Augen!
o du Ziel meiner Wünsche
und meines Glaubens!
habe Mitleid mit dem Betrübten
und Verzweifelten,
dessen Augen in seinen
Thränen untergehen,
dessen Liebe sein Innerstes füllt,
solang es Sehnsucht und Seufzer gibt.
(Band 1 S. 576)
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Aus der Geschichte Ali's des Sohns Bekars
und der Schems Unnahar (Nacht 175-204)

Ich seufze nach dem,
der gewiß auch seufzen würde,
wenn er, wie ich,
liebekrank wäre;
nach dem, den ein Theil
meiner Sehnsucht schon
seines Verstandes berauben würde.
Dem barmherzigen Gott
will ich klagen und keinem Andern,
daß mein Herz nicht besitzen kann
was es allein wünscht.
Kein Mensch und kein Engel
würde meine Leiden
ertragen können.
(Band 1 S. 577)
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Aus der Geschichte Ali's des Sohns Bekars
und der Schems Unnahar (Nacht 175-204)

Ich gebe mein Leben hin
für den, der meinen Gruß
lachend erwidert;
er hat nach der Verzweiflung
mir wieder Lust
zur Vereinigung gegeben.
Sobald er erscheint,
entdeckt die Sehnsucht
meine Geheimnisse,
und zeigt denen, die mich tadeln,
was ich im Herzen trage;
die Thränen meiner Augen
bilden eine Scheidewand
zwischen mir
und dem Geliebten,
als wenn die Thränen
ihn eben so liebten, wie ich!
(Band 1 S. 580)
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Aus der Geschichte Ali's des Sohns Bekars
und der Schems Unnahar (Nacht 175-204)

Ich habe meine Liebe verborgen,
bis sie zur höchsten Flamme entglüht;
nun haben meine Thränen offenbart,
was ich sorgfältig verheimlicht.
Als ich aber sah,
wie meine Thränen meine Liebe
laut verkündet haben,
gab auch ich jede Scham auf,
denn Offenheit ist doch das Beste.
Nun enthüllte ich vollends
was meine Thränen verborgen ließen,
und doch ist das,
was ich gar nicht aussprechen kann,
das Größte und Höchste.
(Band 1 S. 593)
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Aus der Geschichte Ali's des Sohns Bekars
und der Schems Unnahar (Nacht 175-204)

Im Namen Gottes, des Barmherzigen!
Ich erhielt einen Liebesbrief
vom Monde, der sein Licht
in meine Augen goß.
Dieser Brief wird immer schöner,
je länger mein Auge auf ihm ruht,
als wären seine Worte
von Blumen zusammengestellt.
Er hat einen Theil
meiner Leiden erleichtert,
die durch deinen Verlust
so schwer auf mir lasten.
Meine unbeschreibliche Liebe
ist dir nicht verborgen,
und mein ungeheurer Kummer
entgeht dir nicht.
Mein Herz und mein Auge,
jenes weint vor Liebesflammen
und dieses zerfließt
vor ewigem Wachen.
Meine Thränen hören nicht auf
zu fließen,
und die Flamme
meiner Sehnsucht
erlischt nie.
Bei meiner Liebe
und meiner Ehrfurcht vor dir!
ich hoffte nicht so viel,
als du mir gesagt.
Nach unserer Trennung
wird meine Liebe nie mehr
sich einem andern
Gegenstande zuwenden.
(Band 1 S. 600)
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Aus der Geschichte Ali's des Sohns Bekars
und der Schems Unnahar (Nacht 175-204)

Schnell überfiel uns
die Trennung, nach kurzer Liebe,
Vereinigung und Zusammenleben.
Wie bitter ist Trennung
nach Vereinigung!
Möchte sie doch nie mehr
über einen Liebenden
verhängt werden!
Die Todespein währt nur
eine kleine Weile,
dann ist's vorüber.
Aber die Trennung der Freunde
nagt immer am Herzen.
Gott vereinige alle Liebende
und beginne mit mir,
denn ich sehne mich nach ihm.
(Band 1 S. 654)
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Aus der Geschichte Ali's des Sohns Bekars
und der Schems Unnahar (Nacht 175-204)

Die Liebe hat Thränen
in mir hervorgerufen;
sie fließen nun reichlich
über meine Wangen herunter.
Meine Augenwimpern ermüden
und können nicht tragen,
was darin ist;
sie offenbaren, was ich
verheimlichen möchte,
und verbergen, was ich offenbare.
Wie kann ich meine Liebe
zu verbergen wünschen,
da meine mächtige Pein
um deinetwillen Alles entdeckt!
Nach der Trennung meines Geliebten
wäre mein Tod eine Wohlthat.
Nur möchte ich wissen,
ob es ihm nach mir wohl wird.
(Band 1 S. 658)
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Aus der Geschichte Nureddins
und der schönen Perserin (Nacht 205-223)

Sie ist wunderbar;
die Schönheit ihres Gesichts
gleicht Mond und Sternen;
sie ist die erste und vornehmste
aus ihrem Stamme
und verdunkelt alle,
so mit ihr aufwachsen.
Gott, der erhabene Besitzer
des Himmelsthrones,
hat ihr die höchsten Güter
des Lebens geschenkt:
Seelenadel, Hoheit, Anmuth
und glänzenden Verstand.
An dem Himmel ihres Angesichts
prangen sieben Sterne
gleich den Wächtern ihrer Wangen.
Wenn ihr Jemand durch
begehrendes Anschauen
Blicke entlocken will,
sollte auch sein Blick
dem eines Faunen gleichen,
so versengt sie ihn
durch die Glut eines ihrer Sterne.
(Band 1 S. 666)
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Aus der Geschichte Nureddins
und der schönen Perserin (Nacht 205-223)

Er entzückt wie der Mond
mit seinen Blicken;
er ist schmiegsam
wie ein Baumzweig,
verführerisch, wenn er sich
hin und her schaukelt.
Er glänzt wie Gold;
nur seine Haare sind schwarz.
Süß ist sein ganzes Wesen;
sein Wuchs gleicht einer Lanze.
So hart sein Herz ist,
so zart ist die Bewegung
seiner Glieder.
O, warum wendest du dich nicht mir zu?
Wäre die Zartheit der Bewegung
in seinem Herzen,
er würde niemals
eine Liebende grausam
behandelt haben.
O du, der mich tadelt,
weil ich ihn liebe,
entschuldige mich doch:
schon hat die Liebe
einen zu festen Wohnsitz
in meinem Herzen.
Niemand ist schuldig,
als mein Blick und mein Herz;
doch wen klage ich an?
bin ich es nicht selbst?
(Band 1 S. 671)
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Aus der Geschichte Nureddins
und der schönen Perserin (Nacht 205-223)

Noch einmal, ehe du dich trennest,
beglücke mich
mit einem Blick von dir,
um mein Herz zu stärken,
welches die Trennung von dir
dem Tode nahe bringt.
Doch, sollte dies zu sehr dich schmerzen,
so unterlaß es:
gern will ich sterben
vor Liebesgram,
kann ich dadurch dir
diesen Schmerz ersparen.
(Band 1 S. 708)
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Aus der Geschichte des Prinzen Kamr essaman
und der Prinzessin Bedur (Nacht 224-241)

Mit meinen Augen sah ich
zwei Schlafende auf der Erde;
wohl wünschte ich,
ich könnte ihnen meine
Augenlieder zum Bett anweisen.
Sie sind wie zwei Halbmonde
am Himmel, wie zwei Sonnen
in der Mittagsstunde,
wie zwei herrliche Gazellen,
wie zwei blühende Zweige,
in welche sich die Schönheit getheilt hat.

Was liegt daran, wenn mir auch
deinetwegen die Freundinnen zürnen?
Wo fände Trost, wer um deinetwillen leidet?
So zart meine Gestalt ist,
so vermag doch die heftigste
Liebesglut sie nicht aufzuzehren:
dein Anblick ist wie erquickender Wein
und gibt ihr neue Kraft.
Dein Auge verschönert sich,
so oft man es ansieht;
wer nur einmal hineinblickt,
muß sich ihm stets
voll Liebe zuwenden.
O du, der du meiner Sehnsucht
dich entwindest,
darf man so dem Versprechen
der Liebe aus eiteln Gründen
zuwider handeln?

Die schwerste Liebespein
bürdest du mir auf,
während ich zu schwach
und unmächtig bin,
mein Gewand zu tragen.
Du lässest mich so lange weinen,
bis man fragt: Ist das nicht Blut,
was diese Augen röthet?
Wäre mein Herz so hart,
wie das deine,
so wären die Kräfte meines Körpers
nicht also geschwunden.
Weh' über den Anblick eines Mondes,
dessen Schönheit vollkommen ist,
dessen Glanz alles Sterbliche überstrahlt!
Weh' über dein hartes Herz!
Lernte es doch Biegsamkeit
von deinem Wuchse,
so würd' es sich zärtlich mir zuneigen.
O mein Fürst und Gebieter!
du hast über deine Schönheit
einen Aufseher,
der dir Unrecht thut,
und einen Wächter,
der mich grausam zurückweist.
Wer da sagte, die Schönheit sey
in Joseph vereint,
der hat nicht wahr gesprochen:
deine Schönheit ist hundertfach
die Schönheit Josephs.
Schwarz ist das Haar,
leuchtend die Stirne,
das Auge wie das der Gazelle,
und zart und schlank ist der Wuchs.
(Band 1 S. 804-805)
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Aus der Geschichte des Prinzen Kamr essaman
und der Prinzessin Bedur (Nacht 224-241)

Halte fest an dem Gegenstand deiner Liebe
und laß dich das Gerede
des Neides nicht irren:
die Tadler führen zu nichts
in der Liebe.
Gott hat nichts Schöneres
geschaffen, als ein liebendes Paar
auf einem Lager, das, Eins
durch das Andere beglückt,
mit dem Ausdruck innigster
Zufriedenheit
im Antlitz sich fest umarmt hält.
Ist einmal ein Herz mit der Liebe vertraut,
so mag lange die Welt
auf kaltes Eisen schlagen.
O du, der du Liebende der Liebe
wegen tadelst, bist du wohl
im Stande, ein krankes Herz zu heilen?
Und begegnet dir in deinem Leben
ein reiner, in sich selbst geschlossener
Mensch, so laß ihn gewähren
und mich diesen Einzigen seyn.
(Band 1 S. 807)
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Aus der Geschichte des Prinzen Kamr essaman
und der Prinzessin Bedur (Nacht 224-241)

Ach, wie wunderbar
war seine Schönheit!
und doch ist Schönheit nur
ein geringer Theil seiner Eigenschaften.
In allen seinen Bewegungen
liegt ein Zauber.
Wenn Jemand zu dem Monde sagte:
Rühme dich! so würde er sprechen:
Ich verdanke meinen Glanz
den Tulpen seiner Wangen.
Wie der Punkt im Buchstaben Nun,
so erscheint das Mahl
auf seiner Wange.
Hat er je Fehler begangen,
so möge ihm Gott auch diese
als Tugenden anrechnen.
Ich hörte nicht auf,
von der Zeit zu fordern,
daß sie mich mit ihm vereinige,
und er in meine Nähe komme;
allein, sich fern zu halten,
scheint ihm eigen zu seyn.
Ich verzieh dem Schicksal all'
seine Ungerechtigkeit, als es ihn
zu mir führte, und warf einen Schleier
über all' seine Unbilden.
In fester Umarmung haben wir
die Nacht zugebracht:
trunken war er von meinen
Liebkosungen und ich von
dem Becher seines Mundes.
Ich drückte ihn fest an mich,
wie ein Geiziger seinen Reichthum hält,
aus Furcht, es möchte mir eine
von seinen Schönheiten geraubt werden.
Ich hielt ihn in meinen Armen,
als wäre er eine Gazelle,
von der ich besorgte,
sie möchte mir entfliehen.
(Band 1 S. 824)
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Aus der Geschichte des Prinzen Kamr essaman
und der Prinzessin Bedur (Nacht 224-241)

Sie sagen, Liebe habe meinen Verstand
verrückt; ich aber antworte ihnen:
Ist das nicht die wahre Wonne
des Lebens, wenn Liebe so heftig ist,
daß sie den Verstand raubt?
Lasset mir doch meinen Wahnsinn
und bringet mir den, um dessen willen
ich wahnsinnig bin;
wenn er nicht noch mehr
als dies verdient, dann sollt ihr
mich schelten.
(Band 1 S. 832)
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Aus der Geschichte des Prinzen Kamr essaman
und der Prinzessin Bedur (Nacht 224-241)

Die Sehnsucht malt dein Bild
in meinem Herzen, obgleich
es schon lange ist,
daß wir uns besuchten.
Die Hoffnung bringt dich mir nahe,
gleich einem Blitz, der in die Augen
dringt und verschwindet.
O, zögere nicht länger!
Du bist das Licht meiner Augen:
solange du dich entfernt hältst,
bleibt Alles dunkel um mich her.
Freut dich die Trennung von mir,
so freue ich mich mit deiner Freude.
Sey stille, mein Herz, und enthalte dich,
ihm Vorwürfe zu machen:
denn an dem Tage, wo wir uns finden,
müßtest du dich selbst darüber anklagen.
Klagt er ja doch mich auch nicht an,
und doch verstehen sich unsere Herzen.
(Band 1 S. 833)
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Aus der Geschichte des Prinzen Kamr essaman
und der Prinzessin Bedur (Nacht 224-241)

Ich kenne alle Vorzüge deiner Schönheit:
sie haben mich ganz verwirrt,
ich bin wie besinnungslos
und weiß nicht, was ich sagen soll.
Nenne ich dich Vollmond,
so spreche ich unrichtig:
denn der Vollmond ist
dem Abnehmen unterworfen;
deine Schönheit aber
bleibt stets unvermindert.
Sage ich Sonne zu dir,
so weiß ich,
daß deine Schönheit sich nie
vor meinen Augen verdunkelt,
während die Sonne sich oft
meinen Blicken entzieht.
Vollkommen, ohne Mangel
sind deine Reize:
sie zu beschreiben
ist der Beredsamste unfähig
und der Verständigste zu schwach.
(Band 1 S. 845)
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Aus der Geschichte des Prinzen Kamr essaman
und der Prinzessin Bedur (Nacht 224-241)

Ich schreibe dir
mit einem Herzen, welches
von deinem Andenken glüht,
und mit Augen, welche
die Sehnsucht entzündet hat,
weil der Quell ihrer Thränen
versiegt ist.
Brennende Liebespein umhüllt
meinen halbgeschwundenen Leib
mit dem weiten Gewande der Magerkeit.
Ich klage die Liebe an um deßwillen,
was sie mir geschadet:
denn nimmer länger bin ich
im Stande, ihre Schläge zu ertragen.
O, sey doch mild und huldreich
gegen mich, erbarme dich mein
und neige dich mir zu;
nimm in deinen Schutz
einen Jüngling, dessen Innerstes
schon ganz zerrissen ist.
(Band 1 S. 846)
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Aus der Geschichte des Prinzen Seif Almuluk
und der Tochter des Geisterkönigs (Nacht 295-325)

O Badiald Jamal! ich bin ganz
erfüllt von deinem Bilde,
habe Mitleid mit dem,
der in Liebe zu dir glüht;
du bist der Gegenstand meines Flehens,
meiner Wünsche und meiner Freuden,
mein Herz verschmäht
jede andre Liebe als die deinige.
Ich durchwache die ganze Nacht
und meine Augen weinen.
Wüßte ich doch, ob dir
meine Thränen nicht verborgen geblieben?
Unaufhörlich fließen Thränen
auf meine Wangen im Grame nieder,
ob ich jemals deine Einwilligung
erhalten werde.
Alsdann wünsche ich,
daß der Schlaf meine Augen zudrücke,
weil ich hoffe, dich im Traume zu sehen.
Gott vermehre deine Freude
und deinen Glanz;
müßte auch die ganze Welt
dein Lösegeld werden.
Die Herde der Liebenden sind
unter meinem Panier,
die der Schönheit
unter dem deinigen.
(Band 2 S. 235)
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Aus der Geschichte des Prinzen Kamr essaman
und der Prinzessin Bedur (Nacht 224-241)

Meine Thränen mögen mir
als Entschuldigung bei dir dienen,
und dir das Geheimniß meines Herzens entdecken.
Die Freude hat dasselbe so überströmt,
daß ich weinen muß
vor übergroßer Wonne.
Ich sah einen Mond
über den Zweigen eines Ban gehen,
und verlor aus Liebe Muth und Geduld.
Das Innerste meines Herzens
gerieth in die heftigste Verwirrung,
so daß in meinem Schmerze
der Schlaf meine Augen floh.
Ihre Augen sind schwarz,
wohlduftend ist ihr Mund,
ihre Aepfelwangen sind die Anemonen.
Aus Liebe und Sehnsucht
rief ich aus: Nur sie will ich,
nichts kann sie mir aus dem Herzen reißen!
Bei Gott, ich beschwöre dich!
o du, der nichts bei mir gleich kommt!
du mein Geist und meine Freude!
bei der Anmuth deiner Wangen,
weiß und roth gemischt,
bei dem Zauber und der Glut deiner Augen,
bei den biegsamen Zweigen
deines Wuchses sehne dich nicht
nach dem Unseligen,
den der Liebesschmerz zernichtet,
von dessen vergänglichem Körper
nur noch ein kleiner Rest übrig geblieben;
das ist Alles, warum ich
nach deinem Lobe bitte,
und nun habe ich,
indem ich meinen Zustand geschildert,
meine Pflicht erfüllt.

Friede sey mit dir und werde dein Führer!
das Edle neigt sich immer zum Edlen hin;
Friede sey mit dir! möchte ich dich nie
unglücklich wissen!
In meinem Herzen nimmst du einen
großen Raum und hohen Rang ein;
mich verzehrt die Eifersucht, und der Gedanke an dich;
jeder Liebende leidet für eine Geliebte.
Höre nicht auf, deinem Freund
hold zu seyn, denn er stirbt vor Sehnsucht:
sein Herz ist liebekrank.
Gebeugt schaue ich zu den Sternen der Nacht,
und mein Herz ist einer langen Pein hingegeben.
Keine Geduld und keine Anstrengung
hilft mehr, ich werde immerfort sagen:
Der Friede Gottes sey mit dir zu jeder Zeit!
Nie wird der Liebende ungeduldig werden,
dir zu huldigen.
(Band 2 S. 237)
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Aus der Geschichte Ghanems
und der Geliebten des Beherrschers der Gläubigen (Nacht 337-346)

Das Herz des Geliebten
vergeht in Sehnsucht
wegen seiner Freundin,
er ist seines Verstandes wegen
ihrer wunderbaren Schönheit beraubt;
man fragte ihn: Wie schmeckt die Liebe?
und er antwortete:
Die Liebe ist süß,
doch ist vieles Bittre dabei.
(Band 2 S. 303)
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Aus der Geschichte der Tochter des Veziers
und des Prinzen Uns Alwudjud (Nacht 346-359)

Ihre Erscheinung ist wie die
des Mondes zwischen Sternen,
und die schwarzen Wolken
schmücken sich mit ihrem Haare.
Mein Verstand hat mit der
Liebe gescherzt, und nun gleicht er
einem Sperling in der Hand
eines Kindes, das mit ihm spielt.
(Band 2 S. 318)
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Aus der Geschichte der Tochter des Veziers
und des Prinzen Uns Alwudjud (Nacht 346-359)

Wer dich Uns Alwudjud genannt,
hat nicht geirrt, denn nur bei dir allein
fühle ich mich wohl,
du bist mein Daseyn.
O leuchtender Mond!
o du, dessen Gesicht das Daseyn
aller Wesen beleuchtet!
Du bist einzig unter den Menschen,
der Sultan der Schönheit,
dafür zeugen dein liebevoller Blick,
deine rundgewölbten Augenbrauen,
dein Wuchs, zart wie ein frischer Baumzweig.
Du hast in meinem Innern eine Flamme
angezündet, die ich nicht mehr
verbergen kann; du, der Trennung
unmöglich macht, Neider beschämt
und einen mächtigen Arm hat,
der überall Wohlthaten übt!
(Band 2 S. 319)
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Aus der Geschichte der Tochter des Veziers
und des Prinzen Uns Alwudjud (Nacht 346-359)

Je heftiger der Schmerz und die Pein,
um so heißer wird die Liebe
bei dem gequälten Liebenden.
Wie soll nach der Trennung
noch das Leben schmecken?
und doch vermehrt die Trennung
noch die Liebesflamme.
Als meine Liebe zunahm
und meine Thränen über
die Wangen flossen,
da irrte ich bewußtlos umher,
nichts konnte meine Schmerzen mildern,
nichts mich heilen.
(Band 2 S. 327)
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Aus der Geschichte der Tochter des Veziers
und des Prinzen Uns Alwudjud (Nacht 346-359)

Wem soll ich meine Schmerzen klagen?
Man hat mich eingesperrt
und vom Geliebten getrennt.
Lange wache ich nun in der Nacht,
bin krank und vergieße Thränen;
des Morgens stehe ich ganz
abgemagert auf von den
quälenden Trennungsschmerzen.
Bei Sonnenaufgang und Sonnenuntergang
bitte ich die Sonne, meinem Geliebten
tausend Grüße zu bringen;
meinem Geliebten, dessen Anmuth
den Vollmond beschämt
und der Nacht ihre Reize verleiht.
Wenn eine Rose seinen
Wangen gleichen wollte,
würde ich sagen:
Weit entfernt! mit dir habe ich
nichts zu thun.
Von seinem Munde rede ich nicht,
er ist mein Geist und mein Herz,
und Worte der Beseligung
kommen aus ihm.
Nur wer mich krank gemacht
kann mich heilen,
nur mein Geliebter ist mein Arzt!
(Band 2 S. 334)
_____



Aus der Geschichte der Tochter des Veziers
und des Prinzen Uns Alwudjud (Nacht 346-359)

Dunkelheit umgibt mich und erregt Schmerz
und Krankheit in mir,
die Sehnsucht aber vermehrt noch
meine Leiden.
Der Trennungsbrand hat sich
in meinen Eingeweiden festgesetzt,
und die Sorgen haben mich ganz
zu Nichts gemacht,
und die Thränen
mein Geheimniß verrathen.
Ich fühlte gar kein
Leben mehr in mir,
um am Trennungstag
Abschied zu nehmen;
o Gewalt! o Reue! o Nacht!
sprich von mir zu meinem Freunde,
denn du weißt es ja am besten,
daß meine ganze Seele an ihm hängt.
(Band 2 S. 334-335)
_____



Aus der Geschichte der Tochter des Veziers
und des Prinzen Uns Alwudjud (Nacht 346-359)

Deine Stimme ist traurig,
doch sie gefällt mir,
denn sie gleicht meinen Klagen
in der Liebespein.
O Mitleid mit den Liebenden!
wie sehr sind sie in der Nacht
von schmerzlicher Sehnsucht geplagt;
ihre Nacht kennt keinen Schlaf,
und ihnen tagt kein Morgen.
Auch wenn sie mir mit dem Bilde
der Geliebten naht,
bemächtigt sich meiner eine heftige Pein,
Thränen strömen aus meinen Augen,
meine Sehnsucht wird durch die Trennung
nur immer heftiger;
die Schätze meiner Geduld
sind zerronnen und der
allmächtige Gram verzehrt mich.
Wenn das Schicksal gerecht ist,
so muß es mich durch
die Vereinigung mit meiner Geliebten
selig machen.
Ich ziehe meine Kleider vor ihm aus,
damit es sehe, wie mein Körper
durch die Trennung abgenommen.

Sey gegrüßt, Ringeltaube!
Freundin unglücklicher Liebenden!
Ich liebe eine schmächtige Gazelle,
deren Blicke schärfer als Pfeile stechen.
Ihre Trennung hat mein Herz verzehrt
und allerlei Uebel über meinen Körper gebracht.
Ich habe mir alle Süßigkeit
des Lebens versagt,
so wie mir der Schlummer geraubt wurde.
Trost und Geduld sind verschwunden,
Liebe und Schmerzen aber sind geblieben;
wie kann mir das Leben noch schmecken,
nachdem die edelsten Freunde
von mir geschieden?

O Liebender! Du erinnerst mich an eine Zeit,
in der ich mein Herz verloren habe
an meinen holden Geliebten,
der mich verließ,
dessen Stimme, wenn er auf den Bäumen sang,
einer Laute glich.
Ein Jäger stellte mir ein Netz
und fing mich;
ich aber sagte ihm: Fange mich nur,
du wirst mich wieder frei lassen.
Ich glaubte, er werde Mitleid mit mir haben,
sobald er sehe, daß ich liebe.
Gott möge ihm zeigen,
daß er mich hartherzig
von meinem Geliebten getrennt,
und dadurch mein Herz verbrannt hat.
Gott belohne Denjenigen,
der Antheil nimmt an meiner Liebe
und sich meiner erbarmt,
wenn er mich so in meinem  Käfig
nach meinem Geliebten schmachten sieht!
(Band 2 S. 339-340)
_____



Aus der Geschichte der Tochter des Veziers
und des Prinzen Uns Alwudjud (Nacht 346-359)

Man hat mich grausam weit
von meinem Geliebten eingekerkert
und mich mit einem heißen Brande
im Kerker heimsucht.
Ich bin in ein neues Schloß eingesperrt,
das auf einem hohen Berge liegt,
an dessen Fuß sich die Meereswogen
brechen, so daß kein Blick
meines Geliebten zu mir reichen kann.
Sie glauben, ich werde mich trösten,
doch meine Liebesqual nimmt immer zu.
Wie soll ich den vergessen,
dessen Blick mir mein ganzes Seyn
gegeben haben?
Tage und Nächte bring' ich
in Kummer und Sorgen zu;
so lange Morgen und Abend wechseln,
werde ich seiner gedenken,
vielleicht wird doch zuletzt
einmal das Schicksal uns begünstigen!
(Band 2 S. 340-341)
_____



Aus der Geschichte der Tochter des Veziers
und des Prinzen Uns Alwudjud (Nacht 346-359)

Das Andenken meiner Geliebten
tröstet mich in meiner Einsamkeit,
und begleitet mich während der Nacht.
Ich habe keine andere Hülfe
als meine Thränen,
sie allein erleichtern meine Last.
Meine Sehnsucht ist heftig,
noch nie hat Jemand so durch sie gelitten;
wunderbar ist die Macht meiner Liebe;
mein Herz ist zerknirscht,
mein Auge schläft nicht.
Die Flamme loderte so verzehrend
in meinem Herzen,
und meine Leiden wurden so mächtig,
daß alle Geduld von mir wich.
Der Trennungsschmerz machte mich
mager und krank; meine Augen
sammt dem Augapfel
wurden wund von den Thränen,
die ich nicht zurückhalten konnte.
Meine Kraft nahm ab,
die Pulse meines Herzens
hörten auf zu schlagen
und ich fühlte einen Brand
nach dem andern.
Mein Herz und mein Kopf zeigten
den festen Willen,
bis zur Todesstunde meiner Herrin,
die Gott erhalte! zu gehören.
Sie hatten vor, uns zu trennen,
und bezweckten doch nur
unsere Vereinigung.
Wozu diese längere Trennung,
Sehnsucht und Qual?
meine Seele schmachtet
nach dem Wiedersehen!
Laßt nun meine Geliebte
liebend mit mir kosen
und unsere Trauer sich
in Freude verwandeln!
(Band 2 S. 351)
_____



Aus der Geschichte der Tochter des Veziers
und des Prinzen Uns Alwudjud (Nacht 346-359)

O du, der schon lange
im Besitze meines Herzens ist!
O du, dessen Nähe
jeden Kranken heilt!
O du, den Niemand
mir ersetzen kann!
Licht meiner Augen!
komm in's Bad,
schon brennen die Lichter,
der Boden ist mit Rosen,
Narzissen, Myrthen
und Lilien bestreut,
und lieblich duften
Aloe und Ambra;
dort will ich mein Herz erfreuen,
und wenn ich dich dort sehe,
will ich ausrufen:
Heil und Freude dir,
o Geliebter!
(Band 2 S. 355)
_____



Aus der Geschichte der Haiat Alnufus
mit Ardschir (Nacht 367-389)

Feindlich fällt die Nacht
über den Verzweifelten her
und bringt Schmerzen und
glühende Seufzer in mein Herz.
Fraget die Nacht nach mir,
sie wird euch sagen,
welche Liebespein in mir wohnt.
Ich bin betrübt, verlassen, fremd,
ohne Frau und Kind und so krank,
daß ich die Sterne der Nacht
nicht mehr sehen mag;
ich habe alle meine Geduld verloren
und finde keinen Trost
in meinem Trennungsschmerze.
Doch will ich meine Qualen
und meine Pein nur Gott allein
und sonst Niemandem klagen.
(Band 2 S. 385)
_____



Aus der Geschichte der Haiat Alnufus
mit Ardschir (Nacht 367-389)

Meine Pein kommt von der Liebe,
die immer wächst,
Niemand hilft mir gegen
die Gewalt des Schicksals;
ich schaue immer zu den Sternen,
bis der Morgen naht,
in Sehnsucht vertieft,
mit brennender Liebesflamme.
Doch ich schwöre es,
nie will ich aufhören, dich zu lieben,
wenn auch der Schmerz
meinen Augenliedern den Schlaf raubt,
wenn auch meine Leiden
lange dauern und meine Geduld
immer weniger wird.
Ich werde ausharren,
o du mein höchstes Verlangen!
bis uns Gott vereinigt
und alle unsre Feinde
und Neider beschämt.
(Band 2 S. 387)
_____



Aus der Geschichte der Haiat Alnufus
mit Ardschir (Nacht 367-389)

O du, dessen Blicke in Liebe schmachten,
dessen Schönheit Vornehme
und Niedrige beschämt!
die Menschen sind aus Wasser
und Erde geschaffen,
du aber aus Licht und Glanz!
Sprichst du, so vermehrt sich mein Schmerz,
und schweigst du, so wächst
meine Sehnsucht.
Du bist aus dem
ewigen Paradiese gestohlen worden,
während der Engel Radhwan
nachlässig wachte.
(Band 2 S. 390)
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Aus der Geschichte der Haiat Alnufus
mit Ardschir (Nacht 367-389)

O Haiat Alnufus!
beglücke mit deiner Nähe
einen Liebenden,
den die Trennung auflöst!
Mein Leben war von Freude
und Wonne umgeben,
und nun bringe ich die Nächte
rasend und liebestrunken zu.
Muß immer fern von dir
seufzen und jammern,
bin stets betrübt und hoffnungslos!
die ganze Nacht koste ich
keinen Schlaf und schaue
immer nach den Sternen hinauf.
O habe Mitleid mit einem
bestürzten, gequälten Liebenden,
dessen Herz stets betrübt
und dessen Augen wach sind.
(Band 2 S. 396)
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Aus der Geschichte der Haiat Alnufus
mit Ardschir (Nacht 367-389)

Als meine Augen ihre Reize sahen,
ward mir Liebegefesselten ohnmächtig.
Ich ward wie ein Todter,
der auf der Erde liegt,
und meine Geliebte wußte nichts davon.
Sie ging fort und zerstörte ein Herz,
von Liebe gebunden;
o dürfte ich doch nur
ihr Sklave seyn!
O Herr! vereinige uns bald
und verschaffe mir Hülfe
durch meine Geliebte,
ehe ich in's Grab steige.
Ich werde nicht aufhören,
sie zu lieben, bis sie mich tödtet;
vielleicht wird sie dann Mitleid
mit mir haben und mich wieder
in's Leben zurückrufen.
Ich komme ihr zehn und zehnmal entgegen,
doch Ihresgleichen kehrt sich nicht
an meine Sehnsucht und Liebespein.
O hilf mir durch ihre Liebe;
denn, liebe ich ohne Hoffnung,
so reicht mir die Liebe den Todeskelch.
Thränen fließen stets
aus meinen verwundeten Augen,
die der Blindheit nahe sind.
Ich kenne keinen Schlaf
in den langen Nächten,
ich durchwache sie lieber,
in meine Liebe vertieft.
Selbst meine Feinde haben
Mitleid mit mir, wenn sie den Gram sehen,
den mir die Trennung verursacht.
Wenn nur die Zeit einen einzigen Tag
der Vereinigung brächte,
gerne wollte ich ihr mein Leben geben
und ihr Sklave werden.
Gott beschütze die Vereinigungstage
und ihre Süßigkeit!
und es lebe die Zeit,
die mein Verlangen stillt!
(Band 2 S. 433)
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Aus der Geschichte der Haiat Alnufus
mit Ardschir (Nacht 367-389)

Wenn das Licht der Sonne
und das Leuchten des Mondes
sich begegnen,
wird das Firmament verdunkelt;
wenn ihre strahlenden Wangen sich zeigen,
wird die Morgenröthe aus Scham blaß;
und wenn bei ihrem Lächeln ein Blitz
aus ihren Zähnen leuchtet,
so wird die dunkle Abenddämmerung
heller Morgen.
Ihr Wuchs ist so ebenmäßig,
daß, wenn sie erscheint,
die Zweige des Ban
eifersüchtig über sie werden.
Der Mond besitzt nur einen Theil ihrer Reize,
die Sonne wollte sie anfechten, konnte es aber nicht.
Wo hat die Sonne Hüften,
wie sie die Königin meines Herzens hat?
Wer besitzt gleich ihr solch
schöne Form und solch herrliche Tugenden?
Kein Liebender kann je ihrer Liebe widerstehen,
mein Auge und mein Herz
bezeugen es einstimmig!
An sie war mein Herz durch Liebe gefesselt;
schmachtet nicht jedes Herz
vor Verlangen nach Ihr?
Diese Pein! o meine Hoffnung!
komm an des Liebenden Herz
und weiche nie mehr davon!
(Band 2 S. 440)
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Aus der Geschichte der Haiat Alnufus
mit Ardschir (Nacht 367-389)

O du, der Mond und Sonne beschämt!
Deine Anmuth hat sich
meines Herzens bemächtigt,
das Schwert deiner Blicke
durchschneidet mein Inneres
und ich weiß ihm nicht zu widerstehen.
Ziehe den Bogen deiner
Augenbrauen zurück,
der mein Herz blutig getroffen!
Deine Wangen und dein Wuchs,
gleich einem blühenden Baumzweige
mit schönen Früchten,
haben mich verführt, so daß ich mich
nicht mehr von dir trennen kann.
Du hast mich lange gequält
und mir schlaflose Nächte verursacht,
am öffentlichen Tage
wolltest du mich tödten!
Fern seyen alle Schmerzen,
verbannt die Trennung
und stets freudig das Wiedersehen!
O habe Mitleid mit einem Herzen,
das, o Geliebter, deinen Schutz anfleht!
(Band 2 S. 442)
_____



Aus der Geschichte der Haiat Alnufus
mit Ardschir (Nacht 367-389)

Der Geliebte meines Herzens
besuchte mich in der Dunkelheit,
ich stand ehrfurchtsvoll vor ihm auf,
hieß ihn sitzen und sagte ihm:
O du mein Verlangen!
mein einziger Wunsch!
du besuchst mich in der Nacht,
fürchtest du die Wächter nicht?
Er erwiderte: Wohl fürchte ich sie,
doch die Liebe ist Herrin
meines Herzens und Geistes.
Wir umarmten uns und schliefen
eine Weile so süß,
daß uns fast die Seele schwand.
Doch dürft ihr uns nicht
im Verdachte haben:
wir schütteln den Saum
unsrer Kleider aus,
und nichts Unreines ist darin.
(Band 2 S. 447)
_____



Aus der Geschichte der Haiat Alnufus
mit Ardschir (Nacht 367-389)

Der Geliebte meines Herzens
besucht mich in der Dunkelheit,
nachdem ich lange seine Ankunft
erwartet hatte.
Ich erkannte ihn an dem Ton
seiner Stimme; er rief: Geliebte!
und ich antwortete: Sey willkommen!
Ich küßte aus Unterwürfigkeit
die Füße des Geliebten und sein Gesicht,
dem nichts Uebles nahen kann.
Ich habe in meinem Leben
keine solche Nacht gesehen,
o wie süß habe ich sie durchwacht!
Gott vergelte ihm nun auch,
wie er es verdient,
und belohne ihn, bei meinen Augen!
so lange der Zephyr weht.
Er belohne einen Geliebten,
der meinetwillen sich so quält
und mich besucht.
Gott möge ihn mir erhalten
und er nie mehr von mir ziehen!
(Band 2 S. 448)
_____


Aus der Geschichte des Hassan aus Bassora
und der Inseln Wak Wak (Nacht 389-430)

Ein schönes Mädchen!
ihr Speichel ist wie Honig,
ihr Auge schärfer als
ein indisches Schwert;
ihre Bewegungen beschämen
die Zweige des Ban,
und wenn sie lächelt,
so gleicht sie der Arthemis.
Du sagst, ihre Wangen seyen
wie Doppelrosen,
doch sie empört sich darüber und spricht:
Wer wagt es, mich mit einer
Rose zu vergleichen?
wer schämt sich nicht,
zu behaupten, mein Busen sey
so reizend wie die Frucht eines Baumes?
Bei meiner Schönheit und Anmuth!
bei meinen Augen und schwarzen Haaren!
wer wieder solche Vergleiche macht,
den verbanne ich aus meiner Nähe
und tödte ihn durch die Trennung;
denn findet er in den Zweigen
des Ban meinen Wuchs,
und in den Rosen meine Wangen,
was hat er bei mir zu suchen?
(Band 2 S. 491)
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Aus der Geschichte des Hassan aus Bassora
und der Inseln Wak Wak (Nacht 389-430)

Die Vögel flogen Abends davon und schrien:
Wer aus Liebe stirbt, hat keine Flügel,
denn so lange man beisammen verweilt,
kann man nicht von Liebe sprechen,
wäre sie auch noch so heftig.
Mir erscheint das Bild derjenigen,
deren Stirne dem Morgen gleicht,
und sie verwandelt meine Nacht in Tag.
Ich seufze nach ihr,
wenn freie Menschen schlafen
und den Kelch der Ruhe schlürfen.
Gerne gebe ich ihr all mein Gut,
das Blut meines Herzens
und meinen Verstand,
denn was bleibt
dem Sehnsuchtsvollen übrig,
als der Liebe Alles zu opfern?
Man sagt, es ist verboten,
vergängliche Dinge zu lieben,
und doch erlaubt man,
daß Liebende ihr Blut vergießen.
So oft mir dein Bild vorschwebt,
klage und seufze ich,
denn was kann der Verzweifelte
mehr thun, als klagen,
da er doch ohne Flügel
nicht fliegen kann!
(Band 2 S. 493)
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Aus der Geschichte des Hassan aus Bassora
und der Inseln Wak Wak (Nacht 389-430)

Dein Wuchs hat mich bezaubert,
dein weites Auge und dein Gesicht,
das im Schönheitswasser perlt.
Ich erblicke in dir die reizendste Gestalt.
Die Hälfte deines Leibes
ist von Rubinen,
ein Drittheil von Diamanten,
ein Fünftheil von Moschus,
ein Sechstheil von Ambra,
und du gleichst ganz einer Perle,
bist nur noch strahlender.
Weder unter Eva's Nachkommen,
noch unter den Töchtern der Genien
ist eine vortrefflicher, als du!
Es steht nun bei dir,
ob du deinen Sklaven
vor Liebe tödten,
oder ihm verzeihen willst.
O Zierrath der Welt,
o mein höchstes Verlangen,
wer kann mit Ruhe
dein schönes Gesicht sehen?
(Band 2 S. 506)
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Aus der Geschichte des Hassan aus Bassora
und der Inseln Wak Wak (Nacht 389-430)

Meine Seele ist mit dem Verluste
des Geliebten beschäftigt,
und freut sich nicht mehr
mit dem Leben und
seinen Süßigkeiten.
Für meine Krankheit
gibt es kein Heilmittel,
nur der Arzt selbst
kann sie heilen.
Geliebte, die du mich
verlassen und des süßen
Schlafs beraubt,
so oft ein Wind geht,
frage ich ihn nach dir
und suche darin deinen Athem
mit einzuhauchen.
Möchte doch das Schicksal
seine Zügel umlenken
und mir meine Geliebte
wiederbringen,
meine Hoffnungsn erfüllen
und mir wieder selige
Tage schenken!
(Band 2 S. 539)
_____



Aus der Geschichte des Hassan aus Bassora
und der Inseln Wak Wak (Nacht 389-430)

Verlassen hat mich der Schlaf,
die Nächte durchwachend
vergieße ich immer mehr Thränen,
und so oft ich meiner Geliebten gedenke,
steigen Seufzer aus meiner Brust.
O wüßte ich doch,
ob ihre Liebe der meinigen gleicht,
ob ihre Leiden so groß
wie die meinigen sind!
Gott verdamme jede Trennung,
die so bitter ist!
Und gibt es wohl für mich
eine Trennung?
Stets schwebt ja dein schönes Bild
vor meinen Augen,
wenn wir auch noch so weit
von einander entfernt sind.
Klagt mein Herz, so heile ich es
mit deinem Namen
und freue mich,
wenn ich die Taube singen höre.
Doch die Taube, die ihren
Geliebten ruft, vermehrt
meine Sehnsucht
und meinen Schmerz.
Ich weine und seufze
zu jeder Stunde nach dir,
o Geliebte,
wann wirst du wieder
in meine Nähe kommen?
Doch hast du mich auch verlassen
und die Treue gebrochen,
ich bin dir stets nahe und treu;
gewiß wird uns einst
das Schicksal wieder vereinen.
(Band 2 S. 540)
_____



Aus der Geschichte des Hassan aus Bassora
und der Inseln Wak Wak (Nacht 389-430)

Die schönen Augen und Wangen
haben mich entzückt
und eine Liebesglut
in mir angefacht,
die meinen Körper so aufzehrt,
daß kein Fleisch und kein Saft
mehr an mir ist.
Mädchen wie Gazellen,
mit einem Gesichte,
in das sich die frömmsten Einsiedler
verlieben müßten,
sie kamen majestätisch daher,
wie ein junger Kata,
jeder ihrer Schritte
brachte mir herbere Liebespein,
und der Anblick ihrer zarten
Gestalt beraubte mich meiner Ruhe.
Aber wie viele kalte
und besonnene Männer sind schon
von dem Blitze solcher Augen
getroffen worden.
(Band 2 S. 542)
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Aus der Geschichte des Hassan aus Bassora
und der Inseln Wak Wak (Nacht 389-430)

Die Liebe hat so tiefe Wurzeln
in meinem Herzen gefaßt,
daß mich kein andres Wesen,
außer meiner Geliebten, mehr erfreut;
sie gleicht an Schönheit einer Gazelle,
und mein Herz ist ihr Weideplatz.
Ist meine Kraft und meine Geduld dahin,
so weine ich, wenn auch
meine Thränen nichts nützen.
(Band 2 S. 544)
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Aus der Geschichte des Hassan aus Bassora
und der Inseln Wak Wak (Nacht 389-430)

Ich stehe mit zerknirschtem Herzen hier
und klage laut über den Verlust
meiner Geliebten.
Vor Sehnsucht küsse ich den Staub,
den der Wind mir zuweht.
Wenn mein Auge ihre leere
Wohnung sieht, so zerreißt
der Liebesgram mir das Herz.
Gott stehe mir bei;
denn ich kann nie vergessen,
und ihre Entfernung
bringt mich dem Grabe nahe.
Man sagt mir: Habe Geduld,
aber seitdem sie verschwunden,
fühle ich die peinlichste
Sehnsuchtsglut.
Nie hat Jemand gleich mir geliebt,
noch gleich mir solche
Trennungsschmerzen empfunden.
Aber wie will ich bei ihrer
Rückkehr mich freuen!
Die Erde will ich,
Gott dankend, küssen
und dem Freudeboten
mein Herz schenken.
(Band 2 S. 551-552)
_____



Aus der Geschichte des Hassan aus Bassora
und der Inseln Wak Wak (Nacht 389-430)

Wie lieblich duftet der Moschus
des Wiederfindens!
wie erquickt der Zephyr,
der von der Wohnung
der Geliebten herweht!
Die Nacht der Vereinigung
wird zum lichten Morgen
und der Trennungstag
zur schwarzen Nacht.
Der Abschied von der Geliebten
ist hart und das Leben fern von ihr
eine grausame Qual.
(Band 2 S. 566)
_____



Aus der Geschichte des Hassan aus Bassora
und der Inseln Wak Wak (Nacht 389-430)

Laßt mein Auge über den Verlust
meiner Geliebten weinen!
denn mein Schmerz ist so groß,
daß es keinen Trost für mich gibt.
Die Trennungskelche machten
die Runde, ich mußte sie ausschlürfen,
und was ist herber als
der Verlust der Geliebten?
Sagt mir, wann wird der Teppich
des Unwillens, der zwischen uns
ausgebreitet ist,
wieder aufgehoben werden?
Sorgsam hatte ich
meine Liebe verborgen,
doch die Thränen haben
sie bekannt gemacht.
Habt Mitleid mit mir,
denn mein Herz brennt
vor Sehnsucht und in meiner
Einsamkeit bleibt mir nichts
als Liebesqual.
Das Schicksal muß uns
einst wieder vereinen;
du bist ja ein Theil meiner selbst,
Darum, Geliebte, kehre bald wieder
und heile die Trennungswunden,
die du mir geschlagen!
(Band 2 S. 585)
_____



Aus der Geschichte des Hassan aus Bassora
und der Inseln Wak Wak (Nacht 389-430)

Schwer ist der Trost des Liebenden,
hart die Trennung von der Freundin.
Wie lange wird dem Liebenden
die Nacht, wenn er fern
von der Geliebten ruht!
Thränen fließen über seine Wangen her,
und die Thränen rufen:
wird es noch lange so währen?
(Band 2 S. 610)
_____



Aus der Geschichte Naama's
und Naams (Nacht 461-464)

Du rufst aus jedem Herzen
die tiefsten Gefühle hervor, Geliebter!
dessen Schönheit den leuchtenden
Mond beschämt
und den heranbrechenden Morgen.
Sey mir hold, denn die Liebe
beherrscht mich ganz;
verlasse mich nicht,
du bist ja edel.
(Band 2 S. 748)
_____



Aus der Geschichte Naama's
und Naams (Nacht 461-464)

Der Mond wäre dir ähnlich,
wenn er sich nicht
zuweilen verdunkelte,
die Sonne würde dir gleichen,
wenn sie sich nie verfinsterte.
O Geliebte! der die Sonne
zu dienen bereit ist,
aus deinen schönen
Augen fahren Blitze,
die mir das Gesicht rauben.
(Band 2 S. 749)
_____



Aus der Geschichte Ali Schirs (Nacht 483-487)

Du bist mein einziges Verlangen,
nach dir gehen alle meine Wünsche;
deine Nähe ist mein Paradies.
Bei dir ist ewige Wonne,
fern von dir die Hölle.
Ich gefalle mir in meiner Liebe,
obschon die Thränen,
die sie mir entlockt,
alle meine Geheimnisse verrathen.
Ich will meine Pein nicht los seyn,
ich suche gar keinen Trost,
die Liebe ist mein Leben,
das nothwendige Gesetz
meines Herzens.
Heil dem Auge, das sich an deinem
Anblicke sättigen kann;
mein Herz schmachtet darnach
und ist vor Sehnsucht außer sich.
(Band 2 S. 873)
_____



Aus der Geschichte Ibn Mansurs
und der Frau Bedur (Nacht 488-489)

Wer die Süßigkeit
und das Bittere der Liebe nicht kennt,
der weiß die Nähe des Geliebten
von seiner Abwesenheit
nicht zu unterscheiden.
Ich habe mich der Liebe
hingegeben, bis ich mit ihren Freuden
und ihrem Leid vertraut ward.
Wie manche Nacht hat mein Geliebter
bei mir zugebracht und mich
aus seinem Munde Wonnetrank
küssen lassen.
Aber die Nacht unserer
Vereinigung war so kurz,
als hätte die Morgenröthe
den Abend berührt;
dann hat uns das Schicksal
verrathen und getrennt.
Doch wer kann sich
der Bestimmung widersetzen?
welcher Sklave kann den Befehlen
seines Herrn trotzen?
(Band 2 S. 881)
_____


Aus: Tausend und eine Nacht
Arabische Erzählungen
Zum erstenmale aus dem
arabischen Urtext treu übersetzt von
Dr. Gustav Weil [1808-1889]
Herausgegeben und mit einer Vorhalle
von August Lewald
Mit 2000 Bildern und Vignetten von F. Gross
Band 1-4
Stuttgart Verlag der Classiker 1838-1841




 

 


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