Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Friedrich Rückert 1819)



Der Tag ist hie, das Fest ist hie der Rose;
Hell strahlen unsren Blicken die der Rose.

Die Liebe war des Rosenbeetes Gärtner,
Daß lieblich uns der Flor gedieh der Rose.

Als Kunde scholl: Die Rose naht! die Blumen
Sich senkten huldigend aufs Knie der Rose.

Die Tulpe schwieg, Narzisse blickte trunken,
Verwirrt vom Glanze schwankte sie der Rose.

Zum Epheu flüsterte Cypress: Erwache!
Was träumst du, Kind? Das Traumbild sieh der Rose!

Die Nachtigall, sie gellt in tausend Nächten
Nicht aus die ew'ge Melodie der Rose.

Der Himmel kann der Rose Bild nicht fassen,
Besiegt erliegt die Phantasie der Rose.

Die Ros' ein Bote kommt vom Seelengarten,
Die Seelen alle harren hie der Rose.

Die Rose grüßt die Seele von der Heimat;
Die Seele drum vergesse nie der Rose.

Die Ros' entfaltet das Diplom der Schönheit,
Den Adelsbrief, den Gott verlieh der Rose.

Die Rose kränzet unsres Festes Becher;
Den Duft des Rausches in dich zieh der Rose.

Die Rose webet unsres Bundes Ketten;
Dem Liebesbande nie entflieh der Rose.

Verschließ den Mund wie Knospen, und verstohlen
Sei deiner Lippe Lächeln, wie der Rose.

 

zurück zum Verzeichnis