Maulana Dschelaleddin

Rumi

(1207-1273)

(in der Übersetzung von Friedrich Rückert 1819)



Verzicht' auf Welt, daß Herr der Welt du seiest;
Tritt aus dir selbst, daß Gott gesellt du seiest.

Räum' allen ird'schen Hausrat aus dem Busen,
Daß rein der Liebe Himmelszelt du seiest.

Sei leise Flöt' an des geliebten Munde,
Daß vom geringsten Hauch geschwellt du seiest.

Sein rein ein Becher für der Liebe Süßes,
Daß von Weltbeischmack unvergällt du seiest.

Gieb dich, o Pfeil, dem Bogen deines Schaches,
Auf daß nach seinem Ziel geschnellt du seiest.

Schau in die Sonn', am äußern Aug' erblindend,
Daß innerlich dafür erhellt du seiest.

Erhebe nicht in Hochmut dich zum Himmel,
Auf daß wie Nimrod nicht gefällt du seiest.

Vergrab dich nicht im Schacht, wann Gott dich suchet,
Erz, daß geprägt zu seinem Geld du seiest.

Freu' dich, wenn seine Saat der Sämann streuet,
Daß auch ein fruchtbar Körnlein Spelt du seiest.

Sei demutvoll und wachs', o Korn, im Stillen,
Daß einst ein ganzes Ährenfeld du seiest.

Und bist du Ährenfeld, so laß vom Schnitter
Dich freudig mähn, daß Kost der Welt du seiest.

Flieh nicht die Glut des Feuers, daß, geröstet,
Auf Gottes Tisch als Brot gestellt du seiest.

Es suchen dich sodann als Brot die Brüder,
Daß Labung, die ihr Herz erhält, du seiest.

Ich sagte dies, da kam ein Ruf vom Himmel:
Erkennst du auch, wozu bestellt du seiest?

Der Mund ist dir gegeben zum Lobpreisen,
Nicht daß ein leichter Weiberheld du seiest.

 

 

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