Hermann Rollett (1819-1904)  - Liebesgedichte

Hermann Rollett



Hermann Rollett
(1819-1904)


Inhaltsverzeichnis der Gedichte:
 




 

Krönung

Angeweht vom Hauch der Liebe,
Regten sich in meiner Brust
All' die freudighellen Triebe,
Die nun blüh'n in Frühlingslust.

Und sie sproßten nicht vergebens
Aus des Herzens tiefstem Grund,
Denn die Blüthe meines Lebens
Geben sie dir zitternd kund.

Und ich winde dir zum Danke
Aus den Blumen einen Kranz, -
Und manch' klingender Gedanke
Weht daraus in Liebesglanz.

Und die helle Blüthenkrone,
Liedumweht und lustbelaubt,
Setz' ich, treuer Lieb' zum Lohne,
Meiner Königin auf's Haupt.
(S. 94-95)
_____
 

 

Duft und Lied

Aus lichten Blumenkelchen
Entsteigt des Duftes süßer Hauch,
Und dein geliebtes Wesen
Ist eine Blume auch.

Ist eine lichte Blume,
Um die, von deinem Glanz belebt,
Mein Lied auf stillen Schwingen
Wie süßes Duften schwebt.
(S. 75)
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Im Schmerze

Das Gras auf der Haide, so grün und voll,
Spricht ewig, daß ich hoffen soll.

Die Rosenflur ruft glühend roth:
Liebe, liebe bis in den Tod!

Und der blaue Himmel oben spricht:
Vergißmeinnicht! Vergißmeinnicht! -

Du grünes Gras, du weißt es nicht
Wie bald, wie bald die Treue bricht!

Du liebes Röslein, so glühend roth, -
Du weißt nichts von der Liebe Tod!

Du aber, Himmel, so tief und blau -
Kühle mein Herz mit deinem Thau,

Oder erlöse von seinem Schmerz
Ein wehmuthvolles, banges Herz!
(S. 98)
_____


 

Centifolie

Das Herz ist ein Röslein
Mit hundert Blättern;
Drauf flimmert die Liebe
Mit glühenden Lettern.

Doch siehe, die Worte,
Die kann nur lesen
Das Auge der Liebe,
Geliebter Wesen!
(S. 100)
_____


 

Das Vöglein sang

Das Vöglein sang vom grünen Baum
Sein Lied der ew'gen Liebe, -
Da träumten einen süßen Traum
Die hellen Blüthentriebe.

Da wiegte sich, vom Grün umlaubt,
Der Blüthen hell Getriebe
So lieblich wie dein schönes Haupt
Im Liede meiner Liebe.
(S. 68)
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Brief

Das war ein Balsam für mein wundes Herz,
Das war ein kühler Thau für meine Seele,
Die, schon verschmachtend, trank den heißen Schmerz,
Daß nicht der kalte Gram zu Tod sie quäle.

Das war ein Wehen milder Abendluft
Nach heißem Tag, an dem ich sterben wollen,
Es war ein Klang, es war ein Strahl, ein Duft,
Der aus dem Himmel deiner Lieb' gequollen.

Wie einer Blume zaubervoller Schein
Ist meinem Aug' ein jedes Wort gewesen, -
So mag den hellen Sternen oben sein,
Wenn sie die Blumenschrift der Erde lesen.

Und so auch mag dem Frühlingshimmel sein,
Wenn er es sieht, wie durch sein heißes Küssen
Die Blumenengel aus dem Knospenschrein
Mit Blüthenflügeln auferstehen müssen.
(S. 55-56)
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Dein Geist

Das war ein stiller Frieden,
Der liebend mich umflog,
Als ich, von dir geschieden,
Durch grüne Wälder zog.

Ich hab' durch laute Gassen
Getrieben mich im Schmerz,
Doch fühlt' ich mich verlassen
Bei Menschen allerwärts.

Hier aber in dem Frieden,
Der mich im Wald umkreis't,
Umflog, von dir geschieden,
Mich wundersam dein Geist.
(S. 95-96)
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Liebesrose

Dein dunkles Auge hat mich angelacht,
So wie die zaubervollste Frühlingsnacht.

In deinem Antlitz eine Helle lag,
So wie im allerschönsten Frühlingstag.

Dein langes Haar umschlang das stille Haupt,
Als wär' von Blumenkränzen es umlaubt;

Und deines Wortes seelenvoller Laut,
Der machte bald mich ganz mit dir vertraut.

Doch was mein Herz so ernst, so tief erfaßt,
Das ist, daß du mich gleich verstanden hast.

Daß du es gleich an meiner Gluth erkannt,
Daß ich für dich in wahrer Lieb' entbrannt;

Daß du aus längsgehörtem Wortgewühl
Erkannt das edle, reinere Gefühl,

Das nun als Rose mir das Leben schmückt,
Von deiner Gluth zu Glanz und Duft entzückt.
(S. 57-58)
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Gelobt sei alles Lieben

Der Frühling ist verklungen,
Verduftet und verblüht,
Versunken und versungen,
Verschwommen und verglüht.

Die Liebe ist geblieben,
Sie dehnt die Flügel weit, -
Gelobt sei alles Lieben
In aller Ewigkeit!
(S. 85)
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Vollendung

Der Geist der Liebe hat die hohe Sendung
Daß er das Leben bringt erst zur Vollendung.
Noch niemand hat erfaßt des Lebens Tiefe,
Der nicht gelesen in der Liebe Briefe;
Der sehnend nicht den Brief der Lieb' entsiegelt
In dem sich licht der Gottheit Antlitz spiegelt,
In dem sich liebereich der Geist entfaltet,
Der alles Leben weihevoll gestaltet. -

Und mir auch ward erst klar der Gottheit Wesen
Als ich in deinem Auge Lieb' gelesen.
Auch mir erschloß sich erst des Lebens Tiefe,
Als ich gelesen in der Liebe Briefe,
Als ich mein Herz gebadet in dem Bronnen,
Dem alles Leben einstens reich entronnen,
Auch mir ward es erst licht in meiner Seele,
Seit ich dir, Kind, von meiner Lieb' erzähle!
(S. 64)
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Schrankenlos

Der Liebe holder Segen
Bringt eignes Glück entgegen -:
Die Wonne, frei zu ranken
Wie's Herz will, ohne Schranken.

Das Leben lehrt uns, denken
An ewig Selbstbeschränken,
Weil die nur frei im Leben
Die selbst sich Schranken geben.

Alleinzig in der Liebe
Sind frei der Seele Triebe;
Da kann sich gar das Leben
Der Leidenschaft erheben.

Da kann die Seele ranken
Wie's Herz will, ohne Schranken; -
Der Liebe holder Segen,
Bringt eignes Glück entgegen!
(S. 63-64)
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Eine Frühlingsnacht

Der Tag ist versunken so schnell, so schnell,
Die Abendglocken verklangen,
Und die Sterne flimmern so hell, so hell,
Und der Mond ist aufgegangen.

Und es weht so mild durch die klingende Au,
Durchflogen vom Glühwurmsglanze,
Und die Blumenkelche sind voll von Thau
Zum Labtrunk beim Elfentanze.

Und ich steh' vor meiner Liebsten Haus -
Die schlummert bei offenem Fenster -
Der Bäume Schatten weh'n ein und aus
Wie holde Traumgespenster.

Und es sprühen hellfunkelnd aus und ein,
Wie glühend Liebesgedanken
Johanniswürmchen, mit hellem Schein,
Durch die Rosen, die's Fenster umranken.

Die Elfen tanzen im Wiesengrund,
Vom duftigen Thauwein trunken,
Und ich pflücke Blumen zur Geisterstund',
Bestreut mit lebendigen Funken.

Die sollen mir liebliche Boten sein,
Die sollen mein Lieb mir grüßen,
Und ich werfe sie leise zum Fenster hinein -
Da liegen sie ihr zu Füßen,

Und hauchen sie an mit süßer Lust,
Und die glühenden Würmchen fachen,
Daß, tiefaufathmend aus wogender Brust
Mein Lieb vom Traum muß erwachen. -

Und als ich am Tag vorüber ging,
Da stand sie am Fenster sinnend,
Am Strauß vor ihr eine Thräne hing,
Auf mich hernieder rinnend.

Und sie war so still und sie war so bleich,
Doch glühte ihr Auge trunken,
Und sie lachte mich an so liebereich,
In seligen Traum versunken.
(S. 80-81)
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Am Festtage

Des Herzens tiefster Wunsch
Der läßt sich niemals sagen,
Den muß im Herzensgrund
Man tief verschlossen tragen.
In Worte läßt sich nicht
Der Seele Sehnen fassen,
Man kann es höchstens nur
Im Kusse ahnen lassen.
(S. 91)
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Lenzjubel

Die Lerchen steigen, die Wiesen blüh'n,
Die Frühlingsdüfte wehen,
Des Liebchens Wangen wie Rosen glüh'n,
Und ich möchte vor Lieb' vergehen.

Es möchte das Herz, in Himmelslust,
Als Lerche die Lüfte durchschmettern,
Oder als Röslein an Liebchens Brust
Im Frühlingssturm sich entblättern.
(S. 89)
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Du einzige Freude

Du einzige Freude in meinem Schmerz!
Du Licht, das mir leuchtet allerwärts!
Du seliger Traum, der oft mich umlacht
Im Dunkel der Trauer, im Dunkel der Nacht!

Im Dunkel der Trauer, die bang mich umfängt,
Wenn Frühlings, wo alles die Knospen sprengt
Das Herz der Menschheit nicht blühen mag,
Verträumend der Freiheit Frühlingstag!

Im Dunkel der Nacht, die, unbesiegt,
Noch lang auf dem Auge der Menschheit liegt; -
Im Dunkel der Trauer, im Dunkel der Nacht
Deiner Liebe seliger Traum mich umlacht!
(S. 93)
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Erblühen

Du lagst in stillem Raume,
Von Traumesflug umrauscht,
Da hab' ich dich im Traume,
Geliebtes Kind, belauscht. -

O was dich da bewegte,
Als in des Traumes Ruh'
Sich hold dein Antlitz regte,
Als lachtest du mir zu?

Und was dich mocht' durchbeben,
Als deiner Lippen Gluth
Durchzuckte flammend Leben
Indeß dein Leib geruht?

Und was dich mocht' erfassen,
Als du die zarte Hand
Nicht wolltest ruhen lassen,
Bis sie die meine fand? -

Ich schaute mit Verlangen
Auf deinen süßen Traum;
Ich küßt' dir Mund und Wangen,
Und konnt' es lassen kaum.

Ich sah, wie leis' du lachtest -
Ich sank an deine Brust, -
Und als du drauf erwachtest,
Da hast du's kaum gewußt.

Doch deines Blickes Glühen
Drang in das Herz mir heiß,
Das von der Ros' Erblühen
Ein schönes Märchen weiß.
(S. 76-77)
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Du leuchtest licht

Du leuchtest licht
Vom Feuer meiner Liebe;
Ich glühe heiß
Von deiner Liebe Gluth; -
Du bist die Well'
Mit blitzendem Getriebe;
Ich bin das Meer
Mit hoher Wogenfluth. -
Dein lichter Schein
Erleuchtet hell mein Leben;
Mein heißes Glüh'n
Erwärmt dein treues Blut;
Dein Liebgewog'
Erquickt mein Herz mit Beben.
Und dich umjauchzt
Mein Herz mit Liedesfluth!
(S. 62)
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Rosengleich

Du warst so still, du warst so bleich,
Geheimnißvoll verschlossen; -
Ich sah dich an so liebereich,
Daß dir ein Schimmer, rosengleich,
Die Wangen übergossen.

In des Erblühens holdem Drang
Erbebte deine Seele;
Die Knospe deines Herzens sprang,
Daß freudig sie und sehnsuchtbang
Dem Leben sich vermähle.

Und was dein Antlitz, still und bleich,
So rosig überglühte,
Als ich dich ansah, liebereich, -
Es schmückt seitdem dich rosengleich,
Du schöne Menschenblüthe!
(S. 56-57)
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Himmelsleiter

Du warst so still, ich war so munter;
Du warst voll Ernst, ich war voll Lust;
Da fiel mir manch' ein Stern herunter
Vom lichten Himmel meiner Brust.

Ich bin so trüb', du bist so heiter!
Ich bin voll Ernst, du bist so froh,
Und willst mir bauen eine Leiter
Zur Himmelslust, die mir entfloh.
(S. 85)
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Durch Schmerzen

Durch Schmerzen hab' ich mich gerungen
Zu meiner Liebe reichem Glück,
Mit Muth hab' ich sie all' bezwungen,
In heitrer Ruh' blick' ich zurück.

Ich leg' mein Haupt in deine Hände
In seliger Versunkenheit,
Der lange Kummer hat ein Ende
Und leuchtend blüht des Glückes Zeit!
(S. 70)
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Für's Leben

Erglüht in Liebesseligkeit
Hielt ich dich heiß umfangen,
In wonniger Versunkenheit,
In zitterndem Verlangen.

Mein Hauch zerfloß in deinem Hauch,
Mein Aug' schwamm in Entzücken,
Und selig sah ich deines auch
Mit Perlen hell sich schmücken.

Mein Herz schlug auf, von Jubel voll,
Und deines schlug an's meine,
Wie Myrthenduft dein Haupt umquoll
Ein Glanz mit lichtem Scheine.

Ein solch' entzückter Augenblick
Der gilt für's ganze Leben,
Der muß in allem Mißgeschick
Noch hold das Herz durchbeben!
(S. 83)
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Es fliegt ein Vogel

Es fliegt ein Vogel durch blaue Luft
Mit klingendem Goldgefieder
Und wo man den rechten Namen ruft,
Da läßt er singend sich nieder.

Da singt er so lieblich ein wonniges Lied
Von Liebe und ewiger Treue,
Und wenn er gesungen – im Fluge zieht
Er fort in die leuchtende Bläue.

Und wer ihn gehört den schallenden Sang,
Und singt seinem Liebchen ihn wieder,
Dem bleibt es getreu sein Leben lang -
Horch, Liebchen, auf meine Lieder!
(S. 59)
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Dank

Es ist so dunkel, es ist so kalt,
Kein einziger Stern am Himmel strahlt,
Ein einziges Blümlein im Felde blieb -
Das rothe Röslein meiner Lieb'!

Das rothe Röslein meiner Lieb',
Mit heißer Flamme, mit grünem Trieb,
An dem ich glühend als Perle hing,
An dem der Sturm vorüberging.

An dem der Sturm vorüberging,
Weil es so treu mir am Herzen hing,
Weil es so fest mich in Lieb' umrankt,
O treues Röslein, dir sei's gedankt!

O treues Röslein, dir sei's gedankt,
Daß du mich in ewiger Lieb' umrankt;
Es ist ja so dunkel, es ist ja so kalt,
Kein einziger Stern am Himmel strahlt!
(S. 92-93)
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Perlen

Es liebt die Lieb' wohl oft zu sein
So wie des Meeres Fluth, -
Sie bricht oft über's Ufer ein
Die sonst so sanft geruht.

Doch wenn der Sturm sich wieder legt,
Und ruht die wilde Well',
Da findest du, von Lust bewegt,
Am Ufer Perlen hell.
(S. 86)
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Einlaß

Es schlägt mein Herz an deiner Brust
In still versunkner Liebeslust.

Es klopft an seinen Himmel an
Und fragt, ob er wird aufgethan.

Da lächelst du voll Seligkeit.
Mir aber geht der Himmel weit

In deinem Antlitz auf in Lust -
An deiner liebevollen Brust!
(S. 72)
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In der Wehmuth Nacht

Glühtest in der Wehmuth Nacht
Mir als helle Leuchte,
Trocknetest mit Liebesmacht
Mir das Aug', das feuchte.

Und als in des Kampfes Schmerz
All mein Lenz verglühte,
Fielst du mir an's bange Herz
Licht als Frühlingsblüthe.
(S. 93-94)
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In strahlender Früh'

Gott grüß' dich, mein Lieb', in strahlender Früh'!
Wie hast du geruht die vergangene Nacht?
O höre, mir war's, als ob hell mich umglüh'
Ein Traum mit unendlicher Zaubermacht!

Mir war es, als ruhte ein Auge auf mir -
Ein Aug' mit unsäglich liebendem Blick,
Und der Blick, o der war, als wär' er von dir,
Verkündend mein überselig Geschick.

Mir war es, als läg' meine zitternde Hand
An einem erbebenden Herzen fest,
Und es war mir im Traum, als ob deine Hand
Die meine dir zitternd an's Herz gepreßt.

Mir war es, als ging' ein seliger Hauch
Aus in rosiger Reinheit erglühendem Mund,
Und es war mir, als wär's dein Athem auch
Der ein Wort mir geflüstert aus Herzensgrund.

Mir war's, als durchzuckte die Lippen mir
Ein Strahl, von ewiger Lieb' entzückt,
Und mir war es im Traum, als ob ich dir
Den Kuß der Lieb' auf die Lippen gedrückt.

Es war mir, als ob eine Rose erblüh' -!
Ich weiß nicht, ob ich geträumt, ob gewacht; -
Gott grüß' dich, mein Lieb', in strahlender Früh' -
Wie hast du geruht die vergangene Nacht?!
(S. 82)
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Um die Morgenzeit

Hast du wohl an mich gedacht
Heute um die Morgenzeit?
Denn als ich vom Traum erwacht,
Dacht' ich dein in Seligkeit.

Und da fiel ein lichter Strahl
Flammendhell auf mich herein,
Und mir war mit einemmal
So, als dächtest du jetzt mein.

Und ich sah, voll heller Pracht,
Dich vor mir in Seligkeit! -
Hast du wohl an mich gedacht
Heute um die Morgenzeit?
(S. 94)
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Heimlich

Heimlich naht und leise,
Was das Herz entzückt:
Leis' mit stillen Sternen
Sich der Himmel schmückt.

Leise naht der Frühling,
Still ergrünt der Strauch
Leise naht der Blume
Sich des Lüftchens Hauch.

Leise naht die Schwalbe
In des Wanderns Trieb, -
Leise naht die Liebe,
Heimlich naht das Lieb.
(S. 65)
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Huldigung

Ich bin das Meer der Liebe,
Du bist die Perle darin.
Und die Perle ist des Meeres
Verklärte Königin.

Ich bin der tiefe Himmel,
Du bist der Sternenschein,
Der in das Meer der Liebe
Hellschimmernd fällt hinein.

Ich bin die Abendglocke,
Du bist der holde Klang,
Der durch die Lüfte zittert
Mit friedlichem Gesang.

Ich bin dein stiller Sänger,
Deß' Herz in Liebe schlägt, -
Und du, du bist der Gedanke,
Der mich zum Himmel trägt!
(S. 59-60)
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Liederfrühling

Ich durfte dich umranken
Mit meines Lebens grünstem Trieb,
Und blühende Gedanken
Erweckte deine Lieb'.

Das ist nun ein Getriebe
In meines Herzens tiefstem Grund -
Die lenzgeküßte Liebe
Entklingt als Lied dem Mund.

Das ist ein Blüh'n und Drängen,
Das ist ein Frühling wundersam,
Der schallend in Gesängen
Uns lieblich überkam.

Ich will mich selig wiegen
Als Zweig um dein geliebtes Haupt,
Den Lieder hell durchfliegen,
Wenn er sich grün belaubt.
(S. 90-91)
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Sturmfahrt

Ich fahr' auf weitem Meere
Der unbegrenzten Lieb',
In sturmgetragner Fähre,
Auf hohem Fluthgetrieb.

Kein Leuchtthurm ferne schimmert,
Kein Glanz von hoher Firn',
Dein Aug' der Lieb' nur flimmert
Als leitendes Gestirn.
(S. 69)
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Nach Heinrich von Morunge

Ich hörte von der Haide
Hell klingen süßen Sang,
Da wurde mir vor Freude,
So wie vor Trauer bang.

Die Liebliche, die Gute,
Nach der mein Sehnen rang,
Fand ich mit frohem Muthe
Wo hell ihr Lied erklang.

Da fand ich sie verborgen -
Das Auge thränennaß -
Bis sie auf alle Sorgen,
Auf allen Schmerz vergaß.

Ich fand sie da versunken
Mit ihrer Lieb' allein,
Da mocht' ich liebetrunken
Und überselig sein!

Da wähnt' ich wohl – zerflossen
Sei ringsum alles Land, -
Wir hielten uns umschlossen,
Und – Zeit und Raum entschwand.
(S. 99)
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Mondenschein

Ich schrieb ein Lied im Mondenschein
An das entfernte Liebchen mein;

Und wie ich schrieb und schrieb – da stahl
In's Leid sich manch ein Mondesstrahl.

Und als mein fernes, fernes Lieb
Die Worte las, die ich ihr schrieb,

Da hat in ihres Schmerzes Nacht
Ein milder Glanz sie angelacht.

Da war ihr, als ob Mondenlicht
Ihr strömte über's Angesicht,

Und in des Liedes mildem Schein
Schlief sie verklärt und selig ein.
(S. 97-98)
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Juwelenschrein

In deinem Herzen da muß es sein
So wie in einem Juwelenschrein.

Die Sehnsucht schimmert aus Perlen reich,
Die oftmal werden zu Thränen gleich;

Der Glaube leuchtet mit blauem Schein,
Die Hoffnung schimmert smaragden drein;

Und aus der Tiefe, wo's glühend loht,
Da flammt die Liebe rubinenroth.

Da zuckt der goldene Strahl der Lust,
Daß laut es jubelt durch meine Brust:

In deinem Herzen da muß es sein
So wie in einem Juwelenschrein!
(S. 62-63)
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Sängerbraut

In freudigen Gesängen
Erschließt sich mein liebend Herz;
Das Schwert mit scharfen Klängen
Ward glockentönig Erz.

Das Lied, das kühn geklungen -
Das Liederschwert, zum Kampf gezückt,
Das blinkt nun, sanft geschwungen,
Als Glöcklein, lenzgeschmückt.

Es ist, als stünd' am Hügel
Ein Kirchlein, das zu frohem Fest
Der Glocken helle Flügel
Herniederklingen läßt.

Da tritt mit Blumenkränzen
Manch Mägdlein aus dem Kämmerlein,
Und stille Augen glänzen
In hellem Freudenschein.

Und alles zieht zur Feier,
Und alle Herzen pochen laut, -
Und du nahst still im Schleier
Als süße Sängerbraut!
(S. 89-90)
_____


 

Einsam

In stillem Deingedenken
Verträum' ich manche Stund', -
Nur manchmal haucht ein süßes Wort
Der langverschloßne Mund.

Der Mund, der einst so heiß geglüht,
Entflammt von deinem Kuß,
Der nun wie eine Blume welkt,
Die einsam sterben muß.

Nur manchmal durch die Lippen zuckt
Ein glühendes Gefühl,
Als wenn's ein Kuß der Liebe wär', -
Doch, bald ist's wieder kühl.

Da wird es meiner Seele klar,
Da kommt mir in den Sinn,
Wie ich mit dir einst selig war,
Wie ich nun einsam bin.
(S. 96)
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Eine Rose

Ist der Frühling über Nacht
Aus dem Land gegangen, -
Einer Rose lichte Pracht
Seh' ich ewig prangen.

Tausendschön und Veilchenkraut,
Dürft euch nicht bemühen, -
Wenn mein Liebchen auf mich schaut,
Seh' ich alles blühen!
(S. 84)
_____


 

Leise!

Leise, liebe Frühlingsluft!
Bächlein, laufe still!
Denn mein Lieb im Rosenduft
Selig schlummern will.

Ruhet aus auf grünem Blatt,
Lüftchen, von dem Flug -!
Wenn mein Lieb geschlummert hat,
Könnt ihr weh'n genug!

Haltet mir im Singen ein,
Vöglein auf dem Baum,
Stört die Allerliebste mein
Nicht in ihrem Traum!

Nur ein Hauch des Duftes zieh'
Um ihr Angesicht -,
Nur ein Zweig umflüstre sie,
Der mit Blüthen spricht.

Nur ein Blick umschweb' ihr Haupt,
Schützend wie ein Geist,
Der ihr nicht den Schlummer raubt,
Der sie leis' umkreist.

Dem sie, wenn ihr Aug' erwacht,
Still in Seligkeit,
Liebevoll entgegenlacht
Wohl in aller Zeit!
(S. 75-76)
_____


 

Jahreszeiten

Liebchen! welch' ein selig Leben,
Wenn der Liebe Frühling blüht,
Wenn die Augen Funken geben,
Weil's im Herzen flammt und glüht.

Liebchen! welch' ein Nimmerenden
Tiefsten Glücks und höchster Lust,
Wenn das Herz mit Sonnenbränden
Flammen möcht' aus voller Brust.

Glückverloren, weltvergessen,
Schwimmt das Herz in Seligkeit, -
Doch der Herbstwind unterdessen
Webt am Leichentuch der Zeit.

Komm' nur, Winter! kaltes Wetter
Scheut die heiße Liebe nicht,
Und sie wirft dir Rosenblätter,
Ewigjung, in's Angesicht!
(S. 83-84)
_____


 

Rath

Lieberfüllter Herzensgrund -
Tiefer als die See, -
Gabst mir jüngst in Thränen kund
Ein geheimes Weh.

Dich erfüllt mit Traurigkeit,
Daß des Lebens Frist,
Daß der Liebe sel'ge Zeit
Also kurz nur ist.

Liebchen, doch ich sage dir -
Willst du glücklich sein,
O so mache dir und mir
Niemals solche Pein!

Wohl ist kurz des Lebens Lust,
Selig aber ist,
Wer genießt mit froher Brust
Diese kurze Frist.

Denke nicht an Lebensend'
Und an Scheidestund'. -
Gib zum Druck mir deine Händ'
Und zum Kuß den Mund.

Ob das Leben bald vorbei? -
Laß' das Sinnen sein!
Heitre treue Liebe sei
Dein Gedank' allein!
(S. 71-72)
_____


 

Im Himmel

Mein Herz hat sich erhoben
Mit treuer Liebe Flügelschlag,
Nun ist's im Himmel droben -
Im ew'gen Freudentag.

Nun ist's in ew'gen Lebens,
In ew'ger Liebe tiefem Schooß -
Es rang sich nicht vergebens
Aus dunklen Banden los.

Da wogt ein Schwall von Klängen
Mit wunderbarem Jubelton -
Als ob die Engel sängen
Um Gottes lichten Thron.

Da ist ein Glanz ergossen
Als leuchte Gottes Angesicht -
Von ew'ger Lieb' umflossen -
Mich an mit ew'gem Licht.

Da zieht ein duftig Wehen,
Mit Rosenglanz durch heil'gen Raum, -
Es möcht' das Herz vergehen
In diesem sel'gen Traum.
(S. 73)
_____


 

Im Walde

Mit ruhevollem Frieden
Umdämmert uns der grüne Wald -
Von allem abgeschieden,
Was laut die Welt durchschallt.

Es schweigt der Zweige Rauschen -
Kein Blatt sich flüsternd regen mag,
Als wollt' es mit mir lauschen
Auf deines Herzens Schlag.

Die Sonnenstrahlen drängen
Sich durch der Blätter goldnes Grün,
Sie wollen dich umhängen
Mit hellen Schmuckes Glüh'n.

Die stillen Vögel kommen
Und schau'n dich an vom nahen Baum,
Der Waldbach, wie beklommen,
Schleicht hin als Silberschaum.

Ein Lüftchen mit Gekose
Entblättert einen Rosenstrauch,
Und streuet eine Rose
Auf dich mit süßem Hauch.
(S. 67)
_____


 

Wunsch

Möchte mit der Schwalbe Flug
In die Lüfte steigen,
Was mich froh zum Himmel trug,
Aller Welt zu zeigen!

Möchte mit dem Tropfen Thau
In die Rose sinken,
Daß sie glühend zeig' der Au
Meiner Liebe Blinken!

Möchte mit der Welle Tanz
Fern im Meer zerfließen -
Möchte meiner Liebe Glanz
Um den Erdball gießen!

Möcht' als lauter Jubelsang
Durch die Lüfte schallen,
Und als ew'ger Liebesklang
Nimmermehr verhallen!
(S. 88-89)
_____


 

Mondnacht

Nächtlich in verschwiegner Stunde
Kommt der Mond heraufgezogen,
Der so liebevoll dem Bunde
Unsrer Herzen ist gewogen.

Und die tiefverschwiegnen Sterne
Sprühen auf wie helle Funken
Von der Sonne, die dort ferne
Auf die Felsen hingesunken.

Und die lichten Wogen rauschen
So wie träumend uns zu Füßen,
Und wir schauen und wir lauschen,
Wie sie leis' die Sterne grüßen.

Und wir halten uns umschlungen, -
Dein Gedanke wird mein Wille,
Und wir schweigen – süß durchdrungen
Von der Mondnacht heil'ger Stille.
(S. 68-69)
_____


 

Genesis

Neigst du still dein Angesicht
Auf die Hand, die schlanke,
Dämmert mir für ein Gedicht
Lieblich ein Gedanke.

Läßt du dann das Auge dein
Sinnend auf mich sinken,
Seh' ich schon im Liebesschein
Den Gedanken blinken.

Und wenn dein geliebtes Haupt
Dann zu mir sich wendet,
Ist, eh' ich es selbst geglaubt
Das Gedicht vollendet.
(S. 60-61)
_____


 

O blick' mich an!

O blick' mich an
Mit dem Aug' deiner Milde!
O ruh' auf mir
Mit dem Blick deiner Treue!

O glüh' in mich
Mit der Gluth deiner Liebe,
Und heb' mich empor
Mit der Flamm' deiner Lust!

Es tönt ja dafür
Dir ein Klang meiner Milde!
Es weht ja dafür
Dir ein Hauch meiner Liebe!

Es flammt ja dafür
Dir ein Lied meiner Treue!
Es hebt dich empor
Ein Gesang meiner Lust!
(S. 61)
_____


 

In glühendem Verlangen

O war das eine Seligkeit -!
Wir hielten uns umfangen,
Das Auge schwamm in Trunkenheit,
Das Herz in Gluthverlangen.

Die Lippen glühten, lustdurchzuckt,
In einen Brand zusammen,
Es funkte durch die Adern uns,
Als stünden wir in Flammen.

Es war, als ob uns leis' umzög'
Ein stillverzücktes Klingen,
Als hörten wir voll Seligkeit
Die Engel selig singen.

Es war, als strömte Zauberduft
Aus einer Wunder-Rose,
Der uns zur Gluth der Lieb' entzückt
In brünstigem Gekose.

Die reinste Jungfrau konnt' es seh'n,
Wie wir uns heiß umfangen, -
Sie wäre hold erröthet nur -
In glühendem Verlangen.
(S. 78)
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Reichthum

Schweige, schweige, liebes Herz,
Wenn ich flüsternd singe, -
Daß dir meines Liedes Erz
Doch vernehmbar klinge!

Daß aus meinem Liebessang
Still du magst erkennen -:
Bei so hellem Goldesklang
Sind wir reich zu nennen!

Darum schweig' und lausche mir,
Du geliebte Seele,
Wenn ich meinen Reichthum dir
Singend überzähle!
(S. 87)
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Sei froh

Sei froh, daß du nicht weißt,
Was meine laute Brust,
Und was mein Herz und Geist
Schon alles leiden mußt'.

Des Lebens Geier frißt
Oft allzugierig, Kind, -
Ein Wunder oft es ist,
Daß wir noch lebend sind.

Du siehst nun heitern Geist
Und liebefrohe Brust, -
Sei froh, daß du nicht weißt,
Was ich schon leiden mußt'!
(S. 70-71)
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Sei nur getrost!

Sei nur getrost, du stilles Herz, -
Es kommt der Tag der Liebe,
Der weckt zur Blüthe allerwärts
Der Sehnsucht grüne Triebe.

Es bringt des Lenzes Sonnenschein
Den tiefsten Keim zum Treiben, -
Und du, o Herz, wirst nicht allein,
Allein vergessen bleiben!

Der Strahl der Lieb' weckt allerwärts
Der Sehnsucht grüne Triebe, -
Sei nur getrost, du stilles Herz, -
Es kommt der Tag der Liebe!
(S. 54)
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Erwartung

Steh' ich unterm grünen Baum,
Harrend auf dein Kommen,
Fühl' ich mich von süßem Traum
Duftigmild umschwommen.

Und mir ist, als spräche laut
Jedes Blatt mit Beben:
Wartest wohl auf deine Braut? -
Ei, das ist ein Leben! -

Wo sie denn nur bleiben mag?
Flüstern drein die Blüthen; -
Und ich kann des Herzens Schlag
Nimmermehr behüthen!
(S. 65-66)
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Zitterndes Blatt

Stille Knospe – halb schon Rose, -
O warum so tief verschlossen? -
Fühlst du nicht das Liebgekose,
Das sich hell um dich ergossen?

Spürst du nicht das Lenzgetriebe,
Das dich liebevoll umlächelt?
Weckt dich nicht der Hauch der Liebe,
Der in Sehnsucht dich umfächelt?

Ahnst du nicht das süße Leben,
Das dich hold wird überkommen,
Das dich innerst wird durchbeben,
Von der Blüthe Duft umschwommen?

Willst du denn noch nicht erfahren
Des Erglühens hold' Entzücken?
Soll sich dir nicht offenbaren:
Liebesglück und Lieb-Beglücken?

Stille Knospe – halb schon Rose, -
Ach, warum so tief verschlossen?
O erblüh' im Liebgekose,
Das sich hell um dich ergossen!

Glaub' mir: - jegliche Secunde
Ist von jetzt an nur Versäumniß.
Denn dir zittert schon im Munde
Deiner Liebe süß' Geheimniß!
(S. 53-54)
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Deingedenken

Und wenn es dunkel werden will
In meinem Kämmerlein,
Da neig' ich tief und schlummerstill
Das Haupt und denke dein.

Da wird es rings so flammenlicht
So glühend um mich her,
Als wenn's ein dunkler Abend nicht, -
Ein heller Morgen wär'.
(S. 97)
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Vergebens

Und wie du auch dein schönes Angesicht
In stillem Ernste leise von mir wendest,
Dem tiefen Blick gebieten kannst du nicht,
Den du mir unbewußt entgegensendest.

Und wie du auch dein süß erschrock'nes Herz
Darniederhältst, daß es nicht pochend schlage,
Das meine schlägt zu hörbar himmelwärts,
Als daß es nicht den Schall in deines trage.

Die Knospe trotzt im Lenz dem Sonnenstrahl
Mit grünem Schilde – sie will Knospe bleiben,
Bald aber sieht man sie in süßer Qual
Dem Sonnenstrahle heiß entgegentreiben.

Der stille Bach will nur durch Wiesen geh'n,
Und ringend sieht man ihn im Flusse streiten,
Bald aber muß er jubelnd sich gesteh'n,
Wie schön es ist, durch Perlen hinzugleiten.

Entfalte deiner Liebe Blumenschein,
Gieß' in die Meerfluth deines Herzens Wogen,
Und lasse mich der Strahl der Rose sein, -
Das tiefe Meer, durch das du kommst gezogen.
(S. 54-55)
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Vergib

Vergib der armen Seele,
Die sich, wie todesbang,
Aus schwülem Erdendunkel
In deinen Himmel schwang.

Vergib dem armen Herzen,
Das, wie voll Himmelslust,
An deine Brust gesunken,
Wo's seinen Gott gewußt!
(S. 74)
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Was kommt

Was kommt denn da gegangen
Im lauen Frühlingswind? -
O was das blühende Wangen
Und glühende Augen sind!

Was kommt denn da gegangen?
O sag' mir, wer du bist? -
O was das für ein Wogen
Reizender Glieder ist! -

Was kommt denn da geklungen
In's tiefste Herz hinein?
Das ist ja wie gesungen? -
Das muß mein Liebster sein! -

Ja, ja – ich bin dein Sänger!
Und du, du bist mein Lieb! -
Mein Sang – wie still verkläng' er,
Wenn er an deiner Seele
Nicht freudig hangen blieb'!
(S. 66)
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Liebeslenz

Was soll ich denn verschweigen
Die Liebe vor der Welt,
Die wie die Blüth' von Zweigen
In Liedern niederfällt.

Was soll ich denn verbergen
Der Lieder grünen Trieb, -
Ich wahr' sie nicht in Särgen
Die liedgewordne Lieb'.

Es muß der Baum die Blüthen
In alle Lüfte streu'n,
Und mit den lieberglühten
Die ganze Welt erfreu'n.

Ich will ja nicht vergebens
Erblüh'n in Gottes Haus, -
Ich streu' den Lenz des Lebens
In hellen Liedern aus.
(S. 87-88)
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Im Abendschein

Wenn dein Blick im Abendschein
Durch den Himmel geht,
Ist es mir, als wär' es ein
Inniges Gebet.

Und wenn so die Seele dein
Durch den Himmel weht,
Schließe mich, o Liebchen, ein
In dein still Gebet!
(S. 68)
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Verstummen

Wenn oft in trautem Kreise
Kein Mund ein Wort mehr sprach,
Da soll ein Engel leise
Hinfliegen durch's Gemach. -

O diesen schönen Glauben,
So blumenhaft erblüht,
Den möge niemand rauben
Dem gläubigen Gemüth!

Ich selbst will mich versenken
In dieses Glaubens Traum,
Und will ihn nicht bedenken, -
Will ihn erfassen kaum.

Und wenn ich schweigend liege,
O Lieb, an deiner Brust, -
Ein lichter Engel fliege
Durch unsre stille Lust!
(S. 74-75)
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Was oft ich denke

Wenn still den Blick ich senke
Tief in dein Angesicht,
Weißt du, was oft ich denke?
Kind, das erräthst du nicht! -

Da denk' ich oft im Stillen -
Aus tiefgeheimem Trieb -
Des Wesens, das entquillen
Dereinst wird unsrer Lieb'.

Da träum' ich mir das Wesen,
Nach dem mein Sehnen strebt, -
Ich kann in dir es lesen,
Wie's einstens leibt und lebt.

Ich seh' den Leib, den schlanken,
Sich schwellen lieblich rund,
Ich bilde im Gedanken
Mir Stirn' und Aug' und Mund.

Ich seh' mein stilles Sinnen
Und deine laute Lust
In einen Strom verrinnen,
Umwallend unsre Brust.

Ich seh' mein Dichten, Denken,
Von deiner Gluth genährt;
Ich seh' mein Traumversenken,
Von deinem Glanz verklärt.

Ich seh' mein froh' Gemüthe
Durch dich verschönt zur Frist, -
Ich seh' die Frucht der Blüthe,
Die unser Lieben ist.
(S. 79-80)
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Leid in Lust

Wie freudig auch die Woge fluthet
Im sonnenlichtverklärten Strom,
O sieh' nur, wie sie dunkel blutet,
Wenn glühendroth der Tag verglomm.

Und wie auch meiner Liebe Gluthen,
Mit hellen Flammen dich umsprüh'n,
Es will mir oft das Herz verbluten,
Seh' ich der Freiheit Lenz verblüh'n.
(S. 92)
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Liebesklang

Wie lacht die Flur im Frühlingsschein -
Die Rosenflammen glühen! -
Doch möcht' ich keine Rose sein,
Könnt' ich nicht still am Busen dein
Mit süßem Duft erblühen.

Wie flammt der Thau im Morgenlicht,
Mit freudevollem Blinken! -
Ich möcht' es nicht – wie laut es spricht, -
Könnt' ich als stille Thräne nicht
Aus deinem Auge sinken.

Wie tönt im Walde der Gesang
Auf hellen Liederschwingen! -
Doch gerne wär' ich nur ein Klang,
Könnt' ich in süßem Liebesdrang
Aus deiner Seele klingen.

Dann möcht' ich glüh'n als Rosenschein
An deinem Herzen, trunken,
Dann glänzt' ich hell im Auge dein, -
Und unsre Seelen klängen drein,
In Liebesglück versunken!
(S. 58-59)
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Gewitter

Wie selig auch in voller Lieb'
Man sich umfangen mag,
Noch keine Lieb' allewig blieb
Befreit von bösem Tag.

An solchem Tage zieht es schwül
Gewitterhaft herum, -
Die Frag' ist heiß, die Antwort kühl -
Zuletzt ist alles stumm.

So dauert's eine Weile fort
Und diese Schwüle währt,
Bis erst ein Blick und dann ein Wort
Als Blitz herniederfährt.

In Thränenregen löst sich's dann -
Gereinigt ist die Luft,
Und nur noch holder haucht uns an
Der Liebesrose Duft.
(S. 86-87)
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Alle Gedichte aus: Gedichte von Hermann Rollett
Auswahl. Mit dem Bildnis des Dichters
Leipzig Franz Wagner 1865


Biographie:

http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Rollett

 

 


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