Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Josef von Hammer-Purgstall 1818)


Aus dem Buchstaben Kaf

Jekdemi ghawass budem ber lebi derjai ischk

Ich tauchte einen Augenblick in's Meer der Liebe,
Und tausend Perlen sah ich in dem Meer der Liebe.

Ich schaute gäh mit einem Blick des Allmachtsauges
Und sah die Welt von der Begier der Lieb.

Als Chiser fand ich diese Nacht den Quell des Lebens,
So dass mir ew'ges Leben ward vom Quell der Liebe.

Wie Moses sprach ich: Herr! o zeige mir dich, Herr!
"Mich sehen Hunderttausend nicht!" so sprach der Herr der Liebe.

Wie Jesus weck' ich nun die Todten auf zum Leben.
Dieß Räthsel kannst du dir erklären nur durch Liebe.

Du strebe nicht wie Salomon nach Thron und Siegel,
Sonst bleibest du verwirrt und schwach im Feld' der Liebe.

Setz' auf geradem Weg den Fuß wie Mohammed,
Daß du die Kanzel nur betretest mit dem Fuß der Liebe.

Geh! Prahle nicht wie Mewlana mit dem Geheimniß,
Wenn sich das Meer empört, wird Blut das Meer der Liebe.

[gäh: rasch, von höchster Schnelligkeit oder Eile]
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