Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Friedrich Rückert 1819)



Unser Haus hat viele Thüren,
Die hinein zum Herren führen.

Wer den Herrn sieht, muß anbetend
Mit der Stirn den Boden rühren.

Viel' im Haus sind blind geboren,
Die des Herrn Gebot doch spüren.

Auch den Lahmen sind gegeben
Haugeschäfte zu vollführen.

Selbst der Wind mit kaltem Atem
Muß des Hauses Feuer schüren.

Thun muß jeder, was ihm obliegt,
Wahl hat keiner, selbst zu küren.

Mancher wähnt sich frei, und siehet
Nicht die Bande, die ihn schnüren.

Trägest du dein Band in Demut,
Wird es dir zu Blumenschnüren.

Schwöre Treu! und Gnad' antwortet
Dir mit höchsten Liebeschwüren.

Knecht im Hause! gegen deinen
Mitknecht will kein Stolz gebühren.

Sei verträglich! denn der Herr hat
Keine Freud' an Ungebühren.

Wer darf trotzig Einlaß fordern,
Den nicht Er ein lässet führen?

Wer kann mit dem Hausherrn hadern,
Den er stößt aus seinen Thüren?

 

 

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