Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Friedrich Rückert 1819)



Kommt das Schwert aus Schmiedes Händen rein an Spitz' und Schneide;
Siehe, daß dir's nicht verroste in unreiner Scheide.

Gold, das in den Geizes Truhe finstern Geistern dienet,
Ist an unsers Schaches Throne lichtes Weltgeschmeide.

Wenn des Himmels Wolken regnen, trinken alle Bäume;
Früchte trägt der Apfelbaum, und graues Laub die Weide.

Dieses Rohr ist hohl geblieben, jenes schwillt von Zucker,
Siehe, doch am selben Teich getrunken haben beide.

Moschus kocht ein Reh im Herzen, und das andre Galle,
Beide grasten miteinander auf derselben Heide.

Zwei verschiedne Würmer speisten von dem Blatt am Baume;
Einer spann unnütze Fäden, und der andre Seide.

An derselben Blume sogen Bienenmund und Schlange,
Jene braute Seim zur Labe, diese Gift zum Leide.

Einer speist, die Speise wird in ihm zum Lichte Gottes;
Weil ein andrer seine Kost verkocht zu Groll und Neide.

Dieser trinkt des Himmels Licht sich zur Verfinstr'ung; jener
Trinkt's, daß er sich Rosen gleich in Liebesfarben kleide.

Sei ein rein Gefäße du, und wandl' in lautre Säfte,
Was du Futters pflücken gehst auf Gottes reicher Weide.

 

 

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