Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Friedrich Rückert 1819)



Glücklich preis' ich euch, ihr Brüder, die ihr unvertrieben
In des ew'gen Vaters Hause seid daheim geblieben.

Um den Thron des Vaters stehend, sonnend euch an seinem
Angesichte, seht ihr kreisen um euch Himmel sieben.

Mich hat er herausgewiesen, daß ich in der Fremde
Meine Heimat lern' erkennen, und den Vater lieben.

An den dunklen Grund gefallen, lieg' ich Stern des Himmels,
Weiß noch kaum, wie helle Bahnen droben ich beschrieben.

Daß ich einst auf Flügeln schwebte, kommt mir noch in Träumen;
Doch eh' ich zum Himmel fliege, muß der Traum zerstieben.

Wenn die Lerch' auf Sonnenstrahlen aufwärts steiget, wähn' ich
Immer, daß auch meine Seele müsse Fitt'ge schieben.

In den Boden eingewurzelt bin ich Strauch der Rose,
Und von Morgentau begossen, bin ich fest beklieben.

Doch die Seele strebt nach oben, und dem Licht des Himmels
Öffnen sehnsuchtsvolle Knospen sich mit allen Trieben.

Bis mein Laub, des Stiels entbunden, wird zum Schmetterlinge,
Hauche sich mein Blütengeist empor in Duft zerrieben.

Einst aus diesem Wolkenlande, wo mich Donner schrecket,
Blitz versenget, Regen peitscht mit Hagels Geißelhieben,

Wird mein Gärtner mich verpflanzen in den Heimatgarten,
Dort, wohin von Ewigkeit ich schon bin eingeschrieben.

Meine blüh'nde Brüder droben! bittet ihn, den Alten,
Daß er die Verpflanzungsstunde wolle nicht verschieben.

 

 

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