Orientalischer Liebesgarten
(Ausgewählte Gedichte)
 

(c) Hans-Christian Hein pixelio.de
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Omar Ben Abi Rabia (643-711)


Poetische Epistel an Kelsum
seine nachmalige Frau

Vom Liebenden, den Leidenschaft versehrt,
Den Sehnsucht für Kelsum allein verzehrt;

Dich sah mein Aug', und gleich (ich weiß nicht wie)
Hat zu besitzen dich mein Herz begehrt.

Befried'ge mich, und folge mir in Dingen,
Die ohne Sünde liebend' Herz gewährt:

Bei Gott! er hat es offenbart, im Koran
In Versen augenscheinlich gelehrt:

Wer eine treue Seele grausam tödtet,
Und sie nicht sichert, ist verdammenswerth!

Du wühlst als Mörderin in meinem Blut,
Und setzest drein der Gnaden hohen Werth.

Lass walten zwischen uns Gerechtigkeit,
Und ziehe selbst der Rechtsentscheidung Schwert;

Gewähre mir nur eine einz'ge Sitzung
Durch Fremde und Vertraute nicht entehrt,

Lass wissen mich, bei Gott! was dich bewegt,
Zu tödten einen Moslim, unbewegrt.

(übersetzt von Joseph von Hammer-Purgstall 1774-1856)


 

 

Gedicht aus: Der poetische Orient
in metrischen Übersetzungen deutscher Dichter
mit Einleitungen und Anmerkungen
herausgegeben von Heinrich Jolowicz [1816-1875]
Zweite veränderte Ausgabe Leipzig
Verlag von Otto Wigand 1856 (S. 382)

 

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