Orientalischer Liebesgarten
(Ausgewählte Gedichte)
 

(c) Dirk Schelpe pixelio.de
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Jehuda Halevi
(1075-1141)


Der Ungetreue
(aus dem Diwan)

Bringt meinem Ungetreuen meine Grüße,
Fragt ihn, warum er sich mein Blut erkiese.

Sagt ihm, er mög' von Arglist doch sich trennen,
Ach, meinen Augen, die von Thränen brennen,
Den müden Augen etwas Ruhe gönnen,

Vielleicht daß mild der Schlaf sie dann umfließe,
Daß ich im Traum' etwa sein Bild umschließe!

Ich litt' ja gern den Tod, dich zu befrei'n,
Bist ja mein Hüter in der Liebe Hain,
Des Herzens Gluth, sie ist ja dein, nur dein!

Von deinen Wangen pflückt' ich Würze, süße,
Dein Aug' wär' Balsam mir vom Paradiese.

Doch deine Augen senden spitze Pfeile,
Daß ihre Schärfe rasch mein Herz zertheile. -
Ihr freut euch, daß die Wunde mich ereile?

Und wenn mich gänzlich auch mein Freund verstieße,
Glaubt ihr, daß ich von seiner Liebe ließe?

Nichts ist die Welt mir, ihre Lust nur Tand,
Denk' ich der Seligkeit, da seine Hand,
Von Liebesschauern zitternd, mich umwand:

Da schlürft' ich Wein von seiner Lippen Süße,
Lustwandelte auf seiner Wange Wiese.

Da troff's von seinem Mund wie heiße Gluth,
Von seiner Purpurlippe Rebenblut,
Bis daß er sprach in tollem Übermuth:

"Du Nimmersatt willst, daß sich stets ergieße
Mein Mund, von Wein er immer überfließe."

(übersetzt von Abraham Geiger 1810-1874)


 

 

Gedicht aus: Blüthenkranz morgenländischer Dichtung
herausgegeben von Heinrich Jolowicz [1816-1875]
Breslau Verlag von Eduard Trewedt 1860 (124-125)
 

 

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