Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Friedrich Rückert 1819)



Die Liebe rief vom Himmelsthor:
Wer ist, der schaut zu Gott empor?

Wir sind, die schaun empor zu Gott;
Rief zu der Lieb' ein Priesterchor.

Die Liebe rief: Wie könnt ihr schaun?
Vor eurem Antlitz hängt ein Flor.

Ein Flor, gewebt aus Gier und Haß,
Durch den das Licht den Schein verlor.

Vor eurem trüben Blicke nimmt
Die Sonne Wolkenschleier vor.

Die Gnade, die auf Wolken sitzt,
Schließt eurem dumpfen Ruf ihr Ohr.

Und die Erhörung steiget nicht
Herab, die eu'r Gebet beschwor.

O thut, eh' ihr zum Himmel schaut,
Euch Erdedunkels ab zuvor.

Statt Gier und Haß nehmt Lieb' ins Herz,
Und schaut zur Gottheit dann empor.

 

 

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