Julius Rodenberg (1831-1914) - Liebesgedichte

Julius Rodenberg



Julius Rodenberg
(1831-1914)

Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 




 



Junges Blut!

Hätt' ichs nimmer doch gedacht,
Daß die Lieb' so traurig macht!
Mag nicht schlafen, mag nicht wachen,
Mag nicht weinen, mag nicht lachen -
Traurig sitzen, einsam wallen,
Ei, wem könnte das gefallen?
Junges Blut, gib Acht, gib Acht!

Hätt' ichs nimmer doch gedacht,
Daß die Lieb' so lustig macht!
Habe einen Gruß gefangen,
Da sie mir vorbeigegangen,
Augen blitzten, Lippen glühten,
Und ein Duft, wie Veilchenblüten -
Junges Blut, gib Acht, gib Acht!

Hätt' ichs nimmer doch gedacht,
Was die Lieb' aus mir noch macht!
Bald geseufzt und bald gesungen,
Bald geklagt und bald gesprungen,
Warm und kalt wie Merzensonne,
Wonneschmerzen, Schmerzenswonne,
Junges Blut, gib Acht, gib Acht!

Hätt' ichs nimmer doch gedacht!
Warme Lieb' kommt über Nacht.
Eben noch in dunkler Hülle,
Nun in warmer, roter Fülle!
O wie voll im lichten Moose,
Rosenliebe, Liebesrose -
Junges Blut, gib Acht, gib Acht!
(S. 7-8)
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Ich liebe, was fein ist

Ich liebe, was fein ist,
Und wenn's auch nicht mein ist!
Am Himmel die Sterne,
Die Sonne, den Mond;
Auf Erden die Ferne,
Und was darin wohnt.
Die Vögel in Lüften,
Die Rosen im Tal,
Mit Bergen und Klüften
Die ganze Welt zumal.

Ich liebe, was fein ist,
Und wenn's auch nicht mein ist!
Die blühenden Wangen,
Die Augen so klar,
Die Stirne umfangen
Von lichtbraunem Haar.
So neckisch, so lose,
Wie spielender Wind:
Die Sonne, die Rose,
Das allerschönste Kind!
(S. 9)
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Ballkönigin

Dir bring' ich nicht die duft'ge Rose,
Die schönste Rose bist ja Du!
In diesem frölichen Getose
Stehst Du in tiefer Blumenruh'.

Die leichte Schaar der Schmetterlinge
Umgaukelt Dich bei Kerzenschein;
Ja, in der Freude goldnem Ringe
Bist Du der schönste Edelstein.

O Edelstein der Schönheit, strale!
Zaubrische Rose, hauche Duft!
Was mir erfreulich scheint im Saale,
Weht aus von Dir wie Frühlingsluft.

Ich will Dich nur von ferne schauen,
Perle der Wehmut im lustigen Reih'n:
Du bist die Königin der Frauen,
O laß mich Deinen Diener sein!
(S. 14)
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Feenreigen

O wie wogt ihr, liebe Töne,
In die dunkle Nacht hinein!
Meine nachbarliche Schöne
Sitzt noch am Clavier allein.

Mädchensehnsucht, Mädchenwünsche
Flattern leise in die Nacht ...
Oder weiß sie, daß genüber
Ein verliebtes Herze wacht?
(S. 15)
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Die reinen Frauen

Die reinen Frauen steh'n im Leben
Wie Rosen in dem dunklen Laub;
Auf ihren Wünschen, ihrem Streben
Liegt noch der feinste Blütenstaub.

In ihrer Welt ist keine Fehle,
Ist Alles ruhig, voll und weich:
Der Blick in eine Frauenseele
Ist wie ein Blick in's Himmelreich.

Wol sollst Du hören hohe Geister,
Verehren sollst Du Manneskraft;
Dich sollen lehren Deine Meister,
Was Kunst vermag und Wissenschaft.

Doch was das Höchste bleibt hinieden,
Des Ew'gen nur geahnte Spur,
Was Schönheit, Poesie und Frieden:
Das lehren Dich die Frauen nur!
(S. 16)
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Preis der Liebe

Das Feld, das ganz in Blumen steht,
Hat nicht so reiche Wonne,
Als wenn in uns die Lieb' aufgeht,
Wie eine Frühlingssonne.

Im Morgenblau der Sonnenschein,
Des Mondes kühler Flimmer:
Ist Alles nicht so goldenrein,
Als erster Liebe Schimmer.

Der Himmel in der Frühlingszeit
Mit seinem Sterngewimmel:
Ist Alles nicht so ewig weit,
Als wie der Liebe Himmel.

Kein schöner Glück, als man allein
Im Herzen trägt verschwiegen!
Die Boten sind die Vögelein,
Die hin und wieder fliegen.
(S. 30)
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O komm in meinen Arm!

O komm in meinen Arm,
Vertraue mir Deine Sorgen!
Fern, fern dem lauten Schwarm
Will ich Dich halten verborgen.

Die Ros' im dunklen Strauch
Soll schöner und stiller nicht schlafen;
Nicht sanfter bei kühlem Hauch
Soll ruhen das Schiff im Hafen.

Nicht weicher auf blumigem Plan
Sollen Schmetterlinge gaukeln;
Nicht leiser im Wolkenkahn
Soll der silberne Mond sich schaukeln.

O laß den lauten Schwarm
Wie einen Traum verschweben:
Du sollst in meinem Arm
Erwachen zu neuem Leben!
(S. 31)
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Andacht der Liebe

Seit ich Dich liebe, holdes Kind,
Fühlt sich mein Leben stolz und kühn;
Heiß Blut durch meine Adern rinnt,
Im Herzen wilde Rosen blühn.

Von keckem Mut mein Busen schwellt,
Als sei ein Wunder mir geschehn,
Als könnt' ich mit der ganzen Welt
Um Dich den heißen Kampf bestehn.

Und doch - wenn ich Dich wandeln seh
In Demut, still und engelrein,
Dann überkommt mich leises Weh',
Als müßt' ich fromm und ruhig sein.

Als müßte alle Weltlust fliehn,
So stille wirds und feierlich -
Als müßt' ich vor Dir niederknie'n,
Und beten: Kind, ich liebe Dich!
(S. 32)
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Frühlingssonne

Frühlingssonne tritt mit Funken
Aus den Wolken; Merzluft weht.
Tief am Berg, im Wald, dem dunkeln,
Und am Strom der Schnee zergeht.
Veilchendüfte, Lerchenschall,
Glanz und Jubel überall.
O wie wonnig,
O wie sonnig,
Wenn der Frühling aufersteht!

Möchte nun ein Vogel werden,
In den Himmel fliegen ein,
Und doch von dem Glanz der Erden
Kann ich gar nicht mich befrein.
O mein Schatz, so anmutreich,
Erd' und Himmel mir zugleich,
Stern und Sonne,
Qual und Wonne,
Könnt' ich nunmehr bei Dir sein!
(S. 34)
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Beim Veilchensuchen

Die milden Frühlingsfeuer
Wie stralen sie Tag und Nacht!
Was je dem Herzen teuer,
Erscheint in neuer Pracht.

Mit innigstem Entzücken
Betracht' ich diese Welt;
Ans Herze möcht' ich drücken
Den Wald, die Berge, das Feld.

Beseligt muß ich saugen
Den süßen Frühlingshauch;
Es üben die blauen Augen
Den alten Zauber auch.

Die Veilchen am sonnigen Raine,
Ich breche sie froh und still;
Und denke dabei an Eine,
Der ich sie bringen will.
(S. 35)
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Um Mitternacht

Nun ruht und schlummert Alles,
Erd', Menschen, Wald und Wind;
Das Waßer leisen Falles
Nur durch die Blumen rinnt.

Der Mond mit vollem Scheine
Ruht breit auf jedem Dach;
In weiter Welt alleine
Bin ich zur Stund noch wach.

Und Alles, Lust und Schmerzen,
Bracht' ich in mir zur Ruh;
Noch Eins noch wacht im Herzen,
Nur Eins: und das bist Du!

Und Deines Bildes Friede
Folgt mir in Zeit und Raum:
Bei Tag wird er zum Liede,
Und Nachts wird er zum Traum!
(S. 39)
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Schlehenblüt' und wilde Rose

Schlehenblüt' und wilde Rose
Hab' ich mir im Wald gepflückt,
Und dazu mit frischem Moose
Liebster Schatz, Dein Bild geschmückt.

Alle Tag' mit jungen Blüten
Herzgeliebte schmück' ich Dich;
Frühling muß die Liebe hüten,
Und die Liebe hütet mich.

Immer, will es Frühling werden,
Fängt die Erde an zu blühn;
Und so lang es grünt auf Erden,
Bleibt auch meine Liebe grün.
(S. 40)
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Lichtbild

Dein ganzes Wesen anmutreich,
Die schlanke, liebliche Gestalt,
Der dunkle Blick, die Wange bleich,
Das Haubt von lichtem Braun umwallt ...
Die Stirn so hoch und unschuldsrein,
Der Augen tiefe Milde:
O Du bist mein, bist ewig mein,
Ich habe Dich ja im Bilde!

Das ist der Augen schönes Licht,
Das mir so treu entgegenstralt,
Das all Dein liebes Angesicht
Als wie mit Glanz der Sterne malt.
Wie tröstlich blickt der klare Schein
In meines Herzens Wilde:
O du bist mein, bist ewig mein,
Ich habe Dich ja im Bilde!

Und um die Lippen unbewußt
Ich leises Ahnen zittern seh',
Als wie der Liebe höchste Lust,
Als wie der Liebe tiefstes Weh';
Kein Weh'! - in Dir muß Frühling sein,
Wie draußen im Gefilde,
Denn Du bist mein, bist ewig mein,
Ich habe Dich ja im Bilde!

So licht und hehr dünkt mich mein Los,
Mich hat berauscht der Liebe Wein -
Ich selber scheine mir so groß
Und alle Welt scheint mir so klein.
Wolan, zum Kampf! - Dein Zeichen rein
Trag' ich auf meinem Schilde:
Einst mußt Du ganz mein eigen sein,
Wie heut Du's bist im Bilde!
(S. 41-42)
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Blühendes Tal

Wo ich zum ersten Mal Dich sah
Wie üppig grünt die Wiese da!
Wo ich zum ersten Mal Dich sprach,
Da blühn die Veilchen unter'm Hag.
Wo ich Dich küßt' in dunkler Nacht,
Da lodert nun der Rosen Pracht.
Doch wo ich Abschied nahm in Leid,
Da rauscht jetzt eine Trauerweid':
So blüht und rauscht das ganze Tal
Von unsrer Lieb' und unsrer Qual!
(S. 55)
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Wandlung

Eh' ich Dich sah, da war mein Herz voll Ruh',
Still wie die Erde, wenn der Frühling naht:
Noch deckt das kühle Weiß die Felder zu,
Doch drunter sprießt schon warm der Zukunft Saat.

Seit ich Dich sah, rankt duft'ger Blumenflor
Um all' mein Wollen, wie ein Frühlingskranz;
Mit seinen Liedern füllt der Vögel Chor,
Die Sonne füllt mein Herz mit ihrem Glanz.

Eh' ich Dich sah, da floß mein Leben hin
Wie Bäche fließen unter Lauben dicht;
Der Jugendhimmel spiegelte darin, -
Mein war der Himmel, und ich wußt' es nicht.

Nun aber rauscht es voll durch meine Brust
Wie Frühlingsschauer, wie Gewitterwind;
Erfahren hab' ich wol die höchste Lust,
Doch ach! ich weiß nun auch was Schmerzen sind.

Ich gieng in Nacht; Du brachtest mir den Tag.
Ich war ein Kind und ward durch Dich zum Mann.
Du zeigtest, was ein Frauenherz vermag,
Nun sollst Du seh'n, was Kraft des Mannes kann!
(S. 56-57)
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Stirb Lieb' und Freud'!

Weil ich Dich liebe, will ich Dir entsagen -
Das Herz ist voll, doch meine Lippe stumm;
Du willst es so! und ich will männlich tragen,
Und weil ich stolz bin, frag' ich nicht warum.

Dich seh ich hell in jeder Tugend stralen,
Die je ein Weib mit ihrem Glanz geschmückt;
Dein Leben webt sich schön aus Idealen,
Du bist das Weib, Du hättest mich beglückt.

Doch weil es Deines eignen Mundes Bitte,
Weil Du's vom Schicksal so geboten meinst:
Fahr wol, mein Herz! Gott segne Deine Schritte,
Und trockne Deine Tränen, wenn Du weinst.

Ja, Du warst mein; ich hab' Dich ganz beseßen,
Du warest meines Lebens einzig Glück -
Wol, ich entsage Dir! - Doch Dich vergeßen ...
O Mädchen, nimm das harte Wort zurück!
(S. 58)
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Aus: Lieder von Julius Rodenberg
Neue wohlfeile Ausgabe
Hannover Carl Rümpler 1862
 


Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Rodenberg

 

 


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