Orientalischer Liebesgarten
(Ausgewählte Gedichte)
 

(c) annixx pixelio.de
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Wali Mohammed Wali (1667-1707)


Lied

Die Liebe zur Tyrannin
Hat meine Wang' genäßt,
Wie Gluth das Rosenwasser
Aus Rosen langsam preßt.

Zum Herzen stieg berauschend
Das holde Auge dein,
So wie den Kopf betäubet
Mit seinem Duft der Wein.

Doch wenn sie Lieb' gewähret,
Entfleucht des Grames Gluth,
So wie die Hitze lindert
Des Rosenwassers Fluth.

Wenn mich zur Nacht die Schönheit
Der Rosenwang' beglückt,
So stammeln wir nur Seufzer
Gebroch'nen Tons entzückt.

Die Perlen, welche hangen
In reicher Locken Kranz
An deinem Ohr, verdunkeln
Der Sonne hellen Glanz.

Ja unter Tausend Schönen,
Strahlt sie, mein Glück, hervor,
So wie der Glanz des Mondes
Aus aller Sterne Chor.

Mit glänzend heller Stirne
Tritt sie aus ihrem Haus,
So wie die Sonne schwebend
Aus Ostens Zelt hinaus.

Der Liebe Gluthen locken
Hervor der Zähren Thau,
Wie Feuer lockt das Wasser
Der Rosen auf der Au'.

Es ist, Wali! dein Busen
Von ihrem Bild erfüllt,
Wie oft das Aug' vom Traume,
Wenn es der Schlaf umhüllt.

(übersetzt von Anton Eduard Wollheim da Fonseca 1810-1884)


 

 

Gedicht aus: Blüthenkranz morgenländischer Dichtung
herausgegeben von Heinrich Jolowicz [1816-1875]
Breslau Verlag von Eduard Trewedt 1860 (S. 110-112)
 

 

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