Josef Pollhammer (1832-1903) - Liebesgedichte

 


Josef Pollhammer
(1832-1903)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 

 




Insel

O Liebe! holder Sommertraum!
Ein sonnig Eiland, blütenschwer,
Stiegst du aus meines Lebens Meer,
Und der Gedanken Wellenschaum
Treibt nun in steter Wiederkehr
An deines Paradieses Saum!
(S. 25)
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Das Kirchlein

Zu dem Kirchlein in dem Thale
Wallt' ich oft im Morgenlicht;
Doch die Pforte blieb verschlossen,
Und die Glocken klangen nicht.

Mädchen! seit ich dich gesehen,
Ist die Ruhe mir geraubt,
Zieht durch's Herz geheimes Sehnen,
Und in Fieber glüht mein Haupt.

Was ich will, und was ich hoffe,
Darf ich nimmer dir gesteh'n;
Wie am Kirchlein in dem Thale
Muß ich still vorübergeh'n.
(S. 26)
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Falter

Von der Gottheit Gaben allen
Wünscht' ich eine zu erwerben:
In der Liebe holdem Arme
Liebeselig hinzusterben.

Wär' ich jener kleine Falter,
Schwirrend durch des Abends Lüfte,
Flög' ich um die schönste Rose,
Saugend ihre vollen Düfte;

Bis ich aus dem Kelch der Wonne
Mir den süßen Tod getrunken,
Und mein Denken und mein Fühlen
Wär' in ew'ge Nacht versunken.
(S. 27)
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Im Tanze

Wie du dich im Tanze schlingest
Lieblich nach der Saite Ton,
All' mein Sorgen, all' mein Leiden
Ist in ferne Nacht entfloh'n.

Leise zieht in klaren Wellen
Der Gedanken volles Meer,
Und der Formen stiller Zauber
Webt sich um den Träumer her.

Schwebe hin, du holdes Wesen!
Liebereizend schönes Weib!
Daß mein Auge selig folge
Deinem sanft verklärten Leib';

Daß der Schleier nicht zerstiebe,
Der die Wirklichkeit umhüllt,
Und kein Sturm den Frieden störe,
Der mein ganzes Sein erfüllt!
(S. 28)
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Knospe und Rose

Als du noch warst die Knospe rein,
Vom Frühling nur geschmückt
Ward von der Liebe Sonnenschein
Mein trunk'nes Herz beglückt.

Dann mußtest du in die Welt hinaus, -
Was sie als Welt versteh'n -
Sie tanzten und schwatzten bunt und kraus,
Und nannten dich hold und schön.

Ich weiß nicht, wie's gekommen ist,
Doch macht mich's immer trüb:
Seit du nun eine Rose bist,
Hab' ich dich nicht so lieb.
(S. 29)
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Lieben und Fürchten

Ich liebe die goldenen Sterne:
So oft ich sie geschaut,
Haben sie lichte Funken
Der Wahrheit mir vertraut.

Ich liebe die duftenden Blumen:
Sie geben mir süße Ruh';
Vor ihrem Bilde schließt sich
Des Kummers Pforte zu.

Ich liebe, - doch nein! ich fürchte
Der schönsten Augen Licht:
Des Friedens Glück und die Wahrheit
Fand ich bei ihnen nicht.
(S. 30)
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Lieb' und Leid

Wie wilde Stürme gern sich gatten
Mit Lenzessonnenschein,
Wie Rosen auf den frischen Matten
Mit Disteln gleich gedeih'n:

So wachsen mit der Lieb' Erstehen
Die Sorgen im Gemüth;
Die Sonne brennt, die Stürme wehen,
Bis Lieb' und Leid verblüht!
(S. 31)
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Vergessen

Ich möcht' auf einen stillen See
Hinaus mein Schiffchen lenken,
Und draußen all' mein Herzensweh
In's tiefe Wasser senken.
 

Noch einmal schaut' ich dann hinab,
Bis von der Wellen Schäumen
Verschlossen wär' im kühlen Grab
Mein Lieben und mein Träumen.
(S. 32)
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Auf dem See

Ich fahre wieder auf dem See,
Der einst mein süßes Glück geschaut:
Dem ich mein süßes Glück vertraut,
Ihm künd' ich nun mein tiefes Weh.

Die Wellen schlagen an das Schiff,
Das sonst den frohen Jüngling trug,
Und düster eilt der Nebel Flug
Dahin am grauen Felsenriff.

Die Blume welkt am Ufersaum,
Den Wald durchrauschet Herbsteslust, -
Und keine Frühlingsstimme ruft
In's Leben meiner Liebe Traum.
(S. 33)
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Ein junger Frühling

Liebesträume! Lustgedanken!
Ewig wähnt' ich euch entflogen;
Märchenhaft in buntem Flitter
Kommt ihr wieder angezogen.

Spielt mir wieder um die Sinne,
Bringt mir neue Lustgestalten,
Und der Fantasieen Flügel
Möchten wieder sich entfalten.

Ob das Herz in stolzer Strenge
Euch aus seinem Reich verbannte,
Ob die Zunge nur mit Wehmuth
Noch den Namen "Liebe" nannte;

Ob ein herbstlich Lüftewehen
Hielt den müden Geist umsponnen,
Der sein Glück in kalter Ruhe
Wähnt' auf immer sich gewonnen; -

Durch's Gemach ein Flammenschimmer
Gießt sich mit des Blitzes Schnelle,
Und der Leidenschaften Sonne
Bricht in meine finst're Zelle.

Nun so mag die gold'ne leuchten,
Mag sie Lust und Schmerzen bringen!
Ihr entgegen aus der Seele
Tönt des Liedes freies Klingen!
(S. 34-35)
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Meine Sonne

Nun soll mein Leiden, soll mein Klagen
Verklungen und vergessen sein!
Ich will nur dich im Herzen tragen,
Und dir mein ganzes Denken weih'n.

Ein klarer Stern am Horizonte,
Erschienst du mir in trüber Nacht,
Und keine Wolkenhülle konnte
Verdunkeln deines Lichtes Macht.

Bald wuchsest du zur Sonnenhelle,
Und aufwärts nehmend deinen Lauf
Stiegst du mit wunderbarer Schnelle
An meiner Wünsche Himmel auf.

Nun ist es Tag in meinem Leben,
Und Freude zog in mein Gemüth,
Darin, von deinem Stral umgeben,
Die Blume meiner Liebe blüht.
(S. 36)
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Dein Auge

Wenn mein Blick auf deinem Auge,
Auf dem klaren Spiegel ruht,
Senkt ein heiliges Erinnern
Sich in meiner Seele Glut.

Und mir ist, als stünd' ich einsam
Wieder an dem blauen See,
Dem ich klagend einst vertraute
Meines Herzens tiefes Weh.
(S. 37)
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Schatten und Licht

Träumend sah ich alle die Sternenwelten
Zu des Chaos ewiger Nacht versinken:
In des Erdballs rauschendem Schutte lag mein
Hoffen begraben.

Sieh! da kam von oben ein Lichtgebilde,
Und ein Thron, aus Blumen gewebt, erhob sich;
D'rauf erschienst du, Göttin der Liebe, sanft den
Träumer erweckend!
(S. 38)
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Der Maler

Mir träumt', ich stünd' als Maler
Vor meiner Staffelei,
Und malte, süßes Liebchen,
Dein schönes Konterfei.

Der Stirne sanfte Wölbung,
Das wallende goldene Haar,
Die frischen Rosen der Lippen
Gelangen mir wunderbar.

Die Augen nur verfehlt' ich -
Die schauten mich freundlich an,
Freundlich und liebverheißend,
Wie sie es nie gethan.
(S. 39)
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Jahreszeit

Nun hat der kalte Winter
Die Blumen uns geraubt;
Das Eis bedeckt die Quellen,
Die Bäume steh'n entlaubt.

Und nur in meinem Innern
Herrscht eine schön're Welt,
Weil da der lichte Sommer
Den warmen Einzug hält.

Die Blumen der Gefühle,
Sie streben himmelwärts;
Zu einem duft'gen Garten
Wird das beglückte Herz.

Darinnen wandelt stille
Dein Wesen rein und gut,
Und spiegelt sich im Thaue,
Der auf den Blüten ruht.
(S. 40)
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Seelenwanderung

Ich war, ein Strom, durch's stille Thal geronnen,
Du sahst hinein als eine schlanke Weide;
Ich stand, ein Berg, im Silberwolkenkleide,
Da kamst du rieselnd als ein klarer Bronnen.

Du wurdest eine von den lichten Sonnen;
Ich ging, daß nimmer uns der Himmel scheide,
Als dein Planet um dich; - wir theilten Beide
In and'ren Formen and're Lebenswonnen.

Nun bist das schönste Mädchen du auf Erden,
Und kalt und fremd tönt mir's aus deinem Munde,
Du willst mich um des Daseins Bestes bringen!

Einst wirst du eine kleine Blume werden;
Dann lächelt mir der Rache süße Stunde,
Und fürchte dich vor losen Schmetterlingen!
(S. 56)
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Aus: Gedichte von Josef Pollhammer
Wien und Leipzig 1863
Hartleben's Verlags-Expedition

 


Biographie:

http://www.biographien.ac.at/oebl/oebl_P/Pollhammer_Josef_1832_1903.xml


 

 

 


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